Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
126. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1643 Dezember 24

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Nassau und Volmar an Ferdinand III.


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Münster 1643 Dezember 24

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Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 47a, Konv. c fol. 187–194’ = Druckvorlage – Konzept: ebenda
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Fasz. 92 I nr. 114 fol. 571–576.

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St. Romain nach Kassel. Gründe für Verweilen der französischen Gesandten in den Haag. Admis-
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sion
der Reichsstände zu den Traktaten. Kurialien bei Ankunft der französischen Gesandten.
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Diskussion mit den spanischen Gesandten über ihre Instruktion: Präzedenz zwischen Frankreich
18
und Spanien; Waffenstillstand; Mittel zur Erreichung eines sicheren Friedens. Grießheim: Schwe-
19
dische
Bedingungen für einen Waffenstillstand.

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Nr. 111 haben wir am 22. Dezember erhalten. Contarini hat uns gestern Abend
21
Beilage 1 communiciert und dabey angezeigt, was ime der Franzößische
22
resident, monsieur St. Romain, bei einliferung diser andtwort mündtlich
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referiert, das er nemblich im bevelch hette, nach Cassel zu verreisen und
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wegen befreyung der strassen – auch abstellung der licenten auf alher und
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Oßnabrukh – mit selbiger frau landtgräfin ein richtigkheit zu treffen, deß-
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wegen er uns umb einen pasß anlangen liesß. Sodann heten ime die pleni-
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potentiarii außtrückhliche vertröstung gethan, das sie lengist innerhalb
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14 tagen nach seinem verreisen, so vor 8 tagen geschechen were, iren auf-
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bruch aus dem Haag ebenmäsßig nemmen und sich gegen Münster verfüegen
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wolten; das sie aber so lang im Haag verharret, sey mit irem unwillen
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geschechen, und der aufhalt dannenhero erfolgt, das die Staaden sich über
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ire proposition kheiner resolution vergleichen khönnen, zumaln in abord-
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nung derihenigen, so mit inen, plenipotentiariis, a part und absönderlich zu
34
handlen haben solten, mißstimmig gewesen; nun aber were es so weit in
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richtigkheit gelangt, das sie sich nit lang mehr ufzuhalten ursach haben

[p. 179] [scan. 209]


1
wurden; und als er, ambasciator, ime, residenten, undter anderm auch vor-
2
gehalten , das diser langwürige verzug den praeliminartractaten allerdings
3
zuwider und sich dessen ire gegenpart, als welche nun lang mit geduldt irer
4
ankhunfft zuegewartet, nit unbillich zu beschweren, sonderlich weil dasihe-
5
nig , was die cron Franckhreich diser bevorstehenden fridenstractaten halber
6
mit den Staaden handlen lassen wollen, wol durch den bey dennselben
7
reßidierenden ordinari ambasciator hete verrichtet werden und die alher
8
deputierte plenipotentiarii solch ir raiß in Hollandt undterweegen lassen
9
khöndten, habe er geandtwortet, es weren die Hollender in iren handlungen
10
sehr weitschwaiffig und nach underschiedt der provinzen auch under-
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schiedlicher meinungen also, das ein solch schwärwichtig werkh allein
12
durch den ordinari ambasciator verrichten zu lassen, nit wol müglich
13
gewesen, sondern die notdurfft erforderen wollen, das die plenipotentiarii
14
sich selbst dahin verfüegen theten.

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Sonsten hett er, Romain, auch undter anderm vorgewendt, wann schon die
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bemelte Franzößische plenipotentiarii alhie, so wurde man doch zue kheiner
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haubthandlung schreitten mögen, weiln noch weder churfürstliche noch
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anderer fürsten und ständten deß reichs gesandten vorhanden; dann es were
19
mit dem Kaiser nit wie mit dem könig in Franckhreich, welcher absolut und
20
seiner ständten consens nit bederffe etc. Er hete ime aber darauf geandt-
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worttet , daß diß seines erachtens ein vergebliche vorsorg und vorderist
22
dahin zu sechen werde sein, wie die cronen und principalpotentaten selbst
23
miteinander befridiget werden mögen; alßdann, wann diß geschechen und
24
man vor nöthig achten solt, das ein- oder anderer standt deß reichs darzue-
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zuziechen und mit deme was zu handlen, so werde es sich schon erleüteren
26
lassen, wie und was dabei zu thuen; neben deme er verstanden, das neben
27
anderm eben zue disem ende die reichsdeputation zue Franckhfurth bey-
28
samen gehalten werde, damit Eur Kayserliche Mayestät im fall der noth
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sich derselben raths zue denn fridenstractaten bediennen khöndten.

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Wir haben uns gegen ine, ambasciator, diser communication bedanckht
31
und, sovil die visita anlangte, zu verstehen geben, das wir aus dem Fran-
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zößischen andtworttschreiben gern vernommen, das sie, plenipotentiarii,
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sich seinem vorschlag zu bequemen genaigt erzeigen theten; unserstheils
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weren wir bevelcht, das wir von inen der correspondenz versichert, sie mit
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gewohnlichen curialibus, wie wir ime bereits anvor angedeütet heten, zu
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tractieren, daran wir auch kheinen mangel wolten erscheinen lassen, und
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zweifleten nit, es wurde von Eur Kayserlichen Mayestät uns mit instehen-
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der post ein weitere resolution hierundter einlangen, so wir ime zu commu-
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nicieren und derselben gemeß zu verfahren haben wurden; sodann hete er
40
den residenten über sein obiection wegen der reichsständten abweesenheit
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sehr wol beandtworttet, und derfften sich die Franzosen nit bemüchen,
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Eur Kayserlichen Mayestät vollmacht zu disputieren; sie heten auch schon
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von iren geheimbisten und innersten räthen deß reichs – das ist vom chur-
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fürstlichen collegio – dieihenige zue diser handlung gezogen, welche das

[p. 180] [scan. 210]


1
collegium selbst deroselben vorgeschlagen

43
Vgl. F. Dickmann [ S. 89 ] .
und deß reichs interesse genueg-
2
samb zu vertretten wissen wurden. Wir wolten aber nit undterlassen, ime
3
über disen einwurff noch mehr und wolfundierte information zue seiner
4
khönfftigen nachricht zu geben. Im übrigen lassen wir derzeit an sein ort
5
gestelt sein, was die Franzößischen plenipotentiarii, in Hollandt zu verreisen
6
und daselbst sich mit so langwüriger negociation aufzuhalten, veruhrsacht
7
haben möchte. Köndten wol erachten, das es zue ihrem vortl und Eur
8
Kayserlichen Mayestät und dero hochloblichem haus nachteil angesechen.
9
Waß aber den begerten pasß vor den St. Romain nach Cassel anlangte, ob
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wir zwar unschwer gedenckhen khöndten, das er dasihenig, was in Hollandt
11
tractiert, mit der frau landtgräfin gleichergestalt zu communicieren, die
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alliance mit Franckhreich zu erneüeren auch, wie sie sich mit iren völckheren
13
bey iezigem zuestandt zu verhalten, ein schluß zu machen bevelcht; weil
14
iedoch sein praetext dasihenig antreffen thet, was den praeliminartractaten
15
gemeß, so wolten wir ime solchen paß ad hunc effectum nit verwaigeren,
16
sondern guetwillig widerfahren lassen; und dieweil uns beynebens auch ein
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copey von der Franzößischen plenipotentiarien im Haag vor denn General-
18
staaden eingeliferten credential sambt anderen avisi von irer negociation
19
zuekhommen, haben wir selbige sub nr. 2, 3, 4, 5, 6 auch beyschliessen
20
sollen.

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Nachdem uns dann Eur Kayserlichen Mayestät gnedigster bevelch dahin
22
weiset, das wir uns wegen der visita und endtgegenschickhung der wägen
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mit den Spanischen plenipotentiariis undterreden und vergleichen solten,
24
haben wir nit undterlassen, uns gestern zu denselben zu verfüegen, inen die
25
habende resolution eröffnet auch, wie man sich in allem zu verhalten haben
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möcht, mit inen verglichen, und weiln sie uns vermeldet, das der Venetia-
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nische ambasciator sich noch weiter erbotten, denn Franzößischen wie
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zuvor, gleichsamb motu proprio, was bei solchen curialien utrinque zu
29
beobachten sein möchte, zu überschreiben und ir parola darüber einzu-
30
langen , so haben wir uns heütigen abendts auch zue ime verfüegt, Eur
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Mayestät resolution vorgehalten und, was wir zu versicherung gleich-
32
mesßiger gegenerzeigung auch Eur Kayserlichen Mayestät praeeminenz
33
und hocheit nötig zu sein befinden theten, erinnert. Darauf er uns ein
34
concept, an die Franzößischen plenipotentiarios dessentwegen verfast, vor-
35
gewisen und folgendts, unserm erinneren gemeß, verbessert hat, innhalts
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der abschrifft nr. 7. Wirdet also hierauf derselben andtwort zu erwartten
37
sein und mithin diser punct sein richtigkheit erlangen. Sonsten ist gestern
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der Franzosen pagage mit in 40 kärren und wägen alhie ankhommen.

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Sodann und zum anderen, als wir uns in der Spanischen instruction ersechen
40
und dieselbe neben anderm dahingestelt zu sein befunden, das zue beschlies-
41
sung eines universalfriedens das einzig mitel erachtet werde, das ihe ein teil
42
dem andern, was in wehrendem krieg demselben quocunque tandem prae-

[p. 181] [scan. 211]


1
textu endtzogen worden, widerumb abtretten und zurugggeben thüe, solches
2
auch in effectu Eur Kayserlichen Mayestät uns vom 15. Julii ertheilter
3
instruction gemeß , haben wir in erinnerung dessen, so Eur Mayestät uns
4
hernach vom 23.

39
14 Septembris] Von anderer Hand für Novembris eingesetzt.
Septembris weiter anbevolchen , kheinen umbgang nem-
5
men sollen, uns mit bemelten Spanischen plenipotentiariis über solche ire
6
instruction in verthreüliche conversation und undterred einzulassen, und
7
demnach inen zu erkhennen geben, das wir in derselben vornemblich dise
8
drei underschidliche puncten vermörkht heten: erstlich, wie es wegen der
9
streittigen praecedenz zwischen Franckhreich und Spanien zu halten, zum
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anderen, was bei anmuettender suspension oder anstandt der waaffen zu
11
bedenckhen, und was die eigentliche mitell sein khöndten, einen rechten
12
und sicheren friden zu stifften. Übrige sachen, so darinn begriffen, wurden
13
sich mit demihenigen, so in unser instruction, leichtlich vergleichen lassen.

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Sovil nun den ersten puncten anlangte, weren zwar die – zu verhüettung
15
befahrenden praeiudicii – angedeüte mitel weißlich und wolbedacht, wir
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tragen aber die vorsorg, das, wann der modus tractandi uf ein zuesamen-
17
khonfft der interessierten parteyen in forma congregationis vel concilii,
18
und consequenter uf ein mündtliche conferenz solte gerichtet werden, das
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daraus allerhandt confusiones, verwirrungen auch verbiterung der gemüeter
20
erfolgen würden, daher volleicht das besser mitel sein möcht, das ein ieder
21
theil, was er gegen dem anderen zu proponieren oder zu andtwortten hett,
22
in schrifften verfast, denn mediatoren ubergeben und durch dieselbe der
23
gegenpart meinung darüber vernemmen ließ, wie man sich dann solches
24
modi procedendi durch sie, mediatores, innskhönfftig wurde vergleichen
25
khönden.

26
Wegen eines anstandts der waaffen gingen uns ebendergleichen gedanckhen,
27
wie in irer instruction vergriffen, zue gemüet und khöndten an unserm ortt
28
dergleichen anstandt Eur Kayserlichen Mayestät und deroselben haus nit
29
nuzlich oder thuenlich befinden; allermassen wir unsere rationes zu papyr
30
gesezet

42
Dieser Diskurs über die Suspension der Waffen als Kopie: RK , FrA Fasz. 92 I fol. 561–568’;
43
Giessen 203 fol. 673–682’ – Druck: Gärtner II nr. 101 S. 242–255.
und inen zue mehrerm nachgedenckhen zuegestellt haben; doch
31
stüende diser punct noch uf Eur Kayserlichen Mayestät resolution, und
32
wurde in eventum auch zu erwartten sein, was die gegenpart hierundter
33
proponieren möchte.

34
Den driten puncten betreffendt, were aus Eur Kayserlichen Mayestät
35
instruction zu ersechen, das deroselben intention und meinung ebenmesßig
36
dahin zihlen thet; nachdem aber bey disen vorstehenden fridenstractaten
37
nit nur, was unsererseits thuenlich, sonderen auch dasihenig, was am gegen-
38
theil zu erhalten, möglich oder nit möglich sein würde, zu bedenckhen

[p. 182] [scan. 212]


1
stüende, so heten wir bevelch, inen zue gemüet zu fuehren, weil nit wol
2
glaublich, daz die Franzosen alles dasihenig, was sie undter wehrendem
3
kriegßweesen in Teütschlandt, Italia, Spania, Niderlandt an sich gebracht,
4
allerdings und ohne zuruggbehaltung einer oder andern provinz, vesstung,
5
päsß und was inen dergleichen zu versicherung ires staats dienen khan,
6
widerumb abtretten werden; und ob sie wol neülich mit verlierung deß
7
Guebrianischen corpo ein grossen und empfindtlichen verlust geliten , so
8
werden sie darumb nit gleich alles vor verlohren geben, sondern allerhandt
9
mitel, sich widerumb in postur zu bringen, suechen, damit sie sich mante-
10
nieren khöndten, gestalt es inen auch an erneüerung und erweiterung irer
11
ohne das habender schädlichen bündtnusen nit ermanglen werde. Hingegen
12
wüsten sie, plenipotentiarii, das Eur Kayserlichen Mayestät erblandt uf
13
das eüsserist an volckh, an gelt, an proviandt, an allerhandt kriegsmitlen
14
erschöpft und also den kriegßlast allein zu ertragen unmöglich. Gleicher-
15
gestalt seie das reich an allen cräfften außgesogen, die churfürsten und ständt,
16
so es mit Eur Kayserlichen Mayestät von anfang bis dato gehalten, ebenso-
17
wol als andere, seyen deß kriegs müedt und suechen nichts anders dann
18
fridt quocunque etiam modo, und da Eur Mayestät sich solcher intention
19
etwas widerigs erzeigen solten, derffte es vil ehender zue einer genzlichen
20
trennung im reich ausschlagen, als das man die ständt zue ferreren continua-
21
tion deß kriegs solte vermögen khönnen, allermassen wir inen den statum
22
deß reichs in übergebnen discursu de suspensione armorum mit mehrerm
23
vor augen gestellet haben; und obwol hingegen gesagt werden möchte, das
24
der könig in Spania Eur Kayserlichen Mayestät mit ansechenlicher hilff
25
beyspringen wurde, so sey es doch fast dahin khommen, das solche hilffen
26
zue kheinem haubtweesen erkhlöckhlich, auch Eur Mayestät, dero erb-
27
landten und dem reich anderst nit dann mit einer ruehe und frieden geholffen
28
sein khönde. Demnach ersuechten wir sie, uns unbeschwert zu eröffnen,
29
wann man ie endtlich zue solchen extremiteten schreitten müest, wohin
30
ires gnedigsten herrn und königs intention gerichtet, ob und was sie in
31
omnem eventum amore pacis in die schanz zu schlagen oder auch widrigen-
32
fahls , wie sie der sachen zu helffen gedächten, damit das hochlöbliche haus
33
Österreich Teütscher und Spanischer lini conserviert und in sicherheit
34
gesezt werden möchte.

35
Auf dise unsere proposition haben sie uns folgendergestalt geandtwortet,
36
waß erstlich den praecedenzstreitt anlangen thet, haben sie seither im nach-
37
gedenckhen fast ebendergleichen difficulteten befunden und derentwegen
38
dem von uns angeregten modum tractandi der sachen am vorstendigisten
39
zu sein erachtet, auch nit underlassen, hierundter an herrn don Francesco
40
di Melo zu schreiben. Mit der suspension der waaffen werde es khein sonder-
41
bar bedenckhens haben, und sie sich in namen ires königs mit demihenigen,
42
was Eur Kayserliche Mayestät hierundter guet finden wurden, wol ver-

[p. 183] [scan. 213]


1
gleichen mögen. Was aber die media ipsa pacificandi anlangte, da heten sie
2
noch derzeit einig andere instruction von ihrem gnedigstem herrn, als das
3
man den Franzosen nichts in handt lassen solte, dann dises wurde zue
4
kheinem bestendigen frieden dienen, sondern steetigs materi und anlaaß
5
zue neuen kriegsentpörungen geben. So were noch vil zu frühe von der-
6
gleichen vorschlägen zu reden, man solte vorderist vernemmen, was deß
7
gegentheils praetension und forderungen sein wurden, und sich vilmehr
8
gegen inen erweisen, das man das herz nit so gar verlohren, noch dahin
9
khommen were, das man inen eben pro arbitrio, was sie begerten, in handts
10
lassen müesste. Wann man cum decoro et auctoritate gegen inen procedieren
11
und sich nit zu weit bloß geben thet, so were auch zu hoffen, das sie sich
12
zugleich anderst, als man iezt vermeinte, erclären und zur billicheit näheren
13
werden. Sie hetten gewisse nachricht, das die Franzosen, ob sie gleich anvor
14
mit anderen gedanckhen umbgangen sein möchten, doch nach obbedeüter
15
erlitner niderlaag mit ernst einen frieden suechten, dessen sie auch nach
16
dem standt ires reichs wol ursach hetten, dann dasselbig were zugleich an
17
gelt, volckh und anderen kriegsnothwendigkheiten zum eüsseristen

43
17 erößt] wohl Schreibfehler für entblößt.
erößt,
18
und wann nur ein einzig mahl ein formblich kriegsher in dises königreich
19
einbrechen solte, so wurde man vill ärgere trennungen, confusiones und
20
desolationes darinnen als ihe in Teütschlandt erfahren. Es seyen vil und
21
mancherley accidenti, die nach verenderung der mentschlichen läuffen sich
22
leüchtlich darinn begeben khöndten, als, das in wehrendem vormundtlichen
23
regiment die königin, der junge könig mit todt abgehen, die ständt wegen
24
schwärer auflagen, die hugenotten umb erweiterung irer secten ein rivolta
25
anfangen oder sonst undter denjenigen, so die waaffen in der handt, ein
26
endtzweyung endtstehen möchte, wardurch sich die Franzößischen consilia
27
mörckhlich wurden verliehren, und also Eur Kayserlichen Mayestät und
28
dero gesambtem hochloblichem haus zeit und raum sich besser zu stabilieren
29
lassen müessen. Was man aniezt aber von dergleichen eventualnachlasßung
30
proponieren, vorschlagen und in die canzlei khommen lassen thet, daz blibe
31
nit verschwigen, werde dem gegentheil verkhundtschafft und dardurch alle
32
tractaten schwärer gemacht; doch wolten sie nit underlassen, die von uns
33
beschechene erinnerung gehöriger ortten zu referieren.

34
Wir sollen auch ferrer Eur Kayserlichen Mayestät allerundterthenigst zu
35
referieren nit undterlassen, das mir, grafen von Nassau, der von Grieß-
36
heimb , so sich bewustermassen wegen Pollen alhie befind, angezeigt, das
37
er gewisse nachricht hete, es wurden die Schweeden, im fall sie vermerckhen
38
solten, das die Franzosen die fridenstractaten wider gebühr aufhalten wolten,
39
sich behandlen lassen, uf 5 oder 6 jahr einen anstandt einzugehen, wann
40
man inen das herzogthumb Pommern wie auch Erdfurth uf solche jaracht
41
in possessione lassen thet, hingegen ire völkher aus dem reich abfüehren
42
und alle andere pläz sowol in Ewer Mayestät erbkönigreich und landen als

[p. 184] [scan. 214]


1
im reich quittieren. Und obwol weder Pollen noch Dennemarkh zuegeben
2
wolten, das den Schweeden das herzogthumb Pommern in handts bleiben
3
solt, so wüste er sich doch versichert, das der königlichen würden zue Pollen
4
diser vorschlag nit wurde endtgegen sein.

5
Wir seint zwar dessentwegen ine mehrers zu besprechen willens gewesen,
6
habens aber derzeit undterlassen müessen, weil er noch selbigen tags nach
7
seiner beschechenen anzeig von hier uf Oßnabrugg verreist ist; und ob er
8
zwar heüt abendts, als wir eben diß ausförtigen lassen, widerumb alhieher
9
ankhommen, so haben wir die gelegenheit noch nit, mit ime hiervon weiter
10
zu reden beynebens doch nit underlassen sollen, dasihenig, was er an mich,
11
grafen von Nassau, geschriben, per extractum nr. 8 beyzulegen.

12
Neujahrswünsche. – Eigenhändiger Hinweis Nassaus auf Beilage 9, was eben auß
13
dem Hagen, vom 18. dießes, inkompt.


14
Beilagen fehlen.


15
1 [ d’Avaux und Servien an Contarini, den Haag 1643 Dezember 11 ]. Kopie: RK , FrA
16
Fasz. 92 I fol. 546–547; ebenda Fasz. 46 d fol. 876–877; Giessen 203 fol. 670–672 –
17
Druck: Gärtner II nr. 86 S. 196–199.

18
7 [ Contarini an d’Avaux und Servien, Münster 1643 Dezember 25 ]. Kopie-Auszug: RK ,
19
FrA Fasz. 92 I fol. 570; Giessen 203 fol. 672–673 – Druck: Gärtner II nr. 100 S.
20
240–241.

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