Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
293. Volmar an Ferdinand III Münster 1645 November 14
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Münster 1645 November 14
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A ( Oktober – Dezember 1645 ) fol. 96–102, praes.
1645 November 27 = Druckvorlage – Konzept: ebenda Fasz. 92 VI nr. 899 fol. 444–
448 – Kopie: Giessen 206 nr. 143 S. 881–896 – Druck: Gärtner VI nr. 155 S. 710–
719.
Gegenseitige Beteuerungen der Friedensneigung. Admissio exclusorum. Geleitbriefe für die
Mediatstände. Titel für Longueville.
Longueville hat mir am vergangenen Sonntag seinen Besuch angekündet und ist um
3 Uhr ohne beglaittung seiner mitgesandten zu mir kommen und von mir
der gebür empfangen worden. Hat sein red in Franzößischer sprach dahin-
gestelt , ob er zwar den herrn grafen von Nassaw und mir die visita bereits
widererstattet und erachtete, das wir damit zufriden sein könten, so hett er
doch aus beobachtung meiner qualiteten nit underlassen wöllen, mich auch
absönderlichen zu besuechen, sonderlich weil ime sein genedigister könig
und die regierende königin aufgeben hetten, gegen allen denihenigen, wel-
che bey disem universalfridenswerckh was haubtsächliches beytragen kön-
den , einen gueten willen zu erzaigen. Er contestierte demnach zum aller-
höhsten , das die cron Franckreich, der könig, die königin, der cardinal
Mazarini, herzog von Orleans, sein herr schwehervatter, und alle andere
hoche ministri nichts anders suechten, wünschten noch begerten, dann das
mit Ewer Kayserlichen Mayestätt, dero hauß und dem reich ein christlicher
und billicher frieden gemacht werde, und er selbst wüste, was der ganzen
christenheit daran gelegen, das die drey cronen, die Kayserliche, Franzößi-
sche und Spanische, in gueter einigkeit gegeneinander stehen. Er wolte
daher an seinem orth nichts underlassen, was zu restabilierung solches gue-
ten vertrauens immer möchte dienstlich sein, und all sein vermögen dahin
anwenden, damit man disen winter hindurch zum friden gelangen und der
weitern feldtzügen entübrigt verbleiben könte. Und dieweil er wol wüste,
das auch ich meinestheils nit wenig dabey thuen könte, so ersuechte er
mich, ich wolte meine actiones ebenmäsßig dahin richten. Man hab sich
biß daher beederseits beflissen, was etwan ein oder anderer theil dem ande-
ren zu schaden, für widerige impressiones hin und wider hette aussprengen
mögen, das man solches gethan. Er vermeinte aber, es wurde nun fürohin
wenig zur sachen dienen, sondern vilmehr daran gelegen sein, das man sich
mehrers gegeneinander mit freundtlichem zuesprechen vernemmen liesse,
da sich offtermals ein und andere streittigkeit vil ehender und leichter wurde
hinlegen lassen, als wan man lange zeit durch die mediatores darüber nego-
cieren solte, mit vilen mehrern höflichen wortten und erbiettungen.
Ich habe in italienischer Sprache gedankt und unsere ernstgemeinten Absichten zur
Erlangung eines christlichen und billigen Friedens betont. Es stünde nun an den
Franzosen, auf unsere Responsiones zu antworten, auf das man sechen könte,
wie und waßgestalt ohne lengers disputieren zum friden zu gelangen. Ich
wolt ihne demnach ersuecht ia gebetten haben, sich lenger damit nit aufzu-
halten . Was sonst andere bisher vorgeloffene sachen anlangte, da wüste ich
mich der politischen practiquen in dergleichen vorstehenden handlungen
wol zu berichten und stehe dahin, was ie ein theil zue mehrerm vortl seines
principals practicieren könte. Dieserseits were man aber iederzeit mehrers
genaigt, hindangesezt solcher handlungen zum haubtwerckh selbst zu greif-
fen , und werde man sich befleissen, inskönfftig in allweeg ime, herzog,
und seinen collegis mit freundtlichem ansprechen zu correspondieren und
also die fridenstractat mehrers zu beschleinigen, in hoffnung, es auch – wie
erbotten – irerseits nit ermanglen werde.
Darauf sagte er, es wer biß daher allein an deme bestanden, das die Schwee-
dische plenipotentiarii nit alhie erschinen noch mit denn irigen sobaldt auf-
kommen können, nunmehr aber hetten sie vertröstung gethan, sich biß
mittwoch, das ist morgen abendts, einzestellen. Er repetierte hierauf wider-
umb seine contestationes mit hinzuesezung, das auch die cron Schweeden
gleichergestalt mit ernst zum frieden genaigt und das werckh keinesweegs
zu verlengeren begerte. Ohne seye zwar nit, das sie allerseits ire interesse
zu beobachten nit underlassen wurden, wir möchten es aber unserseits
auch thuen. Das könde ich mich versichert halten, das ir mainung, sinn
und gedanckhen nit seye, Ewer Kayserliche Mayestätt, dero hauß noch
das reich zu destruieren oder in verkleinerung zu stürzen, sondern das sie
billich in irem standt und weesen verbleiben und erhalten werden sollen.
Ich hab mich diser erclärung bedanckht und hingegen versichert, das weder
Ewer Kayserliche Mayestätt noch dero in Gott ruchender herr vatter nie-
maln in gedancken gehabt, der cron Franckreich einige unbillicheit zuezu-
muetten . Wann man beederseits mit solchen christlichen gemüetteren zue-
samentretten thüe, so zweifle ich nit, man werde zu einem gueten vergleich
gelangen. Wann aber ie ein theil den andern mit unbillichen und unchrist-
lichen conditionibus betrangen wolt, so wurde daraus nichts anders, dann
ein effectus contrarius entspringen können.
Solchem nach bin ich uf die quaestion de admittendis kommen, vermel-
dend , ich wolte nit hoffen, das man derentwegen mit den replicis lenger
solt zurugghalten, sonderlich was die Magdenburgische deputatos belangte,
dann da dunckhte mich, der cron Franckreich mainung nit sein werde, dem
catholischen weesen in Teutschlandt ein so grosses praeiudicium aufwah-
sen ze lassen. Er antworttet, die cron Franckreich wurde nimmer zuegeben,
das mit dero zuethuen einiger abbruch oder eingriff dem catholischen wee-
sen in Teütschlandt entstehen solte; hette zwar wol darfür gehalten, das
uf anerbotenen revers denen Magdenburgischen wol könde wilfahrth wer-
den , wann man aber dessen ie so grosses bedencken trag, begerten sie sich
nit ferrers darumb anzunemmen. Von Hessen Cassel habe ich darumb nichts
movieren wollen, weil der Venetianische ambassator noch derzeit seine nego-
ciation nit abgelegt hete, und ich daher vermeint, besser ze sein, damit inzu-
halten , bis ich ettwan vernemmen möcht, wohin selbe außgeschlagen.
Ich bin aber auch dess punctens der verglaittung für die mediatständt zu
redt worden, sagend, das die Schweedische hierundter mit einer replic ein-
kommen , darinnen sie uf einen processum in infinitum zihlen theten, das
ich nit sechen könte, wan dermalen ein end daran sein wurde. Man solte
doch mit solchen nebenpostulatis die haubtsachen nit aufhalten, den Schwee-
den und Franzosen stüende doch frey, alle ire adhaerentes etiam non prae-
sentes ex natura pacificationum in die tractaten einzubringen. Sie möchten
ia in specie anzeigen, für wembe sie derzeit salvos conductus verlangen
theten, seitemaln sie aus denn Kayserlichen responsionibus zu ersechen, das
ire Kayserliche mayestätt inen zu willfahren genaigt. Ich pätte ine, herzogen,
er wolte auch seinestheils inen zuesprechen und sechen, das dessentwegen
kein aufhalt entstehe, so er zu thuen ganz höflich erbotten.
Nochmaliges Ansuchen Longuevilles um das Prädikat Altezza, welches ich ihm
während der Unterhaltung auch gegeben habe, weil ich nit sechen können, wie
ichs mit glimpf anderst hette machen mögen. …