Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
240. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 September 28
[ 213, 223 ] / 240 / [ 264 ]
Osnabrück 1645 September 28
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( September – Dezember 1645 ) fol. 61–66’, praes.
1645 Oktober 9 = Druckvorlage – Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 18; Giessen 206
nr. 72 S. 433–450 – Druck: Gärtner VI nr. 55 S. 280–290.
Bekanntgabe der Responsion auf die schwedische Proposition an die Reichsstände.
Wir haben am Montag, den 25. September, auf dem Rathaus den hier anwesenden
Reichsständen die Antwort auf die schwedische Proposition bekanntgegeben. Auf
die von einigen Ständen geforderte Zulassung aller interessierten Stände haben wir
deütlich erclahrt, das die ertzstiffts Magdeburgische, sodan die Heßen
Caßelische, Baden Durlachische und Naßaw Sarbrückische keineswegs zu
anhörung der proposition zulaßen köndten auch ehender unverrichteter
sach zurückgehen, wan sich dieselbe etwoh einzutringen understehen solten,
als in deren beysein die proposition eröffnen wölten, in zulaßung des statt
Straßburgischen aber, umb denen ständen soviell desto mehr satisfaction
zu geben, haben wier auff eins undt andern wohl affectionierten einrahten
gewilligt undt dadurch bey denen ständen, wie wier vermerckt, viell ge-
wonnen .
Weiln dan die stände gesehen, das wier uns zu nichts anders bey diesem
passu haben wöllen bewegen laßen, dieselbe auch immittels von uns so-
viell apertur und vertröstung bekommen, das die propositio also favorabl
auff dern seithen außschlagen, das sie sich gegen Ewer Mayestätt zu bedan-
cken große ursach haben würden, haben sich dieselbe aus großer begierde
undt verlangen zu der proposition was milter bezeügt, die admission bemel-
ter excludendorum nitt so eyfferich getrieben, sondern vorgeben, der actus
propositionis sey actus mere Caesareus, darzu köndten wier beruffen laßen,
wen wier wölten. Es wehren auch die im weg liegende verhindernüße zu
wenig darzu, das derentwegen ein so wichtiges allgemein nütziges werck
lenger solte auffgeschoben. Und haben deren etliche uns selbst an die handt
geben, das wier im nahmen Gottes mitt dem actu verfahren, diejenige darzu
beruffen, die wier haben wölten, und uns an nichts ferners irren laßen solten;
darauff wier dan bey dem Churmentzischen directorio unsern ansagzettl
eingereicht, und ist die ansag zu anhörung der proposition auff bemelten
montag an die von uns designierte stände des sontags zuvor beschehen.
Als nuhn die stände am bestimbten tag umb 8 uhr auffm rathaus erschienen,
ist erstlich des praedicats „excellenz“ streittigkeiten gegen die churfürst-
liche wieder geandet und damit eine geraume zeitt zugebracht worden, bis
endtlich bey denen churfürstlichen das temperament ergriffen, das sich der
Churbrandenburgischer secundarius, der von Löwen, selbiges tituls excel-
lenz begeben und nach der alten, bey reichsconventen hergebrachten obser-
vantz tractiren laßen, jedoch mitt dem vorbehalt, das in abwesenheit des
graffen von Wittgenstein, und so offt er, der von Löwen, persona reprae-
sentans sein würde, sich alsdan selbigs praedicats gar nitt begeben köndte.
Die fürstliche aber haben selbe außdingung auch nitt annehmen wöllen,
sondern sich deütlich erclehrt, den churfürstlichen primariis so wenig als
secundariis dergleichen praedicat einzuraumen, sondern es diesortts bey
dem alten herkommen allerdings bewenden ließen, worbey es bey diesem
puncto verplieben.
Indeme nun die sache zwischen denen ständen solchergestalt soweith zum
standt kommen, das die communicationes haben können geführt werden,
ist man zur deliberation wegen unser einholung, wie es damitt gehalten
werden solte, geschritten. Es hatt aber immittels der Oxenstern den Schwe-
dischen secretarium n. Milonium auff das rathaus zu denen ständen ge-
schickt und anzeigen laßen, das er vernohmen, ob wolte man bey vorstehen-
dem actu propositionis der cron Schweden foederierte undt adhaerierende
reichsstände außschließen, solches köndte selbe cron nitt zugeben; er
wolte ehender die tractaten abrumpieren und davonziehen, ehe das er einen
solchen schimpff der cron Schweden wolte anthun laßen. Es sey auch
gleich in diesem momento dem monsieur de St. Romain von Münster ein
currier kommen, der ihm bericht gebracht, das die Frantzösische abge-
sandten zu Münster ebensowenig zugeben würden, das deren foederierte
und adhaerenten alda von der proposition solten außgeschloßen werden,
laße derohalben die stände ermahnen, das sie zu solcher außschlißung nitt
verstehen wölten, wiedrigenfals bleibe er bey seiner gefasten resolution.
Die stände haben dem Milonio geanthworttet, das sie den sachen nach-
dencken wolten; sein darauff alsobald zusammengetretten und sich einer
abordnung aus allen dreyen mittlen an den Oxenstern verglichen und den-
selben durch allerhandt zu gemüth geführte rationes ersucht, das den vor-
stehenden actum nitt hindern wölte, mitt dem erbieten, das die stände nach
publication der proposition nichts vornehmen wolten, es sey dan zuvor-
derst der punctus ratione admittendorum zu seiner richtigkeit gebracht.
Der Oxenstern hatt sich anfangs zu nichts wöllen bewegen laßen, doch
endtlich soviell erclehrt, das er das seinige darbey gethan; halte zwar sol-
chen actum für sehr praeiudicirlich, jedoch gebe er es denen ständen zu
bedencken anheimb, was sie auff solche seine beschehene erinnerung thun
wölten oder nitt. Darauff dan die stände ihre deputierte, nemblich beyde
churfürstlich Meintz- undt Brandenburgische primarios, den freyherrn von
Brembser und graffen von Wittgenstein, sambt denen fürstlichen Alten-
burgischen , gräfflichen Wetterawischen, sodan beyder stätte Straßburg undt
Nürnberg umb ein uhr nachmittag (dan so lang sich das werck verzogen)
mitt 3 guttschen zu uns abgeschickt; zuvoderst von allem deme, was bey
dem Oxenstern vorgelauffen, berichten laßen, undt unser meinung darüber
zu vernehmen begehrt, was den ständen hiebey zu thun sey, und ob wier
unangesehen also bewandten umbständen die proposition zu eröffnen und
uns nach dem rahthaus zu erheben gemeindt sein; solchesfals wehren sie,
die gegenwertige chur-, fürstliche, gräffliche auch stättische, von denen
ständen deputiert, uns abzuholen und zu vergleitten. Darauff wier geanth-
worttet , wier kehrten uns an des Oxensterns reden gar nitt, der hette zu
diesen sachen nichts zu sagen; hetten die stände denselben mitt einer solchen
abordnung geehrt, auch sich also erbotten, so hetten sie wohl ein ubriges
undt mehr gethan als sie zu thun schüldig und nöhtig gewest; die Schwe-
dische undt Frantzösische schmecketen, das die vorhabende proposition
zur einigkeitt zwischen Keyserlicher mayestätt und denen ständen ziehlete
und verhoffentlich haubt und glieder würde zusammenbringen, darumb
bemüheten sich selbe gesandten so eyfferich alhie und zu Münster dero
eröffnung zu verhindern, soviell desto weniger müße man sich abhalten
laßen. Unserstheils sey uns gnug, das sie, stände, in deine mitt uns einig, das die
excludendi zur proposition nitt zuzulaßen; wehren derohalben willig, uns
mitt ihnen nach dem rathaus zu erheben und alda die proposition zu eröff-
nen , bedingten es aber nochmahls, dafern einiger von obbemelten exclu-
dendis sich bey dem actu würde eintringen wöllen, es geschehe solches
entweder von anfang des actus oder under wehrendem actu oder auch zu
endt deßelben, das wier solchesfals unverrichteter sache zurückgehen und
die proposition nitt eröffnen wölten; versehen uns aber gegen chur-, fürsten
undt stände abgesandten, das sie Ewer Keyserlichen Mayestätt höchisten
Keyserlichen respect und reputation, so bey diesem actu vornemblich inte-
ressirt , ihren offtmahls bey uns beschehenen rümblichen erclehrung nach
neben uns werden beobachten helffen.
Sein darauff mitt den deputierten in der Churmentzischen guttschen mitt
vortrettung meiner, des graffen von Lamberg, hoffstatt, darbey sich auch
3 junge graffen von Wittgenstein, wohlgemelts Churbrandenburgischen
abgesandten söhne, befunden, nach dem rathaus gefahren, allwo die bürger-
schafft auffm marckt in ihrem gewehr gestanden. Beym eingang auffm rat-
haus haben uns der ubrigen stände abgesandten empfangen und zu dem
zimmer, warin die proposition geschehen, vergleittet. In selbigem zimmer
sein vorhaubts auff etwas erhebten mitt rothem tuch uberlegten palio oder
bühne zwey meiner, des graffen von Lamberg, sambten seßell vor die Key-
serliche abgesandten zubereiteter gestanden, neben auff der rechten undt
lincken für beyde churfürstliche, Meintz- und Brandenburgische, mitt roh-
tem damasd uberzogenen bencke, herabwarts in linea collaterali gleicher-
gestalt auff beyden seithen für die geistliche undt weltliche fürsten und gräff-
liche , sodan gegen der thür für die stättische mitt rohtem tuch uberzogene
bencke, nach ordnung, wie es auff den reichsconventen pfleget gehalten
zu werden, ist aber auff der geistlichen fürstenbanck gar niehmandt gewest.
Nachdeme nuhn die stelle solchergestalt bekleidet unndt eingenohmen wor-
den , haben wier unsere proposition inhalts abschrifft sub nr. 1 abgelegt und
denen ständen die responsiones sowohl ad propositionem Gallicam als
Suecicam inhalts abschrifft sub numero 2 undt 3 sambt dero Keyserlichen
credentialn zugestelt. Darauff der stände abgesandten, nachdeme sie die
Keyserliche credentiales under sich nach ordnung der collegien verlesen
und der anthwortt halben verglichen, durch den Churmeintzischen abge-
sandten , freyherrn von Brembser, ihre anthwortt des haubtsächlichen in-
halts thun laßen, daß sich chur-, fürsten undt stände abgesandten zuvoderst
gegen Ewer Mayestätt des zuendtbottenen Keyserlichen gnadengruß aller-
underthenigst gehorsambst bedanckten und billich von hertzen zu erfrewen
hetten, das sie von dero friedtfertigen intention aus unserem beschehenen
vortrag, wahran sie niehmaln einig zweiffel gehabt, also abermahls wehren
versichert worden, befünden aber das werck an sich selbst von zimblischer
wichtigkeit, darumb sie nitt underlaßen wolten, den sachen der notturfft
nach ferners nachzudencken und uns hernechst ihre gemüthsmeinung und
guttachten zu eröffnen; wolten auch die bey ihnen deßwegen beschehene
erinnerung in gebührender obacht halten etc. Undt sein wier auch darauff
nach verrichtetem actu wieder von bemelten deputierten mitt 3 gutschen
an unser losament vergleitet und dieselbe von mir, dem graffen von Lam-
berg , bey dem mittagmahl behalten worden, ist also der actus mitt Ewer
Mayestätt höchster reputation, gottlob, glücklich undt mitt einer herlichen
solennitet zu männigliches verwunderung undt höchstem contento, unndt
mit außschlisung obgemelter vier stände (so doch andern tags darnach deß-
wegen ihre protestationes bey dem Churmeintzischen directorio eingelegt
haben sollen) verrichtet worden.
Wier haben aber alhie gehorsambst zu erinnern, das die additio bey dem
3. articul in responsione ad propositionem Gallicam auff Ewer Mayestätt
gesandten zu Münster bey uns beschehenen erinnerung, weiln es alda also
mitt denen Spanischen verglichen worden, auch von uns alhie eingerückt
werden müßen.
Müßen es aber billich beclagen, das sich von catholischen ständen außer-
halb Churmeintz sonsten alhie noch niehmandt finden thut, dadurch dan
den protestierenden abermahls gelegenheit in handen gelaßen wierdt, Mag-
deburg herzuzuziehen, und dörfften sich dieselbe sogar des directorii, weiln
gleichsamb kein contradictor vorhanden, von newen wieder underfangen
und alles, was durch diesen actum guttgemacht, wieder ubern hauffen werf-
fen oder ie schwerer machen, da hingegen viell gutts derzeitt, weiln die
stände solchergestalt gesenfft und alles auff einen ordentlichen fus gesetzt,
hette verrichtet werden mögen, wan nuhr das directorium beym fürstenrath
alhie ordentlich besetzt wehre oder sich wenigst einige von den geistlichen
ständen thäten einfinden.
Wir haben nr. 223 erhalten. Hinweis auf die wegen des modus consultandi bisher
eingeschickten Relationen.
1 Proposition der kaiserlichen Gesandten in Osnabrück an die Reichsstände, Osnabrück 1645
September 25. Kopie: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( September – Dezember 1645 ) fol. 67 –
70’ – Druck: Gärtner VI nr. 51 S. 266–273; Meiern I S. 615–617 ( = I 6, 19 )
mit Datum vom 26. September. [ Konzept: RK , FrA Fasz. 92 VI nr. 826 fol. 149–152 –
Kopie: ebenda Fasz. 48c fol. 131–134; StK FrA Karton 7 S. 165–171; Den Haag
A IV 1628 nr. 18; Giessen 204 nr. 116 S. 952–962. ]
2 Responsio ad propositionem Suecicam, Osnabrück 1645 Oktober 16
Fasz. 48a, Konv. c ( September – Dezember 1645 ) fol. 71–77 – Druck: Gärtner VI
nr. 24 S. 136–148; Meiern I S. 618–623 ( = I 6, 20 N 1 ) – Übersetzung in deutscher
Sprache: Meiern I S. 623–628 ( = I 6, 20 N 2 ). [ Kopie: Trautmansdorff-Archiv
Z 2 N 23; Den Haag A IV 1628 nr. 18; Giessen 204 nr. 135 S. 1132–1150. ]