Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
183. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 Juni 29
[ 169 ] / 183 /–
Osnabrück 1645 Juni 29
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Mai – August 1645 ) fol. 100–104’ = Druck-
vorlage – Kopie: ebenda Fasz. 92 V ad nr. 718 fol. 231–233’; Den Haag A IV 1628
nr. 17; Giessen 205 nr. 258 S. 1383–1391 – Druck: Gärtner V nr. 79 S. 346–351.
Den Ulmer und Frankfurter Bevollmächtigten abgeforderte Erklärung zur Verlegung der Reichs-
deputation . Noch keine Einigung der Reichsstände über den Verhandlungsmodus. Hessen-Kassels
und Baden-Durlachs Teilnahme an den Beratungen der Reichsstände.
Wir haben nr. 169 erhalten. Der Punkt wegen der Geleitbriefe für die Mediat-
städte ist noch res integra. Den statt Ulmischen abgeordtneten belangendt,
dha haben wir demselben uber seinen mündtlichen bei unß abgegebenen
bericht, weiln er denselben schrifftlich von sich zu geben bedencken gehabt,
ferners nichts zugemuthet. Ist auch die sach demselben nit solchergestalt
fürgehalten worden, gleichsamb selbiger bericht von ihme zu seiner ver-
antwortung , sondern nur zu dem ende schrifftlich begehrt würde, dhamit
man die Frantzösische gesandten eins andern, alß dieselbe von dem stadt
Ulmischen und Franckfurtischen verstanden zu haben dohmals furgeben,
uberzeugen khönte; und hat sich der Franckfurtischer noch diese wochen
vor sich selbst bei unß angeben und es beclagt, daß die Frantzösische ein
mehrers ihme nachredeten, alß er bey denselben gedacht habe. Besorge, daß
er deswegen bey Ewer Mayestätt unschüldigerweiß in ungnadt auch wol
bei seinen principaln in ungelegenheit gerathen dörffte, dan ihme von
Franckfurt zugeschrieben worden, daß aldha bei burgermeister und rahtt
ein schreiben, so zu Münster datirt, doch von niemandt unterschrieben
gewest, einkhommen, warin er, syndicus, bey der stadt Franckfurt hart
angetragen würde, gleichsamb er mit denen Frantzösischen zu große
gemeinschafft hielte, und würden diese formalia hinzugesetzt, daß der-
gleichen vertreüliche correspondentz der stadt Franckfurt selbst würdt
zu unstatten und ihme, syndico, auf sein kopff khommen. Thue ihme
leidt, daß er die Frantzosen iemaln hette angeredt, habe bei denselben
nichts anders geredet, alß warzue ihne seine instruction angewiesen; bittet
auch, khein anders von ihme zu vermuthen, mit erpieten, daß er aufm
fall der noth selbst nacher Münster reisen und, waß er geredt oder nit
geredet, denen Frantzosen unters gesicht sagen wolte. Deme wir geant-
wortet , daß er in verrichtung desienigen, warzu er instruirt, von niemandt
werde verdacht werden, seie unß von selbigem werck seithero ferner
nichts, weeniger von bemelten schreiben ichtwaß vorkhommen, hielten
auch die reise nacher Münster unnötig, weiln man die nachrichtung habe,
daß die Frantzosen ihre wieder die reichsdeputation vorgehabte opposition
würden fallen laßen.
So haben Ewer Kaiserliche Mayestätt auch auß unser iüngsten gehor-
sambsten relation
Vgl. [ S. 357 Anm. 1 ] .
waß für eine vortrag auf einrathen und gutbefinden deren sämbtlichen
zu Münster und hir anweesenden churfürstlichen gesandten bey denen
fürstlichen und stättischen zu benehmmung deren zu der reichsdeputation
nit gehörigen stendten wieder selbe reichsdeputation geschöpfte ungleiche
gedancken, gleichsamb dieselbe ihnen zu nachtheil und außchließung vom
iure suffragii angesehen sein solle, abgelegt worden. Sein zwar in hoffnung
gestanden, es sollen sich der fürsten und stätte abgesandten forderlichst
darüber haben vernhemmen lassen, zumaln sich bei erster vortrag nit
ungeneigter darzu bezeigt. So werden wir aber von dem fürstlich Coß-
nitzischen gesandten berichtet, daß, unangesehn sie nuhmehr in den
eilfften tag darüber in consultatione zugebracht und vor- und nachmittag
der berathschlagung abgewartet, sich dannoch eins einhelligen schlußes nit
vergleichen khönnen, sondern hetten sich dern etliche defectu mandati
entschuldigt und die sach, umb zuvor ahn ihre principaln zu hinder-
bringen und darüber bevelichs zu erholen, aufgenommen, womit dan die
sach aufgehalten und die in loco intermedio beliebte conferentz annoch
zuruckgestelt pleibt.
Immitls haben unß die fürstliche Heßen Darmbstattische angezeigt, daß
sich die Heßen Caßlische und Baden Durlachische unterstünden mit in
die consultationes zu tringen. Denen würde von etlichen, sonderlich dem
fürstlich Braunschweig Lüneburgischen darin favorirt, waran aber andere
khein gefallen trügen. Sie, Darmbstattische, sähen zwar nit, wie dem
werck derzeitt zu helffen, oder solchs füeglich ohne offension eins oder
andern zu hindern, massen sie es auch der ursachen halben nur ploß zur
wißenschafft, nit aber dern meinung unß angezeigt haben wölten, daß sie
es begehren oder darzu einrathen khönten, daß derzeitt und solange die
sachen nit in einem ördentlichen standt und auf einen bestendigen fueß
gesetzt, deswegen einige andung vorzunhemmen, sondern vielmehr zu
dissimulirn seie; müste iedoch hirnegst auf ein mitl, wie dergleichen unge-
bühr zu begegnen und abzustellen, gedacht werden, weiln ihrer gnädiger
fürst und herr nit allein wegen der erbvereinigung
Es ist wohl kaum die Erbvereinigung vom 28. Mai 1568 gemeint, sondern der hessische Haupt-
accord vom 24. September 1627. Vgl. APW [ II A 1 S. 619 Anm. 1. ]
ressirt , sondern auch Ewer Mayestätt decret und verordtnung, darin dem-
selben die vormundtschafft aufgetragen worden
geantwortet, daß es der leidige augenschein gebe, wie alles noch alhie in
confusion seie und mit denen consultationibus kheine richtigkeit zu treffen;
vernhemen es zwar ungern, daß man dergleichen noch nit außgesöhnte,
sondern mit dem feindt in waapffen stehende stendte mit zu denen con-
sultationibus zulaße, zumahl bewust, daß dieselbe ebenselbiger ursachen
halben zu Regenspurg auf offenem reichstag auch zu Franckfurt von der
reichsdeputation außgeschloßen worden, sich auch lieber außschließen
laßen wöllen, alß vom feindt ab- und zu den ubrigen stendten tretten;
ohne deme die verwittibte landtgräffin sich auß mangl der confirmation
super tutela zu der session nit qualificiren khönne, dahero deroselben
soviel desto weeniger solchs würde einzuraumen sein. Wie dem allem aber,
weiln es die fürstliche Darmbstättische selbst darfur hielten, daß es bedenck-
lich , derzeitt bey einem oder andern standt deswegen waß zu erinnern,
müste mans biß dahin, daß die reichsdeputation beyeinandergetretten,
mit gedult ansehen; würdte sich alßdan bei der ansage zum rahtsgang die
sachen schicklicher einrichten laßen, womit die Darmbstättische mit unß
einig und wol zufrieden gewest.
Die Schweedische, Churbrandeburgische und Heßisch Caßelische banquet-
tirn steets miteinander; halten sich auch die Brandeburgische in allen so
prächtig, daß wir es ihnen nit khönnen nachthuen. Der graff von Wittgen-
stein hat ahn mich, den graffen von Lamberg, beykhommendes memorial
Ewer Mayestätt gehorsambst einzuschicken begehrt.