Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
142. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1645 April 27
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Münster 1645 April 27
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A ( April–Juni 1645 ) fol. 66–66’, 71–71’, 74–74’,
76–76’ = Druckvorlage
Bei der Ausfertigung liegt unter fol. 75 ein Postscriptum von der Hand Nassaus. Dieses PS
gehört nicht zu dem Bericht an den Kaiser, sondern zu einem Schreiben entweder an Trauttmans-
dorff oder an Kurz. In ihm berichtet Nassau, daß er auf Grund des kaiserlichen Befehls dem
kurbayerischen Gesandten von Haßelang das Prädikat Exzellenz gebe und es auch den anderen
kurfürstlichen Gesandten geben werde, der Bischof von Osnabrück dagegen verweigere ihm dieses
Prädikat und nenne ihn Vetter; er bitte um Bescheid, ob er es beanstanden solle.
Den Haag A IV 1628 nr. 37; Giessen 205 nr. 180 S. 863–872 – Druck: Gärtner IV
nr. 197 S. 834–840.
Stellungnahme der französischen Bevollmächtigten zur Antwort der Kaiserlichen auf ihre Erklä-
rung : Restitution der im Krieg eroberten Orte, Regensburger Abschied und Vertrag von Cherasco,
Herzog von Lothringen, Translation der Reichsdeputation, Kurfürst von Trier, Vergleich zwischen
ihnen und den schwedischen Bevollmächtigten über die Propositionen, Nennung ihrer Verbündeten,
Behandlung der italienischen Sachen auf dem Friedenskongreß, Sicherung des Friedens. Keine
Erklärung der Franzosen zur Frage der Religionsgravamina. Bevorstehende Abreise d’Avaux’s.
Vermutliche Rangstreitigkeiten bei Ankunft Longuevilles zwischen diesem und den spanischen
Bevollmächtigten. Gerücht von erfolgter Freilassung des Kurfürsten von Trier. Visite des straß-
burgischen Bevollmächtigten.
Wir haben das Rezepisse vom 12. April
uns die Vermittler angezeigt, daß sie den französischen Bevollmächtigten unsere Infor-
mation vom 18. April
Vgl. [ nr. 136 ]
Beilage A enthalten. Welche antwortt zwar auf nachfolgenden puncten beste-
hen thut. Erstlich, das sie sich wegen der restitution in wehrendem krieg
eingenomner vestungen, landen und leütten bey vorgehender fridenshand-
lung erclären wolten. Darbey zwar aus der herren mediatoren discurs wol
sovil vermörckht worden, das die Franzosen nit weniger als die Schweeden
anstatt der kriegscösten etwas an landen und leütten an sich zu behalten
praetendieren möchten. Zum andern, das sie sich an die Regenspurgische
pacification der ursachen nit verweisen lassen köndten, dieweil selbe von
irem könig nit approbiert, sondern folgendts ein neüe vergleichung zu
Cherasco aufgerichtet wer
Vgl. APW II A 1 [ S. 267 ] , [ 400 ] und [ 659. ]
gen sach an disem ortt nit gehandlet, sondern auf die vor disem von seiner
fürstlichen durchlaucht mit der cron Franckreich gemachte compactaten
verwisen werden
Vgl. APW [ II A 1 S. 45 Anm. 4. ]
die translatio der reichsdeputation zu disen fridenstractaten nit genuegsamb
legitimiert, hingegen aber denn ein- und andernortts ankommenden reichs-
ständten oder deroselben deputatis ein freye consultation cum iure suffragii
zuegelassen werden solte. Zum fünfften möchte dess herrn churfürsten von
Trier sach gleichwol bis nach eröffneter haubtproposition eingestelt ver-
bleiben . Zum sehsten were einer under denn Franzößischen plenipotenti-
ariis entschlossen, dise wochen nach Oßnabrugg zu verraisen und sich mit
denn Schweeden wegen der proposition eines entlichen zu vergleichen;
solte auch alßpald nach dessen widerkonfft damit fürgangen werden. Siben-
dens bleib es ebenmäsßig mit benambßung und handlung der confoede-
rierten interessi an sein ortt außgestelt. Zum achten köndten sie sich nit
binden lassen, die Italienischen sachen allererst nach beschliesßung der
Teütschen ze handlen, sondern solte alles pari passu gehen. Letstlich solts
mit assecuration bey beschluss der tractaten wie dergleichen fählen herkom-
mens und es die iezige beschaffenheit erforden thet, gehalten werden.
Was demnach aber die assistenz gegen den protestierenden in puncto grava-
minum anlangt, da erscheint aus dess herrn nuncii mir, Volmarn, bescheche-
ner anzeig, das sie sich weder pro noch contra recht heraußlassen und cate-
gorice erclären wollen.
Und obwol von uns alsogleich per discursum über ein- und andern puncten
den herren mediatoren weiter bericht erstattet worden, so würdt es doch
nunmehr haubtsächlich auf deme beruchen, was die Franzosen sich mit denn
Schweeden in vorhabender conferenz vergleichen möchten, zu welchem
ende der Servien bis morgen, sambßtags, nach Oßnabrugg zu verreisen
vorhabens sein soll. Der d’Avaux aber hat sich zu diser raiß nit verstehen
wöllen, sondern gegen denn herrn mediatoren entlich erclärt, fürohin alle
handlungen allein an den Servien zu lassen; und zwar noch in 14 tag, bis
deme ein neüe vollmacht zuekommen köndt, alhie zu verbleiben, folgents
aber ohne lengern aufhalt seinen weeg zurugg in Franckreich ze nemmen.
Seitemaln ime der cardinal Mazzarini fast dess innhalts zuegeschriben, der
könig hete auf sein vilfältig sollicitieren nit wol anderst thuen könden, als
ime sein erlaubnus zu ertheilen, doch wurde ime, cardinal, sehr lieb sein,
wann er vor sich selbst und seiner aigenen respetti willen sein obhabende
commission noch weiter mit und neben dem Servient continuieren thet, wo
aber nit, so wurde es doch dem könig an anderen tauglichen subiectis nit
ermanglen; ab welchem modo scribendi er, d’Avaux, sehr übel zufriden
und es gleichsamb vor eine verschimpfung aufnemmen thut. Beede herren
mediatores, sonderlich aber der Venetianische pottschaffter haben alle mit-
tel und weeg gesuecht, ime zu bereden, das er alhie verbleiben solt mit ver-
sprechen , das sie ine genuegsamb manutenieren wolten, aber vergebens,
dann er verbleibt einmal uf gefaster resolution; sagt außtruckenlich, der
cardinal verhindere alle fridenstractaten und halte den Servient allein zu
solchem ende alhier auf. Wann aber er alhie hette verbleiben und die hand-
lung füehren können, wolte er inner drey monaten fridt gemacht haben. Dess
herzogen von Longavilla ankonfft thuet er selbst vor ungewiss halten. Und
gibt die beylag B zu erkennen, was derselb vor competenzen gegen denn
Spanischen gesandten anmassen und daher, das der marchese Castel Rodrigo
hieherkommen solt, praetendieren thuet, so der d’Avaux ebenmäsßig vor
ein invention dess cardinals haltet, als deme wol bewust, das diser marchese
von seinem gouverno nit obkommen werde könden.
Wir seint zwar willens gewesen, mit den deputierten dess Fränckischen
craiß, wie auch der stätt Franckfurt und Ulm, über dasihenig, was wegen
der reichsdeputation in der Franzößischen antwortt angeregt worden, etwas
undterred ze pflegen, so seint dieselben aber bereits nach Oßnabrugg ver-
reist gewesen, und hat sich deren keiner alhie befunden. Dahero wir heüt
dato Ewer Kayserlichen Mayestät Oßnabruggischen gesandten umbständt-
lich informieren
selbst anweesenden churfürstlichen auch anderer ständten gesandten für
erinnerung zu thuen sein möchte. Und kombt nunmehr heraus, was dise
plenipotentiarii beeder feindtlichen cronen mit so eüferiger erforderung der
reichsständten gesuecht haben.
Wegen dess herrn churfürsten von Trier ist zwar in Ewer Kayserlichen
Mayestät schreiben kein meldung beschechen, nichtsdestoweniger aber
bereits erschollen und mir, Volmarn, vom herrn nuncio selbst mit umb-
ständten angezeigt worden, das Ewer Mayestät denselben bereits motu
proprio allerdings auf freyen fuess gestelt und nach Trier zu seiner residenz
zu verraisen erlaubt und zugelassen hette; darmit es dann gegen die Fran-
zosen sein richtigkeit haben würdt. Allein stehet zu bedencken, wann die
Franzosen nochmaln dise Trierische verhandlung pro caussa belli anziechen
und darmit ursach zu gebürender ablainung geben wurden, wie wir uns
alßdann zu verhalten, und ob wir uns auch auf die wider gedachten herrn
churfürsten registrierte excessus wurden beziechen dürffen. Darüber wir
Ewer Kayserlichen Mayestät allergenedigiste resolution underthenigist pit-
ten thuen.
Der herr bischoff von Oßnabrugg ist vergangnen montags von hier uf etlich
wenig tag nach Widenbrückh verreist, inmitlst haben wir seinem hinder-
lasßenen substituto, herrn propsten von Landtsperg, oberzelten verlauff zu
seiner und der Churbayrischen gesandten nachricht zu wissen gethan.
Der statt Straßburg abgeordneter, Dr. Marx Ott, hat sich diser tagen auch
bei uns mit generalcomplimenti angemelt, seiner oberen intention, warumb
sie biß daher den Prager schluss nit hetten annemmen können, außgestri-
chen , dabey aber derselben bestendige trewe gegen Ewer Kayserliche Maye-
stät und dem reich angerüembt, deme wir hingegen in generalibus beant-
worttet und zu erkennen geben, das Ewer Kayserliche Mayestät nichts
anders suechten, dann alle chur-, fürsten und ständt widerumb in durch-
gehende einigkeit ze bringen und dabey zu erhalten, derentwegen die von
Strasßburg sovil desto besser thuen würden, wann sie sich ebenmäsßig
widerumb in rechten standt gegen Ewer Kayserliche Mayestät und dem
reich sezen theten etc., mit erbietten, ime iederzeit in seinen vorfallenheiten
guetwillig anzehören auch zu aller gebür verholffen ze sein.