Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
95. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 Februar 9
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Osnabrück 1645 Februar 9
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Januar – April 1645 ) fol. 68–70’ = Druckvor-
lage – Kopie: ebenda Fasz. 92 IV ad nr. 557 fol. 343–345; Den Haag A IV 1628 nr. 16;
Giessen 205 nr. 72 S. 297–304 – Druck: Gärtner IV nr. 88 S. 344–349.
Verhandlungen d’Avaux’s mit den schwedischen Bevollmächtigten über die Propositionen. Seine
Beteuerungen des französischen Friedenswillens gegenüber dem dänischen Sekretär Klein. Fran-
zösische Friedensbedingungen. Beschlagnahme der Leiche Botelhos.
Wir haben nr. 85 erhalten. Die französischen Gesandten haben zwar erklärt, ihre
Proposition in den nächsten Tagen zu eröffnen, sie verfahren jedoch so langsam, daß
unschwer daraus abzunehmen, daß alles nuhr auf zeittgewinnung angesehen
und noch kein rechter ernst darbey seie. Deß monsieur d’Avaux communi-
cation mitt denen Schwedischen alhie soll vornemblich auf vier puncten,
wie der Dennische secretarius Clein penetrirt zu haben vermeindt, bestehen,
Vgl. APW [ II C nr. 285. ]
1. Ob die proposition ietzo zu thuen, oder der Teütschen fürsten noch lenger
zu erwartten seie, 2. Wie die proposition in formalibus einzurichten, 3. Wes-
sen man sich der restitution halben der occupierten lande und örtter zu er-
clehren , 4. Wieweit der Teütschen fürsten bey der proposition zu ge-
dencken .
Selbiger Dennische secretarius hatt den monsieur d’ Avaux auch selbst
heimbgesucht und auß deßen mund verstanden, ob würde der monsieur de
Rortee alß ordinari ambassadeur nacher Schweden und der ursachen halben
in solcher qualitet geschickt, damit die cron Franckreich jemandt von autho-
ritet in Schweden habe, der den senatoribus regni und andern, wo eß
nöttig, wan dieselbe nitt gleich in deme, waß zu beforderung dieser friedenß-
handlung ersprießlich, einfolgen wölten, zusprechen möge, dan laße sich
bey denen Schweden jeweilen eine langsambkeit vermercken, daß es der-
gleichen antreibens bey denselben wohl bedörffe; und komme dieser vor-
schlag von ihme, den monsieurs d’ Avaux und Servient, her. Er, d’ Avaux,
seie ietzo selbst darumb hier, damit er die Schweden zur haubthandtlung
disponiere, dan der cron Franckreich verlange nichts höhers alß den lieben
frieden; an glücklichem außschlag dieser friedenshandtlung wölte er nitt
mehr zweifflen, weilen beede cronen Spanien und Franckreich noch andere
vornehme gesandten benendt
Zu den spanischen Gesandten vgl. [ nr. 97. ] Auf französischer Seite kam Henri II D’Orléans, duc
de Longueville als Hauptbevollmächtigter neu nach Münster. Über seine dortige Tätigkeit vgl.
P. Guillaume , vgl. auch Michaud , Nouvelle édition XXV ( o. J. ) S. 81f. NBG XXXI
( 1860 ) Sp. 586ff., APK 15494–15498 und V. Kybal S. 1137.
ihme, Cleine, noch weiter in discurs der friedenßhandlung halben begeben
wöllen, so seie aber der Braunschweigisch-Lüneburgischer abgeordneter
Dr. Lampadius, umb den d’ Avaux zu besuchen, herzukommen, derhalben
er urlaub nehmen müßen.
An den puncto satisfactionis vermeindt gemelter Clein, daß die vornembste
difficultet bey dieser handlung hafften und die gegentheile selbigen fast hoch
spannen würden. In Franckreich giengen die discursus, ob würde man an
seithen selbiger cron den Rheinstromb pro termino Imperii begehren, und
umb solches facto ipso zu erclehren, so solten alle dießseidts stehende
Frantzösische völcker wieder uber Rhein geführt, dagegen aber jeneseidts
Rheins gelegene örtter dergestalt besetzt werden, daß die unmögligkeit,
umb dieselbe durch macht der waffen wieder zu erobern, gleichsamb von
sich selbst reden und denen Teütschen alle hoffnung zu dern recuperation
benehmen solte; und wehren alle in Franckreich obhandene mächtige kriegs-
praeparatoria zu solchem dissegno angesehen, würde auch deßwegen eine
gantze newe armada darin auffgebracht, auch ein extraordinari ambassadeur,
nahmens monsieur d’ Estorres
Godefroi Louis comte d’Estrades ( 1607–1686 ), franz. Oberst und Diplomat, außerordentlicher
Gesandter bei dem Prinzen Friedrich Heinrich von Nassau-Oranien. Über ihn vgl. Michaud
XIII ( 1815 ) S. 404f., Michaud , Nouvelle édition XIII ( 1855 ) S. 121. NBG XVI ( 1856 )
Sp. 569f., A. de Saint-Léger und L. Lemaire und APK 32721.
Holländer zu einer vornehmen impressa und diversion zu vermögen, und
damit man dieselbe soviell desto mehr willig machen möge, pringe er von
wegen der cron Franckreich 14 tonnen goldes mitt sich. Selbe cron, umb
ihrer praetension soviel mehr einen schein und praetext zu geben,
würde der cron Schweden interesse bey dem puncto satisfactionis auch auf
landt und leühte zu richten, befördern, und scheine eß, ob solten beede
cronen in diesem passu schon einig sein.
Den entführten Portugesischen leichnamb wollen die Schwedische gesandt-
en andergestalt nitt alß in vim praeliminaris conclusi restituirt haben, und
will dero Keyserlicher veldtmarschalcken, graff von Gleen, beschehenes an-
erbieten wegen selbiges leichnambs wiederaußfolgung auß cortesey und gutt-
willigkeit nitt angenohmen werden. Scheinet, daß es denen Schweden viel
mehr umb diese materi zu disputieren alß wiedererlangung selbigs leich-
nambs zu thun; laßet sich auch aus allerhandt umbständen abnehmen, ob
wehre gemeltes leichnambs hinwegführung von anfang nuhr darauf ange-
sehen und mitt fleis also angestelt gewest, daß derselbe der Keyserlichen sol-
datesca hatt in die hände fallen sollen, dan da der Oxenstern sonsten im
prauch gehabt, seine sachen, so für und nach nach Minden geführt worden,
zu morgenszeitt von hier abzuführen zu laßen, damit sie gegen den abendt
die nechste Schwedische garnison Vorden
gegen den abendt alhie außgeführt und kaumb auf eine stunde wegs von
hier gebracht, alda in einem offenen orth aufgehalten, andern tags auch nitt
mitt anbrechenem tag, wie eß sonsten auf den reisen zu beschehen pflegt,
sondern allererst umb die mittagszeit auß dem ersten nachtläger weiters
vortgefahren worden, wardurch dan der garnison in Förstenaw zum herzu-
kommen zeitt gelaßen. Wehre sonsten, wan der auffbruch zu gewönlicher
morgenstunde beschehen, den leich einzuholen unmöglich gewest, weiln
die fuhren gemelte Schwedische garnison in wenig stunden hetten erreichen
können.