Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
272. Nassau und Volmar an Trauttmansdorff Münster 1646 April 15
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Münster 1646 April 15
Kopie: RK , FrA Fasz. 52a fol. 58–63 = Druckvorlage; KHA , A IV Bd. 1628/20
unfol.; Giessen 207 nr. 32 S. 132–139; Ebenda 210 nr. 57 S. 518–533; Öst. Akten ,
Tirol , Fasz. 20e fol. 156–160’ – Konzept: RK , FrA Fasz. 92 VIII fol. 268–272’ –
Druck: Gärtner IX nr. 28 S. 125–135.
Elsaß-Angebot. Waffenstillstand. Breisach. Tausch des Breisgaus gegen die Oberpfalz.
Französische Einwände gegen die Bedingungen des kaiserlichen Angebots.
Wir haben den Mediatoren gestern nachmittags umb 2 uhr angezeigt,
mit was anlaaß wir von den Churbayrischen gsandten berichtet worden, sie
von denn Franzößischen plenipotentiariis vernommen heten, wann wir den-
selben die überlasßung dess Obern und Undtern Elsäss sambt dem Sundt-
gaw durch die herren mediatores formaliter wurden antragen lassen, das sie
alßdan ein armistitium uf 4 wochen lang bewilligen und hierzue auch die
Schweedischen disponieren wolten, ausfüerlich zu verstehen gegeben, das
wir solchem nach und auf dise erlangte apertur hin uns nunmehr entschlos-
sen heten, mit disem anerbietten fürzugehen, dessentwegen auch und mit
was conditionibus solches geschechen solt, ein besonder memorial undter
uns verglichen, so wir inen hiemit eingehendigt und sie ersuecht haben wol-
ten , solch unsere erclärung denn Franzosen vorzutragen und vor allen
dingen von inen zu vernemmen, ob sie das bedeüte armistitium erwöhnter-
massen zuegeben wolten. Auf diesen unseren vortrag haben die mediatores
uns hinwiderumb eröffnet, das die Franzößische plenipotentiarii vorgestri-
gen abendts bey inen gewesen und heten per discursum vermeldet, es weren
zwar dise Österreichische feyrtag über undterschidliche visite zwischen
inen, denn Kayserlichen und Churbayrischen vorgangen, auch dabei sovil
vermerckht worden, das man inen das Ober- und Undter Elsass sambt dem
Sundtgau uberlassen, aber die vestung Preysach vorbehalten wolt, welches
aber zu keinem friden dienen köndte, dann sie einmal solchen blaz nit
restituieren wolten; und als der Venetianische pottschaffter gegen dem
d’Avaux repliciert, gesezt den fahl, das man Preysach auch zurugglasse,
ob dann der friden mit Franckreich versichert sein wurde, hete der
geantworttet, nein, er köndt es nit versicheren, dann sie heten einmahl
keinen andern bevelch, als uf einhaltung der völligen Vorderösterreichi-
schen landen beederseiten Rheins zu beharren und weren weiter darauf
fürgebrochen, sagend, sie könten nit für thuenlich finden, das hauß Öster-
reich diser enden zum nachbawen ze haben, sondern es mueste darauf
gedacht werden, wie etwan ein außtauschung gegen der Oberen Pfalz ge-
schechen könt; das aber eines armistitii halber etwas mit denn Churbayri-
schen veranlast worden sein solte, darvon hetten sie mit keinem wort anre-
gung gethan. Herr nuncius hete zwar albereit solchen bericht von denn
Bayrischen selbst gehabt, weil aber die Franzosen dessen nit gedacht, so hab
er auch vor sich selbst nichts movieren wollen, und stüenden die daher sehr
im zweifel, ob sie, Franzosen, noch dess sinns und ob wir für thuenlich
halten werden, das bei solcher beschaffenheit unser vorschlag und anerbiet-
ten zu eröffnen sey. Wir haben geantwortet, die Churbayrische heten uns
einmal die obvermelte anzeig gethan und könten wir ganz nit zweiflen, das
es damit also hergangen. Wir wolten wenigist an unserm ort nichts ermang-
len lassen, wann hernach die Franzosen irem erbieten nit statt thuen solten,
so wurden die Churbayrische sich dessen gegen inen mit desto besserem
fueg beschweren können. Hierauf haben die mediatores das zuegestelte
memorial verlesen und sich ferrer erclärt, sie wolten noch den abendt zu
denn Franzosen gehen und inen sagen, das wir berichtet, waßmassen sie sich
gegen denn Churbayrischen vernemmen lassen, wann inen in unserm namen
durch die mediatores zu überlasßung dess Elsäss formblich angetragen
wurde, das sie alßdan ein suspensionem armorum auf 4 wochen bewilligen
wolten et cetera. Nun weren wir bey inen, mediatoren, gewest und heten
solch anerbietten in schrifften eröffnet. Wir begerten aber vorderist zu
wissen, ob es alßdan mit dem anstandt sein richtigkeit haben werde; sagten
sie ja, so wolten sie inen alßdan den inhalt unsers memorials andictieren,
würden sie aber das armistitium nit einwilligen, so wolten sie, mediatores,
uns dessen widerumb berichten.
Wir seint darauf alspaldt zu denn Churbayrischen gsandten kommen und
haben inen hievon bericht gethan, damit sie, fals die Franzosen zurugg-
gehen wolten, der sachen ferrer nachzusezen wüsten. Die haben nun ir
vorige anzeig ad longum widerholt und nit darfür halten wollen, das die
Franzosen einige difficultet hierunter machen werden.
Heüt, sontag vormittag umb 10 uhr, haben uns die mediatores referiert, das
sie verahnlaastermassen ire negociation bei denn Franzosen abgelegt und
von allererst in puncto suspensionis ein satte erclärung von inen begert.
Weil sie sich dan erbotten, das sie, alspaldt inen obbestimbte oblation
wurde geschechen sein, an irem ortt solche suspension uf 4 wochen lang zu
werkh richten, einer aus inen nach Oßnabrugg verreisen und ebenmäsßig
die Schweeden darzue disponieren wolten, also heten sie, mediatores, dar-
aufhin unsere postulata et oblata erstens allein mündtlich proponendo
durchloffen, folgendtlich inen auch schrifftlich übergeben und were dersel-
ben erclärung entlich dahin vernommen worden: Erstlich wer ir mainung
nit, wann sie die 4 Waldtstätt und das Breisgau widerumb restituieren und
zurugglassen solten, das solche landtschafft der Inspruggischen lini oder
insgemein dem hauß Österreich zuekommen solt, sonder das dieselbe ir
churfürstliche durchlaucht in Bayern anstatt der Obern Pfalz so lang ver-
bleiben müest, bis sie umb die 13 million bezalt weren, welche bezahlung
dan sie, Franzosen, uf sich nemmen wolten, oder es möchte solche landt-
schafft irer durchlaucht gar in solutum bleiben. Wann aber Churbayern
solche partita nit wurde annemmen, das sie alßdann denn Pfalzischen erben
gegen hindterlasßung der Obern Pfalz dise Österreichische landtschafft
dennselben zu einer ergezlicheit überlassen möchten. Das sie dann auch
über das ein solche summa gelts vor die Elsäsische lande darschiessen solten,
das were ein postulatum nimis excessivum, darzue sie sich nit verstehen
köndten. Wa man inen aber das Preyßgaw zugleich überlassen thet, wolten
sie inen von einiger summa ze handlen, nit lassen entgegen sein. Sonsten
aber, da es allein beim Elsäss zu verbleiben, müesten sie neben Preysach
auch die statt Newenburg haben und wolten denselben fortificieren lassen,
verstüenden dise statt und sonderlich Preysach cum suis appertinentiis et
territoriis.
Zum anderen was Philippßburg, Benfelden und Zaberen anlangte, wolten
sie sich mit dem herren churfürsten von Trier wegen Philipßburg schon
vergleichen; Benfelden müeste demoliert werden, bei Zaberen begerten sie
nichts anders dann ein freyen pasß.
Zum 3. wegen der investitur müeste die uf alle könfftige könig in Franck-
reich gerichtet werden.
Zum 4. dem Reich könten sie nit so hoch contribuieren als ein churfürst, dan
waß sie sich dißorts anerbotten, heten sie uf den fahl gethan, wann inen die
ganze Vorderösterreichischen lande überlassen wurden.
Zum 5. begerten sie, das man den 4., 7., 8. und 10. articul außlassen wolte,
dann es müeste dise offerta also gestelt sein, das sie selbe iren confoederatis
köndten vorweisen und so selbige dise articul wider sich lauffen sechen sol-
ten , wurden sie destwegen bey inen discreditiert werden und in ungelegen-
heit kommen. Sie weren aber nichts destweniger erbiettig, alles, was in
solchen 4 articulos begriffen, bestermassen zu praestieren und zu negocie-
ren , wan auch nichts geschechen und erhalten werden solte, so wurden wir
auch nichts obligiert sein.
Zum 6. weren sie zufriden, das zugleich der friden mit Spanien tractiert
und selbe cron in dise pacification eingeschlossen werde, wolten auch uns
und die mediatores ersuecht haben, darzu zu cooperieren. Dann sie wol
erkenten, das ohne diss der friden mit Teütschlandt nit wurde bestehen
können.
Zum 7. das aber aniezo gleich die bedingte suspensio armorum auch sich uf
die Niderlandt erstrecken solt, das stüende nit in irer macht und kondte diß
auch sonderlich wegen irer confoederation mit denn Staaden nit sein. Bei
dem letsten articul het es sein verbleibens, das nemblich kein theil obligiert
sein solt, wen der friden nit erhebt wurde.
Und weren sie erbiettig, diß alles per aignen currier nach Pariß zu refe-
rieren und vollkomne instruction darüber einzulangen; begerten hingegen,
das wir es ebenmäsßig per aignen an ir Kayserliche mayestät wolten gelan-
gen lassen, uf das kein zeit hierinnen verlohren werde.
Auf diese relation haben wir uns kürzlich dahin erclärt: waß die auß-
lasßung der bestimbten 4 articul anlangte, da weren es conditiones sine
quibus non, davon wir auch keinesweegs weichen köndten noch würden;
heten aber benebens so gross bedencken nit, das selbige zu bedeutem ende,
nemblichen darüber desto sicherer mit iren confoederatis ze communicieren
haben, außgelassen werden möchten . Stehen es zu der herren mediatoren
belieben, unsere proposition mit begerten außlasßungen umbschreiben ze
lassen und denn Franzosen zuezustellen, doch mit der außtrücklichen con-
dition , das wir dise oblation anderergestalt und ohne richtigmachung diser
außgestelten conditionum zu keinem effect kommen köndten, das auch zu
solchem ende unsere proposition, wie wir selbige denn herren mediatoren
zue handen gestelt, bei inen in deposito verbleiben solle, damit sie uns des-
sen toties quoties et cetera zeugnus geben köndten.
Das aber die Franzosen, fals Churbayrn solchen theil der Vorderöster-
reichischen landen nit annemmen, noch die Oberpfalz quittieren wolt,
selbigen alsdan denn Pfalzischen erben einhendigen wolten, das wer ein sach
die nimmermehr zuegeben werden köndt. Man het bißher an irer Kayser-
lichen mayestät nichts weiters gesuecht, dann die zurugglasßung deren ufm
Elsäss gestaadt gelegener landen, und wie von Pariß alzeit durch den herrn
nuncium Bagni an den herren
das es damit sein richtigkeit erlangen, consequenter dem hauß Öster-
reich der rest disseits Reins gelegner landen verbleiben werden. Man werde
einmal in ewigkeit darauf nimmer verzeichen, noch dise landt verkauffen
lassen. Es were ia hoch zu verwunderen, das die Franzosen allein ex mera
invidia, so sie gegen dem hauß Österreich trüegen, dise uralte catholische
landt denn Calvinisten muetwilliger weise in rachen und also in ewigen ver-
lust seel und leibs steckhen wolten. Irer Kayserlichen mayestät und dero
hauses mainung sei im geringsten nit, selbe zu verkauffen oder durch andere
weeg zuruggzelassen. Wir sechen wol, das es entlichen dahin außlauffen woll,
das die recompensation der 13 millionen einzig und allein irer Kayserlichen
mayestät und dero hauß, wo nit directe doch per obliquum mit abzwak-
khung dero landt und leütten wolle ufgebürdet werden. Dises könte nit statt-
finden ; ire mayestät und dero hauß heten nit pecciert, sondern Pfalz; die
solte auch die straaff leiden. Es lassen sich die Franzosen nit genuegg sein,
das sie zu Preysach die Calvinische religion undter dess königs protection
einfüehren lassen, indem daselbst die Augustiner religiosi aus irem closter
außgeiagt, den praedicanten die canzl und kirchen eingeraumbt und noch
darzue das königlich Franzößische waappen an die canzl gehengt worden
zum zeichen, das die kezerische religionsübung undter der Franzoßischen
protection stehen thue, sondern wolten aniezt erst ein ganze provinz eben-
mäsßig solcher gefahr underwürfflich machen.
Das wir dann ein recompensa vor die erzherzogen zu Insprugg wegen dess
Elsäss begert, dessen haben wir billiche ursach, das inen ia das irig sonst
wider recht und billicheit vorenthalten werde. Die Franzosen heten sich
allezeit einer ergezlicheit erbietig gemacht und schuldig erkent. Wir heten
nit zuvil gefordert, wo wir ad individua gehen solten, wurde es noch wol
ein anderes rechnung abgeben. Wann es sie zuvil bedruckhte, solten sie das
landt widerumb deme es gehörte, zurugggeben; man begerte ihres gelts nit.
Was die übrige puncten anlangte, da stüende es uf weiterer handlung, deren
ausschlag zu erwartten. Wir weren auch erbiettig, alsbaldt Eur Excellenz
von disem allem parte zu geben und daran zu sein, das ire Kayserliche
mayestät der sachen bewandtnus ohne einige zeitverliehrung gehorsamist
verstendigt und deroselben entliche resolution eingelangt werde, und diß
zwar sovil Breysach anlangte. Dann die statt Neüburgg betreffend, weil
diß ohne das kein wehrhaffter post, auch dem landt unerträglich fallen
wurde, wann die Franzosen selben fortificieren wolten, welches doch die
glegenheit dess landts nit zuegeben thet. Also wurden ire Kayserliche maye-
stät selbe nit zurugglassen wöllen; sodan wolten wir auch irer hochfürst-
lichen durchlaucht, dem herrn Kayserlichen generalissimo, und anderen
Kayserlichen generalen, wa es die notdurfft erfordere, wegen der suspension
armorum eilferttig zeschreiben. Die herren
unserer erclärung contentiert und erbotten, denn Franzosen gleich nach
dem mittagmahl ein und andere beschaffenheit ferrers zu repraesentieren,
vermeinten selbst, wir solten uf unserm proposito verharren, die Franzosen
würden sich entlich wol anderst resolvieren müessen.
Wir haben auch für ein notdurfft befunden, von disem verlauff die Chur-
bayrische gsandten umbstendtlich zu berichten, wie dann ich, Volmar, mich
gleich nachmittag zu inen verfüegt und sie ersuecht hab, uns dißorts bey-
stendig zu sein und nit zuezugeben, das die herrn erzherzogen zu Insprugg
solcher gstalt umb landt und leüth gebracht und selbige erst gueten theils
denn Calvinisten in die handt gespilt werden solten. Es heten ire churfürst-
liche durchlaucht doch niemalen ein mehrers vorgeschlagen, dan das allein
das Elsäss denn Franzosen zu lassen sein werde. Sie haben demnach ver-
sprochen , das irig bestermassen dabei ze thuen und weil sie schon anderwerts
etwas nachricht darvon gehabt, so heten sie sich bereits bedacht, wie sie denn
Franzößischen plenipotentiariis, welche eben disen abendt zu inen kommen
würden, möchten begegnen können. Dann ir gnedigster herr werde ires er-
achtens mit der Obern Pfalz umb viler ursachen willen solche separationes
nit machen lassen, vil weniger sein consens darein geben, das denn Pfalzi-
schen erben die Preißgauische lande überlassen werden sollen. Ire churfürst-
liche durchlaucht finden auch für billich, das denn erzherzogen zu Insprugg
ein ergibige recompens für dasihenig, so sie zurugglassen müesten, gemacht
werde.
Wir erwartten demnach, was die herren mediatores wie zugleich die Chur-
bayrische gesandten weiter vor eine resolution von den Franzosen erhalten
werden, so Eur Excellenz wir alspaldt zu berichten, nit underlassen wollen,
und haben inmitlst disen verlauff zu dero wissenschafft und nachricht
überschreiben sollen, derselben bevelch daruber erwarttende.