Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
244. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 April 3
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Münster 1646 April 3
Reichsständische Gravamina-Verhandlungen. Katholischer Widerstand gegen die Stifts-
abtretungen . Spanisch-französische Verhandlungen. Spanisch-niederländische Verhandlun-
gen . Französische Satisfaktionsverhandlungen. Verhandlungen mit Salvius.
Ewer Römisch Kayserliche Mayestät allergnädigstes handbriefl vom
21. Martii nechsthin hab ich den 31. desselben allergehorsamst, neben der
copey dero Kayserlichens schreiben an churfürstliche durchlaucht in
Bayern, empfangen.
Mit dem fridtstractat hat man bißhero weiter, alß beschechen, nicht
khomen khünen. Dan zu componirung der gravaminum seindt die
catholischen deputatos zu verordtnen, eher nicht alß erst diese tag zu
vermögen gewest, ohne dieselben hat Schweden nichts schliessen wollen,
deren gesandten es auch an genugsamer volmacht ermangelt gehabt.
Nunmehr werden die gravamina hoffentlich in wenig tagen verglichen, der
reichsstendte guetachten von dem Churmainzischen directorio über der
cronen replicas unnß übergeben, darauf von unnß die duplica oder
instrumentum pacis ipsum verfast unndt denen cronen wider hinauß-
gegeben werden, schrifft- oder vilmehr erstlich mündlich. Sol gewiß die
zeit vergebens nicht verzert werden. Aber die grösste difficultet in puncto
satisfactionis Suecicae ist, das (wie mier der bischov von Ossnabrug clar
sagt) die catholischen in concessionem einiges stiffts, obs schon 80 ihar
Luterisch seye, nicht consentiren werden, sondern reclamiren; beger ich ihr
guetachten, so schlagen sie den consensum ab unndt weisen Schweden oder
Brandeburg auf Euer Kaiserliche Majestät erblande; beger ich khein guet-
achten so exclamiren sie, sagen Euer Kaiserliche Majestät habs nicht macht,
protestiren, appettiren, troen gar mit excommunicationen, haben den nun-
cium an der handt, die Franzosen selbst werden alleß, wie ietzo geschriben,
also anstellen, sotto mano. Wan aber alleß, waß das Reich unndt Euer
Kaiserlichen Majestät Teutsche linea des hauss Ostereichs verglichen
wurde, so khombt die ander quasi [?] insuperabilis difficultas, das die Fran-
zosen denen Spaniern nichts widergeben wollen oder wollen Navarra
haben, das gehen die Spanier nicht ein; suspensionem armorum (auf wel-
ches Spanien sein letztes refugium gesetzt) usque ad maiorenitatem regis
Galliarum [!], wollen die Franzosen nicht eingehen. Die stendt des Reichs
werden wegen Spanien khein tag wollen lenger den khrieg continuiren, hinc
aut seperatio Imperii totius a Vestra Maiestate et domo Austriaca aut sepe-
ratio Vestrae Maiestatis a rege catholico. Euer Kaiserliche Majestät lassen
die räth darüber studiren, waß wier gesandte hier thuen sollen. Interim tum
pergam.
Die Hollender seindt untereinander uneinß, khünen sich kheines schluss
fridens oder stilstandts gegen Spanien vergleichen. Das macht einem wol
schwäre gedankhen. Attamen deus providebit; wier wollen das unsere treu-
lich thuen, aber unmügliche sachen werden wier halt müssen unmüglich
sein lassen. Sonst hab ich schon die nachricht im vertrauen bekhomen, das
Anspach, Culmbach, Wirttemberg, Hessen Darmstat, Saxen Weimar,
Altenburg, Mechelburg von impugnation des geistlichens vorbehalts
weichen wollen, hoff, sie sollen die anderen protestirenden hernachziechen.
Man sag anderwerts, waß man wolle, so mueß durch die protestirenden bey
denen Schweden, durch Schweden unndt die protestirenden bey Frankh-
reich der fridt (so einiger zu hoffen) befurdert werden.
Alß ich am Sankt Ostertag beym nuncio gewest, hat er mier außtrükhlich
gesagt, er khüne ia khein einige naigung bey Frankhreich zum friden fin-
den ; wan man heut ihr replicam, wie sie es begert, unterschribe, so wurdt
doch vor endung vorstehender campagna khein fridt; cardinal Mazzarino
hab hohe impresa vor, die er vermeint, das sie ihm nicht failen khünen. Ich
glaub, das Frankhreich wegen der confoederation mit den Türggen disses
ihar nicht schliessen darf. Der nuncius hat ein stundt darvor eben disses
denen Churbayrischen gesandten auch gesagt, ihr herr seye betrogen; wan
er sich nicht wol armire, so werden ihme die Franzosen ignominiosa auß
Münichen hinauß weisen.
Der bischov von Ossnabrugkh hat schon den nuncium bewegt, sich wider
hinlassung Bremen unndt Verden zu setzen.
Heut werden die herren mediatores denen Franzosen primum gradum
wegen waß von Elsass zurukhlassung proponiren. Aber ohne hoffnung eini-
ges effects, wan auch alleß offerirt wurde, waß sie begert. Conte de Penne-
randa ist sehr perplex. Savedra reist übermorgen nach Hispanien.
Die foglieti haben mier eben wegen Churbayern auch waß nachdenkhen
gemacht, aber consideratis omnibus, so halte ich sie doch vor warhafftig.
Das Barbarinische negotium wierdts erweisen, imfaal sich der Bapst von
proceß abwenden lest. Privata.
Waß ich in erster visita mit dem Salvio (in beysein des Schwedischen resi-
denten Rosenhan, so vor Französisch gehalten wierdt) geredet, waß duca di
Longeville in meinem hauss mit mier conferirt, vernemen Euer Kaiserliche
Majestät auß meinem andern schreiben vom heutigen dato . Waß auch der
Spänische plenipotentiarius Bruin mit dem Salvio vor conversation gehabt,
schikht der conte de Penneranda dem duca di Terranova, Euer Kaiserlichen
Majestät allergehorsamst zu communiciren. Er wil, ich sol wider nach
Ossnabrugkh. Dort wollen sie mit mier baldt der sach ein endt machen.
Heut oder morgen wierdt der Salvius zu mier khomen, so wil ich mich mit
ihm der reiß unndt der sachen selbsten (sovil er ohne Oxenstirn macht
hat) halber, merehr vergleichen. Derselb tractat mit Schweden khombt
mich leicht an, dan handel ich, Euer Kaiserlichen Majestät länder zu recu-
periren , aber der Französische tractat weillen man bey demselben von des
hauss Ostereich landen waß hinten lassen sol, ist mier in herzen unndt der
seel zuwider, aber mueß dennoch thuen, waß Euer Kaiserliche Majestät
mier so offt unndt gemessen befelchen. Privata.
PS Jetzo bekhom ich gleich Euer Kaiserliche Majestät allergnädigstes briefl
vom 23. Martii . Heut nachmitag werden die mediatores unnß schon ant-
wort von denen Franzosen bringen auf gestert beschechene oblation eines
stükhs von Elssaß (aber die post gehet eher wegkh); darnach vermög Euer
Kaiserliche Majestät befelchs wier weiter verfaren werden. Des duplicis
voti halber wil ich auch Euer Kaiserliche Majestät allergnädigsten befelch
allergehorsamst nachkhomen. Hete Churbayern sich auch allezeit gegen
die Franzosen wegen Elssaß contrarium erzaigt, so hete manß villeicht wol
erhalten mögen. Die catholische werden wol von Franzosen in puncto
religionis nie khein grosse assistenz haben.