Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
219. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 März 19
Osnabrück 1646 März 19
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 51a fol. 21–21’, 30, PS fol. 31–31’, praes. 1646 März 30
= Druckvorlage – Kopie: KHA , A IV Bd. 1628/19 unfol.; Giessen 206 nr. 332
S. 1712–1716 – Druck: Gärtner VIII nr. 102 S. 600–603.
Reichsständische Gravamina-Verhandlungen. Kalvinisten.
Wir haben das Rezepisse vom 27. Februar
haben ihre Beratungen über die Repliken der Kronen abgeschlossen; die
kurbrandenburgischen Gesandten sind mit dem Ergebnis sehr unzufrieden.
Wir haben die katholische Kompositionsmedia aus Münster erhalten, die
wir Schweden und Protestanten zugestellt, wie Beilage [1] ausweist.
PS Rákóczys Kurier, ein Osnabrücker Bürger, soll heute nach Siebenbürgen
abgereist sein. Königsmarck wird im Westfälischen Kreis eingesetzt.
[1] Extractus protocolli, s. l. 1646 März 17, 18, 19. Kopie: RK , FrA Fasz. 51a fol. 22–
28’ = Druckvorlage; Giessen 206 nrr. 331 und 333 S. 1699–1712, 1716–1719; RK ,
FrA Fasz. 91 II fol. 133–140’ – Druck: Gärtner VIII nrr. 94, 101 und 103
S. 537–542, 597–600, 604–606.
[ 1646 März 17 ] Wir haben einem Ausschuß der Protestanten die Kompositionsmedia
der Katholiken mit dem Hinweis ausgeliefert, daß die Katholiken, soweit wie es ihr
Gewissen zulasse, nachgegeben hätten; man hoffe nun auf eine protestantische Erklä-
rung , die schnell zum Frieden führe. Durch die Uneinigkeit sei das Reich an den Rand
des Ruins gelangt, die Türkengefahr drohe es zu vernichten. Der protestantische Aus-
schuß sah auch in der Einigkeit der Reichsstände das Fundament des Reiches, hofft,
daß die Einigkeit durch die Kompositionshandlung erreicht werde. Doch scheinen die
katholischen Reichsstände dieses Bemühen nicht fördern zu wollen, da sie statt der
versprochenen Abordnung eine Denkschrift übersenden. Die Protestanten wollen
keinen Schriftwechsel. Sie nehmen die Schrift nur der Kaiserlichen zuliebe an. Wir
betonten, daß auch die Katholiken keinen Schriftwechsel wollen. Was man überreiche,
seien nur Gegenvorschläge, mit denen die Protestanten zufrieden sein können. Die
Protestanten wiederholten, daß sie die Kompositionsmedia nur deswegen ausgegeben
hätten, damit die Katholiken ihre Abordnung nach Osnabrück darauf hätten instru-
ieren können. Da das Verhalten der Katholiken vorauszusehen war, wäre es nützlich
gewesen, wenn man, wie es die Protestanten gewünscht hatten, zuerst die erste Klasse
der Repliken der Kronen zu Ende beraten hätte. Ohne die Deputation der Katholiken
werde man nicht aus der Sache kommen.
[ 1646 März 18 ]. Wir haben den Schweden die katholischen Vorschläge super composi-
tione gravaminum überbracht mit der Bitte, das Werk bei den Protestanten zu unter-
bauen . Die Schweden erklärten sich dazu bereit, stellten aber fest, daß die Katholiken
einen Ausschuß nach Osnabrück abordnen müßten. Wir sind dann auf Einzelprobleme
gekommen. Wegen der 40 Jahresfrist hat Oxenstierna erinnert, seins dhafürhaltens
würde es noch wol auf die 50 zu bringen sein.
Nos [ Die Kaiserlichen ]: Wan sich die protestirende in der billigkeit würden weisen
laßen, moegten die catholische noch wol dhahin zu behandtlen sein; die bedaurten es
aber hoch, daß sie ehren und gewißens halben uber dasienig, waß sie in dieser ercläh-
rung gesetzt, nit würden gehen können.
Illi [ Die Schweden ]: Wie mans dan mit den Calvinisten oder reformirten machen
wölte? Sie würden vielfaltig deswegen von den graffen von Wittgenstein angelauffen
und würde von denselben außgeben, ob hetten sich Kayserliche mayestätt schon
erclehrt, dieselbe in den religionfrieden aufzunehmmen.
Nos: Es werde selbigs puncts auch in dieser schrifft gedacht und von denen protesti-
renden ihre gedancken begehrt, wie sie es dhamit wolten gehalten haben; seie
unschwehr zu ermeßen, daß die ständte auch darüber werden müßen vernhommen
werden, wüsten sonsten von kheiner andern erclehrung von Kayserlicher mayestätt alß
in responsione ad propositionem Suecicam.
Illi: Sie hetten niemaln kheine andere gedancken dhabey gehabt, alß daß selbige refor-
mirte in den rechten, so dieselbe anno 1618 gehabt, solten gelaßen werden.
Nos: Anno 1618 sein dieselbe in religionfrieden nit begrieffen, sondern dhavon außge-
schlóßen gewesen.
Illi: Es hetten ihnen solches die Augspurgische confessionsverwandte stende auch
gesagt, vermeindten doch, daß hirin noch wol würde ein mitl zu treffen sein, bevorab
weiln Kayserliche mayestätt schon iren consensum darzu gegeben.
Nos: Man müße der stendte meinung und gutachten darüber erwarten.
Illi: Es seie ia ein langsambes werck mit den reichsconsultationibus, hetten es nit
glauben können, verlangten, daß einmahl die Kayserliche duplica herauskomme, hir zu
Oßnabrück wehre die materia iuxta classes schon absolvirt, zu Münster aber noch nit,
würde also noch langsamb hergehen, ehedan mit der ständte gutachten würde aufzu-
kommen sein.
Nos: Es ermangle ahn den Kayserlichen gesandten des duplicirens halben gar nit, die
hetten in wenig tagen, wan sie nur allein mit denen cronen tractiren möegen, dhamit
aufkommen können, müsten aber itzo der stendte gutachten erwarten und seie nit wol
möeglich, ehender alß itzo beschehe, dhamit fortzukommen. Die reichsconsultationes
hetten iren ördentlichen lauff, darin laße sich nichts endern, man hette es gnugsamb
fürgesagt, daß es also hergehen würde, die cronen aber hetten die stendte hir haben
wöllen, so müste man itzo auch sich deren modo procedendi bequemen.
Die Schweden fragten nach der Rückkehr Trauttmansdorffs.
[ 1646 März 19 ] Der protestantische Ausschuß hat zu den vorgestern überreichten
katholischen Gegenvorschlägen gemeint, sie befünden dieselbe materialiter zu deliberiren
unnötig, der sach seie anderer gestalt nit, alß vermitls einer mündtlichen conferentz,
wie zwischen den ständten veranlaßet worden, zu helffen; erwarteten derhalben der
catholischen stendte deputation und abordtnung, wüsten auch wol, daß dern viele
darzu inclinirten und nur etliche weinige wehren, die sich hiebey separirten, wegen
welcher wenigen aber die gemeine wolfahrt nit zurückzusetzen. Die Katholiken trügen
für die Verzögerung die Verantwortung. Wir [ Kaiserliche ] haben geantwortet, daß
wir verhofft gehabt, es solten sich die ständte zum weenigsten in etwaß super mediis
propositis herausgelaßen haben, dhamit man gleichwol denen catholischen so viel desto
mehr anlaaß hette geben möegen, die irige auf waß gewißes zu instruiren, würde ie
noitig sein, einen gewißen fueß zu haben, warüber die handlung anzustellen, wofern
ihnen auch, die protestirende, die vorgeschlagene mitle hetten möegen belieben laßen,
würde denen Kayserlichen herrn abgesandten anlaaß gegeben worden sein, die handt
mit anzuschlagen und zu versuchen, ob etwoh bey den catholischen der terminus 40
annorum noch auf einige fernere extension zu bringen. Bey ietzverstandtener
erclehrung aber, dha man sich circa materialia nit außlaßen wölte, würde alle materi
und gelegenheit darzu abgeschnitten. Die Protestanten bestehen weiter auf der münd-
lichen Konferenz in Osnabrück.