Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
218. Ferdinand III. an Trauttmansdorff Linz 1646 März 19
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Linz 1646 März 19
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 92 VIII fol. 174–174’ = Druckvorlage –
15 Reinkonzept] Das Reinkonzept ist ausführlicher als die Ausfertigung. In den gestriche-
nen Passagen betont der K., daß er nicht glaube, daß Beilage A das letzte Wort des
Kf. sei, sondern er werde in omnem eventum seine Gesandten auf der Linie der kaiser-
lichen Gravamina-Politik instruieren. Sollten aber die Protestanten Neigung zeigen,
sich mit den bayerischen Angeboten zufrieden zu geben, dann mit allen Mitteln darauf
hinarbeiten; wenn nicht, dann mit den bayerischen und Mainzer Gesandten die
Katholiken von der Notwendigkeit der ksl. Konzessionen überzeugen.
Ebenda Fasz. 50c fol. 91–91’, 98–99.
Hinweis auf nr. 196 Beilagen [ 1 ] und [ 2 ] und auf Beilagen A, B, C.
A Chur Bairisches guetachten uber die vornembste gravamina religionis, München 1646
März 12. Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 26, Konv. C fol. 135–140, praes. 1646
März 15 = Druckvorlage. Kopie: RK , FrA Fasz. 91 VIII fol. 175–180; MEA , FrA
Fasz. 13 unfol.
Am Geistlichen Vorbehalt in der strikten Fassung des Religionsfriedens muß auf jeden
Fall festgehalten werden. Zu dem und fürs ander so verstehet sich der geistliche
vorbehalt nit nur auf die ecclesiasticas dignitates et beneficia Imperio immediate sub-
iecta , sonder auch auf alle andere, welche in ihrer Kayserlichen mayestät und der
catholischen chur-, fürsten und stendten territoriis gelegen, und derowegen seindt alle
geistliche, sowohl mediati alß immediati, wan sie von der catholischen religion
apostatiern, ipso facto et iure aller ihrer geistlichen · beneficien, digniteten und
einkhommen unfahig und priviert; diese sollten kanonisch übertragen werden, damit
der Geistliche Vorbehalt von den Protestanten nicht restringiert werden kann. Drittens
würdt eben auß dieser ursachen rathsammer sein, den geistlichen vorbehalt nit auf die
erz- und stüffter und andere geistliche güetter, welche die catholische den 12. Novem-
bris im 1627. iahr possedirt, zu restringiern, sonder in der generalitet dem religion-
friden gemeß zue lassen, in erwegung, daß khünfftig ein catholischer noch wohl per
electionem, postulationem vel alium titulum legitimum zu einem solchen erz- und
stüfft, canonicat oder andern beneficio ecclesiastico khommen khan, das 1627 pro-
testantisch war. Bey denn andern puncten die immediat erz-, stüffter und andere geist-
liche güetter betreffend, welche die protestierende den 12. Novembris anno 1627
ingehabt, weiln man doch dennselben salva conscientia iuxta communem theologorum
sententiam in perpetuum nit renunciern khan, so seind hochstgedachte ihre churfürst-
liche durchlaucht auch selbst der meinung, das hierin nit wohl ein anders mittel werde
zu fünden sein, alß daß der im Prager friden bestimbte termin der 40 jahrn auf ein
weittere gewisse anzahl jahr, wie man sich deren würdt vergleichen khönden, mechte
prorogiert werden, jedoch mit disem außtruckhlichen und im Prager friden bedingten
anhang, daß nach einem solchen Termin khein theil den anndern, damit frid und
ruhe im Reich desto besser erhalten werd, via facti et armorum seines wissentlichen In-
habers entsezen, sonder wer zu solchen stüfftern und geistlichen güettern waß zu
sprechen vermaint, dasselb anderst nit, alß via amicabilis compositionis vel juris vor-
nemmen solle.
Daß aber auf den fahl, da die catholische und protestirende sich kheiner solchen pro-
rogation ad certum numerum annorum vergleichen khönden, ein terminus indefinitus
biß zu khünfftiger vergleichung der spaltigen religionen mochte gesetzt werden, gehet
irer churfürstlichen durchlaucht diß bedenckhen darbey zu gmüht, daß diser terminus
indefinitus gar zu weit möchte erstreckht und von etlichen pro infinito wollen gehalten
werden, da doch die perpetuae renunciationes salva conscientia et sine consensu Summi
Pontificis, welcher nimmermehr zu hoffen ist, nit geschehen khönden.
Den protestantischen Stiftsinhabern ist weiterhin der Titel „Administrator“ zu geben.
Der katholische und kanonische Titel „Bischof“ ist ihnen zu verweigern, da sie sich
dadurch legitimiert fühlen könnten. Wegen ihrer Regalien ist ihnen wie bisher nur das
Indult zu erteilen. Sessio und votum für die protestantischen Administratoren sind
weiterhin abzulehnen, da es sonst immer schwerer wird, katholische Politik im Fürsten-
rat zu machen. Kalvinisten. Das ius reformandi steht dem Kaiser wie den Reichsstän-
den zu. Die von den Protestanten geforderte Freistellung der Religion würde den
Untergang der katholischen Religion bedeuten.
B Protocollum super ulteriori conferentia deputatorum Caesareorum cum domino
ablegato Bavarico in puncto gravaminum, Linz 1646 März 19 und 20. Kopie: RK ,
FrA Fasz. 26, Konv. C. fol. 153–161’ = Druckvorlage; Ebenda Fasz. 92 VIII fol.
181–189’.
Der Reichskanzler betonte, daß Ihre Kaiserliche Majestät über die Gravamina nur in
Abstimmung mit den Katholiken verhandeln werde. Was an Trauttmansdorff geschickt
worden sei, sei das Äußerste. Doch muß sich Bayern darüber klar sein, daß ein
baldiger Friedensschluß auch an Zugeständnissen an die Protestanten hänge. Bei der
Ausdehnung des Geistlichen Vorbehalts auf die Mediatstifter muß man sehr vorsichtig
agieren, damit die Protestanten nicht auf seiner völligen Aufhebung bestehen, aus
Furcht vor zu weiter Ausdehnung auf seiten der Katholiken. Ein Terminus a quo
schützt auch die Katholiken. Die zeitlich befristete Überlassung der Stifter werden
die Protestanten nicht hinnehmen. Was gegen eine unbefristete Überlassung vorge-
bracht wird, samb dies einer infinitae und perpetuae renunciationi gleich und salva
conscientia sine Summi Pontificis consensu nicht könt eingegangen werden, sey zum
theil bereit erleutert, zum theil habe es seinen absatz in casu extremae necessitatis und
laße sich uff des Reichs boden und bey der deutschen nation zwischen einem Römi-
schen Keyßer undt den stenden des Reichs, zumahl wieder die protestirende, nicht prac-
ticiren , dan sonsten hetten die unterschiedliche friedstende, so noch vor dem Paßau-
ischen vertrag gemacht, und entlich der religionfried selbsten keinen bestandt.
Darauff der abgeordnete gesagt, er müste bekennen, daß wan man frieden haben wolte
und baldt, so würde man sich durch viel gradus nicht auffhalten dürffen, sondern
baldt zuer sachen schreiten und dasienige, sowohl in puncto gravaminum thuen
müßen, was die protestirende entlich haben wolten, alß man es in puncto satisfactionis
zue Münster und anderstwo nothwendig für die kronen zue thuen befende. Dan er
sehe paritatem rationis, undt er wolte es bey seinem gnedigsten herrn vleißig erinnern,
hielte auch nicht darfür, daß seine churfürstliche durchlaucht, wan sie sehen würden,
daß es hieran haften solte, ihrer Keyßerlichen mayestät auß handen gehen würden,
sonderlich weil sie nunmehr dero intention und meinung in puncto satisfactionis
wüsten.
Mändl meinte, daß Kf. Maximilian an der Frage des Titels, der Investitur und von
sessio und votum den Frieden nicht scheitern lassen werde. Die kaiserlichen Gesandten
machten Mändl noch besonders darauf aufmerksam, daß die vornehmsten katholischen
Reichsstände für alle Gravamina-Konzessionen die Verantwortung mit übernehmen
müßten. Bei den Gravamina sind des Friedens wegen ebenso große Zugeständnisse wie
bei der Satisfaktion nötig. Wenn sie bei den Gravamina nicht geschehen, ist es
unsinnig, sie bei der Satisfaktion der Kronen zu machen.
C Kaiserliche Resolution auf Beilage A, Linz 1646 März 19. Kopie: RK , FrA Fasz. 52d
fol. 108–109’ = Druckvorlage; Ebenda Fasz. 92 VIII fol. 195–196’.
Gutachten der dep. Räte, s. l. 1646 März 17, zu Beilage A: RK , FrA Fasz. 52d fol.
96–106’.
Ihre Kaiserliche Majestät würden mit ihrer churfürstlichen durchlaucht eingeschikhtem
bedenkhen in substantialibus sich gern vergleichen, wan nur ein solches durch die trac-
taten zu erhalten. Da aber die protestirende sambt den cronen, wie man sich dan hierin
so gar gegen die cron Frankhreich keiner realassistenz vor die catolischen zumahlen nit
zu verstehen, nicht nachgeben oder weichen wolten und doch endtlich ein expediens zu
finden sein müssen, damit sich dises puncti halben der friedt nicht ganz zerschlage
oder aber auch nur lenger aufgezogen werde, alß haben ihre Kayserliche mayestät nur
in extremum casum necessitatis, wan nemblich der frieden ohne fernere nachgebung
eines oder andern postulati nicht möglich zu erheben, sich daß ihrer churfürstlichen
durchlaucht communicirte temperament belieben lassen, wollen auch nit darfür halten,
daß ihr churfürstliche durchlaucht auf demiehnigen, so in berürten dero eingeschikhten
bedenkhen begriffen, dergestalt zu beharren und es ehender zum bruch oder lengeren
verzueg der fridenstractaten kommen zu lassen, alß etwa, wan der fridt daran hafften
solte, davon abzuweichen, gemeint sein werden, besonders da Ihre Kurfürstliche Durch-
laucht so sehr auf einen schnellen Frieden drängt.
Wan disemnach die eusseriste notturfft sein will, das man bey zeitten ains- und endt-
lich verglichen seye, was auf den fall, da sie, protestirende, von ihren postulatis nit
weichen, noch mit denen mediis, die ihre churfürstliche durchlaucht für gnugsamb ach-
ten , sich contentiren lassen wolten, zue thuen.
Also lassen allerhöchstgedachte Kayserliche mayestät ihre churfürstliche durchlaucht
freundt-, vetter-, schwäger- und gnädiglich nochmahls ersuchen, sie wollen, in erwegung
der gefahr- und ungelegenheit, so auf dem lengern verzueg der tractaten hafftet und
das doch alle erklärung in puncto satisfactionis, wan nit auch zugleich die erklärung in
puncto gravaminum erfolgt, umbsonst sein wurde, sich auch in diesem haubtpuncto,
die erledigung der protestirenden gravaminum betreffendt, dergestalt gegen ihre ge-
sandten resolviren und sie dahin instruiren, daselbe mit demiehnigen, was mehr
höchstgedachte Kayserliche mayestät ad ultimum zu thuen vermainen, mit dero Kayser-
lichen gesandten sich conformiren, auch anderer catholischen chur-, fürsten und stände
gesandten hierzu beweglich disponiren helffen, uf das dergestalt auch dises obstaculum
pacis nicht weniger alß andere zum fürderlichsten auß dem weeg geraumbt werden
möge.
[D] Kf. Maximilian I. an Ferdinand III., München 1646 März 11. Ausfertigung: RK , FrA
Fasz. 50c fol. 94–94’ = Druckvorlage – Kopie: Ebenda Fasz. 92 VIII fol. 191–
191’. Ich habe Beilage A Mändl überschickt und ihm befohlen, nachdrücklich zu
demonstrieren, daß es angesichts des bevorstehenden Feldzugs höchstnotwendig sei, die
Kronen ihrer Satisfaktion zu versichern
[E] Ferdinand III. an Kf. Maximilian I., Linz 1646 März 19. Kopie: RK , FrA Fasz. 26,
Konv. C fol. 149–149’, 152–152’ = Druckvorlage; Ebenda Fasz. 92 VIII fol.
193–193’.
Rezepisse auf [ D ]; zum Inhalt vgl. Beilage C .