Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
154. Ferdinand III. an Trauttmansdorff, Lamberg und Krane Linz 1646 Februar 13
Linz 1646 Februar 13
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 51b fol. 36–39 = Druckvorlage – Konzept: Ebenda fol.
40–44 – Kopie: Giessen 206 nr. 300 S. 1580–1587 – Druck: Gärtner VIII nr. 29
S. 182–187.
Gutachten der dep. Räte, s. l. 1646 Februar 12, und Conclusum des Geh. Rats, Linz
1646 Februar 12, zu nrr. 97, 94, 98, 101, 104, 109, 110, 108, 114, 118, 116, 117, 125, 126
der Relation Trauttmansdorff vom 22. Januar
29. Januar
Vorantwort auf die Repliken der Kronen. Reihenfolge der Verhandlungsgegenstände.
Rezepisse auf nrr. 116, 117, 125 und Relation aus Osnabrück vom
29. Januar .
Nun seindt wir eben in berathschlagung der von beeden cronen ubergebe-
nen replicarum und besagter von den uncatholischen stenden (weit anderst
als hievor geschehen) übergebenen gravaminum begriffen. Wollen euch
auch insgesambt zu Münster und Oßnabrug mit negstem sowohl in mate-
rialibus alß formalibus unsere umbstendige instruction, was auf die replicas
zu duplicieren und auf der reichsstende gravaminum zu ercleren, zukom-
men lassen.
Weilen wir aber gleichwol befinnden, daß beede sowohl der außlendischen
cronen replicae alß der uncatholischen reichsstendt gravamina miteinander
dergestalt vermengt sein, daß sie sich nit separieren lassen werden und
dieselbe haubtsachlich in drey puncten bestehen, darinnen auch beede auß-
lendische cronen einig sein.
Erstlich, daß die amnistia auf anno sechzehenhundertundachtzehen zu exten-
dieren und alles in deniehnigen standt gesezt werden solle, wie es vor dem
Böheimbischen krieg gewesen, allein daß der cron Franckhreich gesandten
bey ihren repliciis darzusezen, exceptis iis, quae particulatim fuerint aliter
conventa.
Fürs ander, daß die differenziae zwischen unß und den reichsstenden und
unter denselben selbst obhanden (so eben die reichsgravamina sein) verglie-
chen werden sollen.
Fürs dritte, daß beeden cronen für die erlittene schäden und außgelegte
kriegsuncosten eine satisfaction mit überlassung etlicher provincien deß
Römischen Reichs und unsers hochlöblichen erzhaußes erstattet werde.
Und daferrn man in disen dreyen puncten miteinander richtig sein wirdt,
man sich hernach auf der cronen replicas und in allem andern leichter
resolvieren würdt könden, dahero befinden wir, daß von disen dreyen auf
einmahl zu reden, und zwar anfenglich von den gravaminibus, darnach von
der satisfaction und letstlich von der amnistia zu handlen. Die ursach diser
ordtnung undt warumb wir den punctum amnistiae zu postponieren vor
nothwendig erachten, seindt dise: erstlich, daß die gravamina, wo sie nit
vera et originalis causa, iedoch maximus praetextus huius belli sein und
derowegen pro constituenda pace ante omnia zu removieren. Secundo, daß
sowohl die cronen, alß die protestierenden die gravamina außtruckhlichen
pro obstaculis pacis angeben und sich ungescheücht vernemmen lassen, daß,
solang dieselbigen nit aus dem weeg geraumbt, solang könne man zu keinem
frieden kommen.
So ist zum dritten zu besorgen, daß albereit ein richtiges conclusum zwi-
schen den Schweedischen und protestierenden gemacht, bey diser handlung
die gravamina durchzutringen, derhalben ganz vergebens wurde sein, sich
darmit lenger aufzuhalten.
Zum vierten wurden die cronen auf lengerm aufhalt der gravaminum und
consequenter der haubthandlung nur mehr ursach und anlaß nemmen, mit
dem puncto satisfactionis zuruckhzuhalten und denselben nach dem lauff
zu spannen.
So ist fürs fünffte clar, daß, solang die gravamina nit vergliechen, daß wir,
unser hauß und die catholische reichsstendt nit allein die cronen zum
feindt, sondern es werden die protestierenden alles, was zum fried
befürderlich heimb- und offentlich contraminieren, so lang und viel, biß sie
ihres orths satisfaction haben.
Fürs sechste, obzwar kein schluß darauf zu machen, daß nach vergleichung
der gravaminum unß die protestierende wider die außlendische cronen
grossen beystandt zu continuierung des kriegs leisten werden, so ist doch zu
hoffen, daß sie die consilia pacis für unß besser secundieren helffen werden,
welches gleichwol zu grossem gewin außschlagen kan.
Zum siebenden ist für sich selbst clar, daß die amnistia selbst gueten theils
dependieret von gemelten gravaminibus und von der satisfaction der cro-
nen , da also iezt erwente beede puncten richtig, wirdt mit dem amnistiae
punct viel leichter durchzukommen sein, dahingegen wan man den amni-
stiae punct zum ersten mahl fürnemmen, wirdt sich wegen dessen großer
circumferenz und weitleüffigkeit, insonderheit wegen der Pfalzischen
sache, die ganze handlung strackhs in limine tractatus steckhen und daß
odium und damnum protractae pacis auf unsere und der unß assistierenden
seithen gewelzet werden wollen. Wie dan du, der graff von Trautmans-
torff , in deiner relation sub dato Oßnabrug, den fünffzehenden Januarii
iüngsthin, mit überschickhung des collationierten protocoll mit den Schwee-
den dise ordtnung selbst an die handt geben hast, und wir es unß auch
gnedigst gefallen lassen. Daß negste wurde nunmehr sein, daß man sehe,
wie man die stende in ihren gegeneinander habenden gravaminibus ie eher,
ie besser vergleichen könne.
Demnach wir dan aus iezigem deines, deß grafen von Trautmanstorffs,
vernünfftigen vorschlag und obeingefüehrten beweglichen ursachen befün-
den , daß ohne erörterung der gravaminum zu einem bestendigen frieden im
Reich nit zu gelangen, sondern die erledigung derselben mitsambt dem
puncto satisfactionis für die außlendische cronen (dardurch auch der
punctus amnistiae meistentheils seine abhelffliche maß erlangen würdt) pari
passu vor die handt zue nemmen.
Alß ist unser gnedigster befelch, ihr wollet euch dahin bearbeiten, daß bey
der chur-, fürsten und stenden deß Reichs abgesandten dise drey puncten
obgesezter ordtnung nach zuvorderist in consultation und berathschlagung
gezogen und darüber ihr guetachten mit ehistem eingebracht werden
möchte.
Wir wollen euch gleichwol, unerwartet dises der reichsstendten guetachten,
unsere erclerung und wessen ihr euch dabey zu verhalten, mit negstem zu-
kommen lassen , haben euch aber inmitels deß loco einer voranthwortt
andeüten wollen, auf daß, wan es noch ein mügligkeit, ihr die sachen dahin
underbawet, daß nach erst gedachten ordtnung die consultationes einge-
richtet werden, und ist leichtlich zu erachten, daß, wan andere praeliminar-
oder vielmehr nit allein unserm löblichen erzhaus, sondern dem ganzen
friedenswerckh höchst praeiudicierliche quaestiones (wie es mit admittie-
rung der Portugesischen gesandten und dan der exclusion der cron Spanien
im werckh) vorgenommen sollen werden, daß die friedenshandlung hier-
durch nit befürdert, sondern nur schwerer gemacht werden möchten.