Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
113. Ferdinand III. an Trauttmansdorff Linz 1646 Januar 23
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Linz 1646 Januar 23
Ausfertigung: GehStReg. , Rep. N 96 Fasz. 68 pars 5 nr. 6, praes. 1646 Februar 4 =
Druckvorlage – Konzept: RK , FrA Fasz. 50c fol. 29–32’ – Kopie: Ebenda Fasz. 50c
fol. 25–28.
Geistlicher Vorbehalt. Protestantische Stiftsinhaber. Protestanten im Reichshofrat. Prote-
stantische gravamina quoad militaria, politica et juridica von 1641. Die neuen protestan-
tischen Gravamina.
Alß mir jüngst von meinen hierzue deputierten räthen der Augspurgischen
confessionsverwanten stende gravamina , wie auch ihr darüber abgegebenes
unnd hie mitkhommendes guetachten gehorsambst referiert worden, hab ich
mich in allen puncten, wie ihr bey erstermeltem guetachten vermerckhter
befindet, ausser deß geistlichen vorbehalts unnd wegen versezung des
reichshofraths resolviert. Der vorgeschlagenen temperamento halben bey
dem geistlichen vorbehalt stehe ich gleichwohl noch an, ob ein weeg möchte
sein, daß eingerathnermassen denen protestierenden dieiehnigen erz- und
stiffter, so sie in anno 1627, den 12. Novembris stylo novo, auf erlangte
postulationes oder electiones innengehabt, ihnen noch uf andere 40 oder gar
auf 100 jahr hinaus von dato deß Pragerischen friedenschluß innengelassen.
2. Unnd damit sie solche nicht gar profanieren unnd ganz erblich machen,
ihnen uf ihr schuldiges ansuechen und producierte postulationes oder elec-
tiones anstatt der belehnung, die sonst hiebevor bey etlichen gebrauchte
indulta gegeben. 3. Der titulus postulierter oder erwöhlter zum erz- unnd
bischoff, wie iüngsthin bey vergleichung des Magdeburgischen reverses
gegen dem innhaber selbigen erzstiffts fast geschehen ist, ertheilt. 4. Auch
entlich session unnd stimb auf den reichstagen eingeraumbt unnd nachge-
sehen werden möchte, alles doch gegen genuegsamber verwahrung und asse-
curation , daß es im übrigen bey dem geistlichen vorbehalt gelassen unnd
dises ohne einiges praeiudiz desselben solte verstanden, auch den catholi-
schen weiter nichts entzogen werden, also unnd dergestalt, uf daß man
khünfftiger zeit umb so vil mehr alles disputats überhoben möge bleiben,
ein gewisse specification aller deriehnigen erz-, bistumb, stiffter unnd geist-
lichen güetter, welche die catholischen noch anno 1627, den 12. Novembris
stylo novo, innengehabt und besessen und hinwider die von solcher zeit an
die protestierenden khomben, gemacht unnd ufgerichtet wurde, und ieder
hiernach sich zu richten wüßte. Dieweil ich nun anbefohlen, über alles dises
etliche theologos zu vernemben unnd deren guetachten einzuhohlen, also
will ich, sobald mir solches vorgetragen würdt, mich eines entlichen resol-
vieren unnd euch darnach gnedigst bescheiden, unnd dises sovil den geist-
lichen vorbehalt betrifft.
Anlangendt aber die von den stenden vorgeschlagene mehrere tribunalia,
warbey alles dahin gericht, daß mir alle iurisdiction in effectu entzogen
werde, so seht ihr gleichfalls aus dem mir eingereichten voto, waß mir ein-
gerathen würdt. Darin ist nun mein willen diser, erstlich daß ihr dahin
trachtet, daß ich nit per pactum obligiert werde, Augspurgische confes-
sionsverwante im reichshoffrath zu haben, sonder daß sich die stende con-
tentieren möchten, daß ihr ihnen das wort geben thet, daß ich selbe hiervon
nit excludieren wolle; da aber hiermit nit zu gelangen, daß ihr in specie
ihnen versprechen thet, daß ich uncatholische in dises mittel nemmen wölle,
ohne specificierung, doch einer gewissen anzahl, unnd da auch dises nit ver-
fangen wolte, so khöntet ihr euch auf ein gewisse anzahl, aber da es müg-
lich auf weniger alß achte, entlichen aber gar uf maas unnd wais einlassen,
wie der deputierten räthe hierin mir überreichtes guetachten und in specie
nach dessen inhalt, wan religionsachen vor weren, mit mehrerem in sich
helt. Unnd damit ihr nach ewerer beywohnenden discretion bey einem und
anderen gradu umb sovil besser mein intention erreichen unnd den stenden
in der that erwegen möget, daß ich die Augspurgischen confessionsver-
wante von disem collegio nit außschliessen will, so gib ich euch crafft dises
vollmacht, sowohl aus denen in dem guetachten benanten subiectis iezo
gleich etliche oder alle in meinen reichshofrath zu erhandlen oder darmit
nach ewerem guetbedunckhen innenzuhalten, bis man sich hierin eines
eigentlichen verglichen. Warbey gleichwohl in acht zu nemben were, daß
man mit allzu langer zuruckhhaltung in ufnembung etlicher uncatholischen
nit eben umb sovil mehr zur praetension der praesentation von den ständen
lufft unnd anlaß liesse. Es verstehet sich auch die sach dahin, daß entgegen
die ständt von der praetension der übrigen newen reichscollegiorum fallen
sollen. Verlaß mich hierin und in allem anderen uf ewere mir wolbekhante
dexteritet unnd vernünfftige direction des ganzen werckhs.
[1] [Der deputierten räth ferrers allerunderthänigstes guetachten, Linz 1646 Januar 9, 10
und 12, und Conclusum des Geh. Rats, Linz 1646 Januar 16, über den gravaminibus
der protestierenden quoad militaria, politica et juridica, wie auch uf die aniezo bei
denn friedenstractaten zu Münster und Osnabrügg einkommne newe gravamina] fehlt.
[ Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 52d fol. 1–42’ = Druckvorlage – Konzept: Ebenda
Fasz. 52d fol. 44–96’ – Kopie: GehStReg. Rep. N 96 Fasz. 68 unbezeichnetes pars
nr. 31 ]
[Die reichsständischen Beschwerden über die unterschiedlichsten Exzesse des Krieges
können als erledigt angesehen werden. Die Forderung nach Zustimmung der Reichs-
stände zu Kontributionen und zu Kriegserklärungen sind durch die Responsion erle-
digt . Der Reichshofrat kann keinesfalls paritätisch besetzt werden. Wenn aber die
kaiserliche Justiz erhalten bleiben soll, dann müssen Konzessionen gemacht werden.
Den Protestanten versprechen, falls sie sich bei den übrigen Gravamina nachgiebig
zeigen, daß Euer Majestät dann eine begrenzte Anzahl protestantischer Reichshofräte
ernennen werde. Der Präsident des Gerichts muß katholisch sein. Bei Religionssachen
wird die Entscheidung bei paritätischer Besetzung per maiora gefällt; bei Stimmen-
gleichheit wird die Angelegenheit an den Reichstag verwiesen.
Es besteht kein Zweifel, daß Euer Majestät bezüglich der Auslegung des Religionsfrie-
dens wie der Reichsconstitutionen iudex competens ist.
Der Reichshofrat hat rechtmäßigerweise einige Sachen vom Reichskammergericht an
sich gezogen, in Religionssachen ist dies aber nie geschehen.
Die Frage der konfessionellen Zusammensetzung des Reichskammergerichts auf den
nächsten Reichstag verschieben; von dem kaiserlichen ius praesentationis ist aber auf
keinen Fall zu weichen. Visitationen des Reichskammergerichts. Exekution von Kam-
mergerichts -Urteilen. Kammergerichtsordnung.
Zu nr. 63 Beilage [1] bezüglich Geistlicher Vorbehalt, protestantische Stiftsinhaber,
Mediatstifter, Freistellung der Religion, Geistliche Iurisdiktion, Konkordat, menses
papales, preces primariae, Reichsjustiz, Kalvinisten vgl. nrr. 87 und 177.]