Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
90. Trauttmansdorff, Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Januar 11
Osnabrück 1646 Januar 11
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 51a fol. 5–9 = Druckvorlage – Kopie: KHA , A IV Bd.
1628/39 unfol.; Giessen 206 nr. 226 S. 1295–1304 – Druck: Gärtner VII nr. 73
S. 429–435.
Brandenburgische Reaktion auf die schwedischen Satisfaktionsforderungen. Bereitschaft
der Protestanten zu Verhandlungen mit den Katholiken. Ort der Gravaminaverhandlun-
gen .
Hinweis auf nr. 84. Trauttmansdorff hat nicht unterlassen, alsopaldt denen
Churmentzischen und vermitls derselben auch denen Churbrandeburgi-
schen von dergleichen hochgespanneten praetension durch Crane communi-
cation thuen zu laßen, dha sich dan selbe Churbrandeburgische, lauth des
Churmentzischen adiuncti Dr. Crebs an mich, Crane, zurückgebrachten
berichts uber dergleichen unvermutheten begehrn einer sölchen gemüts-
bestürtzung angenhommen haben söllen, daß sich nit wieder zu recol-
ligirn gewust. Heten denen Churmentzischen ein original von irer chur-
fürstlichen durchlauchtt zu Brandeburg under dato 13. Decembris an
sie abgangnes schreiben vorgelesen, darin ihnen anbefohlen worden, ire
negotiation forthan, wie bißher beschehen, dhahin zu richten, dhamit denen
Schweedischen von Pommern oder andern irer churfürstlichen durchlauchtt
landen daß geringste nit möge eingeraumbt werden, mit fernern befelch,
daß denen Schweden deutlich zu verstehen geben sölten, daß, obzwar ire
churfürstliche durchlaucht der königlichen würde in Schweden nahe ver-
wandtschafft und freündtschafft billig hoch schätzten, sie dannoch dieselbe
mit landt und leuthe zu erkhauffen oder zu unterhalten nit gemeint wehren;
khönten von irem patrimonio nichts zurücklaßen, müsten es ehender Gott
befehlen und auf mitle, so menniglichen zu erhaltung des seinigen erlaubt,
bedacht sein. Un [!] soll sich der von Löben fast mit diesen formalien
herausgelaßen haben: daß heische die Teutsche libertet verfechten, deßen
sich die Schweeden biß dato so hoch berhümbt hetten. Es wehre nuhmer
zu wünschen, daß die catholische ständt denen protestirenden nur ein
weinig beßer begegnen und sich mit abhelffung der gravaminum waß
milter erclehren möegten, so sölten die sachen, geliebts Gott, paldt in einen
andern standt gerathen. Hetten darauf die Churmentzische der alten ver-
treülichen correspondentz, so zwischen beeden churfürstlichen gnaden und
durchlaucht Mentz und Brandeburg seithero underhalten worden, erinnert,
mit vermelden, die churfürstliche durchlauchtt zu Brandeburg verließen
sich dhazu, daß der churfürstlichen gnaden zu Mentz auß solchen alten
vertrawen nit außetzen, sondern bestendig dhabey beharren und ire chur-
fürstliche durchlauchtt in dieser gerechten sach nit verlaßen würden. Actae
gratiae Moguntinis pro eiusmodi communicatione.
So haben auch gestrigs tags sämbtliche Augspurgische confessionsverwante
stendte einen außchuß, nhemblich die fürsten Altenburg-, Braunschweig
Lüneburg- und Mecklenburgische gesandten, sambt denen gräfflichen
Westerwaldischen und stadt Straßburg- und Lübeckischen abgeordtneten,
zu unß deputirt und anzeigen laßen, gestalt die königliche Schweedische
abgesandten ihnen zu wißen gethan, ob heten sie mit denselben uber einige
Sachen diese friedenshandtlung, bevorab die ahn verlittenem sontag mit
denen Kayserlichen herren gesandten gehaltene mündtliche conferrentz
betreffendt, zu communicirn mit begehren, deswegen ahn sie einen außchuß
auß mitl bemelter stendte abzuordtnen. Nun hetten sie, evangelische (wie
sich dieses nahmens gebrauchten), einen solchen außchuß von 8 persohnen
zu denen Schwedischen abgeordtnet, würde sich auch wol mehrmahl ins-
khünfftig zutragen khönnen, daß dergleichen abordtnung ahn die Schwee-
dische würde vonnöthen sein, umb dieselbe in ein und anderem waß mehr
zu disponirn und durch allerhandt bewegliche repraesentationes zur billig-
keit zu führen. Heten derhalben denen Kayserlichen herrn abgesandten
dhavon anzeigen und bitten wöllen, solche ihre, der Augspurgischen confes-
sionsverwanten stendte beschehene deputation, oder so etwoh inskhünfftig
dergleichen mehr beschehen möegten, zum besten zu vermercken, seie ire
meinung oder gedancken nit, sich von denen catholischen stendten zu sepa-
riren oder zu einiger separation ursach zu geben, sondern verlangten viel-
mehr , sich mit denselben zu setzen und durch güetliche schiedtliche mitle
und weege zu vergleichen. Maßen sie dan auch die Kayserliche herren
abgesandten ersucht haben wölten, bey denen catholischen stendten daß
werck dhahin befordern zu helffen, dhamit dern gravamina unverlengt
möegen außgeantwortet und alßdan die vergleichung darüber forderlichst
ahn handt genhommen werden, dörffte sonsten selbiger edition verzeigerung
die haubtsach selbst hindern und aufhalten, warzu es die catholische stendt
verhoffentlich nit würden wollen kommen laßen.
Zudeme so seye auch denen Augspurgischen confessionsverwanten eußer-
lich vorkhommen, ob giengen etliche von denen catholischen stendten mit
denen gedancken umb, selbe particularhandtlung, compositionem gravami-
num betreffendt, nacher Münster zu ziehen. Weiln aber darwieder aller-
handt erhebliche und treffliche bedencken, warumb die evangelische zu
dergleichen translation nit verstehen khönten, verhanden, alß wölten sie
gleichfals gebetten haben, dhafern denen Kayserlichen herren abgesandten
von dergleichen vorschlag waß fürkommen möegte, es durch ihr hohes ver-
möegen dhahin zu richten, dhamit hirin nichts möege praecipitirt, sondern
ein ördentliche communication under denen ständten selbst super quae-
stione , ubi oder woh solche vergleichung anzustellen, vorgenhommen wer-
den , dörffte sich sönsten die cron Schweeden mit dhabey interessirt
machen und daß werck dhahin außdeuten khönnen, gestalt Ewer Kayser-
liche Mayestätt hoc ipso, daß sie in responsione sua ad propositionem Sueci-
cam in huiusmodi compositionem sine ulteriore dilatione ad alios tractatus
verwilligt, auch in effectu nachgeben hetten, daß solche compositio ahn
kheinen andern ortt alß hir zu Oßnabrück, dan die petitio compositionis
gravaminum von hir auß von der cron Schweeden beschehen, vorzunhem-
men seie. Wölten sich sönsten sie, Augspurgische confessionsverwandte,
in ubrigen versehen, weiln angedeutermaßen zwischen denen herren
Kayserlichen und königlich Schweedischen abgesandten ahn verlittenen
sontag eine mündtliche conferentz super replica ad responsiones Caesareas
gehalten worden, es würden die herren Kayserliche gesandten zu seiner zeit
denen stendten dhavon communication zu thuen, ihnen nit zuwieder sein
laßen und thaten sich zu dero beharlichen gnadt und favor unterthänig und
bester gestalt befehlen.
Warauf denen deputirten von mir, dem graffen von Trautmansdorff, selbst
(weiln der fürstlich Altenburgischer principalabgesandter, der von
Dumbshirn, die vortrag auch selbst gethaen) geantwortet worden, quoad
primum punctum, daß die stendte kheinesweegs zu verdencken, daß sie auf
der Schwedischen herren abgesandten begehren einige außchuß ahn dieselbe
abgefertigt und würde ihnen sölches nach gelegenheit der sachen zu thuen,
bevorstehen. Man wünsche nur, daß sie waß fruchtbarlichs zu beforderung
des friedens verrichten möegen. Quoad alterum, wölte man der sach
eingedenck sein und gern dhahin mitwürcken helffen, dhamit alles mit
beederseits stendte gutem belieben hergehe, warzu sich verhöffentlich noch
wol mitl finden würden. Die dritte erinnerung betreffendt, dha seie man im
werck begrieffen, daß prothocoll mundirn zu laßen, welches alßdan gegen
der Schweedischen prothocoll sölte collationirt und denen ständten
sämbtlichen zugestelt werden
schon dhavon anzeig beschehen. Die deputirte bedancken sich der milten
erclehrung halben, und erinnert der Dr. Lampadius, daß die communicatio
prothocolli nit für die evangelische allein, sondern für sämbtliche stendte
begehret würdte, es wölten die evangelische mit und neben den catholischen
die sach in einem rath berathschlagen, betreffe die stendte alle insgesambt;
dan man schon so viel nachrichtung habe, daß die Schweeden ire praeten-
siones fast übermeßig hochspannen theten. Als sie ihnen eröffnet wurden,
waren alle verwundert und mißbilligten sie. Der mecklenburgische Gesandte
beklagte die Forderung auf Wismar im Namen seines Herrn
Adolf Friedrich I. von Mecklenburg-Schwerin (1588–1658), folgt 1592, mündig 1608,
geächtet 1628, restituiert 1632, Hg. zu Güstrow 1636–1654, Fürst zu Schwerin und
Ratzeburg ab 1648. Vgl. ADB I S. 119f. und W. K. v. Isenburg I Tafel 122.