Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
44. Trauttmansdorff an Ferdinand III Osnabrück 1645 Dezember 20
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Osnabrück 1645 Dezember 20
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 49a Konv. B. fol. 59–62’, praes. 1646 Januar 1 = Druck-
vorlage – Konzept: TA, Ka. 111 unfol.
Verhandlungsmodus. Vollmachten. Schwedische Satisfaktion. Pfalz.
Neujahrswünsche. Hinweis auf nr. 35.
Ich hab mich hierauff den 18. mit meinen hiesigen collegis unnd Ewer
Kayserlichen Mayestät ertzhauß abgesandten Dr. Richtersperger under-
redet unnd von denselben ihre mainung zu wissen begert, wie sy darvor
hielten, daß man sich dieserseits in hoc puncto gegen denen Schweden zu
erkleren haben möchte. Die sich sowohl alß die Churmayntzische und
Churbrandenburgische abgesandten alhie mit mir allerdings conformirt, ob-
wohlen mit dem hin- unnd widerschrifftwechselen die tractatus nit be-
schleunigt , sonderen hierdurch zu zeiten nur zu mehrerm disputat unnd
auffzug ursach unnd anlaß gegeben wirdt, daß doch die Schwedische,
damit man etwas bestendiges unnd gewisses haben möge, warüber man sich
erkleren könne, ihr postulatum unnd bevorab den haubtpunct, nemblich die
praetendirte satisfaction, zum erstenmahl schrifftlich, wie im gleichen die
protestirende ihre gravamina, damit man solche den catholischen zu ihrer
gegenerklerung communiciren möge, schrifftlich ubergeben solten. Unnd
alß ich den 18. ermelten Schwedischen gesandten durch Ewer Kayserlichen
Mayestät reichshoffrath Crane die auff unß drey insgesambt mit denselben
zu tractiren und zu schliessen gestelte vollmacht einliefern lassen, hab ich
sy darauff den 19. dits hinwiderumb besucht unnd mich uber anderthalbe
stundt bey denselben auffgehalten. Nach verrichteten complimentis fiengen
sy erstlich ahn, von meiner plenipotentz zu reden, daß sy sich in derselben
ersehen unnd solche dergestalt wohl eingerichtet befunden, daß sy auch nit
ein worth darbey zu erinneren oder zu verbesseren wüsten, (unnd dahero
unvonnöthen fur Schweden, ein andere zu schickhen) offerirten sich dabey
in aller sinceritet, mit mir zu handlen unnd wolten nunmehr an guetem
schluß nicht zweiffelen. Ich versicherte sy einer gleichen auffrichtigkeit,
und damit keine zeit verlohren gienge, wolte ich ihre vollmacht, die hand-
lung fortzusetzen, vor gnugsamb halten, inmittelst aber, da wegen der
königin ietziger vogtbarkeit unnd regierung an dieser etwas abgehen solte,
könten sy umb ein andere schreiben, welches sy auch albereit gethan zu
haben gemeldet. Von diesem punct seint sy nachmahls auff die vergleittung
der stätte Strallsundt und Erfurt kommen mit widerholter betheur- unnd
versicherung, daß ihr intention (wie unsere gesandten vielleicht darvor hal-
ten wollen) gar nicht in infinitum, sondern nur dahin, wie in nechstvoriger
meiner relation angeregt worden , gerichtet seye. Dahero ich ihnen die
glaidtsbrieff auff hiebeygefüegte unnd von ihnen selbst auffgesetzte weiß
(ad maiorem finem) zu ertheilen umb soviel weniger bedenckhens gehabt.
Ich hab sy hierauff unsers newlich de modo tractandi genommenen verlaß
erinnert, daß ich mich dißfals nicht allein mit meinen collegis, dem graven
von Lamberg und licentiat Cran, sondern auch den Churmayntzischen
und Brandenburgischen, wie nit weniger dem Österreichischen gesandten
Dr. Richterspergern underredet und unß verglichen, damit man gleichwohl
aigentlich unnd bestendig wissen möge, warüber man haubtsachlich mit
ihnen zu tractiren habe, daß sy, die Schwedische gesandten, ihr postulatum
zum erstenmahl schrifftlich thuen unnd ubergeben solten, welchen nach
man alßdan mundlich weiter darvon handlen könte, unnd dan furs ander,
daß die protestirende ihre gravamina, damit man solche den catholischen
zu ihrer gegennotturfft unnd erklerung zuekommen lassen könte, ebenerge-
stalt schrifftlich verfassen unnd ubergeben solten.
Sy haben mir hierauff zur antwort geben, daß sy mit denen Frantzösischen
gesandten veranlast, mit mir unnd meinen mitabgesandten anderergestalt
nit alß in beywesen des hiesigen Frantzösischen residentens zu tractiren;
deme würden sy auch also nachkommen. Jedoch, wan ermelte Frantzosen
sich mit billichen conditionibus nicht begnüegen lassen wolten, so seyen
ihnen, den Schwedischen, die händt nicht so hart gebunden, daß sy nit fur
sich mit unß einen schluß machen könten. Sonsten hetten die Frantzosen
vor diesem zu einem stillstandt inclinirt, anietzo aber begerten sy nichts,
alß friedt, friedt et cetera.
Den punctum praetensae satisfactionis fur die cron Schweden betreffendt,
haben sy, Schwedische, vermeldt, daß die quaestio an? von den ständen
alhie nunmehr von ja, aber dergestalt resolvirt, daß solche satisfaction der
cron von dem gantzen corpore des reichs gegeben werden solte
hiebey der principalgesandter Ochsenstern gemeldt, wan man seines vat-
tern erbiethen eingefolgt
Das „Schönbecksche Projekt“. Vgl. [ nr. 30 Anm. 5 ] .
an den Kayserlichen hoff schickhen unnd daselbst hetten tractiren mögen,
were der friedt in dreyen tagen geschlossen gewesen.
Unnd wie unß der discurs von einer materia auf die andere geführt, also
seint mir auch der Pfaltzischen sach zu rede worden. Da verlangten die
Schwedischen erstlich ein aequilibrium in collegio electorali ratione religio-
nis und dan furs ander die restitution sowohl der Obern- alß Undern-
pfaltz
wenig befrembde, zumahlen ich nit sähe, waß fur ein sicherheit oder nutzen
die Lutherische oder Augustanische confession bey einem Calvinischen
churfursten mehrers alß bey einem catholischen zu gewarten, biß dato hette
es gleichwohl die erfahrenheit selbsten gezeigt, daß an allen orthen, wo der
Calvinismus eingerissen und uberhandt genommen, man alßbaldt angefan-
gen , die Lutherische confession zu reformiren, da hingegen die catholische
(ausser daß sy gesucht haben, waß ihnen von rechts wegen zuestehet) die-
selbe von ihrer confession nicht zu vertringen begert hetten, sy seyen auch
nähender bey unserer religion alß dem Calvinismo. Waß aber die resti-
tution der Ober- unnd Underpfaltz belangen thete, da wolten sy von der
Obern Pfaltz kein wort verliehren, weniger ihro eintzigen gedanckhen
machen, were alles umbsonst. Der herr churfurst in Bayren müeste wegen
der außgelegten unkösten vor allem bezahlt werden, ehe er solche abtrette,
könten nun die Pfaltzgraven ihnen disorths contentiren wohl unnd guet,
wofern nit, so müeste ihme die Obere Pfaltz loco hypothecae verpleiben.
Die Schwedischen haben hierauff geantwortet, daß die tractaten mehrers
geben werden.