Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
248. Ferdinand III. an Trauttmansdorff Linz 1646 Juli 10
Linz 1646 Juli 10
Ausfertigung: TA Ka. 124 Teil I fol. 127–127’, [ praes. 1646 August 4 ].
Schwedische Militärsatisfaktion.
Hinweis auf Beilagen.
Beilagen A – C zu nr. 248
Beilage A zu nr. 248
Kf. Maximilian I. von Bayern an Ferdinand III., München 1646 Juni 29. Kopie: TA Ka. 124
Teil I fol. 129–132’ .
Euer Kayserlicher Mayestät commissarii bey den friedenstractaten haben meinen gesandten
zue Münster communicirt und diese mich bey negster ordinari berichtet, worauf dero obri-
sten hoffmeisters, des graven von Trautmanßdorff, negociation mit den Schwedischen
plenipotentiarien und protestirenden zue Oßnabrugg dermahlen bestehen thue und waß
derentwegen an Euer Kayserliche Mayestät erdachter graff under dato 11. dies berichtlich
uberschrieben , darauß ich neben andern insonderheit auch vernohmmen, waß er wegen
contentirung der Schwedischen soldatesca wie auch Euer Mayestät immediat- und meiner
reichsarmaden sambt den Holzapfelischen völckhern
Der aus mediaten und immediaten Truppen bestehende Teil der Reichsarmada im niederrhei-
nisch -westfälischen Kreis (vgl. [ nr. 193 Anm. 1 ] ) stand zwischen 1645 und 1647 unter dem
Kommando von Melander (vgl. [ nr. 36 Anm. 11 ] ) ( Salm , 69ff.).
für eine repartition er auf die crais gemacht hatt.
Nun ist khein zweiffel, wan einige kriegsvölckher sollen contentirt werden, daß man billich
darauf zue gedenckhen hat, wie vorderist gedachte Kayserliche immediat- und mediatreichs-
armeen müglichiste satisfaction beschehe, zumahlen sie sich umb daß ganze Reich mit so
vieljährigen großen travaglien und darsezung ihres bluets und lebens in dapferer beschü-
zung und rettung desselben wieder so underschiedliche starckhe feindt zum höchsten meri-
tirt gemacht haben, dannenhero die billigkeitt erfordert, daß, wehr ihrer dienst und defen-
sion genossen, auch bey der contentirung und belohnung nach proportion concurrieren
solle. Inmassen ich nicht zweiffele, weillen Euer Mayestät erbkönigreich und -lande under
solcher defension mitbegriffen, dieselbe werden von selbst genaigt und intentionirt sein, daß
solche, wie auch der Burgundische craiß, obzwar an des graven von Trautmanßdorff ge-
machten repartition und außthailung kheine meldung darvon beschicht, bey der khünffti-
gen contentirung der Kayserlichen undt reichsvölckher in billichmessiger proportion mit
anligen und concurrirn.
Soviel aber die contentirung der feindtsvölckher betrifft, fünd ich khein ursach, warumb
daß Romische Reich einer oder der andern feindts armaden umb der ursachen willen, daß
dieselbige daß Reich mit allen feindtseligkheiten verfolgt, mit raub, mord, brandt und in
andere mehr weg aufs euserist ruinirt und ganz zu boden gericht, auch viel hundert millio-
nes daraus erprest und schaden gethan hat, erst noch darzue recompensiren und besolden
solle, welches wieder alle vernunfft, billigkeitt und rechten, und khan ich es auch darumb
desto weniger bey mir finden und begreiffen, dieweillen sowohl bey den Franzößischen alß
vornemblich auch bey der Schwedischen armaden der mehrern thail Teütsche völckher
seind, welche, daß sie ihr eigenes vatterlandt verrathen, verfolgt, verhörgt und verderbt,
mehrers die gebührende straff alß eine belohnung verdient haben. Wurde auch ein böses
exempel undt dieses daraus ervolgen, daß ein jeder, wen und wan es ihne gelüstet, derglei-
chen schwehre verbrechen gegen dem vatterlandt und seiner von Gott vorgesezten obrig-
keitt zue veryeben ihme cum impunitate erlaubt zu sein vermeinen möchte.
So ist den feindtlichen cronen eben darumb ein solche ansehenliche große satisfaction, die
sie auch nullo alio titulo alß mit dem praetext der kriegscosten begehrt haben, offerirt wor-
den , damit sie daß Reich in andere wege weiters nicht beschwähren, da man doch viel billi-
cher ursach gehabt hette, von ihnen die erstattung der zuegefüegten unerschäzlichen scha-
den mit fueg zue begehrn. Überdies ist Euer Kayserlicher Mayestät genuegsamb bekhandt,
in waß für einem armseeligen standt daß Römische Reich begriffen und daß selbige nicht
wohl die mitel, Euer Mayestät und die reichsvölckher nur in etwaß zue contentirn, wirdt
zuesammenbringen khönnen. Umb soviel weniger ist es in dessen vermögen, erst noch dar-
zue den feindtsvölckern, wan es auch schon nur allein die Schwedische wehrn und die Fran-
zösischen ganz nichts praetendirten, satisfaction zue geben, wie dan nit zu zweiffelen, so-
baldt die Franzosen vermerckhen, daß man in deliberation stehet, wie die Schwedische sol-
datesca zue contentirn, daß sie alßbalden dergleichen für die ihrige auch werden praetendirn
und nit deterioris conditionis sein wollen alß die Schweden, und werden beede cronen hier-
innen vermög ihrer bündtnuß einander die handt bieten und, gleich wie bisher in ihren
eigenen satisfactionen geschehen, also auch in diesem für die soldatesca eine der andern ihr
intent mit gewalt durchtrucken helffen, und würdt derowegen, wan man sich darüber ein-
mahl mit einer oder andern in handlung einlast, man gestrackh mit beeden cronen zu thuen
bekhommen unnd mit keiner ohne die ander sich vergleichen können.
Neben solchem allem will mich bedunkhen, daß diese frag viel zu fruehe und unzeitig mo-
virt und tractirt werde und daß hiervon erst alßdan, wan man vorhero in dem haubtwerkh
und andern puncten verglichen ist und von der execution und werkstellung des friedens
handlet, hiervon alß einem darbey mit einlauffenden puncten reden solte. Dan wan die
freündts oder feindts soldatesca vernehmen würdt, das man albereit schon mit dergleichen
handlung und vorschlägen wegen ihrer contentirung umbgehe, ist nicht zu zweiflen, sie
werden es alsobaldt starkh apprehendiren, ihr aufmerkhen und absehen daraufstellen, ihr
satisfaction sowohl alß die cronen die ihrige gestraks begehren und per forza richtig haben.
Und da selbige etwas difficultirt oder zurukhgesezt wurde, besorglich die feindtsvölckher
zwar es mit gewalt der waffen suechen, die Kayserliche und reichssoldatesca aber, so ohne-
das vorhin schwürig genueg ist, einigen dienst weiter nicht laisten wollen. Gott verhüete,
daß sie sich auf solchen fahl nicht beiderseits zuesammenschlagen und solche newe ungele-
genheiten anfahen, dardurch das friedenswerkh genzlich umbgestossen und das Reich in die
eußeriste gefahr, iahmmer und noth gerathen dörffte.
Gleich wie derowegen billich, recht und bey dergleichen fällen allerorthen gebreuchlich und
herkhommens ist, daß der kriegenden theil ein ieder sein eigene völckher, die er geworben,
zu seinem dienst gebraucht und genossen hat, selbsten umb das vesprochene stipendium
contentire und entrichte, also zweifle ich nicht, Euer Kayserliche Mayestät werden bey die-
sen tractaten in hoc puncto einer gleichmeßigen meinung sein und dem graven von Traut-
manstorff gnädigst anbefehlen, daß er nicht allein umb der verstandenen ursachen willen
dieserzeit sich der soldatesca satisfaction halber in keine handlung einlaßen und, wan die-
selbe von dem gegentheil gesuecht wirdt, solchen puncten ganz abschneiden oder doch ent-
lich , damit allein der friedenschlueß nit gehindert werde, ahn sein gehörig orth, nemblich ad
punctum executionis pacis remittiren, sondern auch, wan man alßdan zue dieser materii
khombt, die sachen der billigkheit nach dahin richten solle, damit ein iede parthey ihre
völckher selbsten ohne entgelt der andern auf maß und weiß, wie man es für thuenlich und
müglich befündet, contentiren und zuefriedenstellen thue, wie ich dan der zuversichtlichen
hoffnung gelebe, wan der graff von Trautmanstorff der gegentheiligen cronen, sonderlich
den Schwedischen plenipotentiarien, welche diesen puncten vornemblich urgirt, die oban-
gefüehrte und andere darbey vorfallende wichtige rationes mehr wohl repraesentirt und zu
gemüeth füehret, sie werden sich zu der gebüehr vermögen und die friedenshandlung umb
dieses puncten willen allein nicht a monte gehen lassen.
Bey diesem werkh ist meines unvorgreifflichen ermeßens neben andern obangezognen be-
denkhn auch dieß nit das wenigiste, weil dem Römischen Reich bey gegenwertigen seinem
ubelstandt ein pur lauttere unmüglichkheit wäre, neben seiner soldatesca erst noch der
feindtlichen cronen armaden zu contentiren, daß immittelß, da man solches einwilligen
solte, die feindtliche soldatesca sich nit wurden abdankhen noch von des Reichs boden ab-
füehren laßen, biß sie die versprochene bezahlung paar empfangen haben, wardurch dan die
execution des friedens gestekht und man alßdan erst von den feindtsvölckhern wohl grö-
ßere gefahren, schaden und verhergungen, alß sie vor geschloßenem frieden gethan, zue
gewarten und also des friedenschlueß allein umb dieser ubernohmenen bezahlung nichts zu
erfreyen und zu genüeßen haben wirdt.
Beilage B zu nr. 248
Ferdinand III. an Kf. Maximilian I. von Bayern, Linz 1646 Juli 10. Kopie: TA Ka. 124 Teil I
fol. 134–134’; KHA A 4 nr. 1628/40 unfol.
GUTACHTEN deputierter Räte, s. l. 1646 Juli 8, und Conclusum im Geheimen Rat, Linz 1646
Juli 10: RK FrA Fasz. 52d fol. 67–70’.
Rezepisse auf Beilage A. Wir befinden die Bedenken ganz wohl und vernünfftig erwogen zu
sein, welche wir auch hiebevor in consideration gehabt und dahero unß in puncto der be-
zallung der Schwedischen soldatesca dahin erclert (wie Euer Liebden aniezo auch rathen
thuen), daß iedweder theil seine habende völckher bezallen und befridigen solle, darbey
lassen wir es nochmahlen bewenden. Betreffendt daß PS und deß von Nesselrath
lieben vetters, deß churfürstens zu Cöln liebden, vorgeschlagene mitel wegen erhaltung der
vestung Ehrenbreitstein und bevorab, wie iezt derzeit die vestung versehen, wollen wir wei-
tere Informationen einholen und uns dann entscheiden.