Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
93. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 Mai 11
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Münster 1646 Mai 11
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 17–17’ = Druckvorlage – Konzept: TA Ka. 109 Z 3
nr. 40–44 fol. 392–393.
Haltung Kurbayerns zur doppelten Kurstimme für Böhmen; keine Mehrheit im Kurkolleg in
dieser Frage zu erwarten; Verhandlungen darüber besser auf einem Reichstag?
Auf mein Schreiben vom 19. April hat mir der bayerische Kurfürst am 2. Mai
gnedigst und fast höfflich geantwortet, Ewer Kayserlicher Mayestät und der
cron Böheimb interesse nicht mit einem wort berürt, wie dieselbe auß dem
copeylichen beyschluß zu ersehen. Wie nun hierauß unschwer abzunehmen,
wohin der herr churfurst in puncto duplicis voti fur Böhmb inclinire, Ewer
Kayserliche Mayestät sich auch auß dem vor diesem einkommenen Churbay-
rischen vorschlag genedigst erinneren werden, daß seine churfurstliche
durchlauchtt diesenthalben auf Churmayntz gangen und demselben in casu
paritatis das duplex votum zuegelegt haben, also stehe ich nicht wenig ahn,
wan ich erwege, daß Churmayntz selbst propter proprium interesse der sa-
chen zuwieder, Churtrier und Brandenburg Ewer Kayserlicher Mayestät und
dero hochlöblichen ertzhauß nicht wohlaffectionirt, Churcöllen
zweivelt mit seines herrn bruders mainung und consiliis conformiren und be-
quemen wirdt müessen, und auf Ewer Kayserlicher Mayestät seithen Chur-
sachsen allein, unnd zwaren auch diß wegen der religion und damit denen
catholischen hierdurch nit noch ein votum in collegio electorali zuegelegt
würde, noch sehr ungewiß sein wirdt, ob bey sogestalten sachen hiervon et-
was proponiren solle, dan wan wir einmahl bey einem solchen solemni con-
gressu in beysein der frembden cronen eine formalnegativam bekommen sol-
ten , würde der sachen zu helffen fast kein hoffnung mehr ubrig sein. Hinge-
gen wolte ich darvorhalten, daß hiervon auf einem reichstag, da die cronen
nicht gegenwertig, füeglicher gehandlet unnd die gemüetter darzue besser
disponirt werden könten.
Kf. Maximilian I. von Bayern an Trauttmansdorff, München 1646 Mai 2. Ausfertigung: TA Ka.
109 Z 3 nr. 40–44 fol. 370–371 = Druckvorlage – Kopie: RK FrA Fasz. 50b fol. 18–19’.
Wie eiferig und bestendig ir euch die Pfalzische sach und mein darbey versierendes interesse
angelegen sein lasset, hab ich nicht allein auß eywern den 19. verwichnen monats Aprilis
mir ferners zuegethanem schreiben, sondern auch auß meiner gesandten bericht außführli-
cher vernommen und insonderheit gern verstanden, daß ir disen punctum dem Französi-
schen satisfactionsproiect albereit expresse inserirn lassen
Punkt 13 des ksl. Elsaßangebots vom 14. April 1646 ( Meiern III, 7 ).
schen gleichergestalt in acht zu nemmen wie nicht weniger, auf den fahl die pfalzgrafen die
extrema noch weiters behaubten und deß churfürstlichen collegii interposition nicht statt-
thuen wolten, deßhalben ein gewißes mit baider cronen Franckhreich und Schweden bevol-
mächtigten gesandten zue schliessen erbietig seit, daß ihr auch sowol den Chursäxischen
deputirten alß dem Schwedischen plenipotentiario Oxenstiern selbsten albereit die nottdurff
angedeüt habt. Für welches alles und daß ir mir hiervon umbständtliche communication
thuen wollen, ich mich gegen euch hiemit bedanckhen und daß ganze werckh eywerer ver-
ständigen guetten direction nachmahlen recommendiern, zumahlen mich in einem und an-
derm auf meine negstere schreiben und daßienige, waß ich meinen gesandten bey euch fer-
ners hierin anzubringen aufgetragen habe, beziechen thue.
Anlangendt der Cursäxischen gesandten euch gethanem vorschlag, daß bey erwöhlung eines
Römischen khönigs Bayrn und Pfalz nur ain votum electorale machen und daßjenige, wes-
sen sie sich vergleichen wurden, nur für ein stimb gezelt werden möchte, habt ir denselben
gar wohl und vernünfftig darauf geandtworttet, weiln die angedeüte und von den Cursäxi-
schen praesupponirte vergleichung baider heüßer gar ungewiß, daß derwegen daß besst und
sicheriste mitel seye, dergleichen dissensiones bey den künfftigen wahlen eines Römischen
königs zue verhietten, daß ein yedeß hauß bey seiner absonderlichen stimb verbleibe und
selbige der ordnung nach behalte. Wie ich mich dan auch zu einem andern nicht verstehen
khünndte, sinteinmahl bekhandt, das die pfalzgrafen bißhero solche consilia, actiones und
intentiones bey den reichsnegocien, sonderlich bey erwöhlung der Römischen Khaiser, ge-
führt haben, welche mit denn meinigen und meines hauses sinceris et catholicis principiis
ganz nicht übereinstimmen. Dannenhero der von den Cursäxischen vorgeschlagne modus
bey khünfftigen electionen vihl difficulteten und ungelegenhaiten causiern wurde.
Demnach ich auch auß Eurem schreiben vermörckht, daß sich under den Pfalzhaidelbergi-
schen räthen auch der Camerarius zu Oßnabrugg befündet, derselbe aber, wann es anderß,
er, der alte Camerarius
Dr. Ludwig Camerarius (1573–1651), seit 1598 in kurpfälzischem, ab 1619 daneben in
schwedischem Dienst, 1623 Leiter der pfälzischen Exilregierung im Haag, 1629 Botschafter
Schwedens in den Ndl., seit 1636 politisch kaltgestellt, seit 1641 im Ruhestand ( Schubert ;
NDB III, 105ff. ). Kf. Maximilian I. von Bayern zieht hier offensichtlich nicht dessen Sohn
(vgl. [ nr. 9 Anm. 8 ] ) in Betracht.
zweifel noch ist, so zweifle ich nit, ir werdet vorhin darauf gedacht sein, mit ihme, gleich
wie zuvor mit dem Straiffen, gleichergestalt zu negociern und vorderist demselben der vor-
geschlagenen mittel halber, waß sowohl die chur- alß Pfalzische landt betrifft, wohl capabel
zu machen, sinteinmahl, wann er gewohnnen, die hoffnung zu machen ist, die pfalzgrafen
werden sich alßdann durch ihne selbsten auch desto ehender und leichter zue der gebühr
disponiern lassen. Da der König von England möglicherweise zu einem Frieden mit dem Par-
lament gelangen kann, hoffen die Pfalzgrafen auf englische Unterstützung ihres Anspruches auf
Totalrestitution . Also erfordert die nottdurfft umb soviel mehr, daß die conditiones, mit
welchen die pfalzgraven zu restituiern, beyzeit mit der cronen plenipotentiariis wohl auß-
getragen und bestendig verglichen, selbige aufs beste versichert und besagte cronen mit und
neben ihrer Kayserlichen majestät und den gesambten stendten deß Reichs gleich wie zu
manutenierung deß allgemeinen fridens also auch zu manutenierung deß Pfalzischen ver-
gleichs alß eines vornemmen stuckhs deß fridens cräfftiglich obligirt und hierdurch sowohl
die Engellender alß die pfaltzgrafen selbsten desto mehr abgeschreckht werden, darwider
etwaß vorzunemmen.
Wegen der Schwedischen satisfaction bin ich mit Chursaxen gleicher mainung, daß mann
sich die Churbrandenburgische oppositiones so fasst nicht irren lassen khünde und solle.
Und zweifle nicht, ir werdet es von selbsten auch in acht nemmen, damit nicht etwann, wan
die Französische satisfaction verglichen, der Schwedischen halber sich das fridenswerckh
von neywem steckhen thüe.
Schließlich bin ich berichtet worden, daß ier auf eur firderliche widerheimbraiß gedacht
sein sollet. Nun ist euch solche ia billich zu gohnen, ich verhoffe aber darbey, ir werdet
selbe sobaldt und ehender nicht anhandtnemmen, biß zuvor die haubtsachen im fridens-
werckh völlig verglichen und die conditiones wenigist von allerseits plenipotentiarien und
der ständt gesandten und abgeordtneten mit der subscription und sigillation becrefftigt und
verfertigt seindt, sinteinmahlen noch allerhandt schwähre difficulteten vorfallen, welche
durch die andere Kayserliche commissarios so leicht und baldt nicht alß durch eywer gegen-
wardt , authoritet und dexteritet erhebt werden, sonder wol daß ganze fridenwerckh wider-
umb in ein confusion und unrichtigkheit gerathen möchte. Ersueche euch demnach guetter
wohlmeinung, ir wollet denen bißher von euch so glickhlich und wohl geführten friedens-
negotiis selbsten vollendt die letste handt anschlagen und, waß ir bißher mit grosser dexte-
ritet so weith gebracht habt, zue eywerm immerwehrenden lob und rhuemb vollendts per-
ficiern .