Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
11. [Trauttmansdorff,] Nassau und Volmar an Lamberg und Krane Münster 1646 September 20
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Münster 1646 September 20
Kopie: RK FrA Fasz. 52a fol. 177–178 = Druckvorlage; Giessen 207 nr. 291 p. 1101–1107
– Konzept: RK FrA Fasz. 92 X nr. 1440 fol. 340–342.
Die neue Erklärung der katholischen Reichsstände betreffend die Gravamina; ihre Unnachgiebig-
keit gegenüber den Forderungen der Protestierenden und ihre Bitte um Unterstützung von seiten
der kaiserlichen Gesandten. Anweisung zu einem Vortrag vor einer Deputation der protestieren-
den Reichsstände: Ermahnung zu Kompromißbereitschaft und Eingehen auf die kaiserlichen
Vermittlungsvorschläge vom 12. Juli 1646. Keine Aushändigung der neuen Erklärung an die
Protestierenden, Darstellung ihrer übermäßigen Forderungen bei den französischen Gesandten
und Bitte um Beistand.
Ewer Liebden und Excellentz, auch [ der ] herr empfangen hiebey ein
abschrifft derihenigen erclärung, so unß von denn catholischen über der
protestierenden letstere schrifft in puncto gravaminum negstverwichenen
zinstag übergeben worden, sambt einem darüber außgezogenen Lateinischen
extract.
Und dieweil dann sich ermelte catholische dahin schliesslichen erclären
thuen, das sie weder von deren ins Reich publicierten amnesti noch von
ihrem[!] in deren den 30. Junii negsthin gefasten resolution enthaltenen
terminos sive in ecclesiasticis sive politicis
In der Regensburger Amnestie vom 20. August 1641 (Druck: Sammlung III S. 551–554) war
das Stichdatum für die Amnestie in politicis auf das Jahr 1630, für die in eccelsiasticis auf
den 12. November 1627 gesetzt worden. Das Ga. der kath. Reichsstände betr. die Gravamina
vom 30. Juni 1646 (Druck: Meiern , APW III S. 367–369 ) hatte daran angeknüpft.
reservato ecclesiastico, noch von verwaigerung der autonomiae seu libertatis
credendi, cassationis rerum decisarum und anderer verträg, mensibus Papali-
bus , collationibus, precibus primariis, pfandtschafften, vorbehalt der geistli-
chen iurisdiction und was sonst denn reichsstätten und anderen der Augspur-
gischen confession verwahnten amore pacis nachgesechen worden, keines-
weegs , sowol gewissens als pflichten halber, weichen könden noch wollen,
gleichwol aber an uns insgesambt gesinnen, das wir auch unserstheiles das
werckh seiner wichtigkeit nach examinieren, den Augspurgischen confes-
sionsverwahnten ihren unfueg nach notdurft representieren, sie auch dahin
anweisen wolten, damit sie dero vilfältigem beschechenen anerbietten, auch
berüembter fridensbegird nach von dergleichen extremis abstehen, sich
nächender zum zihl legen und gleich denn catholischen mit dem werkh selbst
in beförderung der innerlichen reichsberuewigung finden lassen, zumalen sie
ohnedaß mit denn catholischen bekendtlich seint, das ohne dieselb zu einem
bestendigen friden mit denn außwerttigen cronen nit zu gelangen sein werde,
hierauf so haben wir für ein notdurfft angesechen, das Ewer Liebden und
Excellenz, auch der herr eheist möglich einen ausschuß von denen zu
Oßnabrugg anweesenden protestierenden vor sich erforderen und inen
vorhalten thuen, welchergestalt wir nit underlassen hetten, über dasjenig, was
sie uns uber unser vom 12. Julii außgeliferte wolmainliche compositionsvor-
schläg den 28. negstabgeloffenen monats Augusti
Die prot. Reichsstände hatten ihre Erklärung betr. die Gravamina vom [14./24. August 1646]
(Druck: Meiern , APW III S. 330–340) den ksl. Ges. am 28. August 1646 übergeben ( APW
III C 2 S. 694 Z. 10–695 Z. 11).
lassen, mit denen alhie anweesenden catholischen ständen und der abweesen-
den deputatis zu communicieren. Die hetten aber aus solcher schrifft
befunden, das die protestierende noch allerdings uf ihren vorigen übermäßi-
gen postulatis verharren und darzue weiter mit etlichen neuerlichen anmaas-
ßungen , contrarieteten und paradoxis außbrechen theten, das denn catholi-
schen hierüber zu einer vergleichung sich einzulassen fast unthuenlich fallen
wolle, ja sich hingegen rundt erclärt, das sie weder von deren ins Reich
publicierten amnesti … (ut supra) gewissens und pflichten halber weichen
köndten noch wolten. Und die wahrheit zu bekennen, so heten auch wir in
durchsechung angeregter schrifft clärlichen vermerckht, das unsere composi-
tionsvorschläg , so wir wolmainlich eröffnet hetten, eben wenig oder gar
nichts weren in obacht gezogen worden. Und damit sie auch re ipsa
begreifen, warinn die differenzen und meheiste beschwerung stecken thet, so
were inen summariter zu erzehlen und vorzuhalten, waß in dem der
catholischen erclärungsschrifft beygelegten extractu verzeichnet ist, folgendts
die weitere erinnerung zu thuen, daß dises der weeg einmahl nit sein werde,
die innerliche reichsberuewigung zu beförderen. Sie solten gleichwol bedenk-
ken und zu gemüett füehren, das die catholischen in den vornembsten
haubtpuncten, die sy in crafft dess im religionfriden begriffenen claren
buchstabens zu behaubten genuegsamb befüegt weren, nachgegeben und von
ihren rechten amore pacis abgewichen, welches ir Kayserliche mayestät
gleichergestalt aus ebenmäsßiger consideration also eingewilligt heten, so sie
sonst nimmer wurden gethan haben noch thuen könden, dahero sich freylich
gebürte, daß die protestierende sich ebenmäsßig amore pacis darzue bequem-
men und also ire fridensbegirde nit weniger als die catholischen im werckh
selbsten erscheinen lassen solten. Wir wolten sie also sambt und sonders
ermahnt haben, die sachen ferner in berathschlagung zu nemmen und
daraufhin sich dermassen in conformitet unserer inen behendigter composi-
tionsvorschlägen [ zu ] erclären, uf das man in hoc puncto gravaminum
dermalen zum schluss gelangen, dardurch den innerlichen statum dess Reichs
mehrers beruewigen und folgendts auch mit denn außwerttigen cronen desto
ehender zum friden kommen möge.
Wir erachten zwar, das die deputierte neben übernemmender relation an ihre
mitverwahnte auch ein abschrifft dessen, so von denn catholischen an uns
gebracht worden, begehren werden. Dieweil aber solche schrifft nit also
gestelt, daß darüber weiter handlung zu erwartten, so hielten wir nit vor
rathsamb, in solche communication einzuwilligen, sondern die deputatos
dahin zu bescheiden sein, wann sie und übrige protestierende von ihren
extremis abweichen und sich nächender zum zihl legen thuend, so werden
wir alßdan von puncten zu puncten die notdurfft mit inen zu recapitulieren
uns nit zuwider sein lassen, und zwar diß auch sonderlich darumb, weil sie,
protestierende, sich selbst in überliferung ihrer letsteren schrifft erclärt, das
sie in kein weitere schrifftwexlung einzutretten gemeint weren.
Was den Lateinischen extract betreffen thuet, den haben wir zu dem ende
verfassen lassen, auf das Eur Liebden und Excellenz, auch der herr sich mit
demselben zu denn Franzößischen gesandten verfüegen und inen vorhalten
mögen: Nachdem die sich gegen denn herren mediatoren
Als Mediatoren fungierten in Münster: Fabio Chigi (vgl. [ nr. 7 Anm. 4 ] ). – Alvise Contarini
(1597–1651); 1624–1641 ordentlicher und ao. Botschafter Venedigs in Den Haag, London,
Paris, Rom und Konstantinopel, 1643–1649 Vermittler in Münster auf dem WFK,
1649–1650 in den span. Ndl. und in Frankreich um die Vermittlung eines span.-frz. Friedens
bemüht ( DBI XXVIII S. 82–91). Seine Schlußrelation vom WFK vom 26. September 1650
ist herausgegeben worden von Papadopoli , Fiedler ( ders. S. 293–341) und Firpo ( ders.
S. 963–1036).
catholischen selbst erbiettig gemacht, alles fleiss daran zu sein, uf das die
protestierende sich mit demihenigen, so bereits an seiten der catholischen
nachzugeben bewilligt worden, zu begnüegen behandlet werden, so heten wir
beederseits inen von der sachen bewandtnus einige information erstatten,
auch zu mehrer nachrichtung solchen extract behendigen wollen, waraus sie
zu ersehen, in was ungereümbten postulatis die protestierende bis daher
bestanden, was inen von denn catholischen nachgegeben worden, was auch
weiter nit nachgegeben werden könde, alles mit anhangendem ersuechen, sie
wolten desto mehrern fleiß und ernst anwenden, weil ia nit allein die
protestierenden, sondern auch die Schweedischen plenipotentiarii selbst
bezeügten, das dise controversia gravaminum, mit welcher es haubtsächlich
umb erhalt- oder außtilgung der catholischen religion zu thuen, die vornemb-
ste caussa belli gewesen und noch seye.
Und seint wir gleichmäsßige erinnerung auch alhie bei denn protestierenden,
wafern die anderst verhanden, abzulegen vorhabens.