Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1646 XII 29
1646 XII 29
Samstag
Sambstags, den 29. huius, haben ex commissione
Ihrer Excellentz, herrn obristhofmeisters, herr graf von Nassau und ich,
Volmar, beeden herrn mediatorn die Churbrandenburgische resolution, in
Latein transferirt, zugestellt und zumahln begehrt, daß sie solche denn Fran-
zösischen plenipotentiariis communicirn, auch ihr meinung, waß darauff
weiters zu thuen und ob sie mit und neben unß die Schwedische satisfaction
in conformitet dessen, wie mit dennselben ze handlen angefangen worden,
zum beschluss bringen ze helffen erbiettig, vernemmen wolten. Wir unsers-
theils hielten nit für thuenlich, sich mit deß churfürsten auffzüglicher ant-
wortt lenger auffhalten ze lassen, sondern weren vorhabens, durch unsere
collegas zu Oßnabrukh bei denn Schweden zu erkundigen, ob sie nunmehr
zum schluss ze tretten gedächten, und dessentwegen ein categorische erclä-
rung zu erfordern. Alsdann wolten wir die handlung per nostros collegas
reassumirn, und solte dennselben villeicht ich, Volmar, (biß Ihr Excellentz
selbst hinüberkommen möchten) zugeordnet werden.
Herr Venetianischer pottschaffter hatt hierauf die red genommen, vermel-
dend , sie werden zwar solche commission gern über sich nemmen, es werde
aber deß Saint Romains widerkunfft vordrist auch zu erwartten sein. Alsdann
vermeinte er, gleich wie die abferttigung mit gesambter deliberation von
unß und denn Franzosen geschehen, also möchte auch insgesambt wider-
umb ein schluss gefaßt werden, wie die handlung mit denn Schweden
weiters fortzesetzen. Und seyen wir sonst recht daran, das man sich deß
churfürsten auffzuglicher anttwortt nichts mehr irren lassen solt. Allein
besorge er, die Franzosen werden sich der sachen wenig oder nichts an-
nemmen , weil sie mit denn Spanischen nit verglichen, die Schweden begeh-
ren einmahl keinen friden und werden sie, die Franzosen, auch nit darzu
nöthigen, als wölche gern sehen werden, daß der Kayser noch mit denn
Schweden zu schaffen bekomm, weil sie im krieg mit Spania verbleiben
würden. Die Spanischen ministri köndten diser beschwernus, wann sie nur
wolten, in einem augenblikh abhelffen. Er sehe kein vernünfftige ursach,
warumb man den friden mit disen zweyen steinhauffen oder bicocchi, wie
ers nennete, auffhalten und die gantze christenheit in gfahr setzen solte. Er
hett seiner republic geschriben und wurde noch ferner schreiben, daß sie
sich keines fridens, consequenter einiger assistentz nit von einigem christ-
lichen potentaten zu versehen, daher sich mit den Türkhen, so guett sie köndt,
befriden solte, wölches auch mit hinderlassung deß königreichs Candia
Auf Kreta (Candia) hatten die Türken seit ihrer Landung 1645 (vgl. oben [ S. 449 ] ) weitere
Fortschritte gemacht; sie eroberten bis 1647 den Großteil der Insel, doch fiel die Hauptstadt Candia
erst im September 1669.
sonder allen zweifl geschehen könd. Alsdann werde der Türkh uff einer seiten
daß königreich Napoli und Sicilia, auff dern andern die Franzosen Catalonia,
das hertzogthumb Mailandt angreiffen, die Staden wurden auch keinen
friden schliessen, sondern mit inen newe abtheilung practicirt und sie dar-
durch widerumb zum krieg contra Spanien verleittet werden. Ob nun der
könig in Spania solchen mächtigen anstössen allerseits gnugsamb gewachsen
sein könde, daß wisse er nit außzewägen, die zeit aber werd es geben.
Wenigst hab man biß daher gesehen, wie alles nach und nach zu verlieren
gangen. Wir haben geanttworttet, daß unsers ortts nit unterlassen worden,
dem conte Peneranda diß alles gantz beweglich ze remonstrirn, er bliebe aber
bestendig darauff, daß er dessen keinen bevelch hette, weder in genere noch
in particulari, befinde auch auß denn letstern briefen, so er auß Spania emp-
fangen , daß sein könig selbiger zeit diser beeder plätzen verlust noch nit
seye berichtet gwesen. Also woll ime als einem ministro nit gebüren, in
einer so hochpraeiudicirlichen sach seinem könig vorzegreiffen, sonder-
lich weil alle königliche ministri in Italia, Teutsch- und Niderlanden ine
darvor warneten. Daher wüßten wir unserstheils bei der sachen weiter nichts
ze thuen. Wann dise beede plätz so gering und schlecht, so hetten die Fran-
zosen desto weniger ursach, dieselbe zu behalten und dardurch den friden
mit so grosser gfahr der christenheit zu verhindern. Hierauff ist der Venetus in
seinem discurs weiter fortgefahren: Die Franzosen seyen in possessione und
haben die regul, waß sie mit denn waaffen erobert, daß wollen sie auch
behalten. Der cardinal Mazzarino halt es pro summa status, darvon nit zu
weichen, es derfften sich auch die allhiesige Französische ministri im gering-
sten nichts merkhen lassen, ja sie wurden vil ehender die zurukhgebung
anderer nambhaffter posten als dises veranttwortten könden. Waß die Spa-
nischen ministros in Italia anlangte, die wüßten den statum nit, worinn sich
die fridenstractatus befinden theten. Hetten sie mittl, dise plätz, sobaldt wie
plätz, so baldt wie
sie sagten und schrieben, ze recuperirn, so möchtens sie es thuen, inmittelst
köndte gleichwol die cession, casu quo usque ad tempus ratificationis recupe-
ratio facta non esset, eingewilligt werden. Daß der conte Peneranda ad defec-
tum mandati sich entschuldigte, sei von keiner importantz, er wolt sein kopff
verwetten, ’giuocherei la testa‘ sagt er, wa sein instruction in specie uff die-
jenige posten, so er beraits den Franzosen ze überlassen bewilligt, gerichtet
wer. Einem prudenti ministro gebür, sich nach der zeit und necessitet, darinn
sich ieweils seines herrn sachen befinden theten, ze richten; hett er jenes ex
generali mandato bewilligen könden, warumb nit auch dises. Es stüende
doch nichtsdestweniger beim könig, solche cession ze ratificirn oder ze refu-
tirn . Man soll ein exempel ab dem friden, so mit dem Französischen ambas-
sador zu Regenspurg geschlossen worden, nemmen, köndens doch die
Spanier auch also machen. In disem discurs hatt herr nuncius vermeldt,
wann man die cession biß ad tempus ratificationis verschieben solt, wurde
es difficulteten abgeben, indem villeicht die ratification deßwegen gefärlich
verzogen werden möcht. Wer besser, ein gwissen terminum als etwan biß
zu außgang deß Februarii anzesetzen, wölches ime der Venetianer auch
belieben lassen. Sodann ferner vermeldt, die Spanier hetten ja sich so hoch
diser sachen nit zu opponirn, dann es weren beede posti lehen vom Römi-
schen reich und stüende mehr beim Römischen Kayser als bei Spania.
Waß die Hollendischen tractaten anlangte, hette gestern Servient mit ime
geredt und die bestendige anzeig gethan, daß die Hollendischen deputati
inen, Franzosen, versicherung geben, daß sie ihre handlung mit den Spa-
niern one der cron Frankreich wissen einmal nit schliessen noch von der-
selben sich separirn wurden. Ja, man solt sie für verräther ihres staats halten,
so sie diß theten. Also wurden sich die Spanier mit disen tractaten auch
betrogen finden, unangesehen sie dennselben alles eingewilligt und einen
schendtlichen friden mit inen gemacht hetten. Die Spanier wurden besser
gethan haben, wann sie in tractaten mit Frankreich neben denn Hollendi-
schen deputatis sich auch der mediatorn gebraucht hetten. Die wurden den
Franzosen mit mehrer franchigia, als von denn Höllendern (so ihre alliirte
Franzosen sonder zweifl nit hetten disgustirn wollen) beschehen sein möchte,
zuzesprechen gewußt haben. Mit disem und dergleichen hatt der Venetus
seinen discurs zimblich lang und hitzig volfüert, herr nuncius aber sich
mehrerntheils stillschweigend verhalten, ausser waß er hieoben von bestim-
mung einer gwissen zeit angeregt.
Eodem hoc die ist der conte Servient von Münster mit sak und packh
abgeraißt nach dem Haag.
Ihrer Excellentz, herrn obristhofmeisters, herr graf von Nassau und ich,
Volmar, beeden herrn mediatorn die Churbrandenburgische resolution, in
Latein transferirt, zugestellt und zumahln begehrt, daß sie solche denn Fran-
zösischen plenipotentiariis communicirn, auch ihr meinung, waß darauff
weiters zu thuen und ob sie mit und neben unß die Schwedische satisfaction
in conformitet dessen, wie mit dennselben ze handlen angefangen worden,
zum beschluss bringen ze helffen erbiettig, vernemmen wolten. Wir unsers-
theils hielten nit für thuenlich, sich mit deß churfürsten auffzüglicher ant-
wortt lenger auffhalten ze lassen, sondern weren vorhabens, durch unsere
collegas zu Oßnabrukh bei denn Schweden zu erkundigen, ob sie nunmehr
zum schluss ze tretten gedächten, und dessentwegen ein categorische erclä-
rung zu erfordern. Alsdann wolten wir die handlung per nostros collegas
reassumirn, und solte dennselben villeicht ich, Volmar, (biß Ihr Excellentz
selbst hinüberkommen möchten) zugeordnet werden.
Herr Venetianischer pottschaffter hatt hierauf die red genommen, vermel-
dend , sie werden zwar solche commission gern über sich nemmen, es werde
aber deß Saint Romains widerkunfft vordrist auch zu erwartten sein. Alsdann
vermeinte er, gleich wie die abferttigung mit gesambter deliberation von
unß und denn Franzosen geschehen, also möchte auch insgesambt wider-
umb ein schluss gefaßt werden, wie die handlung mit denn Schweden
weiters fortzesetzen. Und seyen wir sonst recht daran, das man sich deß
churfürsten auffzuglicher anttwortt nichts mehr irren lassen solt. Allein
besorge er, die Franzosen werden sich der sachen wenig oder nichts an-
nemmen , weil sie mit denn Spanischen nit verglichen, die Schweden begeh-
ren einmahl keinen friden und werden sie, die Franzosen, auch nit darzu
nöthigen, als wölche gern sehen werden, daß der Kayser noch mit denn
Schweden zu schaffen bekomm, weil sie im krieg mit Spania verbleiben
würden. Die Spanischen ministri köndten diser beschwernus, wann sie nur
wolten, in einem augenblikh abhelffen. Er sehe kein vernünfftige ursach,
warumb man den friden mit disen zweyen steinhauffen oder bicocchi, wie
ers nennete, auffhalten und die gantze christenheit in gfahr setzen solte. Er
hett seiner republic geschriben und wurde noch ferner schreiben, daß sie
sich keines fridens, consequenter einiger assistentz nit von einigem christ-
lichen potentaten zu versehen, daher sich mit den Türkhen, so guett sie köndt,
befriden solte, wölches auch mit hinderlassung deß königreichs Candia
Auf Kreta (Candia) hatten die Türken seit ihrer Landung 1645 (vgl. oben [ S. 449 ] ) weitere
Fortschritte gemacht; sie eroberten bis 1647 den Großteil der Insel, doch fiel die Hauptstadt Candia
erst im September 1669.
sonder allen zweifl geschehen könd. Alsdann werde der Türkh uff einer seiten
daß königreich Napoli und Sicilia, auff dern andern die Franzosen Catalonia,
das hertzogthumb Mailandt angreiffen, die Staden wurden auch keinen
friden schliessen, sondern mit inen newe abtheilung practicirt und sie dar-
durch widerumb zum krieg contra Spanien verleittet werden. Ob nun der
könig in Spania solchen mächtigen anstössen allerseits gnugsamb gewachsen
sein könde, daß wisse er nit außzewägen, die zeit aber werd es geben.
Wenigst hab man biß daher gesehen, wie alles nach und nach zu verlieren
gangen. Wir haben geanttworttet, daß unsers ortts nit unterlassen worden,
dem conte Peneranda diß alles gantz beweglich ze remonstrirn, er bliebe aber
bestendig darauff, daß er dessen keinen bevelch hette, weder in genere noch
in particulari, befinde auch auß denn letstern briefen, so er auß Spania emp-
fangen , daß sein könig selbiger zeit diser beeder plätzen verlust noch nit
seye berichtet gwesen. Also woll ime als einem ministro nit gebüren, in
einer so hochpraeiudicirlichen sach seinem könig vorzegreiffen, sonder-
lich weil alle königliche ministri in Italia, Teutsch- und Niderlanden ine
darvor warneten. Daher wüßten wir unserstheils bei der sachen weiter nichts
ze thuen. Wann dise beede plätz so gering und schlecht, so hetten die Fran-
zosen desto weniger ursach, dieselbe zu behalten und dardurch den friden
mit so grosser gfahr der christenheit zu verhindern. Hierauff ist der Venetus in
seinem discurs weiter fortgefahren: Die Franzosen seyen in possessione und
haben die regul, waß sie mit denn waaffen erobert, daß wollen sie auch
behalten. Der cardinal Mazzarino halt es pro summa status, darvon nit zu
weichen, es derfften sich auch die allhiesige Französische ministri im gering-
sten nichts merkhen lassen, ja sie wurden vil ehender die zurukhgebung
anderer nambhaffter posten als dises veranttwortten könden. Waß die Spa-
nischen ministros in Italia anlangte, die wüßten den statum nit, worinn sich
die fridenstractatus befinden theten. Hetten sie mittl, dise
sie sagten und schrieben, ze recuperirn, so möchtens sie es thuen, inmittelst
köndte gleichwol die cession, casu quo usque ad tempus ratificationis recupe-
ratio facta non esset, eingewilligt werden. Daß der conte Peneranda ad defec-
tum mandati sich entschuldigte, sei von keiner importantz, er wolt sein kopff
verwetten, ’giuocherei la testa‘ sagt er, wa sein instruction in specie uff die-
jenige posten, so er beraits den Franzosen ze überlassen bewilligt, gerichtet
wer. Einem prudenti ministro gebür, sich nach der zeit und necessitet, darinn
sich ieweils seines herrn sachen befinden theten, ze richten; hett er jenes ex
generali mandato bewilligen könden, warumb nit auch dises. Es stüende
doch nichtsdestweniger beim könig, solche cession ze ratificirn oder ze refu-
tirn . Man soll ein exempel ab dem friden, so mit dem Französischen ambas-
sador zu Regenspurg geschlossen worden, nemmen, köndens doch die
Spanier auch also machen. In disem discurs hatt herr nuncius vermeldt,
wann man die cession biß ad tempus ratificationis verschieben solt, wurde
es difficulteten abgeben, indem villeicht die ratification deßwegen gefärlich
verzogen werden möcht. Wer besser, ein gwissen terminum als etwan biß
zu außgang deß Februarii anzesetzen, wölches ime der Venetianer auch
belieben lassen. Sodann ferner vermeldt, die Spanier hetten ja sich so hoch
diser sachen nit zu opponirn, dann es weren beede posti lehen vom Römi-
schen reich und stüende mehr beim Römischen Kayser als bei Spania.
Waß die Hollendischen tractaten anlangte, hette gestern Servient mit ime
geredt und die bestendige anzeig gethan, daß die Hollendischen deputati
inen, Franzosen, versicherung geben, daß sie ihre handlung mit den Spa-
niern one der cron Frankreich wissen einmal nit schliessen noch von der-
selben sich separirn wurden. Ja, man solt sie für verräther ihres staats halten,
so sie diß theten. Also wurden sich die Spanier mit disen tractaten auch
betrogen finden, unangesehen sie dennselben alles eingewilligt und einen
schendtlichen friden mit inen gemacht hetten. Die Spanier wurden besser
gethan haben, wann sie in tractaten mit Frankreich neben denn Hollendi-
schen deputatis sich auch der mediatorn gebraucht hetten. Die wurden den
Franzosen mit mehrer franchigia, als von denn Höllendern (so ihre alliirte
Franzosen sonder zweifl nit hetten disgustirn wollen) beschehen sein möchte,
zuzesprechen gewußt haben. Mit disem und dergleichen hatt der Venetus
seinen discurs zimblich lang und hitzig volfüert, herr nuncius aber sich
mehrerntheils stillschweigend verhalten, ausser waß er hieoben von bestim-
mung einer gwissen zeit angeregt.
Eodem hoc die ist der conte Servient von Münster mit sak und packh
abgeraißt nach dem Haag.