Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1646 I 28
1646 I 28
Sonntag
Sontags, den 28. huius, als ich von Ihr Excellentz, herrn
grafen von Trautmansdorff, bevelch empfangen, ihretwegen herrn duca di
Longavilla wegen seines newgebornen sohns ze congratulirn, hab ich mich
uff gegebne stundt am nachmittag zwischen eins und zwei zu ime verfüegt
und erstens solche congratulation in wolgedachts herrn grafens namen accom-
modando orationem ad statum praesentem verrichtet, sodann auch vor mein
particolarperson vermeldet, daß ich mich bei diser occasion, da ime von
hohem standts congratulirt werde, anderst nit dan an deme mir gebühren-
dem ort solcher congratulation ebenmässig gegen ime vernemmen lasse, mit
ersuechen, selbige von mir mit derjenigen benignitet auffzenemmen, wie er
sonst seiner diener affection gegen sich ze favorirn pflege etc.
Er hatt sich darauff erstens gar höflich gegen dem herrn grafen von Traut-
mansdorff bedankht, sein guette affection gegen ime contestirt und sonder-
lich erzehlt, wie er nachmaln nichts liebers erwünschen thet, dann daß er mit
beythuen eines so hohen und wolerfahrnen Kayserlichen ministri den all-
gemeinen friden der christenheit ehist immer müglich erheben köndte, mit
erbietten, an seinem ortt nichts daran erwenden ze lassen. Deßgleichen hatt er
folgendts auch gegen mir absonderliche danksagung gethan etc. Ich hab
darauff replicirt, er solte an deß herrn grafen guetter intention nit zweifflen
und versichert sein, daß derselb ebenmässig hirzu allen müglichen fleiß
anzewenden nit ermanglen wurde. Wann er mir aber erlaubnus geben wolt,
etwas mehrers dabei ze melden, so würde ich sagen, daß solche handlungen
nit nur in blossen wortten gelassen, sondern zu werkh gesetzt sein wolten.
Darauff hatt er angefangen ze discurrirn, waß die cron Frankreich stetigs vor
guette inclination zum friden hette erscheinen lassen und daß er und seine
collegae sich ebenmässig darzu iederzeit willfährigst erbotten, auch zu sol-
chem ende erst newlich ihre replicas mit so billichen und vernünfftigen
postulatis eröffnet, in eim und anderm und sonderlichen in puncto satisfac-
tionis sich dermaassen raisonnablement erclärt, daß er verhoffe, wann man
unserstheils nur wolte, man wurde baldt zum schluss gelangen könden.
Weil ich dann dise apertur gehabt, so sagte, ich were zwar nit kommen, inen
vor dißmahln mit dergleichen disputatis auffzehalten, sondern allein in com-
muni ipsius laetitia mich mit ihme zu erfrewen und mein conversation mit
wolmeinlichen glückwünschungen zu beschliessen, weil ich aber seine ange-
borne höflicheit so weit vermerkhe, daß er sich nit zuwider sein lasse, etwas
wenig zeit auch in der fridensmateria ze passirn, so werde er mir in unguettem
nit vermerkhen, wann ich hierauff mit wenigem anttwortten thue. Ohne sei
nit, daß wir nunmehr ihre replicas in handen. Wir befinden aber selbige in
etlichen punctis und sonderlich de satisfactione also gestellt, daß wir ja daraus
solche guette inclination ad pacem nit vermerkhen köndten. Ich wüßte nit,
waß mein gnedigste herrschafft zu Ynsprukh verschuldt hette gegen der
cron Frankreich, daß man ihnen die uralte patrimoniallande deß Elsaß und
Preißgau entziehen wolte. Weylandt dero herr vatter, ertzhertzog Leopold,
wer der cron Frankreich freündt stetigs gewesen, hette deroselben einige
hostilitet niemaln zugefüegt, keinen reichstandt belaidigt, gegen dennselben,
solang sie sich gegen ime unverweißlich gehalten, aller guetten, fridliebenden
nachbarschafft beflissen, vil weniger hetten seine hinterlassene kinder waß
peccirt oder peccirn könden. Da sagt er, ja die fraw ertzhertzogin hette ein
pündtnüs mit Spanien contra Frankreich gemacht, conte d’Avaux wer
damaln zu Venedig geweßt und hetts alldort erfahrn.
Respondi, gesetzt den fahl, dem wer also, so hetten dessen doch die kinder
nit zu entgelten, weil die landt denselben und nit der mutter zugehördten. Er
sey aber dißortts gar ungleich berichtet worden, dann dise pündtnus wer
anno 1638 (als damaln Preysach vom hertzog von Weimar belägert war)
angefangen und erst im nachfolgenden Jahr vollendet, auch mit Ihr Kayser-
licher Maiestät einwilligung praecise und determinate allein zu recuperation
der Vorderosterreichischen landen und defension deß ihrigen auffgerichtet
,
sonsten aber zu keines menschen offension gemeint und sogar der cron
Frankreich mit keinem wortt gedacht worden. Dises wer ja ein sach, so iure
naturae erlaubt und von niemanden übel außgedeüttet werden köndte. Als
er nun hierwider nichts ze replicirn gewußt, hatt er angefangen, sich auff ein
andern discurs ze fundirn, sagend, weil die cron Frankreich vermerkht, daß
das hauß Österreich insgemein selbige gleichsamb in ein ketten einschliessen
und von allen enden umbgehen, ihre confaederatos opprimirn und also eine
monarchiam universalem fundirn wolte, so weren ihre consilia auch hinge-
gen wider das gantze hauß gerichtet worden und hetten dißortts sich nichts
irren lassen könden, wie und waßgestalt ein oder anderer theil dises hauß
hiebei interessirt oder nit interessirt wer. Die cron Frankreich müeßte uff ihr
sicherheit sehen und sich derjenigen posten behalten, daher sie offendirt
worden oder offendirt werden köndten.
Respondi, ich wüßte wol, daß dergleichen imaginationes vornemblich die
cron Hispanien treffen thet, als bei dern die größte macht stüende, dise wolte
ich auch darauff zu seiner zeit anttwortten lassen, wiewol solche einbildun-
gen mehr in pur lautterer opinion und wahn als in re ipsa bestüenden. Waß
aber daß Teütsche hauß betreffen thet, da hette Frankreich ein gantz vergeb-
liche sorg, weil dasselb kein erbsuccession beim kayserthumb hett noch
pretendirt, auch an die leges imperii so weit gebunden, daß deme, einigen
krieg zu nachtheil des reichs anzefangen, gar nit müglich sein kan. Aller-
maassen sich nit finden werde, daß, solang daß Teütsche kayserthumb
absonderlich ohne zuziehung der cron Spanien gestanden, die cron Frank-
reich durch daß Elsaß von einigem fürsten oder Kayser deß hauß Österreich
proprio Marte et lubidine were bekriegt oder angefochten worden. Zudem
so gehören dise landt nit dem Kayser, sondern denn ertzhertzogen zu Yns-
prukh zu, dise seyen ja respectu ihrer landen und leütten in dem standt nit,
daß die cron Frankreich sich darob ze formalisirn ursach haben solte. Die
Italiani hetten ein sprichwortt und sagten ’gli stati mezzani non sono pro-
posti all’ invidia altrui‘. Ich wolte nit erachten, daß die grosse macht der cron
Frankreich solte solch kleiner status entsetzen und die besorgnus eines unge-
wissen , ja unmüglichen dings so weit fürtringen lassen, daß sie darumb einem
so unschuldigen standt das seinig cum summa iniustitia
cum summa iniustitiae nota
solte abzetringen
und vorzehalten unterstehen. Er wüßte sich zu erinnern, daß er mir offt
contestirt hette, es begehrte ihr könig daß hauß Österreich nit ze destruirn.
Wann aber sie demselben uff einer seitten daß gantze Elsaß, uff der andern
gantz Schlesien, uff der dritten das landt ob der Enß entziehen, so wüßte
ich nit, wie solches sine totali destructione et ruina hergehen köndt. Ille, ob
ich dann vermein, daß man dem hauß Österreich eben diß wider zustellen
solle, wardurch man anvor offendirt worden oder offendirt werden köndt.
Respondi, sovil diß uff Preisach und die Vorderosterreichischen lande ge-
deüttet werden möcht, sei daß praesuppositum falsch. Frankreich hab dan-
nenhero kein offension empfangen und köndt keine empfangen, solang sie
mit dem reich werden frid halten, dann das reich werde solches nit gestatten.
Frankreich müeßt sein assecuration nit cum iniustitia tertii suechen. Er solle
gedenkhen, daß dise vorenthaltung grosse considerationes auff sich haben,
und gleich, wie sie dem hauß österreich propter solam potentiam solch
grosse verfolgung auff den halß gezogen, also werdts nit ermanglen, wann
sich Frankreich ex tot opimis spoliis huius domus gnugsamb bereicht und
groß gemacht, daß nit auch ebenmässig ein grosser widerwill, neid, miss-
gunst , hass und feindtschafft gegen derselben erwachße. Deme bekendt er
also sein, es müeßte aber derentwegen die cron Frankreich sich desto stär-
kher gegen den confinen versichern. Respondi, diß seind vergebliche ge-
dankhen , dann eben dergleichen umbsichgreiffen würdt der cron Frank-
reich so vil ze schaffen machen, daß sie sich dessen entlich bereüen werden.
Ich beschlosse endtlich disen discurs und sagte, ich wüßt, daß er die iniusti-
tiam dergleichen zumuettens selbst gnuegsamb erkennte, patte, er wolt es nit
dahien kommen lassen, daß mein herrschafft sich bei aller weit ze beclagen
hette, daß sie unschuldigerweiß ihr altvatterlich erb und aigenthumb der
cron Frankreich als ein pretium sanguinis hetten in handts lassen müessen.
Noch eins müeßt ich ine ex actis antiquis erinnern: Anno 1470 hette herzog
Sigmundt zu Österreich wegen der Schweitzer krieg die Vorderosterreichi-
sche landt herzog Carl von Burgundt versetzt
Gegen 500 000 Gulden hatte Hg. Sigismund von Tirol (1427–1496) im Vertrag von St. Omer
1469 V 9 seine Rechte an der Grafschaft Pfirt, der Landgrafschaft Oberelsaß, der Stadt Breisach,
den Waldstädten Rheinfelden, Säckingen, Laufenburg und Waldsbut und weiteren Teilen des
Breisgaus an Hg. Karl den Kühnen von Burgund (1433–1477) verpfändet.
. Als aber könig Ludwig
der XI. in Frankreich solche vermehrung dises hertzogen macht nit gern
gesehen, hette der denn aidtgenossen gerathen, sich mit Österreich zu ver-
gleichen und die Vorderosterreichischen landen dem hertzog Sigmundt wider
einraumen ze helffen, wie beschehen. Dann es wer denn Schweitzern, ein so
mächtigen nachbarn ze haben, nit fürtraglich; er solte gedenkhen, daß die
Schweitzer noch solche considerationes hetten, und wolte sich übel schikhen,
waß Ludovicus XI. dem hauß Österreich helffen widergeben, daß es deß
Ludovici XIII., qui dicebatur iustus, erben demselben ietzt sine ullo iustitiae
titulo entziehen und vorenthalten solten, gewißlich würde diß der cron
Frankreich mehr unehr als ehr, mehr unsicherheit als sicherheit gebären.
Darauff sagt er letztlich, helff man, daß man unß daß hertzogthumb Mai-
landt geb, so hetts mit dem Elsaß kein noth. Ego, daß stüende nit in unser
macht. Sie würden wol sehen, wie sie mit denn Spanischen zurecht kommen
möchten, und sonder zweifl nit vil vergessen, destweniger hetten sie ursach,
daß Elsaß anzefechten. Folgendts kam er auff ein newen einwuerff, sagend,
sie müeßten verspüeren, daß man kein affection und liebe zu der cron Frank-
reich trüge, sondern daß man nur ihre confaederirte von inen abzefangen
begehrte, daß hett inen ursach geben, sich nur desto stärkher mit inen zu ver-
binden , die würden inen gwiß nit fehlen. Ego, diß seyen übel fundirte suspi-
ciones , man begehr, mit allen fridt ze machen, liber mit Frankreich als mit
andern, man müeßte unß aber nit so harte conditiones proponirn, sonst
derfften wir noch wol ärgere resolutiones fassen. Sie wolten haben, man soll
sich mit denn protestirenden verglaichen, daß begehr man ze thuen, daß heiße
darumb nit, ihre confoederatos ze separirn. Er solte mir ein weeg zeigen, waß
man thuen solte, billich und christliche mittl werden wir nit außschlagen.
In allen disen discursen ist er gantz bescheidenlich gangen, einmahl oder
zwei erhitzigt er sich im reden. Ich hab in aber ieweils wider gar leicht ad
terminos gebracht, pin also mit guettem contento von ime geschieden.
grafen von Trautmansdorff, bevelch empfangen, ihretwegen herrn duca di
Longavilla wegen seines newgebornen sohns ze congratulirn, hab ich mich
uff gegebne stundt am nachmittag zwischen eins und zwei zu ime verfüegt
und erstens solche congratulation in wolgedachts herrn grafens namen accom-
modando orationem ad statum praesentem verrichtet, sodann auch vor mein
particolarperson vermeldet, daß ich mich bei diser occasion, da ime von
hohem standts congratulirt werde, anderst nit dan an deme mir gebühren-
dem ort solcher congratulation ebenmässig gegen ime vernemmen lasse, mit
ersuechen, selbige von mir mit derjenigen benignitet auffzenemmen, wie er
sonst seiner diener affection gegen sich ze favorirn pflege etc.
Er hatt sich darauff erstens gar höflich gegen dem herrn grafen von Traut-
mansdorff bedankht, sein guette affection gegen ime contestirt und sonder-
lich erzehlt, wie er nachmaln nichts liebers erwünschen thet, dann daß er mit
beythuen eines so hohen und wolerfahrnen Kayserlichen ministri den all-
gemeinen friden der christenheit ehist immer müglich erheben köndte, mit
erbietten, an seinem ortt nichts daran erwenden ze lassen. Deßgleichen hatt er
folgendts auch gegen mir absonderliche danksagung gethan etc. Ich hab
darauff replicirt, er solte an deß herrn grafen guetter intention nit zweifflen
und versichert sein, daß derselb ebenmässig hirzu allen müglichen fleiß
anzewenden nit ermanglen wurde. Wann er mir aber erlaubnus geben wolt,
etwas mehrers dabei ze melden, so würde ich sagen, daß solche handlungen
nit nur in blossen wortten gelassen, sondern zu werkh gesetzt sein wolten.
Darauff hatt er angefangen ze discurrirn, waß die cron Frankreich stetigs vor
guette inclination zum friden hette erscheinen lassen und daß er und seine
collegae sich ebenmässig darzu iederzeit willfährigst erbotten, auch zu sol-
chem ende erst newlich ihre replicas mit so billichen und vernünfftigen
postulatis eröffnet, in eim und anderm und sonderlichen in puncto satisfac-
tionis sich dermaassen raisonnablement erclärt, daß er verhoffe, wann man
unserstheils nur wolte, man wurde baldt zum schluss gelangen könden.
Weil ich dann dise apertur gehabt, so sagte, ich were zwar nit kommen, inen
vor dißmahln mit dergleichen disputatis auffzehalten, sondern allein in com-
muni ipsius laetitia mich mit ihme zu erfrewen und mein conversation mit
wolmeinlichen glückwünschungen zu beschliessen, weil ich aber seine ange-
borne höflicheit so weit vermerkhe, daß er sich nit zuwider sein lasse, etwas
wenig zeit auch in der fridensmateria ze passirn, so werde er mir in unguettem
nit vermerkhen, wann ich hierauff mit wenigem anttwortten thue. Ohne sei
nit, daß wir nunmehr ihre replicas in handen. Wir befinden aber selbige in
etlichen punctis und sonderlich de satisfactione also gestellt, daß wir ja daraus
solche guette inclination ad pacem nit vermerkhen köndten. Ich wüßte nit,
waß mein gnedigste herrschafft zu Ynsprukh verschuldt hette gegen der
cron Frankreich, daß man ihnen die uralte patrimoniallande deß Elsaß und
Preißgau entziehen wolte. Weylandt dero herr vatter, ertzhertzog Leopold,
wer der cron Frankreich freündt stetigs gewesen, hette deroselben einige
hostilitet niemaln zugefüegt, keinen reichstandt belaidigt, gegen dennselben,
solang sie sich gegen ime unverweißlich gehalten, aller guetten, fridliebenden
nachbarschafft beflissen, vil weniger hetten seine hinterlassene kinder waß
peccirt oder peccirn könden. Da sagt er, ja die fraw ertzhertzogin hette ein
pündtnüs mit Spanien contra Frankreich gemacht, conte d’Avaux wer
damaln zu Venedig geweßt und hetts alldort erfahrn.
Respondi, gesetzt den fahl, dem wer also, so hetten dessen doch die kinder
nit zu entgelten, weil die landt denselben und nit der mutter zugehördten. Er
sey aber dißortts gar ungleich berichtet worden, dann dise pündtnus wer
anno 1638 (als damaln Preysach vom hertzog von Weimar belägert war)
angefangen und erst im nachfolgenden Jahr vollendet, auch mit Ihr Kayser-
licher Maiestät einwilligung praecise und determinate allein zu recuperation
der Vorderosterreichischen landen und defension deß ihrigen auffgerichtet
sonsten aber zu keines menschen offension gemeint und sogar der cron
Frankreich mit keinem wortt gedacht worden. Dises wer ja ein sach, so iure
naturae erlaubt und von niemanden übel außgedeüttet werden köndte. Als
er nun hierwider nichts ze replicirn gewußt, hatt er angefangen, sich auff ein
andern discurs ze fundirn, sagend, weil die cron Frankreich vermerkht, daß
das hauß Österreich insgemein selbige gleichsamb in ein ketten einschliessen
und von allen enden umbgehen, ihre confaederatos opprimirn und also eine
monarchiam universalem fundirn wolte, so weren ihre consilia auch hinge-
gen wider das gantze hauß gerichtet worden und hetten dißortts sich nichts
irren lassen könden, wie und waßgestalt ein oder anderer theil dises hauß
hiebei interessirt oder nit interessirt wer. Die cron Frankreich müeßte uff ihr
sicherheit sehen und sich derjenigen posten behalten, daher sie offendirt
worden oder offendirt werden köndten.
Respondi, ich wüßte wol, daß dergleichen imaginationes vornemblich die
cron Hispanien treffen thet, als bei dern die größte macht stüende, dise wolte
ich auch darauff zu seiner zeit anttwortten lassen, wiewol solche einbildun-
gen mehr in pur lautterer opinion und wahn als in re ipsa bestüenden. Waß
aber daß Teütsche hauß betreffen thet, da hette Frankreich ein gantz vergeb-
liche sorg, weil dasselb kein erbsuccession beim kayserthumb hett noch
pretendirt, auch an die leges imperii so weit gebunden, daß deme, einigen
krieg zu nachtheil des reichs anzefangen, gar nit müglich sein kan. Aller-
maassen sich nit finden werde, daß, solang daß Teütsche kayserthumb
absonderlich ohne zuziehung der cron Spanien gestanden, die cron Frank-
reich durch daß Elsaß von einigem fürsten oder Kayser deß hauß Österreich
proprio Marte et lubidine were bekriegt oder angefochten worden. Zudem
so gehören dise landt nit dem Kayser, sondern denn ertzhertzogen zu Yns-
prukh zu, dise seyen ja respectu ihrer landen und leütten in dem standt nit,
daß die cron Frankreich sich darob ze formalisirn ursach haben solte. Die
Italiani hetten ein sprichwortt und sagten ’gli stati mezzani non sono pro-
posti all’ invidia altrui‘. Ich wolte nit erachten, daß die grosse macht der cron
Frankreich solte solch kleiner status entsetzen und die besorgnus eines unge-
wissen , ja unmüglichen dings so weit fürtringen lassen, daß sie darumb einem
so unschuldigen standt das seinig
und vorzehalten unterstehen. Er wüßte sich zu erinnern, daß er mir offt
contestirt hette, es begehrte ihr könig daß hauß Österreich nit ze destruirn.
Wann aber sie demselben uff einer seitten daß gantze Elsaß, uff der andern
gantz Schlesien, uff der dritten das landt ob der Enß entziehen, so wüßte
ich nit, wie solches sine totali destructione et ruina hergehen köndt. Ille, ob
ich dann vermein, daß man dem hauß Österreich eben diß wider zustellen
solle, wardurch man anvor offendirt worden oder offendirt werden köndt.
Respondi, sovil diß uff Preisach und die Vorderosterreichischen lande ge-
deüttet werden möcht, sei daß praesuppositum falsch. Frankreich hab dan-
nenhero kein offension empfangen und köndt keine empfangen, solang sie
mit dem reich werden frid halten, dann das reich werde solches nit gestatten.
Frankreich müeßt sein assecuration nit cum iniustitia tertii suechen. Er solle
gedenkhen, daß dise vorenthaltung grosse considerationes auff sich haben,
und gleich, wie sie dem hauß österreich propter solam potentiam solch
grosse verfolgung auff den halß gezogen, also werdts nit ermanglen, wann
sich Frankreich ex tot opimis spoliis huius domus gnugsamb bereicht und
groß gemacht, daß nit auch ebenmässig ein grosser widerwill, neid, miss-
gunst , hass und feindtschafft gegen derselben erwachße. Deme bekendt er
also sein, es müeßte aber derentwegen die cron Frankreich sich desto stär-
kher gegen den confinen versichern. Respondi, diß seind vergebliche ge-
dankhen , dann eben dergleichen umbsichgreiffen würdt der cron Frank-
reich so vil ze schaffen machen, daß sie sich dessen entlich bereüen werden.
Ich beschlosse endtlich disen discurs und sagte, ich wüßt, daß er die iniusti-
tiam dergleichen zumuettens selbst gnuegsamb erkennte, patte, er wolt es nit
dahien kommen lassen, daß mein herrschafft sich bei aller weit ze beclagen
hette, daß sie unschuldigerweiß ihr altvatterlich erb und aigenthumb der
cron Frankreich als ein pretium sanguinis hetten in handts lassen müessen.
Noch eins müeßt ich ine ex actis antiquis erinnern: Anno 1470 hette herzog
Sigmundt zu Österreich wegen der Schweitzer krieg die Vorderosterreichi-
sche landt herzog Carl von Burgundt versetzt
Gegen 500 000 Gulden hatte Hg. Sigismund von Tirol (1427–1496) im Vertrag von St. Omer
1469 V 9 seine Rechte an der Grafschaft Pfirt, der Landgrafschaft Oberelsaß, der Stadt Breisach,
den Waldstädten Rheinfelden, Säckingen, Laufenburg und Waldsbut und weiteren Teilen des
Breisgaus an Hg. Karl den Kühnen von Burgund (1433–1477) verpfändet.
der XI. in Frankreich solche vermehrung dises hertzogen macht nit gern
gesehen, hette der denn aidtgenossen gerathen, sich mit Österreich zu ver-
gleichen und die Vorderosterreichischen landen dem hertzog Sigmundt wider
einraumen ze helffen, wie beschehen. Dann es wer denn Schweitzern, ein so
mächtigen nachbarn ze haben, nit fürtraglich; er solte gedenkhen, daß die
Schweitzer noch solche considerationes hetten, und wolte sich übel schikhen,
waß Ludovicus XI. dem hauß Österreich helffen widergeben, daß es deß
Ludovici XIII., qui dicebatur iustus, erben demselben ietzt sine ullo iustitiae
titulo entziehen und vorenthalten solten, gewißlich würde diß der cron
Frankreich mehr unehr als ehr, mehr unsicherheit als sicherheit gebären.
Darauff sagt er letztlich, helff man, daß man unß daß hertzogthumb Mai-
landt geb, so hetts mit dem Elsaß kein noth. Ego, daß stüende nit in unser
macht. Sie würden wol sehen, wie sie mit denn Spanischen zurecht kommen
möchten, und sonder zweifl nit vil vergessen, destweniger hetten sie ursach,
daß Elsaß anzefechten. Folgendts kam er auff ein newen einwuerff, sagend,
sie müeßten verspüeren, daß man kein affection und liebe zu der cron Frank-
reich trüge, sondern daß man nur ihre confaederirte von inen abzefangen
begehrte, daß hett inen ursach geben, sich nur desto stärkher mit inen zu ver-
binden , die würden inen gwiß nit fehlen. Ego, diß seyen übel fundirte suspi-
ciones , man begehr, mit allen fridt ze machen, liber mit Frankreich als mit
andern, man müeßte unß aber nit so harte conditiones proponirn, sonst
derfften wir noch wol ärgere resolutiones fassen. Sie wolten haben, man soll
sich mit denn protestirenden verglaichen, daß begehr man ze thuen, daß heiße
darumb nit, ihre confoederatos ze separirn. Er solte mir ein weeg zeigen, waß
man thuen solte, billich und christliche mittl werden wir nit außschlagen.
In allen disen discursen ist er gantz bescheidenlich gangen, einmahl oder
zwei erhitzigt er sich im reden. Ich hab in aber ieweils wider gar leicht ad
terminos gebracht, pin also mit guettem contento von ime geschieden.