Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1645 XI 19

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1645 XI 19
Sonntag Aber dessen ungeacht seind die catholischen stände
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sontags, 19. huius, bei denn capuccinern zusammenkommen und haben sel-
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ben nachmittags per deputatos ordinarios catholicos, Churmaintz, Chur-
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bayern , auß dem fürstenrath Österreich, Bayern, Bamberg, Costantz, herrn
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grafen und mir folgendes conclusum anzeigen lassen: 1. Waß die Magden-
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burgischen anlangte, da weren sie im namen Gottes zefriden und hetten per
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maiora geschlossen, daß dieselben gegen erstattung deß anerbottnen revers,
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doch also und dergestalten bei disem congressu ad sessionem et votum ad-
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mittirt und zugelassen werden solten, daß solche admission allein uff denn
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innhaber der ertzstifft Magdenburg verstanden, andere dergleichen stiffts-
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innhabere aber darvon wie ins vorgangen, also auch anietzt außgeschlossen
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sein, diser actus weder ietzt noch künfftig bei andern reichszusamenkünfften
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zu einiger consequentz nit angezogen, sodann auch die Magdenburgischen
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deputati ihre session nit als wegen derselben ertzstifft, sondern als hertzogs
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Augusti zu Saxen deputati haben und daher selbige nit uff der gaistlichen,
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sondern weltlichen bankh under andern von dem hauß Saxen anwesenden
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gsandten nemmen, auch vom Österreichischen directorio deß fürstenraths
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umb ihre stimm suo ordine et loco mit disen wortten ’hertzog Augustus zu
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Saxen gsandten‘ etc. angefragt werden sollen. Daß auch den auffsetzenden
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reuers nit allein die Magdenburgischen, sondern auch andere deputati der
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protestirenden unterschreiben und denselben gnembzehalten sich verobli-
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girn sollen. Zumaln wir durch die mediatores bei den cronen nachfolg ze
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thuen, daß, wo müeglich, selbige zugleich ein schrifftliche attestation oder
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wenigst sonst ihre parola geben wolten, über dise admission der Magden-
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burgischen wegen anderer dergleichen stiffsinhabern nichts ze suechen, son-
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dern den ertheilten revers ebenmässig helffen handtzehaben. Die Hessen
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Casselischen, Baden Durlachischen, auch Nassau Sarbrükhischen betreffend,
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seitemaln hierunder mehrers der Römisch Kayserlichen Maiestät auctori-
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tet interessirt sein wolte, so hetten zwar die ständt deroselben keine maaß
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noch ordnung ze geben, wolten aber iedoch gehorsamist eingerathen und zu-
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maln gebetten haben, wir wolten im namen Ihrer Maiestät one ferner zurukh-
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bringen in derselben admission so weit auch einwilligen, daß diselben in
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sachen, den statum publicum imperii betreffend, auch ad consultationes unver-
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hindert möchten admittirt und zugelassen werden, sonderlich uff deroselben
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beschehen erbietten, daß sie das gemeine reichswesen ebenmässig mit andern
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ständen zu beobachten helffen, in ihren privatis aber von selbsten der raths-
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sessionum sich enthalten wolten. Hierauff solten wir auch die mediatores
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anlangen, bei der cronen plenipotentiariis erinnerung ze thuen, mit fernern
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dergleichen nebenstreittigkheiten sich lenger nit auffzehalten, sondern mit
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ihren replicis heraußzegehen und zu den haupttractaten selbst ze greiffen.

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Und dieweil die ständt gleich heüt bei geschlossner consultation den Bam-
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bergischen deputatum Dr. Cobelium ersuecht hetten, disen gefaßten schluss
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alsobaldt dem Dr. Oelhafen, weil der onedas in seinem quartier sich auff-
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halten thet, zur nachricht anzezeigen, auff daß durch dessen zuthuen die

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protestirende zu Oßnabrukh von vorhabenden fürgreifflichen resolutionibus
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desto ehender möchten abgemahnt werden, also were der ständen begehren
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zugleich an unß, wir wolten ime, Oelhafen, und den Hessen Darmstettischen,
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auch den Wurttembergischen und Culmbachischen abgesandten

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Dr. Andreas Burkhard und Dr. Johann Müller.
, vor unß
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erfordern und dennselben zugleich solche gefaßte meinung und unser dar-
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über in namen obgemeldt erfolgtes gnembhalten anzeigen. Respondimus, es
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hetten Ihr Kayserliche Maiestät gnedigst gern gesehen, daß eintweder diser
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admissionstreit gentzlich were vermitten gebliben und die stände beeder reli-
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gion in denn hauptconsultationibus, allermaassen es die noturfft erfordert,
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fortgefahren, oder man hette iedoch die gefaßte resolutiones behaupten und
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durchbringen mögen. Diweil aber der catholischen chur- und fürsten räth
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und pottschafften auß vorgebrachten ursachen und besorgender weitläuffig-
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kheit sich eines andern entschlossen, so wüßten wir unß hierauff keines an-
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dern vernemmen ze lassen, dann das Ihr Kayserliche Maiestät an ihrem ortt
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zu einiger dismembration und trennung der ständen anlaaß ze geben nit
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gemeint, sonder vil lieber sehen werden, daß dieselben des heyligen Römi-
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schen reichs nothurfft bei disen fridenstractaten sambtlich und einhelliglich
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beratschlagen helffen, und liessen wir es also, sovil Magdenburg und Hessen
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Cassel anlangte, bei dem angefüegten concluso und guettachten bewenden.
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Und wann Hessen Cassel, als eim trewen Teutschen patrioten und verpflich-
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ten fürsten deß reichs gebürt, deß vatterlandts nuetzen und wolfahrt in acht
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nemmen wolten, so würden sie solches in puncto satisfactionis mit der that
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beweisen könden, daher und wann man sich darauff zu verlassen, ebenso
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guett wer, daß sie bei selbiger consultation auch umb ihre meinung angeh-
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hört als außgeschlossen würden. Im ubrigen wolten wir nit underlassen, bei
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denn mediatorn hierunder daß begehrte anbringen ze thuen.

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Waß aber Durlach und Sarbrukhen betreffen thet, da were nit one, das Ihr
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Maiestät einen underschied machen und dafürhalten thet, weil selbige vom
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Prager friden durch einen nebenrecess außgeschlossen, inen aber per am-
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nestiam die thür darzu widerumb eröffnet worden, daß dieselben sich an-
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ietzt mit annemmung bedeütts fridens der session und stimm, so inen sonst
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anderwertts nit disputirt werde, selbst theilhafftig machen und dessentwegen
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wenigst ihre erclärung gegen denn Kayserlichen gsandten ablegen solten.
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Und dieweil dann dises sachen seyen, so nit nur unß, sondern auch unsere
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collegas zu Oßnabrukh belangten, so wolten wir dennselben hiervon bericht
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thuen. Wir ersuchten aber daß Churmaintzische directorium, daß durch
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ihren collegam, den herrn Prembser, solches ebenmässig geschehen möcht.
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Wir wolten unß auch nit entgegen sein lassen, weil wir verstüenden, daß dise
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gefaßte conclusa alberait durch den Bambergischen abgesandten dem Nü-
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renbergischen eröffnet worden, denselben wie auch andere allhier anwe-
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sende protestirende für unß zu erfordern und inen unsere fernere meinung
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vorzuhalten.

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Zum beschluss ersuchten wir daß Churmaintzische reichsdirectorium, unß
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von dem gefaßten concluso umb der sachen wichtigkheit willen ein schrifft-
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liche anzeig per modum extractus protocolli zuzestellen. Illi post alia, son-
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derlich wasgestalt und von wem der revers auffzesetzen, bedankhten sich
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unserer erclärung, liessen es zwar wegen Durlach und Nassau Sarbrukhen
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dahiengestellt sein, patten aber dabei, man wolts gleichwol also einrichten,
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auff daß dessentwegen nit newe difficulteten entstehend, und etwan bei deme
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bewenden lassen, daß selbige deputati sich allein simpliciter mit contestation
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ihres gehorsambs gegen Ihr Kayserliche Maiestät bei denn Kayserlichen
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plenipotentiariis anmelden theten, dann sonst wurden sie sich vermuettlich
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beclagen, daß man die Hessen Casselische simpliciter admittiren thet,
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wölche doch noch mit denn waaffen beim gegentheil angehenkht weren.
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Daß die Hessen Casselische auch in puncto satisfactionis coronarum ad con-
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sultationes admittirt werden solten, haben die vota noch so aigentlich nit
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geben, sondern dafürgehalten werden wollen, es wer etwas zuzesehen, wie
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sie sich im übrigen erzeigen möchten.

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17–24] ursprünglich hinter S. 483,36, woraus sich die doppelte Fassung des Berichts über die ka-
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tholische Deputation erklärt.
Sontags, den 19. huius haben die catholischen chur- und fürstlichen ständt
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per deputatos ordinarios unß angebracht, waßmaassen sie in puncto admit-
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tendorum geschlossen, daß die Magdenburgischen gegen einem revers de
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non praeiudicando in futurum, die Hessen Casselische, Baden Durlachischen
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und Nassau Saarbrükhischen aber gegen einer mündtlichen submission ad
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consilia statuum ze admittirn, mit pitt, solches an die mediatores ze bringen,
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damit sie es den Franzosen vortragen, auch deren approbation in scriptis
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sollicitirn wolten, ut latius in relatione ad Caesarem videre est.

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