Acta Pacis Westphalicae III C 2,1 : Diarium Volmar, 1. Teil: 1643 - 1647 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1645 IX 25

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1645 IX 25
Montag

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39 Lunae] am Rande: Propositio coram statibus auff dem bischoffshof zu Münster.
Lunae, den 25. huius, haben wir die proposition coram
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statibus abgelegt , wie folgt. Umb 9 uhr vormittags seiend auß dem chur-
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fürstlichen collegio wegen Maintz herr graf Cratz, wegen Bayern herr von

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Haßlang, auß dem fürstenrath wegen Österreich herr graf von Wolkenstein,
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wegen Bayern herr Lic. Trachter

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Licentiat Nikolaus Drachter (1600–1664), münsterischer Rat, vertrat Baden-Baden und Bayern
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im Fürstenrat.
, wegen der Wedderauischen grafen herr
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graf Mauritz von Nassau

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Moritz Heinrich (1626–1679), ältester Sohn des ksl. Gesandten Johann Ludwig von Nassau-
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Hadamar .
mit dreyen gutschen in deß herrn grafens Johann
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Ludwigen von Nassau, Kayserlichen gesandtens, losament ankommen, mit
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vermelden, daß sie von denn sambtlichen chur- und fürstlichen collegiis,
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dann von dem stättcollegio derzeit noch niemand vorhanden, unß abze-
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holen verordnet worden, unß demnach pittend, wir wolten unbeschwert
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unser session in der Churmaintzischen gutschen nemmen. Wie dann be-
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schehen , und haben beede churfürstliche deputatos zu unß genommen,
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seyend also sambtlich in beglaittung vorhergehender edelleütten und auff-
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warter in denn bischofflich Münsterischen hof, allwo die versamblung der
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ständen angeordnet war, gefahren.

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Als wir nun auß der gutschen getretten und eine treppen hinauff dem saal
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zugangen, dessen eingang gleich an die treppen gerichtet, seind unß die
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sambtliche chur- und furstliche gsandten biß an die thür entgegen gestan-
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den , so wir erstens mit darreichung der handt begrüeßt und dann vollendts
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durch sie, zu beeden seitten stehend, in die schrankhen hinein und zu deren
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vor unß geordneten session getreten, zu wölchem end zween rotsamete
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sessel auf einem von zweyen staffeln hoch auffgerichtem balco und noch
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umb 2 zoll als die nebengeordnete subsellia gestellt. Vor unß gerad gegen
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dem gesicht über stuende umb die 2 zoll niderer ein stuel, mit rotem thuech
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bedeckht, vor denn Churtrierischen gesandten, so aber auch noch nit vorhan-
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den gewesen. Und alß die übrige churfürstliche zu beeden seitten, der geist-
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und weltlichen fürsten gesandten aber an beederseits zur rechten und linkhen
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der lenge nach verordneten subselliis sich zu ihrer session gestellt, haben wir
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unß, sodann auch die abgesandten, etwas wenigs nidergesetzt. Darauff seyend
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wir widerumb auffgestanden und haben denn mundtlichen vortrag nach
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innhalt deß Kayserlichen bevelchs gethan, wie [ 826 ] zu sehen, und mit be-
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schliessung desselben auch das bei handen gehabte Kayserliche creditif sampt
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abschrifft von der proposition und der Kayserlichen responsionum auff beede
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gegentheilische propositiones dem Churmaintzischen directori, so sein session
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mit seinem secretario innerhalb deß schrankhens an einem hierzu bestellten
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tisch gehabt, dargeraicht. Wölche er auch von unß empfangen, und seyend
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darauff die churfürstlichen wie auch die fürstlichen, ieder theil absonderlich,
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zusammengetretten und haben sich miteinander der anttwortt uffunsern vor-
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trag unterredt, vordrist die churfürstlichen daß Kayserliche creditif eröffnet,
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abgelesen, denn fürstlichen zugleich communicirt und uff beschehene corre-
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lation endtlich durch den Churmaintzischen directorn unß folgendergestalt
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beanttwortten lassen:

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Erstlich bedankhen sie sich gegen der Kayserlichen Maiestät dero ange-

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meldten Kayserlichen gnad und continuirenden bestendigen eifers zu wider-
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bringung eines friedlichen ruehstandts, auch angewendter sorgfalt in berath-
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schlagung deren von beeder cronen Frankreich und Schweden (sic enim
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nominabat) abgesandten eingeraichter propositionum und darüber anietzt
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denn ständen beschehner communication. Bezeugten folgendts, daß ihre
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gnädigste und gnädige herrn principales solches mit sonders erfröwenlichem
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gemüet vernemmen würden, von denen sie auch anderst nit, dann unß, denn
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Kayserlichen gesandten, bei disen fridenshandlungen mit rath und that bey-
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zestehen und alle müglichkeit zu widerbringung deß fridens beyzetragen, in-
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struirt , solches auch mit guettem eifer und nach bestem vermögen ze laisten
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erbiettig weren. Patten umb kurtze zeit, sich in denn communicirten respon-
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sionibus zu ersehen, da sie dann ihr guettachten durch ein gewohnlich
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reichsbedenkhen ehist zu eröffnen nit underlassen wolten, und thäten sich
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zumaln Ihr Kayserlicher Maiestät zu bestendigen Kayserlichen hulden aller-
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underthenigst bevehlen und gegen unß sich aller guetten freundtschafft und
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diensten anerbietten, auch einen innbrünstigen wunsch umb göttlichen bey-
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standt anhenkhen. Auff dise anttwortt haben wir den beschluss mit kuertz-
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licher widerholung der puncten, auch anerbottnen anrüemen an Ihr Kayser-
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liche Maiestät und nochmaliger recommendation, die sachen fürderlichst zu
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berathschlagung zu ziehen, gemacht, unß auch hinwiderumb vor unsere per-
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son alles gebüerenden gegenerbiettens vernemmen lassen, und seyend also
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von vorbedeütten beeder collegien deputirten widerumb nach hauß beglait-
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tet worden.

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Bei disem actu ist zwar diser fehler untergeloffen, daß von dem Churmaint-
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zischen directorio kein verordnung mit einem tüer[hüter geschehen], daher
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auch meniglich hineingetrungen und hinder denn schrankhen von aller-
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handt dienern, auffwarttern und anderm unbekandt gesindt alles volgestan-
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den und darunder sich auch ein Französischer secretarius befunden haben
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solle. Darauff hernach daß bemeldte directorium erinnert worden, fürohien
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und zu solchen fählen mehr fürsehung ze thuen. Der ständen oder der ab-
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gesandten namen, so sich bei disem actu gegenwerttig befunden, seind in der
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verzeichnus zu sehen [ 827 ].

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33 Eodem] am Rande: Franzosen seind übel zefriden, daß Cassel und andere von dem actu
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propositionis außgeschlossen worden.
Eodem hora septima noctis ist herr bischoff von Oßnabrukh sambt dem
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thumbpropst von Paderborn zu mir, Volmarn, kommen und referirt, wie
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daß die 3 Französischen plenipotentiarii den secretarium Blanch

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Gemeint wohl der französische Gesandtschaftssekretär Joseph Boulengier.
zu ime ge-
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schikht anzeigend, es hetten sie, Franzosen, mit höchster verwunderung
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vernommen, daß die Kayserlichen gesandten denn chur- und fürstlichen stän-
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den eine proposition heut dato gethan, darvon aber die Hessen Casselischen,
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auch andere der cron Frankreich alliirte außgeschlossen worden. Hetten sich
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nit versehen, daß diselbe so wenig respect bei denn ständen haben solte, daß

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man über underschiedliche remonstrirte starkhe erinnerungen sich nit
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anderst bedacht. Müessen sehen, daß ihre aliirte allein dessen zu entgelten
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und darumb von solchen allgemeinen reichsconsultationibus außgeschlossen
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werden wollen, weil sie mit der cron Frankreich confaederirt, wölches aber
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deroselben zu höchstem schimpff geraichen thet, und köndtens derentwegen
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solchergestalt nit hingehn lassen, sondern müeßten sich, wann man drauff
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verharren wolt, eines andern resolvirn. Sie weren aber bedacht, morndrigen
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tags zu Seiner Fürstlichen Gnaden ze kommen, und möchten sie auch andere
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deputatos, so am mehisten solche exclusion verfechten theten, zu sich erfor-
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dern , denen allen sie, Franzosen, ihre weitere nothurfft vorhalten und ihrer
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wolbefüegten praetension fähig machen wolten. Gegen denn Churbayri-
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schen und Maintzischen deputatis were seines vernemmens eben dergleichen
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protestation auch geschehen. Er hette darauff geanttworttet, die Französi-
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schen plenipotentiarii hetten dessen kein ursach. Sie wüßten wol, daß er und
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der Bayerische abgesandt inen dißortts solche rationes und fundamenta vor-
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gehalten , darauff sie im geringsten nichts ze anttwortten gewußt. Man wüßte
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diserseits einmahl von gefaßter resolution nit zu weichen, es gehe auch, wie es
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wolle, dann man hette es also von denn herrn principalen in bevelch. Denn
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Franzosen hette er selbst gesagt und sie gebetten, sie wolten kein puncto
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d’honore drauß machen, dann sie dessen kein fundament. Solts aber gesche-
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hen , so müeßten Ihr Kaiserliche Maiestät und dero gehorsame chur-, fursten
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und stände auch punctum honoris drauß machen und hetten dessen recht-
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mässig ursach. Und dieweil sich der secretarius entschuldigt, er hette kein
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bevelch, sich in disputat einzelassen, so hetten Ihr Fürstliche Gnaden ine
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wider dimittirt. Begehrten darauff mein guettachten.

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Respondi praemissa gratiarum actione etc., es were dißortts kein ander reme-
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dium als a constantia et consiliorum coniunctione. Man habe dißortts iura
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diuina, naturae, gentium et omnium politicorum statuum usus et mores für
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sich. Contra manifestam aequitatem, honestatem et iustitiam soll man sich nit
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treiben lassen. Hielte nit nöthig, das Ihr Fürstliche Gnaden sich mit denn
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Franzosen in weiter disputat einlassen, sondern vilmehr inen rund anzeigen
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solten, es were inen beraits alles ad nauseam remonstrirt worden. Wann sie
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friedt machen wolten, so müeßten sie mit dergleichen ungereumbten und
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wider den statum publicum deß reichs außlauffenden sachen nit auffziehen.
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Dises betreffe nit nur einen, sondern alle chur-, fürsten und ständt deß reichs
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zugleich an. Die würdens auch ze deliberirn haben, und stuende nit bei denn
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Franzosen. In deliberatione möchte man dahien gehen, daß man alle funda-
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menta auffs papyr bringen, folgendts durch die Kayserlichen gsandten mit
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beyordnung einer deputation ex utroque collegio an die mediatores gebracht
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und dennselben noch weiters zu verstehen geben würde, wann die Franzo-
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sen solcher unbefüegter einwendungen willen die tractatus lenger verzö-
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gern oder, wie sie sich ansehen lassen, gar zerschlagen wolten, so wüerde
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man ursach haben, ihre unfüegsam- und zumaln auch ihre böse begierlicheit,
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allen friden zu verstören, durch ein offentlich scriptum dermaassen der

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gantzen weit vor augen ze stellen, daß solches alles von meniglichem erkennt
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werden solle. We[lch]e meinung Ihr Fürstliche Gnaden sich wol gefallen
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lassen und ersuechten mich, ich wolte eventaliter mich bemüehen, der-
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gleichen auffsetzung der fundamentorum zu uerfassen.

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