Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1646 VIII 5

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1646 VIII 5
Sonntag Weschpfennig bei W. Bericht über seine Ver-
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handlungen mit Polen und Brandenburg

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Vgl. oben [ S. 402 Anm. 1 ] ; er befand sich auf der Rückkehr von seiner polnischen Gesandt-
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schaftsreise vorübergehend in Münster.
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Longueville bei W. Bericht Weschpfennigs; französische Satisfaktion.

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Longueville: Beym puncto satisfactionis hetten sie alberaiz soviel nachgege-
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ben , daß deßhalb von den Schweden wurden außgelacht, indem sie dasienige,
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was sie behalten, mit millionen gleichsamb erkaufften und benebens sich zu
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so ansehnlicher hulff gegen den Türcken sich erpotten. I. H. G.: Die
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geldsum sey mit den inaestimablen landen und dominiis, welche Ihre Maie-
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stät der cron Franckreich erblich zu uberlaßen sich erklehrt, nicht zu ver-
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gleichen , und hetten die landen ohnedas zu den reichsanlagen et publicis
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oneribus concurriren mußen, es erfordere auch der cristliche glaub, daß
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gegen des christlichen nahmens feind der konig von Franckreich seine
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macht mit anwendte. Auff der Schweden einred, die genug bezeigten, daß
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sie kein lieb zum frieden, solten sie nicht soviel alß darauf sehen, was vor
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Gott zu verandworten, und daß sie so gesichert vertrostet, wan Brysach
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uberlaßen, daß mit Franckreich der fried solle geschlossen sein. Longe-
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ville : Bey uberlaßung Brysach hetten sie sich vorbehalten, wegen des
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andern anbegehrens noch zu tractiren, deme sie inhaerirten, und falß ihnen
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Philipspurg (welchen orth sie doch den catholischen zum besten zu halten
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gemeind) nicht solle pleiben, mochten dagegen die waldstette gegeben wer-
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den , zumaln umb deßwillen, daß Franckreich selbige zuruckzuelaßen sich
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erpotten, von den Schweitzern verscheidene klagen und verweißschreiben
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(die er aufzeigen kondte) weren abgangen. I. H. G.: Sie hielten noch
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practicabler, etwas von den bewilligten geldern nachzulaßen, alß wegen

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mehrer land und vestung erklehrung zu geben. Die verweißschreiben auß
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der Schweitz belangend, möchte wol sein, daß ein oder anderer Franzosi-
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scher pensionarius die waldstätt selbiger cron seiner intention nach gern zu-
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eignen wolle, umb sich desto mehrers meritirt zu machen, daß aber solches
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die sambtliche cantonen gern sehen solten, kondten nit glauben, zumaln es
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gegen ihren freyen estat, sich dergestalt von einem so mächtigen potentaten
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einschließen zu laßen. In Franckreich sey ein sprichwort: il est lourdau
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comment un Suisse. Solches würde pro hoc wol verificirt werden. Lon-
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geville : Einmal kondt die schreiben aufweißen; und doch wolten sie lieber
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amore pacis mit Philipspurg titulo oneroso und ohn einig dominium sich
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contentiren und selbe vestung dem stifft Speyer besezen und underhalten.
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Gegen Franckreich hab man sich, daß den punctum satisfactionis schwerer
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gemacht, nit zue beklagen, zumaln soviel hetten nachgegeben, da sie doch
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bey continuation des kriegs und favorisirenden glück von denen in handen
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habenden landen wol ein mehrers wurden behaubten konnen; pro statu suo,
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wie sie bey all diesen tractaten genugsamb hetten zu erkennen geben, seyen
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wol keine politici, sondern sepositis omnibus politis legibus allein trachte-
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ten , wie den catholischen zum besten fried zu schließen were. I. H. G.:
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Hierzu hette Franckreich ahn Ludovico Sancto

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Ludwig IX. (1215–1270) d. Heilige, König von Frankreich 1226, Führer des 6. und
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7. Kreuzzuges (1248–1254, 1270).
ein herrliches exempel,
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wohin nemblich die consilia zu richten und des konigreichs waffen zu
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emploiren. Longeville: Das regimen Sancti Ludovici werd in Franck-
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reich nit viel aestimirt, weyln kein nuz durch seinen krieg geschafft
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worden. I. H. G.: Tota ecclesia catholica aber et ipsi caelites mächten
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cum gloria istius regis wol ein herrliches iudicium von seinen actionen, und
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mochte Franckreich iezt wol irren und sündigen, daß sich also ad leges poli-
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ticas cum tanto religionis catholicae detrimento hielten; die offters ge-
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rümbte moderation bey der hohen forderung kondte im reich noch nie-
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mandts erkennen; vor diesem hab es geheischen, nichts vom reich zu begeh-
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ren , iezt wolle man alle herschafften und reichsstätte im Elsaß behalten,
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welches bey den stenden ein großes auffsehen machete. Longevill: Den
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statibus und reichsstätten im Elsaß wolten sie ihre freyheit laßen und ehen-
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der mehren alß schmählern; daß aber in einem so geringen districtu der
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Kayser und konig in Franckreich zugleich solten herrschen, wurde große
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difficultet haben und nur strittigkeiten abgeben. I. H. G.: Die conser-
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vationem privilegiorum hab man bey Metz, Tull und Verdun wol verspurt;
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zudem hette sich Franckreich erpotten, mit dem Kayser gute freundschafft
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zue halten, iezt aber, wie es schein, ging man allezeit weitter. Longevill:
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Die 3 bemelten bisthumber seyen bey vorigen kriegen occupirt, wegen der
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reichsstätt im Elsaß aber kondte man sich iezt also vergleichen, daß was
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versprochen gehalten würde. I. H. G.: Der 3 reichsstätt Metz, Tull und
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Verdun hab sich das reich noch niemaln begeben, und doch seye mit den-

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selben solcher gestalt umbgangen; wan nun der Elsaßischen stätt iura solten
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uberlaßen werden, würde ihnen Franckreich ex lege status sui schon vorzu-
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schreiben und der sachen seine farb zu geben wissen. Franckreich hab
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beraiz vom reich soviel, daß sich damit wolte kondte sättigen. Longe-
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ville : Austriaci mächten das reich hereditarium, und weyln sie es so weit
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gepracht, daß sie stehts Austriacum imperatorem hetten, kondte denselben
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Franckreich das dominium und superioritet im Elsaß nit gestatten. Heut,
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wie er vernehmb, wurd die cronung in Boheimb vor sich gehen, darauff
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würde man nun bald zu tractiren anfangen, denselben hern zum Romischen
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konig zu wehlen, und solte auch der heyrhat mit der infantin in Spanien
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schon getroffen sein; welches die gradus bey der succession sich zu stabili-
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ren , und merck man nun wol, daß der Kayser ohn Spanien keinen frieden
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zu machen gedencke. Spanien gonneten den frieden gern, es müste aber das
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hiebevor der cron Franckreich abgenommene restituirt oder andere satisfac-
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tion gegeben werden. I. H. G.: Von solchen matrimoniis, wie iungsthin
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gemeldet, musten sie andere iudicia nehmen, es hab auch mit der succession
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im reich ein weitt andere beschaffenheit, und würde Franckreich, wan
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parola, wie bey uberlaßung Brysach versprochen, gehalten, die prob neh-
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men konnen, wie weit des reichs und der cron Spanien interesse von ein-
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ander dependirten. Longeville: Man solt ihnen Philipspurg oder andere
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im Elsaß begerte stätt laßen, alßdan der fried mit Franckreich schon
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gemacht were, worinnen man so viel weniger bedenckens zu haben, weyln
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Franckreich das gewonnene nicht zue conserviren wuste. I. H. G.: Die
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Franzosen hetten den nahmen wol vor diesem gehabt, daß sie die acquisita
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nicht wusten zu conserviren, seyen aber nun in weitt ander concept ge-
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rathen , und concludire diß argument auch ohnedas nicht, es mochten sie
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doch anders zu den sachen thun und der christenheit, wie sie konten, zur
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rhue verhelffen. Beym auffstehen sagten I. H. G., Franckreich mach das
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werck nit allein mit der satisfaction pro se schwer, sondern seze auch
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andere praetensiones, alß der landgräffin zu Hessen, pro conditione sine
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qua non. Longeville: Der landgräffin müste mit der Marpurgischen so
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gerechten sachen satisfaction geschehen, sententiam pro Darmbstatt hette
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ob mutatam religionem Caesar ergehen laßen; dem were zu helffen, daß die
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zum Marpurgischen theyl gehorige underthanen bey ihrer religion verplie-
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ben . Und müste der landgraffin wegen anderwerz erlittener großer schaden
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erstattung geschehen. I. H. G.: Diese Marpurgische sach kondte parti-
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bus consentientibus vorgenommen werden, sonsten seye es ein zu recht er-
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kendte sach, und wurden sie in Franckreich des parlements decision nicht
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also wiederumb controvertiren laßen. Wan von erstattung der erlittener
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schaden zu reden, wurde die landgräffin nichts zu fordern, aber wol mehr,
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alß ihr land werth, zu bezahlen haben; remonstrando die ungerechtigkeit,
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daß sie fur sich amnistiam haben und hingegen fur andere nicht wolt gelten
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laßen. Longeville: Von den kirchenguttern etwas hinzugeben, wurden
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sie nit befurdern helfen. Es seye aber der vorschlag geschehen, ob nit der

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iunger landgraff, so doch keine bruder, Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht
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zu Collen beym stifft Paderborn zu succediren; er wurde den suffraganeum
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und in religione alles da laßen. Diß sey von den Hessen bey ihnen propo-
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nirt , und vermainten, daß dieses wol würde thunlich sein etc. Hierinnen
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hab man des herzogen mainung zwar nit, aber deßen passion wol verspuh-
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ren konnen, indem er vermeld, nicht gutt zu sein, daß die erz- und bischof-
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fe in Teutschland solch ansehnliche landen und furstenthumben haben
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solten. Man solte die dignitates ecclesiasticas, wie in Franckreich geschehe,
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laßen, gewisse competenzen verordnen, mit den furstenthumben aber eine
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andere anstalt machen. [...]

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Labricque bei W. Sulzbacher Umtriebe in Osnabrück gegen Religions- und
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Landeshoheit Neuburgs

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Der protestantische Pfalzgraf Christian August von Sulzbach (1622–1708) beanspruch-
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te in seinem Territorium die volle Landes- und Religionshoheit, während Pfalzgraf
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Wolfgang Wilhelm von Neuburg sich auf die bei der Erbauseinandersetzung mit seinem
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Bruder August von Sulzbach (1582–1632), Vater Christian Augusts, vorbehaltenen
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Oberhoheitsrechte berief.
. Protest gegen das Stichjahr 1624 für die Amnestie
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und gegen den terminum ad quem der Ksl. wegen uberlaßung der geist-
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lichen güter.

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Mitteilung der Mainzer: Die Sachsen wünschen eine Zusammenkunft in der
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Pfalzfrage, während die Ksl. und sie für Weiterführung der Gravamina-
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verhandlungen sind. W: Will mit den Kölnern beraten; vor allem die
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Meinung der Bayern zu hören.

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