Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 IX 15
1645 IX 15
Freitag W bei Longueville / Servien. Erstlich hat der duc
de Longeville occasion gemacht, abermalen de monarchia Austriaca und
dem dominat im reich starck anzuziehen, und daß das haus Osterreich die
Kayserliche dignitet solchergestalt usurpire, daß es sich nur zu groß-
machung seiner des reichs macht gebrauchen thette. W: An den augen-
blicklichen Zuständen ist Frankreich mit seinen Feindseligkeiten gegen die
Stände selbst schuld; im Frieden werde man ad illos terminos schon
wieder kommen konnen, daß einige conscriptiones militum, contributionum
und dergleichen ohne bewilligung der stend nicht geschehen mögen. Ser-
vien : Mit den constitutionibus im reich seye den sachen allein nit geholffen,
es muste eine andere assecuration da sein, nachdem der Kaiser den Mantua-
nischen krieg nit allein ohn der churfursten und stend willen und einrathen,
sondern gar ipsis contradicentibus angefangen. I. H. G. sagten, sie er-
innerten sich, daß in ihrer proposition eben diß enthalten, man wüste aber
von anderer assecuration nit, sondern müsten sie specificiren, was fur eine
assecuration sie dan weitters haben wolten, und were gutt, daß es bald
geschehe. Auff welches der Servient, es werde anderst nit zugehen, alß
lang man einen Kayser vom hauß Osterreich habe, und subiungirte der duc
de Longeville, daß zu verwundern, daß die churfursten diß höchste kleinod
nit beßer in obacht nehmen und sich selbst ahn ein hauß binden und
daßelbe erblich machen, was in ihrer handt anderen zu geben stunde.
I. H. G. Sie seyen einmal übell informirt, daß hauß Oisterreich praeten-
dire ahn daß reich selbst nicht, daß es erblich sein oder gemacht werden
sollte, weniger daß die herren churfürsten gedencken werden, dieses klein-
ods sich zue priviren. Longeville: Es währen so viell modi und practi-
quen der Spanier, die wenige churfürsten dazue zu berrhaden und zue
induciren, daß daßelbe nun so lange iahren dabey verblieben. I. H. G.:
Die uhrsach, warumb so viell Kayser vom hauß Oisterreich gewehsen,
hetten sie ihnen vor dießem in anderen discursibus underschiedtlich ange-
deüthet ; mit Ablehnung der Wahl 1630
haben die Kurfürsten ihre libertet
genugsamb bezaigt. Longeville: Modernorum electiones Imperatoris [!]
seyen nur eine formalitet, man wiße doch, ehe man ad conclave komme,
[...] waß für ein Kayser eligirt würde, wie sich dan die Spanier selbst be-
rühmbten , daß sie es solcher gestaldt practizirt und getrieben. Und setzte
der Servient hinzue, daß gahr zu viell, auß einem hauß Oisterreich so viele
nacheinander zu nehmen, man müeße den faden einmahl abschneiden und
daß reich dadurch in seine libertet wiederumb setzen. W: Wechselnde
Wahlen nach Rudolf I.; mehrfache Wahlen aus dem gleichen Haus begrün-
den heute ebensowenig ein Erbrecht wie bei Karolingern und Ottonen.
Longueville: Nachricht, daß Terranova
in Wien eine newe ligam inten-
dire , welches kein anzaigh zu frieden seye, in specie seye auch dergleichen
vor mitt Bayeren. Hierauff sagten I. H. G., hiervon wußten sie nicht,
glaubten es nicht, und sehen auch nicht, waß für eine liga und mitt wehme
auffgerichtet werden könne. Auf welches Servient: Eben mit Chur-
bayern , und der duca Terranova anspinnen thette, keinen frieden im reich
zu machen ohne mittbegreiffung des königs in Spanien. Wan man sich an
solche Spanische consilia haltten und sich selbiger händel thailhafft machen
wollte, köntte man nicht absehen, wie der fried im reich zu erlangen.
I. H. G.: Daß doch ie und allezeit ihr vorgeben gewehßen, einen general-
frieden zu machen. Welches der Longeville mitt ja beandtworttet,
allein sehe man, daß es den Spaniern mitt dem frieden zumahlen kein
ernst. I. H. G.: Sie hetten öffters erwehnet, inmaßen sich der d’Avaux
und Servient noch wohl erinneren würden, daß die herren churfürsten und
daß reich nicht ursach hetten, noch gedacht wehren, in frembde händel sich
einzumischen. Der Servient replicirte, er wußte sichs woll zu besinnen,
werde allein darumb gesagtt, daß man sich von den Spaniern nicht solle
verführen laßen, sonderlich dah man sihet, wie es ihnen so übell ergehe
unnd wie sie einen ohrt nach dem andern verliehren. Sie würden noch wohl
mitt ihnen pacisciren, und dannach umb daß reich sich nicht viell bekümme-
ren . I. H. G.: Dieß seye nicht ohne, der könig von Spanien seye abso-
lutus und werde bäldter alß man im reich zum frieden gerathen können,
zumahln bey ihme stünde, daßjenig waß er biß dato beseßen, zue cediren,
zu verschencken, oder fallen zu laßen wie er wolle. Alß zum exempel, er
könne sein ius auff die graffschafft Rossilion, Catalonien etc. resigniren.
Auff welches der Servient hinzusetzet: daß königreich Navarra. I. H.
G.: Also liberal woltten sie auß eines anderen seckel nicht bezahlen. Wuß-
ten auch nicht, ob und waß sie gedacht fallenzulaßen, sondern sagten es
allein zum exempel, kontten sie aber versicheren, daß biß dato ahn einigen
nichts glangt worden. Servien: Spanien sucht zwischen dem Kurfürsten
von Bayern, der Kurfürstin und Herzog Albrecht Mißtrauen zu schaffen,
damit beim Tod des Kurfürsten die Witwe gegen den nächsten Agnaten bei
Österreich Hilfe suche
. W: Hat das gute Verhältnis zwischen dem
Kurfürsten und Albrecht vor zwei Jahren in München selbst erlebt, zudem
steht Kurköln als älterer Bruder noch vor Albrecht, so daß die Spanier mit
solchen Machenschaften nichts gewinnen würden. Es seye aber dieses, wie
man leyder erfahre, daß wan man nicht einigk, alßdan alles übell auff-
nehme und viele sachen nur suspicire und imaginiere, dergestaldt gehe es
mitt den Franzosen und Spaniern und würden sie selbst bekennen müeßen,
daß verscheidene sachen von ihnen ohne grundt und fundament, wie man
hernachmahlß selbst gesehen, auch alhie suspicirt werden. Warauff der
Servient gelachet, mitt vermelden, daß zwarn solches nicht ohne, sie hetten
aber dießes waß ietz gemelt vom gewißen ohrt, und daß solche practiquen
in specie erst newlich angefangen, vor welchen leüthen sich Bayern gahr
woll zu achten hab. I. H. G. wiederholeten, daß sie zumahln nicht
sehen, waß für ein fundament solches außgeben haben noch für einen effec-
tum operiren werde. Alles aber rühre her auß der ewigen aemulation und
discordia zwischen beeden crohnen Franckreich und Spanien, ohnangesehen
ihrer so nahe bluetverwandtnuß. Servient: Im gantzen reich habe die
crohn Franckreich mitt niemandts solche große confidentz alß mitt Bayern
und dannoch schlugen sich die freünde auch woll mitteinander. Welches
I. H. G. reassumirten, daß zwar unter sich guette freünde zueweylen auch
uneins würden und einer dem andern uhrsach gebe, daß der ander, wan er
ihme alß feyndt zue nahe komme, zuschlagen müeße. Servient: Beßer
wehre es, daß man allezeitt guete freünde geplieben wehre. I. H. G.:
Wan man ex parte Franckreich in principiis, welche der vorige könig
anfangs gehabtt, verblieben, wehre es ad illos terminos nicht gerahten, zu-
mahln der abgelebtter könig nicht allein die beschehene translation der
chur sehr recommendirt und befördert, sondern sich auch gahr zuer catho-
lischen liga bekennen wollen. Wavon er aber durch andere considerationes
baldt darnach abgewichen. Servient: Der könig habe woll enderen [!]
müeßen, daß so gahr keiner von den catholischen fürsten sich gegen den
Kayser erclehren wollen. I. H. G.: Ein jedder Teüttscher, er seye dießer
oder der anderer religion, wan er sein auffrichtige Deütsche pflicht und
schuldigkeitt in acht nimbtt, werde sich gegen den Kayser alß sein ober-
haubtt und deme er pflicht und homagia geleistet, nicht erclehren können
oder wollen. Daß aber dergleichen von thailß uncatholischen geschehen
und von beeden crohnen dergestaldt fomentirt worden, müeße man dahin
und zu ihrer verandtworttung bey Gott und der posteritet gestellt sein
laßen. Und wiße man hingegen, daß wan nur daß geringste mitt schreyben
oder in andere weghe in Franckreich, nicht eben gegen den könig, sondern
nur den cardinaln Richelieu vorgangen, man sogleich crimen laesae maie-
statis darauß gemacht [...]. Warauff der Servient replicirt: Er sage
nicht, daß man gegen den Kayser alß Kayser, sondern alß gegen einen vom
hauße Oisterreich sein solle. I. H. G.: Dieße distinction verstunden die
Teütschen also nicht, und hetten sie die Frantzosen biß dato deß proscri-
birten pfaltzgraffen (der ebendergleichen distinctiones gebraucht) actiones
für rebellisch erkennen müeßen, wie dan alle unpartheyische anderst nicht
würden judiciren können. Auff welches beede still geschwiegen und
endtlich der duc de Longeville groß contestiren wegen Franckreichs begyrd
und guetter intention zum frieden gemacht. Warauff I. H. G.: Ahn der
guetten intention hab man nicht gezweiffelt, weniger daß ein christlicher
und catholischer könig gern sehen soltte, daß so viell christenbluth ver-
goßen würde; man sehe aber auch, wie langh es mitt behandlung des frie-
dens sich verziehe. Wir Teütschen hetten den brauch, daß wir den wohrten
nicht glaubtten, wan man den effectum nicht sehe. Der Longeville
replicirte, daß es ahn ihnen nicht ermanglen thette, die proposition hetten
sie schon lengst von sich geben, und ietzo allein der andwortt erwahrtte-
ten . W: Verzögerungen bis zur Herausgabe der französischen Proposi-
tion und Streit um den Beratungsmodus durch Berufung aller Stände.
Es seye aber, Gott lob, damitt nunmehr so weith gebracht, daß man
hoffnung habe, die instehende woche mitt den deliberationibus einen
anfangk zu machen und ihre propositiones vorzunehmen. Longeville:
Carolus V. und Ferdinandus I. hetten hiebevohr die trennung der stend
allein zu ihren und ihres haußes vorthaill gemacht, sich auch solcher un-
einigkeitt der stende dieße jahren hero dern successores meisterlich ge-
braucht , und waß sie nicht durch die catholische richten können, solches
durch die uncatholische directe vel indirecte auch in praeiudicium religionis
catholicae, in specie wie mit dem Prager schluss, fur die handt genohm-
men . I. H. G.: Es seye freylich woll zu erbahrmen, daß die uncatholi-
sche stend dergestaldt in religione vertretten würden; die histori seye clahr,
und zaige gnugsamb, waß Carolum V. und Ferdinandum I. gezwungen,
den Paßawer vertrag einzugehen, wan sie nicht von anderen außländischen
auch catholischen dergestaldt mitt kriegsmacht beträngt worden, hette man
derzeitt exurgentem haresim reprimiren, und die stend in beßerer concordi
haltten können. Servient: Die vereinigung der stend werde man noch
woll tentiren können und müeßen. I. H. G.: Solches werde kein ohn-
mögliches dinck sein, wan man allein dahin sehe, daß der Passawer vertrag,
von dehme alle diffidentz und uneinigkeit entspringe und herrühre, von der
anderen seythen gehalten wehrde, und den uncatholischen die chron
Franckreich keine mehrere assistentz gegen die catholische laisten, und daß
gleich, wie Franckreich durch die union mitt in- und außlendischen un-
catholischen , die catholische ruinirt und veriagt, also anietzt mitt ihrer
praesentz und assistentz bey den tractaten den catholischen desto mehr
beystandt thette, damitt man ad illam aequitatem et regulam iustitiae im
reich wiederumb glangen mögtte. Auff welches der Longeville aber-
mahln eine lange sermon geführt, daß einmal sein könig und die gantze
crohn Franckreich nicht gedencke, einigen vortheyll den uncatholischen
gegen die catholische zu thuen. I. H. G.: Vor dießem hab der Servient
sie offters versichert, daß die crohn Franckreich gegen die catholische reli-
gion directe nichts zu thuen gemaint, worahn es aber allein nicht gelegen,
sondern wan also, wie bißhero, die catholische dergestaldt supprimirt,
werde ebensowoll die catholische religion undertrucktt, und bliebe die ver-
andtworttung einmahl, es geschehe directe vel indirecte, nicht auß. Ser-
vient : Die uncatholische in Teütschlandt gantz außzurotten oder sie mitt
gewaldt der waffen zu vertilgen, seye eine pur lauthere unmöglichkeitt,
man müeße suavi modo mitt ihnen umbgehen, dan einmahln gewiß, daß
durch den krieg mehrer catholische abfallen alst uncatholische bekehrt wer-
den . Hingegen wan der frieden getroffen, und man ihnen guete instructio-
nes geben, würden ihrer viel mehr zu den catholischen glauben gebracht
werden, wie man deßen vivum exemplum mitt den Hugonotten in Franck-
reich habe, daß deren sich mehr zur catholischen religion, alß dah man
zuvor starcke krieg mitt denselben geführt, begeben. I. H. G.: Biß dato
seye keinem catholischen in gedancken kommen, daß man alle uncatholi-
sche auß dem reich vertreiben soltte, sondern begehre man allein observan-
tiam deß religion- und Prager friedens, und daß dasjenige, waß dawieder
vorgenohmmen, redintegrirt, und daßjenige, so den catholischen entzogen,
restituirt werden möge. Und hetten sich auch die uncatholische mehrers
nicht zu beclagen, sondern die catholische, alß dehnnen sie sich, nachdem
mitt rechtem fueg das religionsedict publicirt, wiedersetzet, und wieder sie
die waffen ergriffen. Den Hugenotten sei nach Eroberung von La Rochelle
daß exercitium, die officia und dergleichen benohmmen, auch alle geistliche
gefälle, güeter, beneficia, decimae und waß sie deren immer gehabtt, den
catholischen wiederumb restituirt [...] und sehen sie nicht, wan es sie die
Frantzosen mitt der religion also auffrichtig, wie nit zu zweiffeln, meinen,
wie es anderst bey dießer handlung ergehen werde können. Servient:
Es sei in Passau und Prag den uncatholischen mehrer nachgegeben alß sie
die Frantzosen iehmahln zu thuen gedacht hetten. Waß nun die Kaysere
ihnnen gegeben und eingeraumbt, köntte man ihnnen directo nicht wieder-
umb nehmmen. I. H. G.: Waß den Paßawer vertrag anbelangt, daß-
wegen seye nicht zu disputiren, im Prager frieden auch positive nichts ver-
geben , sondern allein tolerative ad certos annos außgestellet. Servient:
Man müeste ietzt alles auffheben, und fomitem belli beyseythenschaffen.
I. H. G.: Es trungen die uncatholische desto starcker darauff, weylen
durch assistentz der Frantzosen und Schweden und wegen der alliantz mitt
denselben die catholische dergestaldt herunder gebracht, in hoffnung, noch
größeren vortheill bey dießen tractaten zu erlangen. Der Servient
brache dieße materi ab und sagtte, wan allein ein rechter ernst zum frieden
beim Kayser und Spanier sich zaigen thette, damitt nicht mehrer ungele-
genheit ihnen sowoll alß dem catholischen wehßen darauß entstehe, zu-
mahln man sehe, wie die Schwedische wapffen überall prosperirten, auch
der krieg in Dennemarck ietzo sich geendiget ; imgleichen wie Gott die
Frantzosische wapffen gegen Spanien und daß hauß Oisterreich täglich seg-
nete , und sie hingegen nur einen ohrt nach dem anderen verliehren thet-
ten . I. H. G.: Die tractaten mitt den Spaniern gienge das reich nicht an,
zweiffelten aber nicht, es werde sowoll der Kayser alß Spanien die von
ihnnen angezogene motiven fur sich selbsten vernunfftig consideriren und
empfinden konnen. Die Friedensliebe des Kaisers erscheint auch daraus,
daß er die Propositionen der Kronen in allen Punkten beantwortet hat,
worüber seine Gesandten nun mit den Ständen verhandeln. Servien:
Müsen bekennen, daß sie eine zeitt hero mehrere lust zum frieden a parte
Caesaris verspührt hetten, es wehre aber unlaügbahr, daß vor dießem und
biß dato von interessirten ministris durch der Spanischen practiquen viell
darin verhindert worden, da er dan zimblich starck über die Spanische
ministros heraußgefahren. I. H. G.: Es seye alles dieß mehrer pro sus-
picione alß facto zu achten, und [...] würden sie und ein jedder verstendi-
ger leicht erachten können, daß Ihre Majestätt den täglichen verlust und
underdruckung der catholischen religion selbst gnugsamb apprehendirt.
Servient: Es mächten aber die Spanische sich allezeitt guette hoffnung,
daß das gluck umbschlagen und sie alßdan beßere conditiones pacis erlan-
gen können. Under solcher hoffnung aber giengen ihr sachen mehr und
mehrers zurugk, und verliehren sie eins nach dem anderen. I. H. G.: Sie
köntten weyters nicht sagen, alß waß sie sehen und wusten. Eß werde auch
die Kayserliche antwort ein weith anders zu erkennen geben, wie sie ver-
nemmen . Longeville: Man werde sehen müeßen, wie die resolution falt,
sie köntten sich nicht imaginiren, daß die Spanier werden zugeben a parte
Caesaris et imperii frieden einzugehen, daß sie sich nicht mitt darin mi-
schen . I. H. G.: Die Spanier gehöreten wegen der Niederländischen
provincien, Burgund, mitt inß reich. Servient hierauff: Daß sie dieses
woll wusten, allein woltten sie auch andere sachen, so außer den reich, mitt
darin ziehen. I. H. G.: Man werde müeßen der antwortt abwahrtten,
alßdan sie hoffentlich viell ander- und beßere gedancken schepffen werden,
und woltten I. H. G. ihnen in vertrauwen nicht bergen, daß alle catholische
mitt verlangen wahrtteten, wie sich die Frantzosen in religionssachen bey
den tractaten werden bezaigen, und ob sie bey den tractaten den uncatho-
lischen directe vel indirecte mehreren beyfall werden geben wollen. Und
alß darauff der duc de Longeville vermeldet, daß sie nach mögligkeitt pro
catholicis dabey thuen woltten, sagtten I. H. G., daß man in zweiffell stehe ob
sie auch viell würden thuen können; dan sie den uncatholischen die wapffen
und daß spiell so weith in die hand geben, daß sie vermuhtlich und sonder-
lich die Schweden vielleicht nicht viell nach ihnnen fragen. Oder aber, daß
sie die Frantzosen per aliquam rationem status politici bedenckens haben
mochten, sie die Schweden zu offendiren, wie man dan in specie mitt der
pfarr Gehrden unnd anderen wegen Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zue
Colln etc. schon vorlengst unnd noch iüngsthin vorbrachten puncten und
deßwegen eingebenen zwey underschiedtlichen memorialien
Vgl. oben [ S. 269 Anm. 1 ] .
[...] gesehen
[...]. Die Franzosen versprechen, den Paß für den Paderborner Weih-
bischof bei den Schweden auszuwirken; wegen des Pfarrers von Neuss
haben sie von Rabenhaupt eine solche spitzige andtwortt erhalten, daß sie
ihm nicht wieder schreiben wollen, doch hat die Landgräfin die Befreiung
von Kontribution und Einquartierung schon verfügt. W erbittet eine
beglaubigte Abschrift und einen Paß, damit der Pfarrer zurückkehren
kann. Wegen der gefangenen Geistlichen im Erzstift Köln wollen die
Franzosen nochmals mit den Hessen reden, die zuerst argumentiert
haben, die Geistlichen widersetzten sich insgesamt der Kontribution und
die Pfarrer suchten in den Dörfern auch die Untertanen davon abzu-
halten , wogegen W einwendet, daß bei Festsetzung der Abgaben des
Klerus die Pfarrer kein Mitspracherecht hätten und in den Dörfern welt-
liche Beamte mit der Kontribution befaßt wären [...]. Auch in den
übrigen Punkten der Memoriale erklären die Franzosen sich zur Hilfe
bereit, doch merkt W, daß sie von den petitis gantz nicht gewust und
nicht einmahl die vor dißem ubergebne memorialia gelehßen, gleich dar bey
jedden punct ein den andern nur angesehen. Und wie der Servient ver-
meldet , hab sie der d’Avaux bey der vor dießem beschehenen visita zue
sich genohmmen und seyther davon nichts vorbracht [...].
[...]
de Longeville occasion gemacht, abermalen de monarchia Austriaca und
dem dominat im reich starck anzuziehen, und daß das haus Osterreich die
Kayserliche dignitet solchergestalt usurpire, daß es sich nur zu groß-
machung seiner des reichs macht gebrauchen thette. W: An den augen-
blicklichen Zuständen ist Frankreich mit seinen Feindseligkeiten gegen die
Stände selbst schuld; im Frieden werde man ad illos terminos schon
wieder kommen konnen, daß einige conscriptiones militum, contributionum
und dergleichen ohne bewilligung der stend nicht geschehen mögen. Ser-
vien : Mit den constitutionibus im reich seye den sachen allein nit geholffen,
es muste eine andere assecuration da sein, nachdem der Kaiser den Mantua-
nischen krieg nit allein ohn der churfursten und stend willen und einrathen,
sondern gar ipsis contradicentibus angefangen. I. H. G. sagten, sie er-
innerten sich, daß in ihrer proposition eben diß enthalten, man wüste aber
von anderer assecuration nit, sondern müsten sie specificiren, was fur eine
assecuration sie dan weitters haben wolten, und were gutt, daß es bald
geschehe. Auff welches der Servient, es werde anderst nit zugehen, alß
lang man einen Kayser vom hauß Osterreich habe, und subiungirte der duc
de Longeville, daß zu verwundern, daß die churfursten diß höchste kleinod
nit beßer in obacht nehmen und sich selbst ahn ein hauß binden und
daßelbe erblich machen, was in ihrer handt anderen zu geben stunde.
I. H. G. Sie seyen einmal übell informirt, daß hauß Oisterreich praeten-
dire ahn daß reich selbst nicht, daß es erblich sein oder gemacht werden
sollte, weniger daß die herren churfürsten gedencken werden, dieses klein-
ods sich zue priviren. Longeville: Es währen so viell modi und practi-
quen der Spanier, die wenige churfürsten dazue zu berrhaden und zue
induciren, daß daßelbe nun so lange iahren dabey verblieben. I. H. G.:
Die uhrsach, warumb so viell Kayser vom hauß Oisterreich gewehsen,
hetten sie ihnen vor dießem in anderen discursibus underschiedtlich ange-
deüthet ; mit Ablehnung der Wahl 1630
genugsamb bezaigt. Longeville: Modernorum electiones Imperatoris [!]
seyen nur eine formalitet, man wiße doch, ehe man ad conclave komme,
[...] waß für ein Kayser eligirt würde, wie sich dan die Spanier selbst be-
rühmbten , daß sie es solcher gestaldt practizirt und getrieben. Und setzte
der Servient hinzue, daß gahr zu viell, auß einem hauß Oisterreich so viele
nacheinander zu nehmen, man müeße den faden einmahl abschneiden und
daß reich dadurch in seine libertet wiederumb setzen. W: Wechselnde
Wahlen nach Rudolf I.; mehrfache Wahlen aus dem gleichen Haus begrün-
den heute ebensowenig ein Erbrecht wie bei Karolingern und Ottonen.
Longueville: Nachricht, daß Terranova
dire , welches kein anzaigh zu frieden seye, in specie seye auch dergleichen
vor mitt Bayeren. Hierauff sagten I. H. G., hiervon wußten sie nicht,
glaubten es nicht, und sehen auch nicht, waß für eine liga und mitt wehme
auffgerichtet werden könne. Auf welches Servient: Eben mit Chur-
bayern , und der duca Terranova anspinnen thette, keinen frieden im reich
zu machen ohne mittbegreiffung des königs in Spanien. Wan man sich an
solche Spanische consilia haltten und sich selbiger händel thailhafft machen
wollte, köntte man nicht absehen, wie der fried im reich zu erlangen.
I. H. G.: Daß doch ie und allezeit ihr vorgeben gewehßen, einen general-
frieden zu machen. Welches der Longeville mitt ja beandtworttet,
allein sehe man, daß es den Spaniern mitt dem frieden zumahlen kein
ernst. I. H. G.: Sie hetten öffters erwehnet, inmaßen sich der d’Avaux
und Servient noch wohl erinneren würden, daß die herren churfürsten und
daß reich nicht ursach hetten, noch gedacht wehren, in frembde händel sich
einzumischen. Der Servient replicirte, er wußte sichs woll zu besinnen,
werde allein darumb gesagtt, daß man sich von den Spaniern nicht solle
verführen laßen, sonderlich dah man sihet, wie es ihnen so übell ergehe
unnd wie sie einen ohrt nach dem andern verliehren. Sie würden noch wohl
mitt ihnen pacisciren, und dannach umb daß reich sich nicht viell bekümme-
ren . I. H. G.: Dieß seye nicht ohne, der könig von Spanien seye abso-
lutus und werde bäldter alß man im reich zum frieden gerathen können,
zumahln bey ihme stünde, daßjenig waß er biß dato beseßen, zue cediren,
zu verschencken, oder fallen zu laßen wie er wolle. Alß zum exempel, er
könne sein ius auff die graffschafft Rossilion, Catalonien etc. resigniren.
Auff welches der Servient hinzusetzet: daß königreich Navarra. I. H.
G.: Also liberal woltten sie auß eines anderen seckel nicht bezahlen. Wuß-
ten auch nicht, ob und waß sie gedacht fallenzulaßen, sondern sagten es
allein zum exempel, kontten sie aber versicheren, daß biß dato ahn einigen
nichts glangt worden. Servien: Spanien sucht zwischen dem Kurfürsten
von Bayern, der Kurfürstin und Herzog Albrecht Mißtrauen zu schaffen,
damit beim Tod des Kurfürsten die Witwe gegen den nächsten Agnaten bei
Österreich Hilfe suche
Kurfürsten und Albrecht vor zwei Jahren in München selbst erlebt, zudem
steht Kurköln als älterer Bruder noch vor Albrecht, so daß die Spanier mit
solchen Machenschaften nichts gewinnen würden. Es seye aber dieses, wie
man leyder erfahre, daß wan man nicht einigk, alßdan alles übell auff-
nehme und viele sachen nur suspicire und imaginiere, dergestaldt gehe es
mitt den Franzosen und Spaniern und würden sie selbst bekennen müeßen,
daß verscheidene sachen von ihnen ohne grundt und fundament, wie man
hernachmahlß selbst gesehen, auch alhie suspicirt werden. Warauff der
Servient gelachet, mitt vermelden, daß zwarn solches nicht ohne, sie hetten
aber dießes waß ietz gemelt vom gewißen ohrt, und daß solche practiquen
in specie erst newlich angefangen, vor welchen leüthen sich Bayern gahr
woll zu achten hab. I. H. G. wiederholeten, daß sie zumahln nicht
sehen, waß für ein fundament solches außgeben haben noch für einen effec-
tum operiren werde. Alles aber rühre her auß der ewigen aemulation und
discordia zwischen beeden crohnen Franckreich und Spanien, ohnangesehen
ihrer so nahe bluetverwandtnuß. Servient: Im gantzen reich habe die
crohn Franckreich mitt niemandts solche große confidentz alß mitt Bayern
und dannoch schlugen sich die freünde auch woll mitteinander. Welches
I. H. G. reassumirten, daß zwar unter sich guette freünde zueweylen auch
uneins würden und einer dem andern uhrsach gebe, daß der ander, wan er
ihme alß feyndt zue nahe komme, zuschlagen müeße. Servient: Beßer
wehre es, daß man allezeitt guete freünde geplieben wehre. I. H. G.:
Wan man ex parte Franckreich in principiis, welche der vorige könig
anfangs gehabtt, verblieben, wehre es ad illos terminos nicht gerahten, zu-
mahln der abgelebtter könig nicht allein die beschehene translation der
chur sehr recommendirt und befördert, sondern sich auch gahr zuer catho-
lischen liga bekennen wollen. Wavon er aber durch andere considerationes
baldt darnach abgewichen. Servient: Der könig habe woll enderen [!]
müeßen, daß so gahr keiner von den catholischen fürsten sich gegen den
Kayser erclehren wollen. I. H. G.: Ein jedder Teüttscher, er seye dießer
oder der anderer religion, wan er sein auffrichtige Deütsche pflicht und
schuldigkeitt in acht nimbtt, werde sich gegen den Kayser alß sein ober-
haubtt und deme er pflicht und homagia geleistet, nicht erclehren können
oder wollen. Daß aber dergleichen von thailß uncatholischen geschehen
und von beeden crohnen dergestaldt fomentirt worden, müeße man dahin
und zu ihrer verandtworttung bey Gott und der posteritet gestellt sein
laßen. Und wiße man hingegen, daß wan nur daß geringste mitt schreyben
oder in andere weghe in Franckreich, nicht eben gegen den könig, sondern
nur den cardinaln Richelieu vorgangen, man sogleich crimen laesae maie-
statis darauß gemacht [...]. Warauff der Servient replicirt: Er sage
nicht, daß man gegen den Kayser alß Kayser, sondern alß gegen einen vom
hauße Oisterreich sein solle. I. H. G.: Dieße distinction verstunden die
Teütschen also nicht, und hetten sie die Frantzosen biß dato deß proscri-
birten pfaltzgraffen (der ebendergleichen distinctiones gebraucht) actiones
für rebellisch erkennen müeßen, wie dan alle unpartheyische anderst nicht
würden judiciren können. Auff welches beede still geschwiegen und
endtlich der duc de Longeville groß contestiren wegen Franckreichs begyrd
und guetter intention zum frieden gemacht. Warauff I. H. G.: Ahn der
guetten intention hab man nicht gezweiffelt, weniger daß ein christlicher
und catholischer könig gern sehen soltte, daß so viell christenbluth ver-
goßen würde; man sehe aber auch, wie langh es mitt behandlung des frie-
dens sich verziehe. Wir Teütschen hetten den brauch, daß wir den wohrten
nicht glaubtten, wan man den effectum nicht sehe. Der Longeville
replicirte, daß es ahn ihnen nicht ermanglen thette, die proposition hetten
sie schon lengst von sich geben, und ietzo allein der andwortt erwahrtte-
ten . W: Verzögerungen bis zur Herausgabe der französischen Proposi-
tion und Streit um den Beratungsmodus durch Berufung aller Stände.
Es seye aber, Gott lob, damitt nunmehr so weith gebracht, daß man
hoffnung habe, die instehende woche mitt den deliberationibus einen
anfangk zu machen und ihre propositiones vorzunehmen. Longeville:
Carolus V. und Ferdinandus I. hetten hiebevohr die trennung der stend
allein zu ihren und ihres haußes vorthaill gemacht, sich auch solcher un-
einigkeitt der stende dieße jahren hero dern successores meisterlich ge-
braucht , und waß sie nicht durch die catholische richten können, solches
durch die uncatholische directe vel indirecte auch in praeiudicium religionis
catholicae, in specie wie mit dem Prager schluss, fur die handt genohm-
men . I. H. G.: Es seye freylich woll zu erbahrmen, daß die uncatholi-
sche stend dergestaldt in religione vertretten würden; die histori seye clahr,
und zaige gnugsamb, waß Carolum V. und Ferdinandum I. gezwungen,
den Paßawer vertrag einzugehen, wan sie nicht von anderen außländischen
auch catholischen dergestaldt mitt kriegsmacht beträngt worden, hette man
derzeitt exurgentem haresim reprimiren, und die stend in beßerer concordi
haltten können. Servient: Die vereinigung der stend werde man noch
woll tentiren können und müeßen. I. H. G.: Solches werde kein ohn-
mögliches dinck sein, wan man allein dahin sehe, daß der Passawer vertrag,
von dehme alle diffidentz und uneinigkeit entspringe und herrühre, von der
anderen seythen gehalten wehrde, und den uncatholischen die chron
Franckreich keine mehrere assistentz gegen die catholische laisten, und daß
gleich, wie Franckreich durch die union mitt in- und außlendischen un-
catholischen , die catholische ruinirt und veriagt, also anietzt mitt ihrer
praesentz und assistentz bey den tractaten den catholischen desto mehr
beystandt thette, damitt man ad illam aequitatem et regulam iustitiae im
reich wiederumb glangen mögtte. Auff welches der Longeville aber-
mahln eine lange sermon geführt, daß einmal sein könig und die gantze
crohn Franckreich nicht gedencke, einigen vortheyll den uncatholischen
gegen die catholische zu thuen. I. H. G.: Vor dießem hab der Servient
sie offters versichert, daß die crohn Franckreich gegen die catholische reli-
gion directe nichts zu thuen gemaint, worahn es aber allein nicht gelegen,
sondern wan also, wie bißhero, die catholische dergestaldt supprimirt,
werde ebensowoll die catholische religion undertrucktt, und bliebe die ver-
andtworttung einmahl, es geschehe directe vel indirecte, nicht auß. Ser-
vient : Die uncatholische in Teütschlandt gantz außzurotten oder sie mitt
gewaldt der waffen zu vertilgen, seye eine pur lauthere unmöglichkeitt,
man müeße suavi modo mitt ihnen umbgehen, dan einmahln gewiß, daß
durch den krieg mehrer catholische abfallen alst uncatholische bekehrt wer-
den . Hingegen wan der frieden getroffen, und man ihnen guete instructio-
nes geben, würden ihrer viel mehr zu den catholischen glauben gebracht
werden, wie man deßen vivum exemplum mitt den Hugonotten in Franck-
reich habe, daß deren sich mehr zur catholischen religion, alß dah man
zuvor starcke krieg mitt denselben geführt, begeben. I. H. G.: Biß dato
seye keinem catholischen in gedancken kommen, daß man alle uncatholi-
sche auß dem reich vertreiben soltte, sondern begehre man allein observan-
tiam deß religion- und Prager friedens, und daß dasjenige, waß dawieder
vorgenohmmen, redintegrirt, und daßjenige, so den catholischen entzogen,
restituirt werden möge. Und hetten sich auch die uncatholische mehrers
nicht zu beclagen, sondern die catholische, alß dehnnen sie sich, nachdem
mitt rechtem fueg das religionsedict publicirt, wiedersetzet, und wieder sie
die waffen ergriffen. Den Hugenotten sei nach Eroberung von La Rochelle
daß exercitium, die officia und dergleichen benohmmen, auch alle geistliche
gefälle, güeter, beneficia, decimae und waß sie deren immer gehabtt, den
catholischen wiederumb restituirt [...] und sehen sie nicht, wan es sie die
Frantzosen mitt der religion also auffrichtig, wie nit zu zweiffeln, meinen,
wie es anderst bey dießer handlung ergehen werde können. Servient:
Es sei in Passau und Prag den uncatholischen mehrer nachgegeben alß sie
die Frantzosen iehmahln zu thuen gedacht hetten. Waß nun die Kaysere
ihnnen gegeben und eingeraumbt, köntte man ihnnen directo nicht wieder-
umb nehmmen. I. H. G.: Waß den Paßawer vertrag anbelangt, daß-
wegen seye nicht zu disputiren, im Prager frieden auch positive nichts ver-
geben , sondern allein tolerative ad certos annos außgestellet. Servient:
Man müeste ietzt alles auffheben, und fomitem belli beyseythenschaffen.
I. H. G.: Es trungen die uncatholische desto starcker darauff, weylen
durch assistentz der Frantzosen und Schweden und wegen der alliantz mitt
denselben die catholische dergestaldt herunder gebracht, in hoffnung, noch
größeren vortheill bey dießen tractaten zu erlangen. Der Servient
brache dieße materi ab und sagtte, wan allein ein rechter ernst zum frieden
beim Kayser und Spanier sich zaigen thette, damitt nicht mehrer ungele-
genheit ihnen sowoll alß dem catholischen wehßen darauß entstehe, zu-
mahln man sehe, wie die Schwedische wapffen überall prosperirten, auch
der krieg in Dennemarck ietzo sich geendiget ; imgleichen wie Gott die
Frantzosische wapffen gegen Spanien und daß hauß Oisterreich täglich seg-
nete , und sie hingegen nur einen ohrt nach dem anderen verliehren thet-
ten . I. H. G.: Die tractaten mitt den Spaniern gienge das reich nicht an,
zweiffelten aber nicht, es werde sowoll der Kayser alß Spanien die von
ihnnen angezogene motiven fur sich selbsten vernunfftig consideriren und
empfinden konnen. Die Friedensliebe des Kaisers erscheint auch daraus,
daß er die Propositionen der Kronen in allen Punkten beantwortet hat,
worüber seine Gesandten nun mit den Ständen verhandeln. Servien:
Müsen bekennen, daß sie eine zeitt hero mehrere lust zum frieden a parte
Caesaris verspührt hetten, es wehre aber unlaügbahr, daß vor dießem und
biß dato von interessirten ministris durch der Spanischen practiquen viell
darin verhindert worden, da er dan zimblich starck über die Spanische
ministros heraußgefahren. I. H. G.: Es seye alles dieß mehrer pro sus-
picione alß facto zu achten, und [...] würden sie und ein jedder verstendi-
ger leicht erachten können, daß Ihre Majestätt den täglichen verlust und
underdruckung der catholischen religion selbst gnugsamb apprehendirt.
Servient: Es mächten aber die Spanische sich allezeitt guette hoffnung,
daß das gluck umbschlagen und sie alßdan beßere conditiones pacis erlan-
gen können. Under solcher hoffnung aber giengen ihr sachen mehr und
mehrers zurugk, und verliehren sie eins nach dem anderen. I. H. G.: Sie
köntten weyters nicht sagen, alß waß sie sehen und wusten. Eß werde auch
die Kayserliche antwort ein weith anders zu erkennen geben, wie sie ver-
nemmen . Longeville: Man werde sehen müeßen, wie die resolution falt,
sie köntten sich nicht imaginiren, daß die Spanier werden zugeben a parte
Caesaris et imperii frieden einzugehen, daß sie sich nicht mitt darin mi-
schen . I. H. G.: Die Spanier gehöreten wegen der Niederländischen
provincien, Burgund, mitt inß reich. Servient hierauff: Daß sie dieses
woll wusten, allein woltten sie auch andere sachen, so außer den reich, mitt
darin ziehen. I. H. G.: Man werde müeßen der antwortt abwahrtten,
alßdan sie hoffentlich viell ander- und beßere gedancken schepffen werden,
und woltten I. H. G. ihnen in vertrauwen nicht bergen, daß alle catholische
mitt verlangen wahrtteten, wie sich die Frantzosen in religionssachen bey
den tractaten werden bezaigen, und ob sie bey den tractaten den uncatho-
lischen directe vel indirecte mehreren beyfall werden geben wollen. Und
alß darauff der duc de Longeville vermeldet, daß sie nach mögligkeitt pro
catholicis dabey thuen woltten, sagtten I. H. G., daß man in zweiffell stehe ob
sie auch viell würden thuen können; dan sie den uncatholischen die wapffen
und daß spiell so weith in die hand geben, daß sie vermuhtlich und sonder-
lich die Schweden vielleicht nicht viell nach ihnnen fragen. Oder aber, daß
sie die Frantzosen per aliquam rationem status politici bedenckens haben
mochten, sie die Schweden zu offendiren, wie man dan in specie mitt der
pfarr Gehrden unnd anderen wegen Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zue
Colln etc. schon vorlengst unnd noch iüngsthin vorbrachten puncten und
deßwegen eingebenen zwey underschiedtlichen memorialien
Vgl. oben [ S. 269 Anm. 1 ] .
[...]. Die Franzosen versprechen, den Paß für den Paderborner Weih-
bischof bei den Schweden auszuwirken; wegen des Pfarrers von Neuss
haben sie von Rabenhaupt eine solche spitzige andtwortt erhalten, daß sie
ihm nicht wieder schreiben wollen, doch hat die Landgräfin die Befreiung
von Kontribution und Einquartierung schon verfügt. W erbittet eine
beglaubigte Abschrift und einen Paß, damit der Pfarrer zurückkehren
kann. Wegen der gefangenen Geistlichen im Erzstift Köln wollen die
Franzosen nochmals mit den Hessen reden, die zuerst argumentiert
haben, die Geistlichen widersetzten sich insgesamt der Kontribution und
die Pfarrer suchten in den Dörfern auch die Untertanen davon abzu-
halten , wogegen W einwendet, daß bei Festsetzung der Abgaben des
Klerus die Pfarrer kein Mitspracherecht hätten und in den Dörfern welt-
liche Beamte mit der Kontribution befaßt wären [...]. Auch in den
übrigen Punkten der Memoriale erklären die Franzosen sich zur Hilfe
bereit, doch merkt W, daß sie von den petitis gantz nicht gewust und
nicht einmahl die vor dißem ubergebne memorialia gelehßen, gleich dar bey
jedden punct ein den andern nur angesehen. Und wie der Servient ver-
meldet , hab sie der d’Avaux bey der vor dießem beschehenen visita zue
sich genohmmen und seyther davon nichts vorbracht [...].
[...]