Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert
129. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XXXIV) Osnabrück 1647 März 6/16
129
Braunschweig-Calenberg B I fol. 369’–392’ (= Druckvorlage); damit identisch Baden-
Durlach A I fol. 381–403’, Braunschweig-Celle A I fol. 17–51’, Braunschweig-Celle B
I unfol., Braunschweig-Wolfenbüttel B I fol. 272’–297, Braunschweig-Wolfenbüttel
C I fol. 367–396’, Hessen-Kassel A XIII fol. 406–410 (unvollständig ), Magdeburg E
fol. 447–452, 453–463, 464–477, 478–480, Magdeburg Ea fol. 530–557’, Pommern A I
fol. 465–484, Sachsen-Altenburg A II 1 fol. 389–409, Sachsen-Gotha A V fol. 307–322’,
Sachsen-Lauenburg B S. 765–803, Sachsen-Weimar A V fol. 302–316, Sachsen-Weimar
B VIII fol. 97–123’, Grafen von Schwarzburg A I fol. 281–303’, Wetterauer Grafen
( Nassau-Dillenburg ) C 2 fol. 62–84, Wetterauer Grafen ( Nassau-Saarbrücken ) A III
4 fol. 220–247, Wetterauer Grafen ( Ysenburg ) A I unfol., Württemberg A I S. 759–806,
(ab dem österreichischen Votum) Würzburg A I 1 fol. 189–222, Druck: Meiern IV, 367–383;
vgl. ferner Herzogtum Bayern A I 1 unfol. (Notiz), Braunschweig-Celle B I unfol.
(Konzept), Magdeburg D fol. 292–311’ (Mitschrift), Pfalz-Neuburg (3609) fol. 402–412’
und (damit identisch
Beratungsvorlage: Kaiserliche Proposition in der pfälzischen Sache
Text, s. l., s. d.: Londorp VI, 253; Meiern IV, 383 ff.; APW III A 1/1, 729 Z. 1–732 Z. 2;
zur ksl. Überlieferung s. APW II A 5 Nr. 313 Beilage 1 (praes. [Osnabrück] 1647 III 13
dem Kurmainzer Reichsdirektorium). Inhalt: [1.] Die Übertragung der Pfälzer Kur auf
Hg. Maximilian von Bayern und die ganze Wilhelminische Linie der Wittelsbacher sowie
die Überlassung der (bislang pfandweise besessenen) Oberpfalz sollen bestehenbleiben;
[2.] eine achte Kur soll errichtet und diese mit der Unterpfalz unter bestimmten Bedin-
gungen (s. Anm. 8) auf die Heidelberger Linie des Hauses Pfalz übertragen werden. Zur
Errichtung einer achten Kur erbittet der Ks. die Zustimmung der Reichskurien. FRM und
SRO berieten gleichzeitig mit dem FRO darüber, während der KFR nur die Proposition
anhörte und am 18. März abstimmte ( APW III A 6 Nr. 97; 1/1 Nr. 111, 112; Immler ,
Kurfürst, 383f. [S. 383 zur Formulierung der Proposition]; Albrecht , Maximilian, 1028).
– Die Wilhelminische Linie der Wittelsbacher ist die auf Hg. Wilhelm V. von Bayern
(1548–1626, 1579–1597 Hg.), den Vater Kf. Maximilians I., zurückgehende Deszendenz
( Schwennicke I.1 T. 107; Sammer , 189–201).
1. Beibehaltung der Kurtranslation und der Übertragung der Oberpfalz auf Kurfürst Maxi-
milian I. von Bayern und die Wilhelminische Linie der Wittelsbacher; 2. Zustimmung zur
Errichtung einer achten Kur zur Lösung der Pfalzfrage? (vgl. später Art. IV,3,5 IPO = §§ 11,
13 IPM)
Eine Umfrage sowie Vorbehalt aller Anwartschaftsrechte auf die Pfälzer Kur und die Pfälzer
Kurlande durch Pfalz-Lautern, -Simmern, -Zweibrücken und -Veldenz; Übergabe einer
„Nebenproposition“ (wegen seiner Nachfolgerechte in der Pfälzer Kur und den Kurlanden)
und eines Antrags durch Pfalz-Neuburg
anderer um Diktatur der kaiserlichen Proposition; Beschwerde Pfalz-Neuburgs und anderer
über Verzögerung der Diktatur von Reichssachen durch das Kurmainzer Reichsdirektorium;
Bitte Magdeburgs und anderer evangelischer Reichsstände um vorrangige oder gleichzeitige
Behandlung der Religionsgravamina mit der Pfalzfrage; Protest Pfalz-Zweibrückens gegen
die Führung des Pfalz-Veldenzer Votums nach dem württembergischen, Rechtsvorbehalt
namens des Gesamthauses Pfalz wegen des Ranges der pfälzischen Voten in der Votierord-
nung sowie Protest gegen die Bezeichnung des Pfalz-Veldenzer Votums; Gegenprotest und
Rechtsvorbehalt durch Pfalz-Veldenz wegen des Standes und Ranges Pfalzgraf Leopold Lud-
wigs ; Rechtsvorbehalt und Eventualprotest Sachsen-Altenburgs namens des Gesamthauses
Sachsen wegen des Ranges der sächsischen Voten in der Votierordnung.
Mehrheitsbeschluß: Prinzipielle Zustimmung zu Punkt 2 der kaiserlichen Proposition ohne
Stellungnahme zu Einzelheiten.
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Österreich (Direktorium), Pfalz-Lautern, Salz-
burg , Magdeburg, Würzburg, Pfalz-Simmern, Hildesheim, Pfalz-Neuburg, Basel , Pfalz-
Zweibrücken, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha, Sach-
sen -Eisenach, Brandenburg-Kulmbach, Brandenburg-Ansbach, Braunschweig-Celle, Braun-
schweig -Grubenhagen, Braunschweig-Wolfenbüttel (durch Braunschweig-Grubenhagen),
Braunschweig-Calenberg, Baden-Durlach (durch Braunschweig-Grubenhagen), Pommern-
Stettin, Pommern-Wolgast, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Württemberg (votiert auch
für Pfalz-Veldenz), Mecklenburg-Schwerin (durch Braunschweig-Grubenhagen), Mecklen-
burg -Güstrow (durch Braunschweig-Grubenhagen), Sachsen-Lauenburg, Anhalt, Wetter-
auer Grafen, Fränkische Grafen. (Zu den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen Per-
sonenregister .)
Österreichisches Direktorium. Es hetten die Kayserlichen herrn ple-
nipotentiarii dem Churmaynzischen reichsdirectorio unnd daßelbe des
fürstenrahts directorio zu erkennen gegeben, wasgestalt sie desiderirten,
daß dasiennige, was etwan wegen der Churpfälzischen difficultäten hin
unnd her tractiret worden, bey churfürsten, fürsten unndt ständen in pro-
position unnd consideration gezogen und deroselben einwilligung unnd
consens darüber vernommen werden möchte. Und weil nun das Pfälzi-
sche wesen ein brunquel aller motuum gewesen und ihnen allerseits nicht
unwißend, daß an deßen hin- unndt beylegung dem Heyligen Römischen
Reich zu beforderung des ganzen haubtfriedenwercks hoch unnd viel gele-
gen , hette man es auch vorm iahr, am 25. Augusti iüngsthin, wie bewust,
zu Münster fürnehmen wollen
Der gesamte Komplex der Pfalzfrage hatte im August 1646 in den Reichskurien proponiert
werden sollen. Es kam nicht zu den in Münster auf den 27. August anberaumten Sitzun-
gen , weil Ernst aus Osnabrück meldete, die Protestanten hielten zum damaligen Zeitpunkt
mit Rücksicht auf Schweden eine Beratung nicht für günstig; denn die Schweden verlang-
ten , die Reichsberatung aufzuschieben, bis die Pfalzfrage mit ihnen abgehandelt sei. Die
(Kur-)Bayern bemühten sich demgemäß in den folgenden Monaten um schwed. Wohl-
wollen in der Pfalzfrage, nachdem ein mehrheitlich positives Votum der Rst. bereits sicher
schien ( Immler , Kurfürst, 307f.; Albrecht , Maximilian, 1027).
an seiten der Kayserlichen herrn plenipotentiariorum etc. keinen zweifel
trage, fürsten unnd stände würden indeßen der sachen reiflich nachgedacht
haben unndt nun hierüber begertermaßen ihre gedancken eröfnen. Ihre,
der herrn Kayserlichen, mainung aber laute also:
(Wie er dieselbe formaliter ablase unndt [sie] hernach unterm Churmain-
zischen reichßdirectorio publice dictiret worden etc. Finita lectione [ con-
tinuabat ]:) Aus welchem sie dann sehen, worinnen der scopus et nervus
praesentis quaestionis bestehe, nemblich auf’m octavo electoratu etc. Weil
nun ein sölches mittell zu beruhigung des lieben vaterlandes hochnötig,
so würden sie es wol zu herzen führen unndt sich also darauf resolviren,
damit das friedenswerck lenger nicht aufgehalten werde, sondern durch
hinlegung unnd accommodirung dieser schweren sache die allgemeine
hochverlangte beruhigung desto ehe erfolgen möge etc.
Österreich. (Dieses votum würde dahin abgeleget, wie hierbey sub
numero 16 in forma zu befinden etc.:) Man befinde Osterreichischen
theils, das die proposition in zweyen puncten beruhe: 1. Waßgestalten
die Römische Kayserliche mayestät bey der translation der churdignität
unnd der Obern Pfalz nochmahln verpleiben, 2. ihre Kayserliche mayestätt
churfürsten, fürsten unndt stände gnedigst ersuchen, in das mittel des
electoratus octavi zu verlangter hinlegung der Pfälzischen sache umb des
lieben friedens willen auch zu consentiren und einzuwilligen, auf maaß
unndt wege, wie die conditiones in der proposition sich verhalten
Die ksl. Proposition (Anm. 4, hier Meiern IV, 384 f.) nennt als Bedingungen für die Errich-
tung einer achten Kur für die Heidelberger Linie des Hauses Pfalz: [I.] ihre Unterwerfung
unter den Ks.; [II.] die letzte Stelle in der Rangordnung für die neu geschaffene Kur;
[III.] fünf Bedingungen für die gleichzeitige Investitur mit der Unterpfalz: 1. Fortbe-
stand der aktuellen konfessionellen Verhältnisse; 2. Verbleib der verpfändeten Teile der
Bergstraße bei Kurmainz gegen Erlegung des Pfandschillings; 3. Verbleib des Stifts Neu-
hausen im Besitz des Hst.s Worms; 4. Rechtsgültigkeit der Übertragungen pfälzischer
Lehen durch den Ks. oder den bay. Kf.en seit 1623; 5. Erhalt von Reichsunmittelbarkeit
und Privilegien für die Freie Reichsritterschaft in Franken, Schwaben und am Rhein. – Zu
Punkt 1 s. Anm. 19, zu 2 Anm. 20, zu 3 Anm. 22, zu 5 Anm. 23.
Nunn hette man sich gegen der Kayserlichen mayestätt allerunterthenigst
zu bedancken, daß sie aus so trewer väterlicher fürsorg zu bestendiger
beruhigung des Heyligen Römischen Reichs immerdar und so embsig
trachten, mit gehorsambster bitt, darinnen also zu continuiren, damit der
liebe friede sowoll in dieser sachen alß andern dabey fürlauffenden dif-
ficultäten umb der eußersten noht willen fordersambst erlanget unndt
dadurch das Reich hinwieder zu seinem vorigen wolstand, hoheit unndt
glori erhoben werde etc.
[1.] Soviel den ersten punct betrifft, weil gedachte translation vermöge der
güldenen bull unndt reichsconstitutionen bey ihr Kayserlicher mayestätt
bestanden
Kap. VII [2] der Goldenen Bulle von 1356 gibt dem Ks. oder Röm. Kg. bei Vakanz eines
Kft.s das Recht der freien Vergabe, als sei es an ihn und das Reich rechtmäßig heimgefallen,
eingeschränkt nur durch die besonderen Rechte des Kgr.s Böhmen ( MGH LL IV t. XI.VII,
586, 588). Ein RHR -Votum über den Kuranspruch Pgf. Wolfgang Wilhelms von 1621 II
5 hatte dem Ks. das Recht zur Vergabe der pfälzischen Kur zugesprochen (Text: BA I 2
Nr. 23, hier 72f.; Dokumente I.3,2 Nr. 222, 895f.; Albrecht , Politik, 52; Steiner , 58); doch
wurde es von den Agnaten des geächteten Kf.en Friedrich V. von der Pfalz bestritten (s.
Anm. 16 und 68). – Zu Friedrich V. s. jetzt Zeeden , Friedrich V, 152f.; Croxton / Tischer ,
96f.
nen reichstägen, approbiret worden
Die ksl. Proposition (Anm. 4, hier Meiern IV, 384 ) bezieht sich, genauer, auf das Ga.
zur Pfalzfrage des KFT Mühlhausen von 1627 XI 4, insbesondere Punkt 3, das als eine
Bedingung für die Aufhebung der Acht den Verzicht Pgf. Friedrichs V. auf die Pfälzer
Kur empfahl (Regest: BA II 3 Nr. 470, hier 738; s. Breuer , 83f.). Ferner verweist die ksl.
Proposition auf die Zulassung Kf. Maximilians I. zu allen KFT, RT und RDT seit 1627
(genannt in APW III A 1/1, 729 Anm. 3), der Maximilians Aufnahme in den Kurverein am
27. Juli 1624 vorausgegangen war; die fehlende Zustimmung Kurbrandenburgs war durch
dessen Anerkennung der bay. Kur auf Lebenszeit am 22. Mai 1624 nachgeholt worden
( BA II 1, 567f. Anm. 2; Regest der Erklärung Kurbrandenburgs, Königsberg 1627 V 22:
BA II 3 Nr. 398; Albrecht , Maximilian, 665f., 671).
erhörteste unbilligkeit were, das die Römische Kayserliche mayestätt den
kriegescosten, so sich nicht alleine auf 13
Kf. Maximilian I. hatte seine Kriegskosten für den böhmisch-pfälzischen Krieg auf 13 Mil-
lionen fl. beziffert. 1628 erhielt er dafür bei Rückgabe des ihm 1623 verpfändeten Ober-
österreich die Oberpfalz und die bay. besetzten Ämter der Unterpfalz als Reichslehen
( APW III A 3/3 [ Nr. 111 Anm. 76 ] ).
millionen, so ihre mayestätt anderwerts außlegen müßen, belauffen unnd
von dem pfalzgraf Friederichen durch das von ihm begangene unnd von
aller welt für unrecht erkandte factum veruhrsachet worden, ohne einige
ergezligkeit ihrer leute unndt verderbten land allein tragen sollen, als hatt
es billig bey sölcher disposition sein unverenderliches verpleiben, bevor-
derist das wißend ist, das die cron Franckreich sölches alles approbiret
unndt ihre churfürstliche durchlaucht aus Bayern dabey zu manuteniren
versprochen
Frk. hatte sich 1621 für die Kurübertragung auf Hg. Maximilian von Bayern eingesetzt
und in den folgenden Jahren daran festgehalten. Die (kur-)bay. Ges. Haslang und Krebs
erhielten am 14. September 1646 die frz. Zusage, den bay. Standpunkt in der Pfalzfrage bei
den Schweden zu unterstützen, indem die fünfte Kur und die Oberpfalz bei Bayern ver-
bleiben sollten, während die Heidelberger Linie der Wittelsbacher eine neu zu errichtende
achte Kur und die Unterpfalz erhalten würde. Die Franzosen sagten dies damals auch den
Ksl. mündlich zu ( Immler , Kurfürst, 279; Albrecht , Maximilian, 1022–1025).
[2.] Den anderen punct betreffend, ist es zwart schwer, wieder die her-
gebrachte ordnung den octavum electoratum einzuführen; demnach aber
kein anders mittel zu beyseitslegung dieser sachen unndt zu erlangung
des lieben friedens zu finden, so wirt man auch mit den legibus und dem
herkommen in etwas dispensiren und von demselben communi consensu
abweichen müßen. Dann weil die Römische Kayserliche mayestät nebst
churfürsten, fürsten unndt ständen die güldene bull aufgerichtet, so ste-
het auch bey denselben, urgente necessitate et ne tota res publica pereat,
einen oder andern punct in derselben zu verendern, zu vermehren oder
zu verbeßern . Und demnach dann die Kayserliche mayestätt selbsten als
hierbey der vornembste interessirender kein bedencken tragen, die herrn
pfalzgrafen
Gemeint sind die Söhne des geächteten Kf.en Friedrichs V. Der Prätendent Pgf. Karl Ludwig
betrieb die Restitution seiner Familie von London aus, wo er seit 1644 als Parteigänger des
Parlaments lebte. Von seinen Brüdern lebten damals noch Ruprecht, Moritz, Eduard und
Philipp. Ruprecht (auch Rupert), seit 1644 earl of Holderness und duke of Cumberland,
mußte auf Befehl des Parlaments im Juli 1646 England verlassen, übernahm in Frk. ein
Truppenkommando und kämpfte im Sommer 1647 gegen die Spanier in Flandern. Keiner
der Pgf.en hatte 1647 einen männlichen Erben ( Schwennicke I.1 T. 95; Morrah , 213ff.;
Trevor-Roper , 245f., 251f.; Croxton / Tischer , 54f.; zu Prinz Ruprecht s. BBA I 954,
139–238; II 1745, 248; NEB X, 242). Nach ksl. Auffassung hatten sich auch die Söhne
gegen Ks. und Reich vergangen (ksl. Proposition, hier Meiern IV, 384 ) und damit ihr
Recht auf Nachfolge verwirkt, doch wollte Ks. Ferdinand III. sie aus politischen Gründen
begnadigen.
sonsten kein mittel zu finden, das einer unnd anderer parthey zugleich
könne satisfaction gegeben werden, entlich auch der frieden fast an diesem
hafften will, als hat man hierwieder wegen des hochlöblichsten erzhauß
Österreich kein bedencken (wie man dann auch die gewiße nachricht hat,
das beede cronen wegen des octavi electoratus kein bedencken tragen
Frk. befürwortete die Errichtung einer achten Kur (s. Anm. 14). Schweden setzte in einem
Textvorschlag für eine Übereinkunft zwischen Ks. und Reich sowie Schweden und Frk. über
die pfälzische Sache, praes. den Ksl. 1647 II 28, zwar die Errichtung einer achten Kur voraus,
forderte aber den Wechsel der Münchener Wittelsbacher in diese achte Kur nach dem Tod
Maximilians. Die Ksl. lehnten diesen Wechsel in ihrer diesbezüglichen Erklärung in Causa
Palatina ab (Text des schwed. Vorschlags, s. l., s. d., diktiert 1647 III 1 durch Magdeburg:
Meiern IV, 356 f., hier 356, zweiter Absatz des Textvorschlags, beginnend Primo omnium;
Text der ksl. Erklärung in Causa Palatina zum schwed. Vorschlag, Osnabrück 1647 III 4:
Meiern IV, 358 f., hier 358, vierter Absatz der Erklärung, beginnend Ad § „Ita tamen“; zur
ksl. Überlieferung des schwed. Textvorschlags und der ksl. Erklärung s. APW II A 5 Nr. 280
Beilage [1] und Nr. 290 Beilage B; zur schwed. Überlieferung der ksl. Erklärung s. APW
II C 3 Nr. 149 Beilage H; ebenda , Beilage G, ist der schwed. Textvorschlag als Eingabe der
Kurpfälzer Ges. zur Pfalzfrage bezeichnet). Zu dieser ksl. Erklärung vom 4. März hatten
die Schweden noch nicht Stellung genommen. Am 11. März signalisierte Oxenstierna
erstmals Entgegenkommen gegenüber den kurbay. Ges. , indem er sie zur Visite empfing,
während des Gesprächs Maximilian als „Kf.“ titulierte und nichts dagegen einzuwenden
hatte, daß in den drei Kurien über die Pfalzfrage beraten wurde. Bei Vorliegen des rst.
Ga. s würde Schweden die erwartete Erklärung zur Pfalzfrage abgeben ( APW II A 5, 614
Z. 4–22; II C 3, 322 Z. 29–333 Z. 44; III C 2/2, 826 Z. 8–12, 17f.; Albrecht , Maximilian,
1025–1028).
sondern lest’s auf maß unnd weise, wie sölches bedinget worden , aller-
dings dabey verpleiben. Dann es (1.) für sich selbst billig, das es in dem
stande der religion verpleibe, wie sich derselbe anizo befinde
Während in der Unterpfalz vor dem Dreißigjährigen Krieg das reformierte Bekenntnis
(gemäß der Konfession des Pfälzer Kf.en) herrschend gewesen war und fast keine Katholi-
ken dort gelebt hatten, gab es am Ende des Krieges bedeutende luth. und kath. Minderhei-
ten neben dem weiterhin dominierenden reformierten Bekenntnis. In einzelnen Ämtern
(wie Boxberg und Mosbach im kurbay. verwalteten, rechtsrheinischen Teil) war sogar die
Mehrheit kath. ( Warmbrunn , Simultaneen, 102; Maier , 289–292; Schindling / Ziegler ,
42; Warmbrunn , Bistum, 202).
mit der Bergkstraße eine richtige, pilliche sache, weil sölche von Churpfalz
nur pfandtsweise beseßen, auch in der pfandtverschreibung von Churpfalz
versprochen worden, gegen erlegung des pfandschillings alsobalden undt
ohne einige process unnd weigerung abzutreten
Kurmainz hatte 1463 die zur Bergstraße gehörigen Städte und Schlösser Starkenburg,
Heppenheim, Bensheim und Mörlenbach sowie die Vogtei über das Kloster Lorsch für
100 000 fl. und 1544 bei gleichzeitiger Erhöhung des Pfandschillings um 10 000 fl. die Orte
Sobernheim, Monzingen und Böckelheim an Kurpfalz verpfändet, 1621 die Pfandschaf-
ten mit der vorgesehenen einjährigen Frist gekündigt, 1622 einen vergeblichen Versuch
zur Wiedereinlösung unternommen und sie 1623 mit ksl. Zustimmung in Besitz genom-
men . Seither waren sie (abgesehen von der schwed. Besatzung 1631–1634) in Kurmainzer
Besitz (s. Revers Kf. Friedrichs I. von der Pfalz, Heidelberg 1463 XI 27, mit Zusage der
Wiedereinlösbarkeit und inserierter Verschreibung des Kf.en und Domkapitels Mainz, s. l.
1463 XI 27, diktiert 1647 III 3 durch Kurmainz, Text: DuMont III.1 Nr. CCXXVI,
291ff.; Meiern IV, 362 –366; ferner zwei Notariatsinstrumente, Aschaffenburg 1621 I 20
und Frankfurt 1622 II 4, über Aufkündigung und Einlösungsversuch der Pfandschaft
durch Kurmainz, Text: HStA Stuttgart A 90 D Bd. 8 fol. 114–117’, 118–121’; Gustav
Christ , 103f.; Fabricius , 117–126; Schaab , Bergstraße, 263; Jürgensmeier , Schönborn,
125f.; Schaab II, 117, 119, 125; Jürgensmeier , Kurmainz, 91ff.; Albrecht , Maximilian,
572; Croxton / Tischer , 28f.; s. auch Anm. 79).
pfandtschafft die herrn pfalzgrafen, wann ihnen gedachte Bergstraße izt
schon restituiret werden soll, alsbalden wiederumb abtreten müßen. Turpe
est
Newhausen betreffend, ist es in den reichsacten notorium, das sich die
Churpfalz ihrer Kayserlichen mayestät und aller churfürsten, fürsten unnd
stände auf offenem reichstage ergangenen urthell wiedersezet
Kf. Friedrich III. von der Pfalz widersetzte sich auf dem Augsburger RT 1566 dem Dekret
Ks. Maximilians II. vom 14. Mai, das ihm die Wiederherstellung aller widerrechtlich aufge-
hobenen Klöster und Stifte befahl, zu denen das Stift St. Cyriakus in Neuhausen bei Worms
gehörte, das dem Hst. Worms und der kurpfälzischen Schirmvogtei unterstand. Hst. und
Stiftsherren hatten sich beim Ks. über die vom Kf.en im Mai 1565 gewaltsam durchgeführte
Säkularisation beschwert. Ein Ständedekret, Augsburg 1566 V 11, empfahl, dem Kf.en die
Restitution und Abstellung aller Neuerungen aufzuerlegen; die Ermahnung des Kf.en
könne eine ksl. Kommission regeln. Der Kf. berief sich in seinen Gegenberichten auf den
ARF , der ihn zur Reformation der Stifte berechtige, s. RTA RV 1566 I Nr. 460 Anm. 30
(Ständedekret), Nr. 313 (ksl. Dekret gegen den Kf.en von 1566 V 14), Nr. 314 (Vortrag des
Kf.en vor Ks. und Rst. n von 1566 V 14), Nr. 460 Anm. 33 und 37 (1. und 2. Gegenbericht
des Kf.en von 1566 V 14 und 23). 1626 wurde St. Cyriakus mit ksl. Genehmigung dem Hst.
restituiert und mit päpstlicher Zustimmung in ein bfl. Tafelgut umgewandelt ( Villinger ,
20f., 101ff.; Hollweg , 49f., 329–349; Abmeier , Sötern, 151f.; Schaab II, 43f.; Keilmann ,
Bistum, 178; Edel , 223ff.; Warmbrunn , 199; zu Kf. Friedrich III., 1515–1576, 1557 Pgf.
zu Simmern, 1559 Kf., 1546 luth., 1560/61 reformiert, s. Schwennicke I.1 T. 94; Fuchs ,
Friedrich III., 530ff.; Zeeden , Friedrich III., 152f.; Nischan , 140f.; zu Ks. Maximilian
II., 1527–1576, 1562 Röm. Kg., 1564 Ks., s. Rudersdorf , 78–97; Press , Maximilian II.,
471–475).
dan nichts mehr als pillich, alß das das stifft Wormbs bey sölcher pos-
session manuteniret werde. Die (4.) und (5.) bedingnüß tragen für sich
selbsten diese billigkeit auf dem rücken, weiln sonsten die possessores der
lehn und lehnsleute wieder recht beschweret und umb das ihrige gebracht
werden; die freye reichsritterschafft aber ihrer exemtion und immedietet
nicht zu entsezen sein noch zu gestatten, daß sie von iemandt darwieder
beschweret werden, weil dem Römischen Reich an erhaltung derselben
exemtion, bevorders ihr mayestätt selbsten, mercklich gelegen etc.
Die Reichsritterschaft war reichsunmittelbar (bestätigt in IV,17 IPO =§ 25 IPM), unter-
stand nur den höchsten Reichsgerichten, war exemt von allen Reichsanlagen und weder
Kreis- noch Rst. Für den Ks. war sie durch ihre „Charitativsubsidien“, deren Höhe die
Ritterkreise Schwaben, Franken und Rhein sowie die keinem Kreis zugeordnete unter-
elsässische Reichsritterschaft fallweise aushandelten, eine zuverlässige Geldquelle. Die
Reichsritter unterstützten den Ks. durch Kontributionen und Quartierleistungen, stellten
gelegentlich Reiterkontingente und gaben ihm Einfluß auf geistliche Ft.er, in denen sie oft
hohe Stellungen bekleideten ( APW III B 1/1, 10, 103; Hellstern , 36–65; Press , Reichs-
ritterschaft ; Derselbe , Reichsritterschaft im Reich; Derselbe , Kaiser, 170–173; Neuhaus ,
Reich, 36f.).
Pfalz-Lautern. Hette mit mehrerm vernommen, was vom Österrei-
chischen hochlöblichen directorio wegen der Churpfälzischen sache were
proponiret worden, und sey anfangs darmit einig, daß ihr Kayserlicher
mayestät vor dero reichsväterliche Sorgfalt und friedensbegierde allerun-
terthenigst danck zu sagen. Es weren auch dieselbe allergehorsambs zu
ersuchen, daß sie in sölchem höchstrümblichsten proposito noch ferner
verharren wolten.
Soviel aber das haubtwerck anlanget, hielte er an seinem ohrt auch dafür,
das es uf des directorii abtheilung bestehe; dann der 1. punct beruhe uf der
translation der churdignität und der Obern Pfalz. Da er dann alles, was
in facto allegiret, ganz nicht berüren, sondern an seinen ohrt gestellet sein
laßen, nicht weiniger aber ihr fürstlicher gnaden, wie hiebevor mehrmahls
geschehen, alle competentia iura wolle reserviret haben
Pgf. Ludwig Philipp behielt sich die Anwartschaftsrechte auf Kurwürde und -lande vor,
die er als Bruder des geächteten Kf.en Friedrich V. von der Pfalz und allgemein als Mitglied
der Linie Pfalz-Simmern hatte (s. Anm. 68). Seine Anwartschaft war bis 1623 Gegenstand
diplomatischer Erwägungen, hatte aber wegen seines Festhaltens am Kalvinismus keine
Aussicht auf Erfolg. Auf dem Regensburger Fürstentag 1623 ersuchte der Pgf. den Ks. um
die Übertragung der Kur ( Riezler , 233; Rödel , 415); im FRO hatte er sich seine Rechte
bislang noch nicht vorbehalten lassen.
2. Was den octavum electoratum betrifft, würden verhoffentlich ihre fürst-
liche gnaden, wann umb des lieben friedens willen derselbe vor das hauß
Bayern eingeführet werden solte
Die achte Kurwürde sollte für die Heidelberger Linie des Hauses Wittelsbach eingeführt
werden, d. h. für die Deszendenz des geächteten Friedrich V. von der Pfalz, nicht für die
bay. Linie, die vielmehr die fünfte Kur behalten sollte und damit einen höheren Rang
einnehmen würde (s. Anm. 52). Anscheinend wollte Milagius sagen, daß Pgf. Ludwig
Philipp wahrscheinlich damit einverstanden sei, wenn für Bayern eine achte Kur geschaffen
würde (so Immler , Kurfürst, 383). Das entsprach nicht den Ausführungen der Proposition.
wegen nicht aufhalten.
Salzburg. Sie, die Salzburgischen
Wie [ Nr. 127 Anm. 23 ] .
was von dem Österreichischen directorio mit mehrerm proponiret und
vorgetragen worden. Weren fürders mit demselben auch der meinung, das
ihr Kayserlicher mayestät für dero zur beruhigung des lieben vaterlandes
tragende sorgfalt danck zu sagen undt zu bitten, das sie noch weiters und so
lang dabey verharren wolten, bis dermahleinsten der hochverlangte zweck
des algemeinen friedens erreichet werden müge.
Das haubtwerck an ihme selbst betreffend, hette der hochwürdigste etc.,
ihr gnedigster fürst und herr, von dieser hochwichtigen deliberation, wel-
che unter andern die verenderung der churdignitäten und consequen-
ter der güldenen bul betreffe, nichts gewust, viel weiniger von deme,
was izo proponiret worden, und dahero auch sie nicht darauf instrui-
ren können. Nachdem sie aber unlengst vernommen, das diese sache in die
drey reichsrähte würde gebracht werden, hetten sie unterthenigste relation
gethan, nicht zweiffelend, sie würden in kurzen instruction erlangen, als
sie dann immittels ihrer hochfürstlichen gnaden die notturfft vorbehielten.
Magdeburg. Waß vom hochlöblichen directorio uf veranlaßung der
Kayserlichen hochansehnlichen herrn plenipotentiariorum wegen der
Pfälzischen sache vor dießmahl in proposition unnd umbfrage gestel-
let , daß hette er nach der lenge verstanden und, hoffentlich, recht ein-
genommen . Sey darauf anfangs damit einig, das ihr Kayserlicher mayestät
allerunterthenigster danck zu sagen für die zue beruhigung des geliebten
vaterlandes angesehene reichsväterliche sorgfalt und darbenebenst aller-
gehorsambst zu ersuchen, bey sölcher löblichen intention noch ferner zu
beharren und nicht ehe abzulaßen, bis durch Gottes gnade der fürgesezte
zweck erreichet und ein christlicher, bestendiger und der lieben posterität
erfrewlicher friede erlanget und aufgebawet werden müge.
Gleichwie nun aber Salzburg sich entschüldiget, das sie hierauf noch nicht
mit instruction versehen, also gehe es ihme auch; dahero er sich dann noch
zur zeit haubtsachlich nicht erklehren könne, sondern sein votum sus-
pendiren und ihrer fürstlichen durchlaucht wegen die notturfft reserviren
müße.
Befünde sonst das werck so hochwichtig und von großer importantz,
das es seines ermeßens reiffes nachdenckens vonnöthen und demnach ex
stapede nicht stracks resolviret werden könne, zumahln er auch nicht
sehe, warumb diese particularsache ante punctum gravaminum zu erörtern,
sondern, wie die gravamina die vornembste uhrsach und rechte brunquel
dieses leidigen, so lang gewärten krieges weren, also müste auch derselbe
zuvorderst gestopfet unnd die gravamina erlediget werden, da sich dann
hernach auch der Pfälzischen sache halber leichtlich mittel zur güetlichen
accommodation ergeben würden
Vom 7. Februar 1647 an fanden in Osnabrück ksl.-schwed. Konferenzen über die Gra-
vamina statt, die nach der dritten Sitzung unterbrochen und im März und April in unre-
gelmäßigen Abständen fortgesetzt wurden. Am 14. März waren die ksl. Ges. der (irrigen)
Ansicht, die Verhandlungen mit den Schweden am folgenden Tag abschließen zu können.
Während der erfolglosen ksl.-schwed. Verhandlungen am 15. März (also am Vortag) äußer-
ten die Schweden, daß es fast vergebens sein würde, sich wegen der pfälzischen Sache viel
zu bemühen; denn wenn man wegen der Gravamina zu keiner Übereinkunft komme, sei
es unnötig, sich der anderen Sachen anzunehmen ( APW II A 5, 624 Z. 11f. und 25–28, 625
Z. 1ff.; 636 Z. 30ff.; Wolff , 169 Anm. 108).
hiervon zu deliberiren, weil albereit zwischen denen interessenten selbsten
güetliche tractaten angetreten
Am 30. September 1641 hatten auf dem Regensburger RT unter Vermittlung des dän.
Kg.s und des Kurkollegs Ausgleichsverhandlungen über die Pfalzfrage begonnen, die auf
Initiative des Ks.s am 16. November 1641 in Wien fortgesetzt wurden. Sie scheiterten, da
England und die Pfalz auf der einen und Bayern auf der anderen Seite zu wirklichen Kon-
zessionen nicht bereit waren. Der Ks. bestimmte den 11. Januar 1643 zur Wiederaufnahme
der Verhandlungen; doch fanden sich weder an diesem noch an zwei weiteren Terminen
die Verhandlungspartner ein, so daß die Pfalzfrage auf diesem Wege nicht gelöst werden
konnte ( Jüdel , 50; Steiner , 132–140; zu den Wiener Verhandlungen s. auch Anm. 54). –
Zu den ksl.-schwed. Verhandlungen über die Pfalzfrage im Februar/März 1647, auf die
hier auch angespielt sein könnte, s. Anm. 17.
in dieselbe zu greiffen noch etwas zu schließen, so denen interessenten
vielleicht zu einigem praeiuditz gereichen möchte.
Würzburg. (Hat sein votum schrifftlich communiciret, hierbey sub nu-
mero 17:) Praemissis praemittendis, zuvorders erholet man die von den
herrn vorsizenden beschehene dancksagung unndt fernere bitt an ihre
mayestätt etc. Wie schwer sonst undt ungewohnet diese izt vorgestellete
frage sey, hat man albereit von theils herrn vorstimmenden zimblicher
maßen vernommen und gibt es auch das werck selbst, in deme man
von vermehrung des hochlöblichen churfürstlichen collegii handeln solle,
gnungsamb zu erkennen. Dann wie es ohne zweifel anfangs, da dieses
collegium gerichtet
gerichtet bedeutet hier eingerichtet ( Grimm XIV, 869 s. v. richten Punkt II.2b). Die seit
dem MA umstrittenen Ursprünge des Kf.enkollegs sind, im Gegensatz zur mittelalterli-
chen Kf.enfabel, nicht als Einsetzung, sondern als Entstehungsprozeß zu sehen, der nicht in
allen Einzelheiten aufgehellt werden kann. Am Ende des 13. Jh.s waren die 1298 zuerst als
Kf.en bezeichneten und als collegium charakterisierten sieben Fürsten als ausschließliches
Kg.swahlgremium im Prinzip unumstritten. Durch die Goldene Bulle von 1356 als Wahl-
gremium reichsrechtlich verankert, griff das Kollegium auch bei anderen Gelegenheiten in
die Geschicke des Reichs ein und verstand sich seit dem frühen 15. Jh. als dessen korporativer
Bestandteil (Winfried Becker , 23–74; H.-J. Becker , Kurverein, 1277–1293; Kaufmann ,
Kurfürsten, 1277–1290; Ernst Schubert , Kurfürsten, 1581ff.; Derselbe , Kurfürst, 77–89;
Erkens , 1–4, 91–97).
Reichs gemeine wahl eines kaysers auf etliche weinige eingezogen wor-
den , gar schwer und hart hergangen, das sich die übrige zu diesem modo
bekennet etc.
Der Enstehungsprozeß des Kf.enkollegiums (s. vorige Anm.) in seiner Funktion als allei-
nigem Wahlorgan des Röm. Kg.s wurde nicht gegen den Widerstand der übrigen Fürsten
durchgesetzt, sondern durch deren abnehmendes Interesse an der Wahl begünstigt. Mit aus-
laufender Tendenz wirkten noch bis 1314 einzelne Große an der Kg.serhebung mit, ohne
daß es Zeugnisse für den Widerstand gegen die Einschränkung des aktiven Wahlrechts
auf die Kf.en gäbe ( Lintzel , 453–463; Kaufmann , Kurfürsten, 1289; Ernst Schubert ,
Kurfürsten, 1582).
fenheit habe. Das es aber anfangs viel difficulteten und wiedrige einwen-
dungen geben haben müste, ist vielleicht auch aus deme abzunehmen, das
unsere voreltern ohne einiges vorhergehendes exempel zu dieser wahl-
formb gegriffen, angesehen man in keinen historiis befinden wirt, das die
gerechtigkeit
daß sie oder bey allen ständen eines königreichs oder dem raht unnd landt-
herrn oder bey dem kriegesvolck bestanden sey. Alldieweil nun dieses also
ohn einiges exempel vorgenommen worden, so muß es ohne zweifel son-
derlich bey unsern alten Teutschen, die ihre rechte unnd gerechtigkeiten
treflich wol in acht genommen unnd sich derselben nicht baldt begeben,
große uhrsache gehabt haben, von denen gleichwol in actis der Kayser-
lichen , churfürstlichen unnd fürstlichen canzley und archivis weinig zu
sehen ist, sondern muß man sich deriennigen, welche die historici hin-
terlaßen , behelffen. Unnd obzwar auch diese weder in der zeit, zu wel-
cher sölches collegium gerichtet worden, weder in der formb deßelbigen
und der zahl der churfürsten einig, so stimmen sie doch in den uhrsa-
chen dieses hiebevor nie geschehenen wercks übereins und wollen, das es
vornemblichen darumb beschehen, die inner- undt eußerlichen unruhen,
krieg und dergleichen höchstschädtliche ungelegenheiten zu verhüeten.
Und seind sonderlich dieiennige dieser mainung, welche den anfang ad
Friderici II. tempora ziehen
Panvinius setzte die Anfänge des Kurkollegs in die Zeit nach dem Tod Ks. Friedrichs II.,
mit dem er das nach seiner Rechnung 23 Jahre währende, durch innere Kriege in Dtld.
und Italien geprägte Interregnum beginnen ließ, s. De comitiis imperatoris liber (zuerst
1588), hier 359. Dieser Datierung stimmte die Rechtswissenschaft des 17. und 18. Jh.s im
allgemeinen zu (Winfried Becker , 25). Zu Onuphrius Panvinius (Onofrio Panvini(o))
OESA (1530–1568) und seinem Werk s. Buchner , 309ff.; Ganzer , 1322.
izo greuliche kriege in Teutschland und Italia abgeben und von denen
damahls vielfeltig entstandenen partheyen verschiedene Römische könige
als Conradus
Kg. Konrad IV. wurde 1236 von seinem Vater, Ks. Friedrich II., anstelle des wegen Rebellion
abgesetzten ältesten Ks.sohns Heinrich (VII.) zum Stellvertreter des Ks.s in Dtld. ernannt
und im Februar 1237 in Wien in dessen Beisein zum Röm. Kg. gewählt, im Juli 1237 von der
Fürstenversammlung in Speyer bestätigt, aber niemals gekrönt. 1250 mußte er sich nach
dem Tod des Ks.s gegen Gf. Wilhelm II. von Holland durchsetzen, den die antistaufische
Partei zum Gegenkg. erhoben hatte (Anm. 36; Schwennicke I.1 T. 15; Engels , Staufer,
158–169; Boockmann , 169f.; zu Kg. Konrad IV., 1228–1254, s. Schaller , 500f.; Thorau ,
Konrad, 1340f.; zu Heinrich (VII.), 1211–1242, 1212–1220 Kg. von Sizilien, 1220–1235
Röm. Kg., 1222 gekrönt, s. Walter Koch , 2047).
Kg. Alfons X. (der Weise) von Kastilien reklamierte als Enkel Kg. Philipps von Schwaben
1255 das Hgt. Schwaben für sich und wurde 1257 IV 1 durch die Kf.en von Trier, Sachsen
und Brandenburg und frz. Unterstützung als Konkurrent Richards von Cornwall (s. fol-
gende Anm.) in Frankfurt zum Röm. Kg. gewählt, konnte sich aber ebensowenig wie dieser
durchsetzen ( Koller , 400; Engels , Halbinsel, 965ff.; Boockmann , 182f.; Engels , Staufer,
189f.; zu Kg. Alfons X. (1221–1284, 1252 Kg. von Kastilien und León, 1275 Verzicht auf
das Röm. Kgt.) s. ABEPI I/26, 280–328; II/34, 243–382; III/19, 298–313; Europäische
Stammtafeln NF II T. 63; Steiger , 198f.; Sáez / Engels , 396f.; Engels , Alfons, 386f.;
zu Kg. Philipp von Schwaben (1177–1208, 1196 Hg. von Schwaben, 1198 Röm. Kg.) s.
Schwennicke I.1 T. 15; Thorau , Philipp, 2056f.; Hucker , Philipp, 370ff.; Csendes ).
Reichardt in Engelandt
Gf. Richard von Cornwall (1209–1272, 1225 Gf.), ein Schwager Ks. Friedrichs II., wurde
mit Hilfe jener antistaufischen, proenglischen Kreise, die zuvor Wilhelm von Holland (s.
folgende Anm.) unterstützt hatten, durch die Kf.en von Köln, Mainz und Pfalz gegen
den Konkurrenten Kg. Alfons X. von Kastilien (s. vorige Anm.) 1257 I 13 vor der Stadt
Frankfurt zum Röm. Kg. gewählt und am 1257 V 17 in Aachen gekrönt ( Koller , 400;
Boockmann , 182; zu Richard von Cornwall s. BBA I 926, 396–403; Europäische Stamm -
tafeln NF II T. 83; Schwab , 809f.).
worden. Unnd nachdem das Reich, sonderlich aber unser geliebtes vater-
land Teutscher nation, unter so vielen Römischen königen mehr turbiret
alß regieret worden, über die maßen gelitten und denn genzlichen unter-
gang man ohn zweifel befahren müßen, man entlich, deme zu begegnen, uf
dieses mittel gefallen, unnd auch darauff erfolget, daß nach und nach das
Reich zu seiner vorigen ruhe, einigkeit und wolstand gebracht worden.
Wann nun unsere voreltern (man nehme die sach oder ab Otthonis III.
Als erster datierte Martin von Troppau OP 1271 die Anfänge des Kurkollegs in die nachot-
tonische Zeit. Nachdem ihm eine Reihe spätmittelalterlicher Autoren darin gefolgt war
oder die Ursprünge in die Zeit Ks. Ottos III. gesetzt hatte, findet sich diese Datierung
auch noch bei Schard (1566, 2 1608), Freher (1599, 2 1613, 3 1686, 4 1748), Gewold (1616,
2 1621, 3 1629) und Windeck (1616), s. Buchner , 312–320; Bezzel , Freher, 60; Winfried
Becker , 23ff. – Zu Ks. Otto III. (980–1002, 983 Röm. Kg., 996 Ks.) s. Struve , 1568ff.;
Althoff , 529f.; Görich , 662–665; zu Marquard Freher (1565–1614, 1586 kurpfälzi-
scher Hofgerichtsrat) und seinen Origines Palatinae (hier cap. XV, 105f.) s. Dürrwächter ,
34; Fuchs , Freher, 392f.; Press , Calvinismus, 465f.; Hoke , Freher, 1214ff.; zu Dr. iur. utr.
Christoph Gewold (1556–1621, 1595–1617 hgl. hay. GR -Sekretär) und seinem Kommentar
De sacri Romani Imperii septemviratu s. Dürrwächter ; Heydenreuter , Hofrat, 330f.;
Albrecht , Maximilian, 169; zu Martin von Troppau (gest. 1278) und seiner Chronik
s. Winfried Becker , 23; von den Brincken , 1429; zu Simon Schard (1535–1573, 1566
Assessor am RKG ) und seinem Werk De principum, quibus electio Imperatoris in Ger-
mania commendata est origine et institutione (hier 870f.) s. Eisenhart , 581ff.; Winfried
Becker , 23; zu Dr. theol. Johann Paul Windeck (gest. 1620, 1605–1618 Prof. in Freiburg)
und seinem Kommentar De principum electorum […] origine (hier cap. XVIII, S. 51f.) s.
Lauchert , 387f.; Sitzmann , 1004f.
oder ab Friderici II. temporibus) eines dergleichen absehen gehabt und
unß mit einem so schönen exempel vorgangen, so werden wir ia von der
werthen posterität auch nicht zu verdencken sein, wann wir ihnen ein
ebenmeßiges hinterlaßen und vornemblich dahin sehen, das unser gelieb-
tes vaterland Teutscher nation aus diesen blutigen euserlichen und inner-
lichen kriegen dermahleins gerißen werde, deren ihre mayestätt in dem
vorschlage selbsten und Österreich in seinem voto gnungsamb gedacht
etc. Dieselbigen haben auch lang gnug gewehret und so viel leudt und
länder erbärmblich verzehret, auch gleichsamb nichts mehr ubrig gelaßen.
Man hatt nicht weiniger alles versuchet, dieses obstaculum pacis aus dem
wege zu reumen; man hat aber kein rechtes, proportionirtes mittel erfin-
den können, und ist entlich die sache dahin gerahten, das viel friedlie-
bende , unpartheiische und den Untergang des vaterlandes ungern sehende
gemüeter auf die achte chur gedencken und dieses mittel vor das beste,
aus diesem iammer und elend zu kommen, halten müßen, maßen ihrer
mayestätt iziger vorschlag in terminis ist etc., und zwar unangesehen, das
man einstrewen könte, wasgestalten das fewer nicht allerdings geleschet,
sondern allein durch die inskünfftige befahrende paria vota gedempfet
werde. Dann nachdeme diesem unheil, wie es die erfahrenheit nicht nur
einmahl geben, nicht allerdings vorgebawet noch in den menschlichen
sachen ein gewißes bestendiges gemachet werden kan und sich wol fälle
begeben mügen, in welchen paria vota auch bey den 7 churfürsten her-
auskommen dürfften, exempli gratia wann 3 competitores oder vor sich
selbsten oder bey den herrn churfürsten, wie mehrmahls geschehen, in dem
vorschlag weren und dem einen nur ein votum, den andern aber drey gege-
ben werden solten, gestalt wir noch ein frisches exempel nach tödtlichen
abgang kaysers Maximiliani I. bey der darauffolgenden wahl anno 1519
haben
Nach dem Tod Ks. Maximilians I. (1519 I 12) bewarb sich neben seinem Enkel, dem span.
Kg. Karl I. (1516 Kg.), Kg. Franz I. von Frk. (1494–1574, 1515 Kg.) um die Wahl zum
Röm. Kg. Kf. Friedrich III. (der Weise) von Sachsen (1463–1525, 1486 Kf.), den die Kurie
favorisierte und Frk. für den Fall einer Wahlniederlage des frz. Kg.s bevorzugte, lehnte die
Kandidatur ab. Kf. Joachim I. von Brandenburg (1484–1535, 1499 Kf.) hatte ursprünglich
Kg. Franz I. sein Votum zugesagt und vielleicht sogar eine eigene Kandidatur erwogen,
stimmte dann aber am 28. Juni 1519 wie die übrigen sechs für Karl ( Weicker ; Kötzschke /
Kretzschmar , 179f.; F. H. Schubert , Friedrich, 570; Delius ; Schultze , 435; Brandi ,
83–92; Neugebauer , 79f.; Kohler , Franz, 62f.; Kohler , Karl, 68–72; Schulin , 86ff.;
Neuhaus , Kurfürsten, 55).
Friederich zu Sachsen auch in vorschlag gewesen unndt der dahmahlige
churfürst zu Brandenburg wie auch hiebevor marggraf Sigismundus
Kg. Sigismund von Ungarn (1368–1437, 1373 Mgf. von Brandenburg, 1387 Kg. von
Ungarn, 1410/1411 Röm. Kg., 1420 Kg. von Böhmen, 1433 Ks.) wurde am 20. September
1410 von Kurpfalz und Kurtrier sowie seinem eigenen Ges. , dem Burggf.en Friedrich VI.
von Nürnberg (ca. 1371–1440, 1397 Burggf., 1415 als Friedrich I. Kf. von Brandenburg),
gewählt. Burggf. Friedrich führte unrechtmäßig die kurbg. Stimme, da Sigismund die
Mark 1388 verpfändet und Kg. Wenzel (1361–1419, Röm. Kg. 1376–1400) sie 1397 an Mgf.
Jo(b)st von Mähren (1354–1411), Sigismunds Gegenkandidaten bei der Röm. Kg.swahl, zu
Lehen gegeben hatte ( Leuschner , 509ff., 527f.; Assing , 160ff., 168; Wefers , 1868–1871;
Hoensch , 149–152; Neugebauer , 32f.; Dieter J. Weiss , 27–30).
selbst das votum gegeben und also uf die ubrige zwey competitores wol
paria vota sein können, unndt demnach sich dergleichen fälle zutragen
mügen, als ist hieraus wol zu sehen, das ebensowoll in septenario numero
diese ungelegenheit nicht allerdings verhüetet werden kan und deswegen
auch in der achten zahl nicht so hoch zu bedencken sey, daß man darumb
das vaterland verderben laßen wolle, gestalt auch anfangs unsere vorel-
tern ein dergleichen fall nicht so starck zu gemüete gezogen noch, weil
communis opinio ist, das anfangs nur 6 churfürsten gewesen
Die anfängliche Zahl der Kf.en war umstritten. Nach Panvinius , 359, und Windeck cap.
XVIII, 51, gab es von Beginn an sieben Kf.en. Nach Goldast , 371, hatte Ks. Otto IV.
1209 das Kurkolleg als prinzipiell sechsköpfig, in Ausnahmefällen siebenköpfig, eingeführt,
indem bei zwiespältiger Wahl der Kg. von Böhmen als siebter Kf. kooptiert werden sollte,
um den Ausschlag zu geben. Diese Theorie ist ein Reflex der Darstellung des Sachsenspiegels
(entstanden zwischen 1220 und 1235), der den Böhmen zwar an siebter Stelle nennt, ihn
aber als Nichtdeutschen von der Kur ausschließt. Deshalb war lange umstritten, ob und
wie der Böhme in der Frühzeit des Kurkollegs an der Wahl beteiligt gewesen war (Winfried
Becker , 29; Kaufmann , Kurfürsten, 1283ff.; Ernst Schubert , Kurfürsten, 1581f.). – Zu
Ks. Otto IV. (1175 oder 1176–1218, 1198 Kg., 1209 Ks.) s. Thorau , Otto, 1570ff.; Hucker ,
Otto, 665ff.; zur Datierung des Sachsenspiegels s. Lieberwirth , 1241.
vota, das sie darumb dieses mittel unterlaßen hetten, so hefftig betrach-
tet haben müßen. So ist es entlichen aliquid ex raro contingentibus und
derhalben, was etwan künfftig beschehen mag, die erwegung der izigen
noht und
nachkömblingen, das sie an ihrem ortte nicht weiniger ein wachendes auge
haben unnd das dergleichen nicht vorgehe, verschaffen
Die aurea bulla, weil sie von dem damahligen regierenden Römischen
Kayser mit raht unnd einwilligung der sembtlichen churfürsten, fürsten
unnd stände gerichtet worden
Die Goldene Bulle von 1356 war der äußeren Form nach ein ksl. Privileg, wurde von Ks.
Karl IV. als sein rechtbuch bezeichnet und in ihrem ersten Teil (cap. 1–23) auf dem RT
zu Nürnberg am 10. Januar 1356, in ihrem zweiten (cap. 24–31) auf dem RT zu Metz am
25. Dezember 1356 promulgiert, ohne daß die Rst. kurienweise gemäß dem späteren (auch
auf dem WFK praktizierten) RT -Modus darüber abgestimmt hätten. Ihre Beteiligung ist
im einzelnen nicht genau bestimmbar; wahrscheinlich hat neben den Kf.en ein größerer
Kreis von Fürsten und Städten darüber beraten und Einfluß genommen, wobei aber wich-
tige (wie die Hg.e von Bayern, Braunschweig, Geldern, Holstein, Jülich, Mecklenburg,
Österreich, Pommern, Sachsen-Lauenburg, Schleswig) fehlten. Die Textredaktion wird im
wesentlichen dem ksl. Hofkanzler Johann von Neumarkt zugeschrieben ( Laufs , Bulle,
1739–1746; Hergemöller , 35–72, 224; Wolf , Bulle, 1542f.; zu Johann von Neumarkt,
ca. 1320–1380, 1353–1374 mit kurzer Unterbrechung Kanzler Ks. Karls IV, 1352, 1353,
1364, 1380 Bf. von Naumburg, Leitomischl/Litomysl, Olmütz, Breslau, s. Hlaváček , 518).
hieraus nicht, das man sie nit der zeiten unnd sachen beschaffenheiten nach
mehren oder mindern könne. Nam leges omnes sicut ferri, ita et abrogari
possunt, nedum explicari aut variari
Es entsprach neuzeitlichem Rechtsdenken, daß der Gesetzgeber Gesetze verändern (und
aufheben) könne (Hermann Krause , 238f.). Im Hinblick auf die Goldene Bulle von 1356
enthielten die ksl. Wahlkapitulationen die Verpflichtung des Ks.s, sie (wie auch andere
Reichsgesetze) zu bestätigen und zu erneuern und sie, falls nötig, mit Zustimmung der
Rst. zu verbessern, wie es der Zustand des Reichs erfordere (so die Wahlkapitulation Ks.
Karls V. von 1519 VII 3, s. Christoph Ziegler , 8). Seit Ks. Ferdinand I. wurde der Zusatz
aufgenommen, daß Bestätigungen, Erneuerungen und Änderungen dem Augsburger RA
von 1555 nicht widersprechen dürften (s. z. B. die Wahlkapitulation Ks. Ferdinands III.
von 1636 XII 24, Christoph Ziegler , 125).
Man leßet es also a parte Würzburg dahingestellet sein, das ihr mayestät
einzurahten, das, wie anfangs die hohe notturfft die einführung der sechs
oder auch sieben churfürsten erfordert, also auch izt die beyrückung der
achten chur hochnohtwendig und fürderlich, auf diß mittel zu verhüetung
weitern bluhtvergißens zu gedencken und ihrer majestät wolgemeinter
vorschlag zu erfüllen sey.
Die übrige miteinlauffende puncten hat man habender instruction nach zu
überlegen nicht zeit gehabt. Wann sie aber nochmahls vorgetragen werden
solten und man in so schwerwichtigen sachen dieselbe gebührendermaßen
zu bedencken gnungsamb zeit haben mag, so wil man alsdan in denselben
sich auch vernehmen laßen.
Pfalz-Simmern. Wie Pfalz Lautern.
Hildesheim
Ges. des Hst.s Hildesheim waren Wartenberg (zu ihm jetzt Schwaiger , 981f.; Struif ,
105–138) und Dr. iur. Joachim Stein (gest. 1649 IX 18, 1630 Rat, 1643 Kanzler des Hst.s
Hildesheim), s. APW III D 1, 349; Joachim Foerster , 6; Aschoff , 258. Da Wartenberg
während des WFKin Osnabrück nicht offiziell auftrat ( Steinwascher , 228), votierte Stein.
Numero 18:) Praemissis praemittendis, aus dem verlesenen wie auch
mündtlichen fürtrag des hochlöblichen Österreichischen directorii hat
man Hildesheimischen theils angehöret unndt vernommen, waß der viel-
beschreyeter und beschwerlicher Pfälzischer sache halber zur umbfrag
und der hochlöblichen churfürsten, fürsten und stände gutachten gestel-
let , nicht zwart der meinung, das dasiennige, was weyland ihre Kayserliche
mayestätt Ferdinandus II. glorwürdigsten andenckens der churwürde und
Pfälzischer landen halber nach anleitung der güldenen bull unndt reichs-
constitutionen uf einrahten unnd gutachten des churfürstlichen collegii
mehr alß für 20 jahren zu behuef ihr churfürstlichen durchlaucht in Bay-
ern und deroselben churhauses Wilhelmischer lini sowoll der churwürde
unndt Oberpfalz halber schon allergnedigst geschaffet und verordnet
Von den in Mühlhausen anwesenden bzw. vertretenen Kf.en hatten die drei geistlichen
Ks. Ferdinand II. in einem Sondervotum, datiert auf den 12. November 1627, (gegen die
Stimmen Kursachsens und Kurbrandenburgs) geraten, den Besitz der pfälzischen Kur von
Kf. Maximilian auf die gesamte Wilhelminische Linie der Wittelsbacher auszudehnen. Der
Ks. belehnte daraufhin mit Urkunde vom 4. März 1628 Maximilian und dessen männli-
che Erben und bei deren Fehlen die Nachkommen seiner Brüder mit der pfälzischen Kur
sowie dem Ft. der Oberpfalz und den noch nicht anderweitig vergebenen Gebieten der
rechtsrheinischen Unterpfalz (Regest des Sondervotums der geistlichen Kf.en, [ Mühlhau-
sen ] 1627 XI 12: BA II 3 Nr. 470, hier 697f. Anm. 1; archivalischer Nachweis und Regest
der Belehnungsurkunde, Prag 1628 III 4: Albrecht , Maximilian, 606 Anm. 83, dort 605f.
auch zur Vorgeschichte).
von newen in disputat oder zweifel gezogen werden solle, welches dan
auch an ihme selbsten eine gleichsamb praepostera quaestio unnd inver-
sus , auch zumahl zu berühigung des Römischen Reichs nicht, sondern
vielmehr deßen fernere zerrüttunge dienender modus agendi sein würde,
voraus da ihr churfürstliche durchlaucht in Bayern etc. in so vieliähri-
ger possession der churwürde und titulo onerosissimo der Oberpfalz
sein
Kf. Maximilian I. von Bayern war seit 1621 bzw. 1623 (durch geheimes bzw. öffentliches
Verfahren) Inhaber der pfälzischen Kur, die ihm zunächst auf Lebenszeit und 1628 als
Erblehen übertragen worden war ( APW III A 3/1 [ Nr. 24 Anm. 51 ] ). 1628 erhielt er die
ihm schon 1623 verpfändete Oberpfalz zusammen mit den bay. besetzten Ämtern der
Unterpfalz unter Rückgabe Oberösterreichs ersatzweise für seine Kriegskosten (Anm. 11)
als Reichslehen ( APW III A 3/3 [ Nr. 111 Anm. 76 ] ). Der Erwerb war also mit einer (großen)
Gegenleistung verbunden und somit unter sehr beschwerlichen Bedingungen, nämlich
titulo onerosissimo (Z. 5), erfolgt ( Oberländer , 690 s. v. Titulus onerosus ).
angenommen unnd nicht alleine von allen churfürsten, fürsten und
ständen des Römischen Reichs, sondern auch fast allen auswertigen kö-
nigen , potentaten und respubliquen fur einen churfürsten erkand, geeh-
ret und gehalten worden
Die röm. Kurie und Frk. erkannten Maximilian gleich nach der Kurtranslation 1623 als
Kf.en an, während Spanien ihm etwas verzögert im August 1623 als neuem Kf.en gratulierte
( BA II 1, Nr. 16, hier 79 Anm. 2; Albrecht , Politik, 62ff., 87ff.; derselbe , Maximilian,
572). Eine förmliche Anerkennung durch Schweden hat es nicht gegeben, doch wurde
Maximilian in der (von Maximilian zurückgewiesenen) Erklärung Kg. Gustavs II. Adolf
über die gegenseitige schwed.-bay. Neutralität und Freundschaft, Bärwalde ([1631 I]), Kf.
tituliert ( ST V.1, 441f., hier 442; vom Kf.en im Herbst 1631 zurückgewiesen; Albrecht ,
Politik, 305, 326); auch im schwed.-bay. Waffenstillstandsvertrag von 1647 III 14 bzw.
27 wird er Kf. genannt ( ST VI.1, 58–78, hier 58f. und öfter; Immler , Kurfürst, 507).
Dänemark und die Republik Venedig behandelten Maximilian ebenfalls als Kf.en (s. z. B.
seine Bezeichnung als Erztruchseß in Dänemarks Vermittlungsangebot in der Pfalzfrage
an das Kurkolleg von 1640 I 23/II 2, Londorp IV, 792–796, hier 793, sowie in der
Finalrelation des venezianischen Ges. in Wien von 1641 III 13, Relazioni III, hier (953)).
England gab bei den Wiener Verhandlungen (Anm. 54) zu erkennen, daß es bereit war,
Maximilian als Kf.en anzuerkennen. Von den Gst., die den geächteten Friedrich V. von
der Pfalz samt Familie und Hofstaat 1621 aufgenommen und ihn größtenteils finanziert
hatten ( Mout , 257f.), konnte keine Äußerung über das Kft. Maximilians ermittelt werden.
alß auch in selbsteigener churfürstlichen persohn das churfürstliche und
erztruchseßenambt bey reichsdeputation-, wahl- und crönungstägen ver-
treten haben
Kf. Maximilian I. von Bayern nahm an Wahl und Krönung Kg. Ferdinands von Ungarn
und Böhmen zum Röm. Kg. am 22. und 30. Dezember 1636 in Regensburg teil, ließ sich im
übrigen aber während des Regensburger KFT 1636/1637 zeitweise und auf dem Frankfur-
ter RDT 1643–1645 ständig durch Ges. vertreten. Beim Wahl- und Krönungsakt versah er
das Erztruchsessenamt, das Ks. Ferdinand II. ihm 1623 verliehen hatte ( Londorp IV, 606–
619; Theatrum Europaeum III, 659–663, 670f.; Khevenhiller XII, 1923–1950; Haan ,
210–223; Kietzell , 104 Anm. 28; Albrecht , Maximilian, 954–958, 1004; Andermann ,
Truchseß, 375ff.).
notorietät geliebter kürze halber bezogen, sondern ist izo diß die frage und
verus status quaestionis, was dann für ein expediens zu ergreiffen unnd an
hand zu nehmen oder, vielmehr und magis ad rem zu rehden, denn herrn
pfalzgrafen für eine gnade zu thun, damit dieser beschwerlichen sachen
außm grund, iedoch ohne verdrießliche weiterung (welche bey recapitula-
tion des numehro zum theil obliterirten Pfälzischen unwesens nicht aus-
pleiben , zu dem fürhabendem friedenswerck aber gar nicht dienen würde)
abgeholffen und also das Römische Reich Teutscher nation, unser gelieb-
tes vaterland, in völlige ruhe unnd sicherheit wieder gesezet und dabey
erhalten werden möge. Sonderlich weiln aus der leidigen unndt zumahln
vieliähriger erfahrung bekand, das ohne würckliche accommodation die-
ser sachen kein bestendiger frieden noch ruhe im Reich zu gewarten, alß
helt man Hildesheimischen theils mit den vorstimmenden Österreichi-
schen und Würzburgischen dafür, das der vorschlag octavi electoratus ein
sölches mittel sey, dadurch sowol das Römische Reich hinwieder beru-
higet als auch die pfalzgrafen absonderlich inß churfürstliche collegium
alßbaldt wieder kommen unndt zur churwürde und dignität octavo loco
gelangen, sie sich auch damit wol contentiren laßen können, zumahl in
der churfürstlichen dignität qua talis keine praeeminenz, sondern dieselbe
gleicher dignität, standes unndt würde sein
Es gab innerhalb des Kurkollegs eine Rangfolge, die in in den Sitz-, Stimm- und Prozes-
sionsordnungen , wie sie in der Goldenen Bulle von 1356 festgelegt war, ihren Ausdruck
fand. 1356 waren auch die Erzämter (Anm. 97) endgültig jeweils mit einer Kurwürde ver-
bunden worden. Den ersten Rang nahm der Kf. von Mainz ein, den letzten der Kf. von
Brandenburg ( Wolf , Rechtbuch, 14ff.; Aulinger , Reichstag, 101–104, 229–233).
das in einem collegio et inter plures numero collegas ein anfang unndt ende
sein müße, sölche termini aber anfangs und ende neque magis neque minus
in der churwürde geben, wie sölches an dem hochlöblichsten churhause
Brandenburg, so bis herzu in den churfürstlichen versamblungen die lez-
tere stelle genommen, augenscheinlich erhellete, deme sölche session et
votum an seiner churfürstlichen dignität unnd würde das geringste nicht
entzogen oder benommen hette.
Wann man aber sagen wolte, wann dann kein unterscheid in der churdi-
gnität , warumb nehmen dann ihre churfürstliche durchlaucht in Bayern
nicht den octavum locum? Die antwordt ist albereit oben gegeben, unndt
der unterscheid ist alsbaldt da unnd dieser: Ihre churfürstliche durchlaucht
seind schon vor viel jahren in actuali possessione der vorhin Pfalzischer
churfürsten stelle unndt haben ex investitura Caesaris ius quaesitum
herrn pfalzgrafen aber kommen ex gratia wieder ins churfürstliche col-
legium und müßen den ohrt nehmen, der vacant ist und ihnen von ihrer
Kayserlichen mayestät und dem Reiche assigniret wirt. Unnd haben dan-
noch die herrn pfalzgrafen bey so gestalten sachen gegen ihr Kayserliche
mayestät unnd alle, die zu sölcher ihrer restitution ins churfürstliche col-
legium cooperiren, allerunterthenigst unnd zum höchsten sich zu bedan-
cken , sonderlich das sie gleich izo zum churfürstlichen collegio verstattet
werden, welches der comte d’Acondell und Thomas Robbe alß königlich
Englische gesanten nur allein post longa temporum intervalla für dießen
gesuchet gehabt
Bei den Regensburger und Wiener Verhandlungen schlug Thomas Howard earl of Arundel
and Surrey (ca. 1585–1646) als Ges. Kg. Karls I. von England 1636 zuletzt vor, daß die
Kurwürde nach dem Tod von Kf. Maximilians Sohn wieder auf die pfälzische Linie überge-
hen möge ( BBA I 579, 38–48; Haan , 107f., 233–238; Parker , 283; Albrecht , Maximilian,
958f.). Sir Thomas Roe (1581–1644) forderte bei den späteren Wiener Verhandlungen am
10. Mai 1642 als äußerstes Zugeständnis Englands die Alternation der Kurwürde nach dem
Tod Kf. Maximilians (Erklärung Roes: Londorp V, 786; s. BBA I 942, 304–329; Steiner ,
135–139; Parker , 309).
die güldene bull dem ersten ansehen unnd buchstaben nach im wege zu
stehen scheinen möchte, so ist doch bekandt, das man bey diesen paci-
fications - unndt friedenshandlungen in mehr andern sachen [um] des so
hochnötigen unnd lenger ohnentbehrlichen friedens willen von den gemei-
nen reichssazungen gewichen, unnd zumahl finis et scopus der besagten
güldenen bull zur conservation des Römischen Reichs unnd sonderlich
zu vereinigung der Kayserlichen mayestätt mit ihren ständen unnd dann
dieser unter sich gerichtet unnd angesehen
Das Prooemium der Goldenen Bulle gibt als Zweck des Gesetzeswerks die Förderung der
Einigkeit unter den Kf.en und Einhelligkeit bei der (Kg.s-)Wahl an, wodurch die dem Reich
verderbliche Zwietracht unterbunden werden sollte; die anderen Rst. sind nicht erwähnt
( MGH LL IV t. XI.VII, 562 Z. 9–27, 563 Z. 1–13).
populi billig suprema lex sein soll unndt muß
Nach Cicero, De legibus 3,3,8 (s. APW III A 3/1 [ Nr. 7 Anm. 35 ] ).
damahligen Römischen kaysers Caroli IV. und der zeit churfürsten, fürsten
unndt stände, so dickbesagte güldene bull einrichten unnd formiren
helffen, so gar nicht zu zweiffelen, das, wann sie diese zerrüttung unndt
höchstgefehrliche zeiten des Römischen Reichs erlebet haben solten, sie
ultro hierin würden dispensiret und pro tranquillando et salvando Imperii
statu das mittel des achten electoratus gewilliget haben, wie man dann auch
Hilldesheimischen theils mit andern vorstimmenden unndt insonderheit
Österreich unnd Würzburg aus angeführten, überwegenden
darin hiemit consentiren und verwilligen thut.
Die Pfälzischen lande betreffend, obwol dieselbe wegen bekanten Pfälzi-
schen excessus ihrer Kayserlichen mayestät Kayserlichen disposition
heimbgefallen
vorschlage nach die herrn pfalzgrafen zu der churwürde unnd -dignität
octavo loco praevia tamen debita submissione hinwieder zu admittiren,
so erfordert der churfürstliche standt, ambt unnd würde, auch demselben
anhengende onera, daß auch behuefige mittell unnd zu dem ende die Unter-
pfalz (iedoch mit vorbehalt deren in propositione gesazter ausnahm
einestheils unterschiedtlich der religion halber an sich selbst billig unnd der
von den Augspurgischen confessionsverwanten in puncto religionis beger-
ten aequalität unndt reciprocation gemeeß
S. den Textvorschlag des CE für Art. V IPO, Osnabrück 1647 II 25/III 7, praes. den Ksl.
und Schweden 1647 III 9, Punkt 1 (nach der lat. Fassung für die Ksl.: Meiern IV, 89–99
hier 89): In reliquis omnibus autem, inter utriusque Religionis Electores, Principes, Status,
omnes & singulos, sit æqualitas exacta mutuaque, violentia omni & via facti, uti alias, ita &
hic inter utramque Partem perpetuo prohibita. (Vgl. die dt. Fassung für die Schweden, s. l.,
s. d.: ebenda , 99–109, hier 100; zur ksl. und schwed. Überlieferung s. APW II A 5 Nr. 304
Beilage [1] und II C 3 Nr. 157 Beilage A).
siegul und briefen, auch erwiederten unnd beschwornen, unverneinli-
chen reversalen, die dritte ausnahm aber wegen des stiffts Newhauß in
re iudicata beruhet, die 4. und 5. auch in denen rechten unnd reichscon-
stitutionen ihre ohnwiedertreibliche fundamenta haben) restituiret wer-
den , welche dann der sustentation, fertilitet unndt nuzbarkeit halber also
important unnd eintragend, das dieselbe zur churfürstlichen hofstadt,
regierung unnd stande gnugsamb b〈e〉stand
experienz für diesem im augenschein selbst geben und bezeuget hat, da
auch noch gute nachricht verhanden, das zu dero zeit entweder gar nichts
oder doch gar weinig aus der Oberpfalz, sonderlich bey Anhaltischer
stadthalterey
Während der Statthalterschaft Fürst Christians I. von Anhalt-Bernburg in der als arm
geltenden Oberpfalz hatte der Kf. dort mehrfach zeitlich befristete Steuerbewilligungen
und neue oder erhöhte Verbrauchssteuern durchsetzen können, dazu Sondersteuern wie
1616 eine Fräuleinsteuer von 32 000 fl. für die Hochzeit der Prinzessin Elisabeth Charlotte
mit Kf. Georg Wilhelm von Brandenburg (zu ihm jetzt Gotthard , Luthertum, 87–
94). Angesichts der Wahl Kf. Friedrichs V. zum Kg. von Böhmen wurde neben einem
Vorschuß von 100 000 fl. im Spätherbst 1619 noch einmal dieselbe Summe bewilligt. Nach
Kurpfälzer Quellen betrugen die Einnahmen aus der Oberpfalz jährlich ca. 30 000 fl.
( Kauw , 88–92; Press , Fürst, 449–452; Schaab II, 90; Volkert , Pfalz, 98–101; zu Prinzessin
Elisabeth Charlotte (1597–1660) s. Schwennicke I.1 T. 95; zu Fürst Christian I. (1568–
1630, 1595–1620 Statthalter) s. Schwennicke I.2 T. 191; F. H. Schubert , Christian,
221–225; Ambronn , 22f.; Westerburg .
worden.
Soviel aber die Oberpfalz betrifft, weiln dieselbe, wie bekandt, titulo one-
rosissimo an ihr churfürstliche durchlaucht in Bayern kommen, es auch
nicht soviel höchstgedachter ihr churfürstlicher durchlaucht alß der Kay-
serlichen mayestätt selbsteygene, gleichwol aus dem Pfälzischen unwesen
einzig undt alleine herfließende sache seye
Ks. Ferdinand II. hatte sich 1628 verpflichtet, Kf. Maximilian I. von Bayern bei Verlust der
ihm als Kriegskostenersatz verpfändeten pfälzischen Territorien Einkünfte aus Oberöster-
reich in Höhe der Kriegskosten zu überlassen ( APW III A 3/3 [ Nr. 111 Anm. 76 ] ).
soviel mehr dabey gelaßen werden, weiln sonsten wieder aller völcker, ja
natürliche unndt Göttliche rechte erfolgen würde, daß allerhöchstgedachte
ihr Kayserliche mayestät alß pars insons, provocata et summe laesa das ver-
brechen sontis, provocantis et extreme laedentis tragen unnd über vorhin
ohnschäzliche schäden auch diese bürden übernehmen müsten, welches
aber ihr Kayserlicher mayestät desto weiniger zuzumuthen, das sie, wie
bekand, eben des Pfälzischen krieges halber ihrer churfürstlichen durch-
laucht zu Sachsen die beede marggrafschafften Ober- unnd Unterlaußniz
anno 1635
Ks. Ferdinand II. hatte Kf. Johann Georg I. von Sachsen die beiden Mgft.en 1623 als
Pfand und 1635 als Lehen der böhmischen Krone für seine Kosten im böhmischen Krieg
abgetreten ( APW III A 3/2 [ Nr. 32 Anm. 82 ] ).
Rhein der cron Franckreich laßen müßen etc.
Über die (das Haus Österreich betreffende) Abtretung der Lgft. des Ober- und des Unter-
elsaß , des Sundgaus und der Reichslandvogtei Hagenau über die Dekapolis sowie über die
Stadt Breisach an Frk. wurde im Grundsatz bereits 1646 entschieden. Der FRO beriet am
13. März 1646 über die entsprechenden frz. Satisfaktionsforderungen (s. APW III A 3/3
Nr. 113). Die beabsichtigte Zession war festgelegt in den (allerdings nicht veröffentlichten)
ksl.-frz. Satisfaktionsart.n von 1646 IX 13 (Text: Repgen , Satisfaktionsartikel, 205–213,
hier Teil I, Punkt 2, 206ff.). Die Zessionsklauseln gingen redaktionell stark überarbeitet,
doch sachlich unverändert in das IPM ein (s. §§ 73 und 74 IPM; Repgen , Hauptprobleme,
429–434).
Pfalz-Neuburg. (Gleichergestalt sub numero 19:) Praemissa gratiarum
actione,
4 man – Neuburgischen theils] Pfalz-Neuburg (3610): Nachdem die Gesandten der kai-
serlichen Proposition sowie den Voten Österreichs und Hildesheims entnommen haben,
was für irrige, praeiudicirliche praesupposita dabey gemacht werden wolten, welche
doch zu ihrer durchlaucht, unßers gnedigsten fürsten und herren, und allen unschuldi-
gen agnaten Rudolffischer lini unwiederbringlichen praeiuditz gereichen, auch wieder der
Kayserlichen majestät erclerungen de annis 1623, 1627 und 1635, dan aller churfürstlichen
und fürstlichen haußeren libertet unnd freyheit, ia wieder die guldene bull selbsten alß
praecipuam legem Imperii fundamentalem, pacta familiae, confirmationes Caesareas et
simultaneas investituras directo streitten thetten, da es [!] ob unius delictum alle innocen-
tes et proximi agnati excludirt werden solten, so könten wir nisi praeiudiciali quaestione
prius discussa; fehlt in Magdeburg D; berührt sich zum Teil wörtlich mit dem Votum
Pfalz-Neuburgs am 28. März 1647 [s. Nr. 131].
punct inverso plane ordine und stückweiß vornehmen, consultiren und
resolviren solle, sondern erachten pillig und hochnötig zu sein, da man
sonsten zu verfang ihres gnedigsten fürsten und herrn fürstlicher durch-
laucht und dero unschüldigen agnaten
Der einzige Sohn Pgf. Wolfgang Wilhelms zu Neuburg, Pgf. Philipp Wilhelm (1615–1690),
führte seit dem 10. November 1644 die Regierung des Ft.s Pfalz-Neuburg ( Schmidt ,
Philipp Wilhelm; Nebinger , 23; Schmidt , Pfalz-Neuburg, 119f., 126; Schaab II, 145f.).
Die in der Textvariante Z. 12f. erwähnten unschuldigen Agnaten der Rudolfinischen Linie
meinen alle von Pgf. Rudolf I. abstammenden Pgf.en, sofern sie sich nach Pfalz-Neuburger
Meinung nicht an der Rebellion Kf. Friedrichs V. von der Pfalz beteiligt hatten. Damit
war Pgf. Ludwig Philipp (Anm. 24) ausgeschlossen, weil er nach Ansicht Pgf. Wolfgang
Wilhelms in die Rebellion seines Bruders verstrickt war. Von den weiteren Mitgliedern
der Rudolfinischen Linie, die mit der Pfälzer Kurlinie aus dem Hause Simmern näher
verwandt waren als die bay. Wittelsbacher, sind neben den Söhnen Kf. Friedrichs V. (s.
Anm. 16) Pgf. Friedrich, Hg. von Zweibrücken, und Pgf. Leopold Ludwig zu Veldenz zu
nennen, die ihre Rechte auf die pfälzische Kur zu behaupten suchten; Pgf. Friedrich hatte
dies bereits auf dem Regensburger Fürstentag 1623 getan ( Riezler , 233; Bezzel , Kur, 6,
17; Steiner , 56; [ Nr. 126 Anm. 11 ] ; unten Anm. 104).
wolle (welches doch verhoffentlich churfürsten, fürsten und stände nicht
verhengen werden), das vor allen dingen ihrer fürstlichen durchlaucht
numehro zu Münster und alhie durch das löbliche Maynzische reichsdi-
rectorium loco dictaturae distribuirte und in der güldenen bull
Nach Kap. VII [1] der Goldenen Bulle von 1356 hatten die weltlichen Kf.en Stimme und
Sitz bei der Kg.swahl kraft ihrer Ft.er, deren Unteilbarkeit Kap. [XX] und [XXV] festschrie-
ben ( MGH LL IV t. XI.VII, 586 Z. 5ff.; 610 Z. 1–24, 620 Z. 5–23). Kurtranslation und
Abtrennung der Oberpfalz widersprachen diesen Bestimmungen, denn die Oberpfälzer
Landesteile Amberg, Nabburg und Kemnath gehörten zum Kurpräzipuum, nämlich den
„ewigen“, d. h. unveräußerlichen, Teilen der Pfalz ( Schaab I, 96, 235; Schindling / Zieg -
ler , 9). Im Pfalz-Neuburger Votum von 1647 III 28 sind diese Bezüge deutlicher als hier
(s. Nr. 131 bei Anm. 34).
familiae, confirmationibus Imperialibus, tot tamque diversis investituris
simultaneis
Gemäß den Regelungen des Heidelberger Vertrags zwischen den Pgf.en der Rudolfinischen
Linie von 1553 XI 2 (Text: DuMont IV.3, 61ff.; Bestätigung 1557, s. Häberlin III, 76f.)
war die Pfalz-Neuburger Linie seit 1559 nächster Anwärter im ungeteilten Kft. Pfalz
bei Erlöschen der regierenden Linie. Entsprechend hatten Pgf. Wolfgang zu Neuburg
(der Großvater Pgf. Wolfgang Wilhelms) und seine Söhne 1566 die ksl. Bestätigung der
Anwartschaft auf Kur, Kurlande und Erztruchseßamt erhalten, und dem Pgf.en war die
Eventualbelehnung mit der Kur erteilt worden. Die Anwartschaft wurde 1570 bestätigt
und die Eventualbelehnung für die Söhne Pgf. Wolfgangs 1570, 1580 und 1615 erneuert
( Häberlin VIII, 48; Sicherer , 66; Bezzel , Kur, 17 Anm. 1; Kossol , 4); zu Pgf. Wolfgang
(1526–1569, 1559 Hg. zu Neuburg) s. Ney , Wolfgang, 76–87; Ney , Pfalzgraf, 1–124;
Kurze , 292–322; Nebinger , 17f.
Ks. Ferdinand II. hatte Pgf. Wolfgang Wilhelm zu Neuburg am 30. März 1623 eine bedingte
Anwartschaft erteilt: Falls ihm die pfälzische Kur durch einen Schiedsspruch zugesprochen
würde, sollte er sie nach dem Tod Kf. Maximilians I. von Bayern erhalten; falls sie bei
den bay. Wittelsbachern bleiben oder an die Heidelberger Linie zurückfallen würde, sollte
Pfalz-Neuburg nächster Anwärter nach diesen Linien sein (Text: DuMont V.2, 425–430;
s. BA II 1 Nr. 34, hier 114 Anm. 1; Bezzel , Kur, 6). Ferner sagte der Ks. noch im selben Jahr
zu, die Kurwürde beim Tod Kf. Maximilians vor einer rechtlichen Entscheidung nur mit
Zustimmung der Kf.en zu verleihen. Falls die Kur bei Bayern verbleibe, sollten Wolfgang
Wilhelm und seine Nachkommen die nächste Anwartschaft auf sie bei Aussterben der
Wilhelminischen Linie erhalten (Regest, Prag 1623 s. die: Häberlin-Senkenberg XXV,
307f.). 1628 X 4 sicherte der Ks. dem Pgf.en die Überprüfung der Rechte der Agnaten
auf einer späteren Reichsversammlung zu (Regest: BA II 4 Nr. 70, 67f.; Bezzel , Kur, 13).
Zwei ksl. Erklärungen von 1635 VIII 29 und IX 17 bewogen den Pgf.en, im Januar 1636
dem PF beizutreten, obwohl dieser durch Art. [32] die ehemals pfälzische Kur mit der
Wilhelminischen Linie der Wittelsbacher erblich verband: Der Ks. hatte ihm versichert,
seine Rechte durch den PF nicht vermindern zu wollen; er beabsichtige, Kf. Maximilian
von Bayern und der Wilhelminischen Linie die Kur nur so lange zu sichern, bis der Pgf.
oder seine Erben durch einen Schiedsspruch eine andere Lösung erreicht hätten ( BA II
10.4 Nr. 564 A, 1615; Küch , 150f.; Steiner , 125f.).
statlich fundirte haubtproposition
Münster 1646 XII s. die; Druck (p. 1–16), s. l., s. d., ohne Lemma, im Text (p. 16, letzter
Absatz, beginnend So haben mehrhoestchgedachte [!]) als proposition bezeichnet: HHStA
MEA FrA Fasz. 26 unfol. Inhalt: Schilderung des Pfalz-Neuburger Anspruchs auf Nach-
folge in der Pfälzer Kur und den damit verbundenen Rechten und Territorien; Bitte an
die Reichskurien um Vermittlung bei Ks., Frk. und Schweden, damit diese Rechte durch-
gesetzt oder die Nachfolgerechte in der Heidelberger und bay. Linie der Wittelsbacher
wenigstens gewahrt werden, sowie um Satisfaktion für den Fall, daß sie nicht vollständig
realisiert werden können; Mahnung an die Ges. betroffener Rst. , von den Beratungen in
den Reichskurien fernzubleiben. Die Hauptproposition nennt fünf numerierte Beilagen,
von denen zwei beigefügt sind (Drucke, s. l., s. d., ohne Numerierung und Lemma): [2]
(= Lehnsbrief für Hg. Maximilian von Bayern, Regensburg 1623 II 25; zu Ausf. und Edi-
tion s. Albrecht , Maximilian, 572 Anm. 111), [4] (= ksl. Erklärungen von 1635 VIII 29
und IX 17, s. vorige Anm.). Fehlende Beilagen, 1: Erneuerung der Anwartschaftsrechte
Pfalz-Neuburgs auf die Pfälzer Kur von 1623 (s. Anm. 72); 3: ksl. Revers für Pgf. Wolfgang
Wilhelm, ausgestellt bei der Belehnung Hg. Maximilians von Bayern 1623, mit Vorbehalt
der Pfalz-Neuburger Rechte; 5: ksl. Zusage von 1627 zur Behandlung der Pfalzfrage auf
dem nächsten RT oder RDT mit Wissen und Berücksichtigung der Rechte Pfalz-Neuburgs.
– Nur der KFR hatte bisher darüber beraten (1647 I 21, s. APW III A 1/1, 701 Z. 19–703
Z. 13).
petita bey allen dreyen reichsrähten berahtschlaget und ex fundamento
decidiret werde. Solte man alsdan nach sölcher consultation befinden, das
bey dieser coniunctur zu erhaltung des so lang erwünscheten friedens diese
sache nach inhalt gedachter haubtproposition nicht entlich und völlig zu
dero pilligen contento in der güete oder mit recht entschieden werden
könte, so möchten es ihre fürstliche durchlaucht amore pacis mit denn in
dieser hiemit überreichter nebenproposition
An die Reichskurien. Text, s. l., s. d., praes. 1647 II 22 den Schweden (s. APW II C 3,
287 Z. 16ff. und 291 Beilage I): Stockholm Riksarkivet Diplomatica Germanica vol. 6
fol. 211–217. Inhalt: [1.] Wiederholung der Bitten Pfalz-Neuburgs wegen seiner Anwart-
schaft auf die Pfälzer Kur und die damit verbundenen Rechte und Territorien aus sei-
ner „Hauptproposition“ (s. vorige Anm.); [2.] bei Abschlagung derselben und Restitution
der Heidelberger Linie Bitte um Zusicherung der Anwartschaft Pfalz-Neuburgs nach
deren Erlöschen sowie um Unteilbarkeit der kfl. Territorien nach den Bestimmungen der
Goldenen Bulle von 1356; [3.] zur Entschädigung für Verstöße gegen Pfalz-Neuburger
Nachfolgerechte und erlittene Kriegsschäden Bitte um Zusicherung des Amts Pleystein,
der Hälfte von Stadt und Amt Parkstein-Weiden, der Stadt Pfreimd, der Belehnung mit
den Kurpfälzer Lehen im Hgt. Jülich; ferner um die Nachfolge in Kurpfalz und demjeni-
gen , was an Kurpfälzer Rechten und Territorien durch den Westfälischen Frieden an die
bay. Linie übergeht, im Fall des Erlöschens der bay. Linie nach der Heidelberger; um die
Nachfolge in der achten Kur bei Erlöschen der bay. Linie vor der Heidelberger und dem
dann erfolgenden Rückfall der vierten Kur an diese; [4.] um das Recht, bei Differenzen
mit Kurbayern ein ständisches Austrägalgericht anrufen zu können; [5.] um Präzedenz des
regierenden Hg.s von Pfalz-Neuburg vor den Hg.en der bay. Linie. – Das Kondominium
Parkstein-Weiden gehörte zur Hälfte zum Ft. Pfalz-Neuburg, während die zweite Hälfte
(aus Kurpfälzer Besitz), um deren Zusicherung der Pgf. bat, 1623 infolge der Ächtung
Kf. Friedrichs V. von der Pfalz an Pfalz-Neuburg gekommen war ( Sturm , 39f.). Auf die
Stadt Pfreimd (nördlich von Nabburg) aus dem Besitz der im November 1646 ausgestor-
benen Lgf.en von Leuchtenberg ( Europäische Stammtafeln NF XVI T. 97; Volkert ,
Reichsstände, 329) meinte der Pgf. aufgrund alter Nachfolgerechte Anspruch zu haben.
Das Amt Pleystein (im Oberpfälzer Wald) hatte er 1626 von Kf. Maximilians Bruder Hg.
Albrecht VI. von Bayern (1584–1666) gekauft, der es 1623 als heimgefallenes böhmisches
Lehen aus Kurpfälzer Besitz von Ks. Ferdinand II. erhalten hatte ( Schwennicke I.1 T. 107;
Poblotzki , 38; Volkert , Pfalz, 102, 125).
schen reichsdirectorio schon übergeben und hoffentlich alsbaldt ad dic-
taturam kommen wird) ausgetrückten conditionibus und anderergestalt
nicht geschehen laßen.
Weiln auch
hierbey interessiret sein
Österreich gehörte zu den Betroffenen, weil Ks. Ferdinand II. sich 1628 verpflichtet hatte,
Kf. Maximilian bis zu 13 Millionen fl. der Einkünfte Oberösterreichs zu überlassen, falls
dieser oder seine Erben die pfälzischen Territorien, die er 1628 als Reichslehen für seine 1619
bis 1622 entstandenen Kriegskosten erhalten hatte, wieder verlieren würden ( Tauschver-
trag von 1628 II 22 sowie Kauf- und Übergabebrief von 1628 III 4, Texte: Dokumente
I,3,2 Nr. 272, 273; Albrecht , Maximilian, 606f.). Kurköln gehörte zu den Betroffenen,
weil Kf. Ferdinand von Köln Deszendent der Wilhelminischen Linie und potentieller Erbe
seines Bruders Maximilian war. Der Fbf. von Osnabrück, Franz Wilhelm von Wartenberg,
gehörte insofern zu den Betroffenen, als Ks. Ferdinand II. in dem genannten Kauf- und
Übergabebrief von 1628 III 4 für sich und seine Nachkommen die Verpflichtung einge-
gangen war, bei Aussterben der gesamten Wilhelminischen Linie und der Verleihung der
pfälzischen Territorien an andere Agnaten oder ihrem Heimfall ans Reich den Nachfolgern
in den Hgt.ern Ober- und Niederbayern sowie den Allodialerben der Wilhelminischen
Linie 13 Millionen fl. zu zahlen. Zu diesen potentiellen Erben gehörten Franz Wilhelm
bzw. andere Angehörige des Hauses Wartenberg (s. Schwennicke I.1 T. 109). Hessen-
Darmstadt gehörte wegen der Ämter Umstadt und Otzberg (s. [ Nr. 131 Anm. 56 ] ) zu den
Betroffenen. Bei den Beratungen über die Pfalzfrage blieb (Kur-)Bayern fern, während
die übrigen nach Pfalz-Neuburger Ansicht betroffenen Rst. teilnahmen (so Kurköln an
den KFR-Sitzungen am 21. Januar, 16. und 18. März 1647, s. APW III A 1/1, 701 Z. 17f.,
38ff., 728 Z. 14, 733 Z. 4; Österreich, Hildesheim [Fbf. Ferdinand] und Hessen-Darmstadt
an der gegenwärtigen FRO -Sitzung).
lich versehen, es werden dieselbe, auch dero rähte unnd gesante, ihrer bey-
wohnenden eigenen discretion nach von den deliberationibus, welche in
dieser Pfälzischen sache gehalten werden, sich ultro selbst absentiren noch
vor sich selbsten oder wegen ihrer inhabenden stiffter oder landen weder
auch im nahmen anderer reichsständ, die ihnen bey dieser friedenshand-
lung ihre vota aufgetragen haben, einige stimme nicht führen, noch auch
sölches der löbliche fürstliche reichsraht ihnen zu thun nicht gestatten.
Pfalz-Neuburg übergab außer der „Nebenproposition“ (Anm. 74) eine recusationschrift
(Textvariante Z. 21), die sehr wahrscheinlich identisch ist mit einem Pfalz-Neuburger
Antrag aus Münster von 1647 II 16; Text: Österreich A III (XXXVII) fol. 92–93’.
Inhalt: Antrag, daß Österreich, (Kur-)Bayern, Kurköln, das Hst. Osnabrück und Hessen-
Darmstadt als Betroffene den Beratungen über die pfälzische Sache fernbleiben und ihre
Ges. auch nicht namens anderer Rst. daran teilnehmen möchten. – In dieser Sitzung
konnte Pfalz-Neuburg, abgesehen von Hessen-Darmstadt, auch an der Vertretung des
Hst.s Hildesheim Anstoß nehmen, da Kf. Ferdinand von Köln Fbf. von Hildesheim war.
Österreichisches Direktorium. Was die ubergebene schrifften anlan-
ge , würden sie deswegen an das Churmainzische reichsdirectorium sich
finden und es daselbst übergeben.
Pfalz-Neuburg. Hetten es gethan, könten aber nicht erlangen, das es
dictiret werde etc.
10–11 Bethen – laßen] Pfalz-Neuburg (3610): Die Gesandten baten inständig, mit itzigen
consultationibus et resolutionibus so lang einzuhalten, biß vorangeregte dictatur vorher-
gangen und ihre[r] fürstlichen durchlaucht billichmäßige petita sowol wegen der haubt-
alß nebenproposition und recusationschrift vor allen dingen in berathschlagung gezogen
und resolvirt worden seien.
zu laßen.
Pfalz-Lautern und andere. Beschwerten sich gleichergestalt, das es
ihnen auch in anderen dergleichen fällen begegnet etc.
Österreichisches Direktorium. Das wolte sich nicht schicken, son-
dern das reichsdirectorium müste die dictatur anordnen.
Braunschweig-Celle, Sachsen-Altenburg und andere. Es ge-
bühre sich gleichwol nicht unnd stünde dem directorio nicht frey, dictiren
zu laßen, was es wolle, sondern was einkehme und sonderlich, was reichs-
sachen weren. Churmaynz hette eine zeithero ein hauffen privata in sei-
nen eigenen sachen, die Bergkstraße betreffend, dictiren laßen
Kurmainz hatte am 3., 5. und 6. März 1647 ein Memorial über die Bergstraße und andere
Pfandschaften, das seine Ges. 1642 I 16 bei den Wiener Verhandlungen über die Pfalzfrage
vorgelegt hatten, samt zehn Beilagen diktieren lassen (Text: Meiern IV, 359 –362; Text der
Beilagen A, B, C, D, G, H, I, K: ThStA Altes Hausarchiv Klasse I E 6 fol. 182–209’; Druck
der Beilage G [= Revers von 1463]: s. Anm. 20).
reichssachen aber blieben darüber liegen.
4–5 Basel – Simmern] Ergänzt nach Magdeburg D und Pfalz-Neuburg (3610). In
Braunschweig-Celle B I (Konzept) folgt auf das Votum Pfalz-Neuburgs das Votum
Pfalz-Zweibrückens; das Votum Basels fehlt. In Pfalz-Neuburg (3610) folgt auf das
Votum Pfalz-Zweibrückens: Pfalz-Veldenz. Wie Lautern und Simmern.
Pfalz-Zweibrücken. Wie Pfalz Lautern und Simmern.
Sachsen-Altenburg. Man habe a parte Sachsen Altenburg mit meh-
rem verstanden, was vom hochlöblichen Österreichischen directorio zur
umbfrage proponiret. Man habe auch angehöret, was von denen vorsi-
zenden in dieser sachen für vota gefallen, unter welchen man sich, soviel
die quaestionem „an“ betrifft, gar wol mit dem vernünfftigen, wolaus-
geführten Würzburgischen voto conformiren könne. Und weil es an deme,
daß dieser Pfälzischen sachen halber das liebe vaterland so lang im krieg
stecken und fast gar darüber zugrund gehen müßen, so gebühre ihrer
Kayserlichen mayestät für dero sorgfalt allerunterthenigster danck, daß
sie diese schwere sache absque ulteriori mora bestendigerweise und aus
dem grunde beylegen zu laßen begerten. Es theten auch ihre Kayserli-
che mayestät höchstlöblichst, das sie es bey allen dreyen reichsrähten in
deliberation bringen ließen; dann einmahl sey gewiß, das die churwürden
anfengklich nicht von sich selbst entstanden, sondern zum theil tacito,
theils aber expresso in der güldenen bull befindtlichen consensu omnium
statuum eingeführet . Dahero dann auch billig, das dergleichen mutatio-
nes nicht nur mit eines und des andern, sondern gesambter churfürsten,
fürsten und stände des Reichs vorwißen unnd einwilligung vorgenommen
werden müßen.
Die sache nun an sich selbst bestünde vornemblich in 3 puncten: 1. [in]
dignitate electorali Palatinatus, 2. concernire ipsum principatum, 3. statum
ecclesiasticum.
Soviel erstlich die churwürde betrifft, sey vorgeschlagen worden, das der
octavus electoratus eingeführet werden müchte, weil sonst ganz kein ander
mittel zu finden, wie und welchergestalt aus der sachen zu gelangen. Nun
sey es zwart an deme, das bey den fundamentalgesezen freylich und in alle
wege zu beharren, und were zu wünschen, das man den numerum elec-
torum , so in der aurea bulla verordnet, darbey man sich etliche 100 jahr
woll befunden, noch weiter behalten künte. Wann er aber hergegen die
rationes, so Würzburg angeführet, bedencke, müße er bekennen, das ob
maius malum evitandum die aurea bulla wol könne geendert werden.
Zudeme sey es mit dem numero electorum ohnedas also beschaffen, das
derselbe nicht allezeit einerley gewesen, wie dann bekandt, was die scrip-
tores davon schreiben, darunter sonderlich des kaysers Friderici I. secre-
tarius Amandus
Angeblicher Sekretär Ks. Friedrichs I., den zuerst Windeck 1616 mit einem bis dahin
unbekannten libellus als Zeugen für die Kg.swahl 1152 angeführt hat, bei der sechs oder
acht Fürsten gewählt hätten ( Commentarius V, 15). Weder in dem libellus noch bei Windeck
oder Gewold, der Amandus als Gewährsmann in seinen Kommentar über das Kf.enkolleg
übernommen hat (s. Dürrwächter , 43 Anm. 1), wird die Wahl Ks. Friedrichs als Beginn
des Kurkollegs gedeutet. Durch Gewold geriet Amandus in die spätere Staatsrechtsliteratur
(s. z. B. Pfeffinger I.2, 125).
oder acht bestanden sey. Halte also dafür, es werde nicht allein gegen die
posterität zu verantworten sein, sondern sie würden es auch noch darzu
loben, das man den gegenwertigen zustand des nohtleidenden vaterlandes
in consideration gezogen und daßelbe aus dem augenscheinlichen unter-
gang herauszureißen ein sölches mittel ergriffen hette. Dieses periculum
sey zwar dabey, das dergestalt der numerus electorum par und dahero
auch bey vorgehenden electionibus und sonsten paria vota zu besorgen
sein müchten, jedoch könten vielleicht auch, [um] dieser gefahr fürzu-
bawen , noch wol mittel gefunden werden. Pliebe demnach nochmahls
dabey, das ratione octavi electoratus die quaestio „an“ affirmative zu re-
solviren .
Ein andere quaestio aber sey „quomodo“, wie nemblich derselbe zu intro-
duciren und einzuführen. Welche quaestion dann, wie auch die anderen
beeden betreffend, halte man Sachsen Altenburgischen theils dafür, daß
izo darüber füglich nicht votiret werden könne, und zwar darumb, weil
die cronen dieser sachen sich so starck theilhafftig machen. Derowegen
unsere deliberationes vergeblich sein würden, wann man nicht vorhero
wüste, ob es auch bey denen cronen mit guter manier zu erheben were.
Dann solte man etwas statuiren, darzu die cronen nicht zu disponiren,
möchte gar leicht anstadt des lieben friedens die continuation des krieges
veruhrsachet werden. Halte also nochmahls dafür, daß man die quaestio-
nem „quomodo“ und die übrigen beyde, sowol was die restitutionem
terrarum alß den statum ecclesiasticum betreffe, denen herrn Kayserli-
chen und königlichen plenipotentiariis zur verhandlung übergebe und sie
dabey ersuche, das wie sie vermöge der ausgegebenen proiecten
Bezug auf den schwed. Textvorschlag für eine Übereinkunft zwischen Ks. und Reich sowie
Schweden und Frk. über die pfälzische Sache, [Prooemium], praes. 1647 II 28 (s. Meiern
IV, 356 , erster Absatz des Textvorschlags): Quod Causam Palatinam attinet, visum est ex
re & tranquillitate Imperii, ut & hæc controversia absque ulteriori mora componeretur.
Die Ksl. haben in ihrer darauf bezüglichen Erklärung von 1647 III 4 ihr Einverständnis
erklärt ( Meiern IV, 358 , zweiter Absatz der Erklärung).
seits selbst der mainung weren, das ohne weitern verzug die sache güetlich
beyzulegen, so müchten sie in denen tractaten weiter fortfahren unnd
dahin trachten, damit es dermahleinsten zum entlichen schluß kommen
unndt gedeihen möge; doch mit dieser austrücklichen condition und vor-
behalt , das 1. wolgedachte herrn plenipotentiarii von demiennigen, was
abgehandelt, churfürsten, fürsten und ständen iedesmahls communication
wiederfahren laßen und dero gutachten, genembhaltung und ratification
darüber vernehmen unnd einhohlen, unndt könne man 2. evangelischen-
theils auch nicht geschehen laßen, das man den punctum gravaminum ganz
beyseits- und zurückseze, sondern es müste derselbe, wo nicht vorhero,
doch pari passu erörtert werden. Es sey ia denen herrn catholischen eben-
sowol als ihnen, denen evangelischen, an deren erledigung zum höchsten
gelegen; dahero ia zu gewinnung der zeit diese beede puncta gar wol
zugleich verhandelt und componiret werden könten. Solte es aber nicht
geschehen, würde man Sachsen Altenburgischen theils nicht allein weiter
hierinnen zu votiren oder in dasiennige, was gehandelt würde, zu willigen
bedencken tragen, sondern wolle auch dieses votum hiemit revociret und
wiederruffen haben. Man hoffe, weil dieses begeren und conditiones dem
vorigen reichsbedencken gemeeß
S. das Bedenken der Reichsräte, praes. Osnabrück 1646 IV 17/27, hier die Correlation
des FR zu Klasse II bis IV der Repliken der Kronen ( Meiern II, 895 f., letzter/erster
Absatz, beginnend Uber die von der Cron Schweden, hier 896, letzter Satz des Absatzes):
Die Erledigung der Reichssachen (d. h. die Behandlung der Gravamina) soll unverzüglich
fortgeführt werden (s. dazu auch APW III A 3/3, XCII). – Thumbshirn hatte sich (im
Namen des CE ) schon früher für die Gravaminaverhandlungen eingesetzt, z. B. am 5.
Februar 1646 im FRO (s. APW III A 3/3, 36 Z. 13–16; zu der inzwischen begonnenen neuen
Phase der Gravaminaverhandlungen s. Anm. 27). Am Tag nach der FRO -Sitzung, am 17.
März 1647, forderten die ksl. Ges. (Trauttmansdorff, Lamberg, Volmar und Krane) die ev.
Ges. zu sich. Volmar hielt ihnen in einer später schriftlich mitgeteilten Proposition vor, daß
sie bei ihren ersten Forderungen verharrten ( Meiern IV, 128 f., Text der Proposition, s. l.,
s. d.: 129ff.; APW III C 4, 175 Z. 10f.; Wolff , 169 Anm. 108).
die herrn Kayserlichen nicht übelnehmen oder sie deßen verdencken.
Und wie Pfalz Lautern erinnerung gethan, also wolle man gleicherge-
stalt umb communication der verlesenen Kayserlichen proposition sowol
deßen, was Pfalz Newburgk izo eingereichet, gebeten haben etc.
Sachsen-Coburg. Wie Sachsen Altenburg und gleichstimmende etc.
Sachsen-Weimar, -Gotha und -Eisenach. Wegen ihrer fürstlichen
gnaden zu Sachsen Weymar, Gotha unnd Eisenach
meinung, daß ihr Kayserlicher mayestät für die reichsväterliche sorgfalt
allerunterthenigst danck zu sagen und darbey allergehorsambst zu bitten,
so lang darinnen zu verfahren und nicht abzulaßen, bis dermahleins ein
bestendiger friede durch Gottes gnade erlanget werde.
Die vorgelegte proposition antreffend, befinde er, das dißmahl ein mehres
nicht in umbfrage gestellet sey, alß ob churfürsten, fürsten unnd stände in
die einführung des octavi electoratus willigen könten. In hac quaestione,
und zwart noch zur zeit nur abstractive, hielten ihre fürstlichen gnaden
dafür, weil bishero sehr viel und unterschiedtliche vorschläge ins mittel
kommen, aber keiner practicabel gewesen, so were entlich umb des lieben
friedens willen der octavus electoratus einzureumen und nachzugeben,
jedoch das dieses extraordinarium in consequentiam durchaus nicht gezo-
gen noch dieser numerus perpetuiret werde.
Das concretum sey noch nicht in die umbfrage kommen, wolle dem-
nach das Magdeburgische, Würzburgische und Sachsen Altenburgische
votum repetiret und gleich ihnen seine meinung suspendiret haben, mit
bitte wie Sachsen Altenburg, das die Kayserlichen herrn plenipotentiarii
mit denen hochlöblichen cronen in denen angetretenen tractaten fortfah-
ren und dieselben zum guten ende hinnausführen, auch was iedesmahls
gehandelt unnd abgeredet worden, churfürsten, fürsten und ständen zu
dero genembhaltung hinterbringen müchten.
Im übrigen wiederhole er die von Sachsen Altenburg beygebrachte und
vorhero von Magdeburg auch berürte bedingung, das nemblich die grava-
mina nicht postponiret, sondern zum weinigsten pari passu abgehandelt
werden, oder würde wiedrigen verpleibenden falß dieses sein votum nicht
pro suo erkennen und hette schließlich gleichergestalt umb communica-
tion zu bitten.
Brandenburg-Kulmbach. Gleichwie man an seiten Brandenburg
Culmbach, als hiebevorn in puncto amnistiae gerahtschlaget worden, da-
fürgehalten
Pfalzische sache hin- und beygeleget werde, also vernehme er ganz gerne,
das numehr auch dieselbe zur reichsdeliberation gebracht würde, wie er
dann die gegen ihre Kayserliche mayestät von denen vorsizenden abgelegte
dancksagung wiederholete.
Das werck an ihm selbst befinde er von großen difficulteten, schwerer
importantz und gefehrlicher consequentz, und weil die proposition zimb-
lich weitleuftig und nachdencklich, so wolle er gleichsfals umb communi-
cation derselben per dictaturam und umb verstattung bedenckzeit gebeten,
zuvorderst aber auch, was von Sachsen Altenburg wegen der gravaminum
erinnert worden, brevibus repetiret haben etc.
Brandenburg-Ansbach. Wie zuvorn.
Braunschweig-Celle. Hette verhoffentlich wol eingenommen, was
sowol von dem hochlöblichen Österreichischen directorio in causa Pala-
tina proponiret als von denen vorsizenden darüber votiret worden. Nun
sey es an deme und hette das fürstliche hauß Braunschweig Lüneburg alle-
zeit dafürgehalten, das an güetlicher accommodation dieser Pfälzischen
sache hoch unnd viel gelegen, dahero sie dann uff und bey allen collegial-,
reichs- und deputationtägen dahin gezielet unnd votiret
Die Braunschweig-Lüneburger Ges. , die auf dem KFT zu Nürnberg 1640 auf die Einbe-
rufung eines RT zu Friedensverhandlungen hinwirkten, waren von Braunschweig-Celle,
-Calenberg und -Wolfenbüttel instruiert worden, 1612 als Grundlage allgemeiner Friedens-
verhandlungen anzustreben und somit implizit die Behandlung der Pfalzfrage zu fordern.
Auf dem Regensburger RT 1640–1641 forderten sie in einem gemeinsamen Memorial mit
Hessen-Kassel (Text: Londorp V, 568–572) am 22. August 1641 vor dem Plenum des RT
eine allgemeine, unbeschränkte Amnestie unter Einbeziehung der Söhne des geächteten
Kf.en Friedrich V. Auf dem Frankfurter RDT plädierte Braunschweig-Lüneburg in der
Sitzung am 17. März 1643 erneut für eine unlimitierte Universalamnestie ( Brockhaus ,
207; Langenbeck , 16f., 250ff.; Bierther , 18f., 138f., 198f.; Philippe , 36; van den Heuvel ,
129f.; APW III A 3/3 [ Nr. 101 Anm. 48 ] ).
sache in der güete hin- und beygeleget werden möchte. Unnd hette dahero
das fürstliche hauß Braunschweig Lüneburg ganz gerne vernommen, daß
zwischen ihrer Kayserlichen mayestät, den beyden cronen und beyderseits
interessenten die tractaten für die handt genommen worden. Ihre fürstli-
chen gnaden würden auch nicht unterlaßen, darbey nach mügligkeit gerne
zu cooperiren.
Man habe sonst Braunschweig Lüneburg Zellischen theils vernommen, das
die fürgelegte proposition fürnemblich uf zweyen fragen bestehe: 1. wegen
der churwürde etc., 2. wegen der lande etc. Da sich dann die 1. wiederumb
in zwey membra oder quaestiones abtheile: (1.) „an“, ob nemblich der
octavus electoratus zu gestatten; (2.) „quomodo“, wie dann sölches zu
vermitteln undt einzuführen. Deßgleichen die 2. frage betreffe (1.) die
Ober- und (2.) die Unterpfalz etc.
Nun möchte es zwart ad primum super quaestione „an“ an seiten des
fürstlichen hauses Braunschweig Lüneburgk so gar groß bedencken nicht
haben, sich darüber herauszulaßen. Weil man aber aus der verlesenen Kay-
serlichen proposition wahrgenommen, das die quaestio „an“ mit der quae-
stione „quomodo“ wie auch mit der andern haubtfrage, die restitution der
lande betreffendt, combiniret, auch allerhand conditiones darbey prae-
supponiret werden wollen, so müße man bekennen, das man nicht so weit
instruiret sey, sondern müße wie Magdeburg und Salzburg sein votum
suspendiren unnd die notturfft bis zu anderer zeit unnd gelegenheit reser-
viren .
Österreichisches Direktorium. (Interloquendo:) Were nicht dahin,
das man mehr quaestiones machen oder izt stracks resolviren wolte, ange-
sehen , sondern nur, damit sie vernehmen, was bishero in der sachen fürgan-
gen , auch derselben desto beßer nachdencken und sich soviel ehe darauf
erklehren könten. Dißmahl aber sey es vornemblich umb die quaestionem
„an“ ratione octavi electoratus zu thun.
Braunschweig-Celle. Man halte soviel mehr nachdencklich, über de-
nen andern puncten sich heraußzulaßen, weil albereit die tractaten würck-
lich angetreten. Hette auch noch nicht vernommen, das dieselbe etwan in
stecken gerahten weren. Wolte demnach am besten sein, dieselbe in ihrem
lauf zu laßen, und weren ihre Kayserliche mayestätt allerunterthenigst zu
ersuchen, in sölchem tramite zu pergiren und die handtlung fortsezen zu
laßen, doch mit der maße unnd condition wie Sachsen Altenburg, daß
alles denen ständen communiciret unndt nichts ohne deren consens unnd
bewilligung geschloßen werde. Dann solte man in denen deliberationi-
bus fortfahren, könte 1. nicht allein denen interessenten leichtlich prae-
iudiciret werden, sondern es were auch 2. noch ungewiß, ob die cronen
dasiennige, was man dergestalt consultire unnd schließe, auch genemb-
halten müchten, da dann uf den wiedrigen fall das Reich nichts anders
ausrichten, als odia und invidias uf sich landen, auch churfürsten, fürsten
unndt ständen schimpflich sein würde, wann sie hernach ex post facto ihre
mainung endern solten.
Weil nun 1. noch die gravamina als einer von denen schweresten ad pri-
mam classem gehörigen haubtpuncten
Bezug auf die schwed. Replik von 1646 I 7, deren erste Klasse die Res & Negotia Imperii
umfaßt, und zwar 1. die Amnestie, 2. die Privilegien und Rechte der Rst. , 3. die Gravamina
und 4. den Handel ( Meiern II, 185 ).
diget , auch 2. noch keine andere particularsachen in den reichsraht gezogen
worden
Das war insofern nicht korrekt, als die Reichskurien über die hessen-kasselschen Grava-
mina und Postulata beraten hatten, zu denen z. B. Forderungen gehörten, die aus dem
Marburger Erbfolgestreit resultierten. Dazu hatte Österreich bei der Beratung im FRO
am 14. März 1646 erklärt, das seien particularia unter den beyden fürstlichen heusern, über
die sich die Betroffenen einigen würden. Auch der braunschweigische Ges. hatte damals
geäußert: Theils sachen weren particularia ( APW III A 3/3, 323 Z. 17ff., 326 Z. 6f.).
und hergegen vor allen dingen dahin zu sehen, wie zuvorderst der passus
gravaminum erlediget und in richtigkeit gebracht werden möge. Wann es
aber so weit in denen tractaten kommen undt alsdan die sache hinwie-
der zur reichsconsultation gebracht werden solte, so were man alsdan von
seiten Braunschweig Lüneburg Zelle sich der gebüer zu erklehren und
dasiennige, was dem Heyligen Römischen Reich nüzlich, auch deßen con-
stitutionibus unndt der pilligkeit gemeß, mit beytragen zu helffen erböttig
etc.
Hierauf begerte daß Österreichische Direktorium nochmahls zu
wißen, wohin dann sein votum ratione quaestionis „an“ eigentlich ginge.
Braunschweig-Celle. Welches er kürzlich und ohngefehrlichen inhalts
nochmahls dahin erklehrete, das es circa quaestionem „an“ in abstracto
seu abstractive kein bedencken haben würde, sondern wolte dieselbe, also
abstractive, affirmative resolviret haben.
Braunschweig-Grubenhagen. Hette gleichergestalt wol eingenom-
men , was vor dißmahl in umbfrag gestellet. Weil aber vom Österreichi-
schen directorio diese fernerweite erklehrung geschehen, das izo nur de
octavo electoratu abstractive zu reden sey, so wolle er sich auch nur dar-
auf heraußlaßen. Nun sey zwar von seinem collega herrn Dr. Langenbeck
schon angeführet
S. das Votum Braunschweig-Celles. Normalerweise wurden die Ft.er Braunschweig-Celle
und -Grubenhagen gemeinsam von einem Ges. vertreten, wie Lampadius, der hier für
Braunschweig-Grubenhagen votiert, am 27. September 1646 erläuterte (s. Nr. 125 bei
Anm. 24). Es ist nicht ersichtlich, warum die Braunschweiger Ges. hier von dieser Regelung
abwichen.
quaestione „an“ wol keine sonderbahre große difficulteten machen würde,
dieweil aber unter den reichssachen nicht allein die causa Palatina zu
accommodiren, sondern auch die gravamina gutentheils noch unvergli-
chen weren, welche dann viel mehr nach sich trügen und sowol ihr Kay-
serliche mayestät alß beyderseits stände concernirten, respectu deren die
causa Palatina nur für ein privatwerck zu achten, so were ia billig unndt
nötig, das dieselben zuerst erörtert unnd beygeleget werden; welches er
nicht zu dem ende anführe, als wan die causa Palatina gar zu postponiren.
Es sey aber bekandt, das ihr Kayserliche mayestät selbst gestanden, das die
vornembste ursach alles unglücks und dieses so lang gewerten krieges von
den gravaminibus herkomme
Es ist unwahrscheinlich, daß der Ks. sich so geäußert hat. Ursprünglich sollten die Gra-
vamina gar nicht auf dem WFK, sondern auf einem ao. RDT behandelt werden. Die Ksl.
gaben der schwed.-rst. Forderung nach ihrer Behandlung auf dem Friedenskongreß nach,
da es ihrer (bzw. Trauttmansdorffs) Taktik entsprach, durch eine rasche Einigung mit den
Rst. n eine sichere Basis für die Verhandlungen mit den Kronen zu schaffen ( Bierther ,
193; Ruppert , 239). Im hier referierten Sinne hatten sich vielmehr die Schweden geäußert,
s. die schwed. Replik von 1646 I 7, schwed. Protokoll, Klasse IV,3 ( Meiern II, 196): In
mehrer Erwegung, daß die Gravamina zu diesem Kriege die rechte Brunquell waeren […].
excellenz zum öfftern erinnerung gethan, das doch die sache maturiret wer-
den möchte. Also concludire er nochmahls dahin, das zwart die Pfälzische
sache gar wol tractiret unnd abgehandelt werden könne, sed ita tamen, ut
praemittantur gravamina etc.
Das fürstliche hauß Braunschweig Lüneburg werde, wie gedacht, in even-
tum die quaestionem „an“ gar nicht difficultiren. Weil man es aber im
übrigen auch mit den cronen zu thun hette, so würden ihre Kayserliche
mayestät wol [daran] thun, wann sie mit denenselbigen tractiren ließen,
jedoch mit denen conditionibus, wie Sachsen Altenburg, das nemblich
1. ohne ratification und genembhaltung der stände nichts geschloßen, 2. die
gravamina nicht nach-, sondern vorgesezet werden. Solte es aber pari passu
sein können, hette es entlich seine maße, doch müsten die gravamina fürge-
hen .
Unnd dieses sein votum wiederhole er auch wegen Braunschweig-
Wolfenbüttel und -Calenberg wie imgleichen wegen Mecklen-
burg -Schwerin und -Güstrow, auch Baden-Durlach, doch suo
quodvis [!] loco et ordine atque citra cuiusque praeiudicium.
Pommern-Stettin und -Wolgast. Man habe zuvorders ihr Kayser-
licher mayestätt für die reichsväterliche sorgfalt sowol auch dero herrn
plenipotentiariis für beschehene apertur ihrer Kayserlichen majestät aller-
gnedigsten resolution und mainung danck zu sagen. Weil aber die propo-
sition zimblich weitleufftig und viel sachen darinnen praemittiret, so in die
merita causae
fundament als auf einen medium terminum seze, so hette er mit vorstim-
menden gleichsfals umb communication derselben zu bitten. Unndt weil
erwehnte praesupposita also beschaffen, das sie reiffes nachdenckens wol
vonnöthen, er auch über dieses verspüret, wie etliche defectu mandati sich
entschüldiget, etliche umb bedenckzeit gebeten, der mehrer theil mit den
gravaminibus es conditioniret unnd das die tractaten fortgestellet werden
möchten, also in effectu fast alle ihre vota suspendiret, so könte man sich
zwar wol herauslaßen unnd in quaestione „an“ ratione octavi electoratus
keine sondere difficultet machen, man wolle aber auch andern hierunter
nicht praeiudiciren, sondern sein votum gleichsfalß reserviren etc.
Braunschweig-Lüneburg. Hierzwischen begerten die herrn Braun-
schweig Lüneburgische interloquendo communication sowol des Kayser-
lichen fürtrags alß was Pfalz Neuburg übergeben etc.
Österreichisches Direktorium. Die cronen wolten aber in denen trac-
taten nicht ehe weiter fortfahren, bis die stände ihr bedencken gegeben
hetten.
Pommern. An seiten Pommern hette man deßen kein groß bedencken,
wann von denen vorsizenden desgleichen geschehen were. Weil aber deren
vota nicht pure oder cathegorice gefallen, müße er seine erklehrung gleichs-
fals differiren.
Brandenburg-Kulmbach und -Ansbach. (Interloquendo:) Weil es
nur umb die quaestionem „an“ ratione octavi electoratus zu tun sey, so
wolle er keine difficultet deswegen machen, sondern sich denen maioribus
gerne conformiren.
Hessen-Kassel. Ex parte Heßen Caßel hette er angehöret, was vom
directorio verlesen und in umbfrage gestellet worden, das nun ihre Kay-
serliche mayestät nichts ermanglen laßen wollen, was pro tranquillitate
des lieben vaterlandes dienlich, unnd demnach deroselben deswegen aller-
unterthenigster danck zu sagen: hiermit könne er sich leicht conformiren.
Das ende sonst dieser consultationum sey nicht, durch deliberationes oder
decreta eins und anders zu behaubten oder durchzutringen, sondern durch
güetliche tractaten zu accommodiren und beyzulegen, wie man sich dann
auch eines gewißen modi et ordinis deliberandi verglichen. Weil dann ein-
mahl beliebet, das der passus satisfactionis et gravaminum der Pfälzischen
sache fürgehen solte
Ein solcher Beschluß konnte nicht ermittelt werden. Hinsichtlich der Gravaminaverhand-
lungen waren Ksl. und Schweden bereits 1645 übereingekommen, daß sie gleichzeitig mit
den übrigen Verhandlungen, und zwar æquis & Christianis modis, geführt werden sollten,
s. die ksl. Responsion an Schweden von 1645 IX 25, zu Punkt 7 ( Meiern I, 621 ).
tig , so müße er sein votum, bis dieselben erörtert, suspendiren undt es bey
der einmahl verglichenen ordnung bewenden laßen.
Österreichisches Direktorium. (Wiewol ganz unvernemblich:) Man
tractire unter der hand eines neben dem andern, und werde baldt in diesem,
balt in jennen ein stück fürgenommen unndt abgehandelt. So werde es auch
nicht viel deliberirens in der Pfälzischen sache bedürffen, sondern wan nur
diese quaestio de dignitate electorali octava resolviret, würde das übrige
doch zu tractaten ausgestellet werden müßen.
Hessen-Darmstadt. Ihrer Kayserlichen mayestät were zuvorders für
die reichsväterliche sorgfalt danck zu sagen unnd umb fernere continuation
zu bitten. Die in die umbfrage gestellete proposition betreffend, verstehe
er, das es izo vornemblich uf die quaestion de novo electoratu angesehen,
daher dasiennige, was izo de modo et ordine fürkommen und was in theils
vorsizenden votis wegen des loci ultimi wol distinguiret und das der locus
neque magis neque minus attribuire, angeführet worden, sich leichtlich
erörtern laßen, die gravamina auch seines erachtens wol pari passu tractiret
werden könten.
Quaestionem ipsam betreffend, wolten ihr fürstliche gnaden wünschen,
das es bey der güldenen bull unndt hergebrachten observantz verpleiben
möchte. Weil aber summa necessitas salusque rei publicae ein anders erfor-
dere[n] , so sehe er nicht, warumb der liebe friede des numeri wegen noch
lenger aufzuhalten; dann es sey bekand, wie Würzburg angeführet , quod
omnes leges eadem ratione, qua latae sunt, abrogari possint, wie dann die
güldene bull selbst communi Imperatoris omniumque statuum consensu
aufgerichtet, mit deren consens unndt bewilligung dann auch wol eines
und anders hinwieder zu endern stünde etc. Die ration oder obstat
de paritate votorum etc. determinire die aurea bulla selbst, das nemblich ad
iura collegii und nicht ad solum numerum zu sehen sey
Steht so nicht in der Goldenen Bulle von 1356, die nichts über die Vorgehensweise bei
Stimmenparität enthält, da sie die Zahl von sieben Kf.en implizit voraussetzt und durch
Zulassung der Selbstwahl, falls ein Kf. selbst Kandidat ist, die Mehrheitsbildung ermöglicht
(Kap. II.4–5, MGH LL IV t. XI.VII, 576, 578; Wolf , Rechtbuch, 5). Indem sie aber
die Mehrheitswahl zuläßt und auch in Betracht zieht, daß ein Kf. oder sein Ges. sich
verspäten oder ganz ausbleiben könnte, bietet sie einen Ansatzpunkt für die Ansicht, daß
es nicht auf die einzelnen (in der Goldenen Bulle genannten) Kf.en ankomme, sondern
auf das Wahlrecht des (möglicherweise anders zusammengesetzten, hier also vergrößerten)
Gesamtkollegiums.
propter urgentem necessitatem in quaestione „an“ mit denen vorstimmen-
den [votis] affirmativis conformiren, doch mit der cautel und versicherung,
das es zu keiner consequentz gezogen werde.
Was die quaestionem „quomodo“ anlange, alldieweil das hochlöbliche
directorium selbst dieselbe ausgesezet, laße er’s auch dahingestellet sein.
Und würde noch viel bey der herrn churfürsten declaration mehr als uf
der stände deliberation bestehen, verbi gratia, ob der octavus elector in die
churfürstliche verain
zu geben
Die sieben Kurwürden waren fest mit Erzämtern verbunden, indem die Kf.en von Mainz,
Köln und Trier die Ämter der Erzkanzler von Deutschland, Italien sowie Gallien und Are-
lat innehatten, während Böhmen das Schenkenamt, Pfalz das Truchsessenamt, Sachsen das
Marschallamt und Brandenburg das Kämmereramt bekleidete (anerkannt in der Golde-
nen Bulle von 1356, s. Wolf , Rechtbuch, 16; Laufs , Erzämter, 1012). Für Pfalz mußte mit
der achten Kur ein neues Erzamt geschaffen werden, weil das Amt des Erztruchsessen mit
der Pfälzer Kurwürde auf Hg. Maximilian von Bayern übertragen worden war (Anm. 51).
Kf. Karl Ludwig wurde schließlich 1652 VIII 5 mit der Würde eines Erzschatzmeisters
belehnt, nachdem zuvor auch die Schaffung eines Erzjägermeisteramts erwogen worden
war ( Meiern , APE, 703–706; Hauck , 103f.; Oschmann , Exekutionstag, 680; Schaab II,
126).
Württemberg. Praemissa gratiarum actione, dasiennige, was izo in pro-
position unndt umbfrag kommen, anlangend, hette man a parte Würten-
berg auch dafürgehalten, wolle man anders das geliebte Vaterland in fried
unnd ruhestand sezen, das zuvorders auch die causa Palatina zur accommo-
dation zu bringen, worbey dann nicht zu praeteriren, was hiebevor sowol
in der königlich Schwedischen proposition
Bezug auf die schwed. Proposition II von 1645 VI 11, Punkt 3: das Haus Pfalz soll
vollständig in den Stand von 1618 restituiert werden ( Meiern I, 436 ).
tion
Die ksl. Responsion an Schweden von 1645 IX 25 geht nicht direkt auf die schwed.
Forderung nach Restitution des Hauses Pfalz (s. vorige Anm.) ein, sondern verweist
pauschal auf die Regensburger Amnestie von 1641 VIII 20. Diese hatte das Haus Pfalz
ausdrücklich von der Amnestie ausgenommen und bestimmt, daß die pfälzische Sache
im Rahmen besonderer Verhandlungen vorgenommen werden sollte ( Meiern I, 624 , zu
Punkt 3 der schwed. Proposition II; Sammlung III, 552, rechte Spalte: Ausnahmen von
der Amnestie, Punkt 3; zu den Wiener Sonderverhandlungen über die pfälzische Sache s.
Anm. 28).
sem in dieser sache gepflogenen handlungen für vorschläge geschehen
Zu den Beratungen über die Pfalzfrage auf dem Nürnberger KFT 1640 s. Bierther , 218f.
Die auf dem Regensburger RT 1641 begonnenen und in Wien fortgesetzten Verhandlun-
gen waren ergebnislos geblieben (s. Anm. 28). Zu den damaligen letzten Vorschlägen der
englisch-pfälzischen Verhandlungsseite s. Anm. 54.
Daraus [habe] man soviel wahrgenommen, daß der sachen entweder per
generalem amnistiam oder durch particulartractaten geholffen werden
müste. Dieweil nun diß werck zimblich lang geruhet und numehr zwi-
schen ihr Kayserlicher mayestätt und den cronen die particulartractaten
ergangen, hette man nicht anders darfürhalten können, es werde damit
continuiret, ein gewißer vergleich getroffen und der stände approbation
und ratification darüber eingeholet werden.
Hetten sonst nicht unterlaßen, die hinc inde proiectirte schrifften und vor-
schläge gehorsambst einzuschicken unnd umb fernerweite instruction zu
bitten. Weil sich aber das negotium izo noch weiter endere unndt sölche
wichtige quaestiones, die in den reichsstatum und deßen fundamentalge-
seze mit einlieffen, anizo proponiret worden, so trügen sie bedencken,
ohne sonderbahren specialbefehlig sich heraußzulaßen, sondern hetten zu
bitten, den sachen etwas anstandt zu geben und immittels die tractaten zu
continuiren, welches hoffentlich dem hochlöblichen directorio desto wei-
niger bedencklich sein würde, weil noch andere schwere puncten, damit
man die zeit wol nüzlich zubringen könte, alß sonderlich die gravamina,
zurückweren, wie man sich dann dißfalß uf das fürstlich Sachsen Altenbur-
gische votum wolle bezogen und dieselben nicht zurückzulaßen, sondern
fortzutreiben und zum schlüßigen vergleich zu bringen gebeten haben.
Solte es aber künfftig soweit kommen und die sache, umb der stände
gutachten und consens einzuhohlen, wieder in den reichsraht gebracht
werden, da man sich dann a parte Würtenberg wol affirmative resolvi-
ren könte, so würde sich alsdan verhoffentlich auch wol ein expediens
finden. Wolte sich also in effectu mit Braunschweig Lüneburg Zelle und
gleichstimmenden votis hierinnen conformiren.
Pfalz-Veldenz. Nachdem in ihr fürstlicher gnaden Pfalz Veldenz Lau-
tereck nahmen dero votum iedesmahl nach dem fürstlich Würtenbergi-
schen abzulegen ihme aufgetragen
insistiren, doch competenti loco et ordine daßelbe zu verstehen.
Conformire sich anfenglich mit allen denenjennigen, welche darfürhalten,
das ihr Kayserlicher mayestät allerunterthenigst danck zu sagen und zu
bitten, bey sölcher intention und respective angefangenen tractaten zu
continuiren.
Soviel die haubtsachliche proposition des hochlöblichen directorii betrifft,
halte man a parte Pfalz Veldenz mit Pfalz Lautern dafür, es were sich
in denen circumstantiis facti nicht aufzuhalten, sonderlich weil hiebe-
vorn vermittelst des übergebenen reichsbedenckens für gut angesehen und
geschloßen worden, die causas belli nicht zu berühren .
Beim haubtwerck erinnere er sich gleichsfalß aus denen hinc inde ausge-
stelten propositionibus, resolutionibus, replicis und duplicis sowol auch
vorigen reichstages bedencken und darauf vorgegangener handlung
das nicht mehr als zweyne vorschläge, der Pfälzischen sache abzuhelffen,
ins mittel kommen, nemblich vors erste restitutio per amnistiam univer-
salem ad terminum anni 1618 oder 2. zwar particulartractaten, doch das
durantibus his pacis comitiis dieselbe fortgesezet und vollendet würden. In
sölcher hofnung nun und das durch dieser wege einen dem werck geholf-
fen werden müchte, hetten ihre fürstliche gnaden entlich auch den lezten
beliebet und ihn seithero weiter nicht instruiret, doch mit obgesezter con-
dition , auch das zuvorders die interessenten unnd agnaten darzugezogen
und ohne derselben approbation und einwilligung nichts verhandlet oder
geschloßen werde. Nachdem er aber in erfahrung gebracht, das die tracta-
ten nun immediate angefangen undt dieses expediens de octavo electoratu
ins mittel kommen, hette ihr fürstlicher gnaden er sölches unterthenig
berichtet unnd umb fernerweite instruction gebeten, welche er dan auch
erstes tages zu erlangen verhoffe; unnd wann immittels die quaestio „an“
affirmative resolviret würde, möchten vielleicht ihr fürstliche gnaden dar-
bey kein sonderbahres bedencken haben. Weil ihme aber, ehe unnd zuvor
er gemeßenen befehl erlange, sich darob zu erklehren oder zu votiren nicht
gebühren wolle, so hette er mit vorbehalt aller ihr fürstlicher gnaden als
Pfalzischen agnaten
niger auch umb communication sowol der Kayserlichen proposition alß
derer von Pfalz Neuburgk übergebener schrifften zu bitten.
Pfalz-Zweibrücken. Weil izo ein actus solennis fürginge und aber daß
Pfalz Veldenz- und Lautereckische votum nicht convenienti loco abge-
leget worden, so bethe er, es zu registriren, das es dem hause Pfalz ohne
praeiudiz und nachtheil sein solle. Zudeme gebühre das Pfalz Veldenzische
votum ihme als Zweybrückischen abgesanten, sintemahl Pfalz Zweybrück
auch die reichsonera darvon tragen thue; dahero man dem herrn Pfalz Lau-
tereckischen mehrers nicht als ein Pfalz Lautereckisches votum gestendig
sein könne
Pfalz-Zweibrücken bestritt Pgf. Leopold Ludwig zwar das Recht auf Führung des Vel-
denzer Votums und reklamierte es für sich, forderte aber selbst kein zweites Votum und
gestand dem Pgf.en ausdrücklich ein eigenes (nach dessen Residenz Lauterecken benann-
tes ) Votum zu. Hintergrund war die Entstehung der Pfalz-Veldenzer Linie als Abspaltung
der zweibrückischen. Demgemäß wurden die nach der Matrikel berechneten Reichsabga-
ben von Pfalz-Veldenz indirekt als Beitrag zu jenen Pfalz-Zweibrückens gezahlt, worauf
der Ges. hier anspielt (Beleg für diese Zahlweise in der Zeit des Pgf.en Georg Gustav zu
Veldenz, 1564–1634: Verzeichnis aller Rst. , die in den Reichsmatrikeln und Moderations-
registern bis 1577 genannt sind, in: Cortreius I.5, 50–110, hier 59; zu Pgf. Georg Gustav
s. Schwennicke I.1 T. 103).
Pfalz-Veldenz. (Hat zu mehrer nachricht seine declaration unndt pro-
testation schrifftlich communiciret; hierbey sub numero 20:) Nachdem
dem fürtreflichen Pfalz Zweybrückischen herrn abgesanten beliebet, erst-
lich zu protestiren, daß das von Pfalz Veldenz abermahln nicht an seinem
rechten ohrt und session abgelegtes votum dem hauß Pfalz nichts praeiudi-
ciren soll, sodan unnd zum andern, das Zweybrück das Pfalz Veldenzische
votum, weiln es auch die onera trage, allein führen thue und Pfalz Lau-
tereck ein mehres nicht als ein Pfalz Lautereckisches votum gestendig sein
künnen, alß ist man an seiten Pfalz Veldenz im ersten mit Zweybrück ganz
einig. Hat zu sölchem ende bey ablegung des voti, wie allezeit beschicht,
gleich anfangs bedinget, das es conveniente loco et ordine zu verstehen,
auch sich gleich erstmahls bey diesem hochlöblichen consessu verwah-
ret , das, weil des herrn pfalzgrafen zu Lautereck fürstliche gnaden umb
damahln angezogener ursachen willen diesen convent durch deren eigen
räht nicht beschicken können, alß haben sie ihr fürstliche gnaden von
Würtenberg erpetten, daß das Pfalz Veldenzische votum von den Würten-
bergischen abgesanten, undt zwar gleich mit und nach dem Würtenber-
gischen voto, abgeleget werde
gnaden an dero praecedenz, ordine sessionis et voti nichts praeiudiciren,
sondern allezeit conveniente loco et ordine gleich mit und immediate nach
den andern Pfalzischen votis verstanden werden soll; das wil man hieher
repetiret und durch bisherig gebrauchten und künfftig bey diesem con-
vent continuirenden modum weder dem hauß Pfalz in genere noch des
herrn pfalzgrafen zu Lautereck fürstliche gnaden in specie das geringste
praeiudiciret haben.
Soviel aber das ander betrifft, vernimbt man an seiten Pfalz Veldenz Lau-
tereck mit befrembden, das Zweybrück ihr fürstlicher gnaden das Pfalz
Veldenzische votum in zweifel ziehen unnd gleichsamb quaestionem Sta-
tus moviren wolle, da doch im ganzen Römischen Reich bekand und der
Pfalzische stambaum in continenti unverneinlich ausweiset, das ihr fürst-
liche gnaden ein pfalzgraf von Veldenzischer lini sowol als Neuburg und
Zweybrück gebohren und posteriret
allen churfürsten, fürsten und ständen des Reichs, auch außer demselben
iederzeit gehalten, erkand und geehret, auch sölchergestalten bey reichs-
und creißconventen iedesmahls provociret und aufgeruffen worden, ihre
besondere onera und anlagen tragen, derowegen in hochgedachtes herrn
pfalzgrafen zu Lautereck nahmen wieder das Zweybrückische unverhoffte
fürgeben solenniter protestiret, demselben contradiciret, alle iura reserviret
und solches alles ad protocollum zu nehmen dienstlichen fleißes gebeten
wirt.
Pfalz-Zweibrücken. Würde ihme keine quaestio status moviret, son-
dern nur dieses erinnert, das das Pfalz Veldenzische votum dem hause
Zweybrück zukomme, weil es auch die onera tragen müste. Das Lauter-
eckische votum aber sey ein absonderliches, welches ihme nicht gestritten
würde.
Pfalz-Veldenz. Repetire priora und nehme für bekand an, das man an
seiten Pfalz Zweybrück ihr fürstlicher gnaden zu Lautereck quaestionem
status nicht moviren wolle.
Sachsen-Altenburg. Was die beyden Pfalz Zweybrückische und Lau-
tereckische herrn abgesanten hinc inde gegeneinander protestando und
reprotestando fürgebracht, das wolle er absque praeiudicio des churfürst-
lichen unndt fürstlichen hauses Sachsen verstanden haben, in eventum
protestando
Thumbshirn und die übrigen hgl. sächsischen Ges. hatten bereits am 5. Februar 1646 im
Namen des Gesamthauses Sachsen gegen den Vorsitz von Pfalz-Lautern umd -Simmern
sowie am 19. Februar 1646 im Namen des Gesamthauses Sachsen gegen den Vorsitz von
Pfalz-Veldenz protestiert ( APW III A 3/3, 31 Z. 4–12, 158 Z. 13–21). Soweit die Protokolle
erkennen lassen, protestierten die sächsischen Ges. aber nicht, als Pfalz-Zweibrücken am
5. März 1646 zum ersten Mal im FRO vertreten war (s. ebenda Nr. 109). Zu dem alten
Sessionsstreit zwischen den Häusern Bayern, Pfalz und Sachsen s. APW III A 3/3 Nr. 95
bei Anm. 41, Nr. 96 bei Anm. 24.
Sachsen-Coburg wie auch Sachsen-Weimar, -Gotha und
-Eisenach. Inhaerirten sölcher protestation und bedingunge etc.
Pfalz-Lautern, -Simmern, -Neuburg, -Zweibrücken, - Vel-
denz etc. Repetirten kürzlich die vor diesem
Soweit das Protokoll erkennen läßt, hatten Pfalz-Lautern und -Simmern am 5. Februar
1646 nicht gegen den Protest Sachsen-Altenburgs reprotestiert (s. APW III A 3/3 Nr. 96).
Hingegen hatte Pfalz-Veldenz am 19. Februar 1646 im FRO den Protest erwidert. Damals
entzündete sich eine kontroverse Diskussion an der Frage, ob das wegen der Gft. Veldenz
geführte Votum gemeinsam mit den übrigen pfälzischen geführt werden dürfe. Pfalz-
Veldenz erwiderte alle Proteste, die seinen fürstlichen Rang anzweifelten (s. APW III A
3/3, 158 Z. 13–160 Z. 5).
tiones etc.
Sachsen-Lauenburg. Repetita gratiarum actione erga Imperatorem
etc., müße bekennen, das er anfengklich etwas zweifelhafftig worden, ob
nicht andere fragen mit einlauffen müchten. Weil aber aus dem beschluß
der Kayserlichen proposition und des hochlöblichen directorii declara-
tion soviel zu vernehmen, das der nervus praesentis deliberationis uf der
quaestione „an“ ratione octavi electoratus bestehe, also pleibe er pillich
auch darbey. Und wiewol nun höchlich zu wünschen, das es bey der alten
observanz unndt verordtnung der güldenen bull verpliebe, zumahln omnis
mutatio periculosa zu sein pflege
bey denen reichsconstitutionibus und deren verenderungen in considera-
tion gezogen worden und dann izo nicht weiniger uhrsach pro addendo
octavo electoratu als vor zeiten beim numero septenario sich befinde, so
wolle er wegen derer von Würzburgk angeführter rationum das fürstlich
Sachsen Altenburgische votum mit denen angehengten conditionibus et
reservatis wiederholet, insonderheit aber gebeten haben, das der punctus
gravaminum nicht so gar beyseits gesezet werde, zumahln daran denen
herren Kayserlichen unnd catholischen ia sowol als denen evangelischen
gelegen sey und derselbe zuvorders erlediget werden müste, wann man das
alte vertrawen wieder stifften unnd aufrichten wolle.
Die übrigen quaestiones verspare er bis zu künfftiger deliberation und
bethe immittels gleichsfals umb communication der Kayserlichen propo-
sition .
Anhalt . Ex parte Anhalt hette er aus des hochlöblichen directorii besche-
henen declaration vernommen, das vor dißmahl nur de quaestione „an“
abstractive zu reden sey. Wann es nun die meinung habe und die praesup-
posita uf die seite gesezet unnd ad tractatus verwiesen werden, so würde
man Anhaltischen theils super quaestione „an“ kein bedencken haben,
dieselbe affirmative zu resolviren. Man bitte aber auch, das die gravamina
pari passu abgehandelt werden, zumahln ohne dieselbe der haubtgrund-
stein des friedens nicht geleget werden könne.
Wetterauer Grafen. Praemissa gratiarum actione sowol gegen ihre
Kayserliche mayestätt als dero hochansehnliche herrn plenipotentiarios,
wolten sie zwar nicht zweiffelen, das ihre principalen, die herrn Wetterawi-
schen grafen, ad quaestionem „an“ abstractive keine difficulteten machen
würden. Weil sie aber doch in specie nicht darauf instruiret, so würden sie
nicht zu verdencken sein, das sie ihr votum suspendireten.
Die anderen quaestiones betreffend, weil das Osterreichische hochlöbliche
directorium sich declariret, daß dieselben ausgestellet würden, so hette es
darbey sein verbleiben. Sie hetten aber auch zu bitten, das die gravamina
nicht post-, sondern tanquam fons et causa huius belli etc. praeponiret,
wie Altenburg, oder doch, wie von Braunschweig Lüneburgk Gruben-
hagen angereget, pari passu tractiret, auch, wie von Osterreich anregung
geschehen, inter materias tractandas alterniret werde, im übrigen auch umb
communication sowol des Kayserlichen fürtrags alß des Pfalz Neuburgi-
schen einbringens bittende.
Fränkische Grafen. (Idem herr Dr. Geißell:) Demnach auch der gräf-
lich Fränckische abgesanter herr Dr. Oelhafen nach Münster verreiset undt
er neben ihme instruction und volmacht habe
Die Fränkischen Gf.en hatten Geißel bereits im Oktober 1645 bevollmächtigt und instru-
iert , diesen Auftrag (vorgeblich aus Geldmangel, tatsächlich aus konfessionellen Gründen)
im Dezember 1645 bis auf weiteres zurückgenommen, aber im März 1646 erneuert, damit
sie auch in Osnabrück vertreten waren, wenn Oelhafen von Schöllenbach in Münster
weilte ( Böhme , 289ff.; APW III A 3/1 [ Nr. 29 Anm. 6 ] ).
tragen , das er seine stelle vertreten und für ihn votiren möchte, welches er
auch hiemit gethan und sein voriges Wetterawisches votum wolle repetiret
haben.
[Das] Conclusum gehe per maiora dahin: Der Römischen Kayserlichen
mayestät, unserm allergnedigsten herrn, sey umb diese ihre väterliche vor-
sorge , darmit sie den lieben frieden in Teutschland desto fürterlicher zu
erheben allergnedigst gedencken, allerunterthenigster danck zu sagen und
dieselbe nochmahls allergehorsambst zu bitten, daß sie zu beförderung
der innerlichen und euserlichen tranquillirung des Heyligen Römischen
Reichs, wie bishero mögligst beschehen, alles fleißes in den tractaten fort-
fahren laßen wolten.
Soviel die vorgelegte proposition, insonderheit aber die quaestionem „an“
und octavum electoratum in genere
maiora geschloßen, das zwart fürsten unnd stände wieder die einführung
deßelben umb des lieben frieden
zu machen begereten. Wie aber derselbe einzuführen, was deme für ein
principatus mitzugeben, item wie es in den geistlichen sachen auf sölchen
fall gehalten werden solle, were sölches alles der Kayserlichen majestätt
wie auch beeder cronen anwesenden herrn plenipotentiariis und den par-
tibus interessatis selbsten dergestalt zu überlaßen, das dasjennige, was
geschloßen würde, zu churfürsten, fürsten unndt stände guetbedüncken
unnd ratification communiciret, auch vor allen dingen der punctus gra-
vaminum , wo nicht zuvorhero, doch pari passu abgehandelt und zu ende
gebracht werde.