Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert
125. Sitzung des Fürstenrats (sessio publica XXX) Osnabrück 1646 September 17/27
125
Braunschweig-Calenberg B I fol. 345–352’ (= Druckvorlage); damit identisch Baden-
Durlach A I fol. 356–363, Brandenburg-Kulmbach B IV fol. 343–348’, Braunschweig-
Celle A I unfol., Braunschweig-Wolfenbüttel A I fol. 383–390, Braunschweig- Wol-
fenbüttel B I fol. 247–252, Braunschweig-Wolfenbüttel C I fol. 338–346’, Hessen-
Kassel A XIII fol. 377’–385, Magdeburg E fol. 418–425’, Magdeburg Ea fol. 442–449’,
Pommern A I fol. 441–449’, Sachsen-Altenburg A II 1 fol. 366–373, Sachsen-Gotha A
IV fol. 229–232’, Sachsen-Lauenburg B S. 715–729, Sachsen-Weimar A III fol. 444–448’,
Grafen von Schwarzburg A I fol. 257–264, Wetterauer Grafen ( Nassau-Dillenburg )
C 2 fol. 36–44, Wetterauer Grafen ( Nassau-Saarbrücken ) A III 3 fol. 81–90, Württem-
berg A I S. 769–723, Druck: Meiern III, 670–676; vgl. ferner Herzogtum Bayern A I
1 unfol., Magdeburg D fol. 273’–278’ (Mitschrift), Österreich A II (XXXV) fol. 106–107
sowie (weitgehend identisch) Würzburg A I 1 fol. 178–180, ferner Wetterauer Grafen
( Ysenburg ) A I unfol. (Notiz).
Beratungsvorlagen: Schreiben des RKG von 1646 VIII 31
An die rst. Ges. Text, diktiert 1646 IX 12[/22] durch Kurmainz: Meiern III, 663 ff. Inhalt:
Bitte um Abstellung der oft vorgebrachten Beschwerden über mangelnde Sicherheit und
unzureichenden Unterhalt des RKG noch vor Beginn des Winters oder, falls dies unmöglich,
um Zahlung der Rückstände und Genehmigung zur Entlassung des RKG -Personals, dem
die Auflösung des Gerichts mit ihren Nachteilen für die Rechtspflege nicht angelastet
werden möge. KFR, FRM und SRM hatten am 22. September 1646 nach Beratung Re-
und Correlation darüber gehalten; der SRO beriet gleichzeitig mit dem FRO ( APW III
A 1/1 Nr. 97, 98; A 6, 880 und Nr. 82).
Münster von 1646 IX 22
Text: Meiern III, 666 ; obgleich sowohl hier als auch im bay. Protokoll (s. S. 53 Z. 37)
als „Meinung“ des FRM bezeichnet, muß es sich um die durch Re- und Correlation (s.
vorige Anm.) ermittelte „Meinung“ aller drei (Teil-)Kurien in Münster handeln, die in
der Druckvorlage zutreffender conclusum Monasteriense genannt ist (S. 53 Z. 35). Inhalt:
Statt Auflösung des RKG 1. Bitte an die ksl. Ges. , durch Vermittlung der frz. und span. Ges.
die Sicherheit des RKG zu gewährleisten; 2. Bitte an den Ks. und seine Ges. um Realisie-
rung der früheren Beschlüssen zum Unterhalt des RKG (Erhebung einer Judenkopfsteuer;
Mahnung der Rst. , bei Solvenz das Kammerzieler zu zahlen) und um Anweisung an den
RKG -Pfennigmeister, die durch Vakanzen eingesparten Gelder einzubehalten; 3. Bericht
über diese Maßnahmen an das RKG , Mahnung zur Erhaltung des Gerichts und Erläute-
rung der Beschlüsse des Regensburger RT 1641 über die Zahlung der Rückstände.
Zustimmung zum Beschluß der (Teil-)Kurien in Münster über Sicherheit, Unterhalt und Auf-
rechterhaltung des RKG , der den früheren Beschlüssen des Fürstenrats Osnabrück, vor allem
hinsichtlich der vorgeschlagenen Neutralisierung Speyers und der Erhebung einer Judenkopf-
steuer , entspricht?
Eine Umfrage sowie Widerspruch, Protest und Rechtsvorbehalt der herzoglich sächsischen
Gesandten namens des Gesamthauses Sachsen wegen des Vorsitzes von Pfalz-Neuburg und
dessen Gegenprotest und Rechtsvorbehalt; Erläuterung der Reihenfolge bei den vier Braun-
schweiger Voten; Protest Hessen-Kassels, Hessen-Darmstadts und der Wetterauer Grafen
wegen der vorgeschlagenen Judenkopfsteuer.
Mehrheitsbeschluß: Übereinstimmung mit den (Teil-)Kurien in Münster, Zusätze über die
Verschonung von Reichsständen mit feindlicher Besatzung und die Versorgung der Hinter-
bliebenen des RKG -Personals.
(Im Rathaus zu Osnabrück). Vertreten: Österreich (Direktorium), Pfalz-Neuburg, Mag-
deburg , Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg, Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha, Sachsen-
Eisenach, Braunschweig-Celle, Braunschweig-Grubenhagen, Braunschweig-Wolfenbüttel,
Braunschweig-Calenberg, Mecklenburg-Schwerin (durch Braunschweig-Calenberg), Meck-
lenburg -Güstrow (durch Braunschweig-Calenberg), Pommern-Stettin, Pommern-Wolgast,
Württemberg (votiert auch für Pfalz-Veldenz), Sachsen-Lauenburg (durch Württemberg),
Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Anhalt (durch Sachsen-Weimar), Wetterauer Grafen. (Zu
den Gesandten siehe die Verweise im Vorläufigen Personenregister.)
Österreichisches Direktorium. Praemissis praemittendis, sie würden
ohne zweifel vörige woche daß per dictaturam communicirte schreiben,
so das Kayserliche cammergericht mense Augusto abgehen laßen, emp-
fangen unndt verlesen haben, darinnen sie sowol ihrer securitet als auch
alimentation halber so sehr lamentiren, das es wol zu glauben, das ihnen
das letzte übern hals komme und sie entlich wol gar voneinandergehen
und ein ieder sich und die seinigen, so gut er könne, in privato zu salviren
suchen müchte. Nun hette man zu Münster am newligsten montag, [dem
14./24. September 1646], davon deliberiren wollen
raht sey angesaget worden. Weil es aber damahls andere verhinderungen
dieses ohrts gegeben, so hette es biß zu anderer zeit undt gelegenheit ver-
schoben werden müßen.
für sich gegangen und ihre meinung herübergeschicket worden, welche er
izo verlesen wolte, darauf fürsten und stände sich demselben [!] accommo-
diren oder doch sonst in andere wege also bezeigen würden, damit ihnen
in etwas hülffe geschehe.
(Legebat conclusum Monasteriense des ohngefehrlichen inhalts:)
Daß 1. in puncto securitatis denen Kayserlichen herrn plenipotentiariis
nochmals
nochmals steht nicht in der „Meinung“ der (Teil-)Kurien in Münster (s. Meiern III,
666 , erster Absatz, beginnend Man habe ). Der FRO hatte zwar schon am 11. Juni 1646
beschlossen, daß sich die ksl. Ges. bei allen kriegführenden Parteien für eine gänzliche
Verschonung Speyers und des RKG einsetzen möchten (S. 39 Z. 1–5); doch war das noch
nicht geschehen ( APW III A 1/1, 659 Z. 33ff.).
schen alß auch Hispanischen ambassadoren selbst oder durch die herrn
mediatores reden und handeln laßen, damit den herrn cameralen entweder
durch den verhoffenden friedenschluß oder, im fal es sich damit noch lenger
verweilete, durch abführung der guarnison undt ertheilete neutralitet
In der „Meinung“ der (Teil-)Kurien in Münster folgt für selbige stadt (Speyer), s. Meiern
III, 666 , erster Absatz, beginnend Man habe.
geholffen werde.
2. Waß den punctum salarii et alimentorum antreffe, befinde man nochmals
kein ander und bequemer mittel als die iüdencapitation und einbringung
der restanten
Die Reichskurien hatten dem Ks. bereits in ihrem Schreiben von 1646 VI 17 zu diesen
Maßnahmen geraten (s. [ Nr. 124 Anm. 2 ] ); eine Antwort erhielten sie nicht ( APW III A 1/1,
656 Z. 23ff.).
zu schreiben alß auch dero herrn plenipotentiarii zu ersuchen, immit-
tels aber dem cammergerichtspfenningkmeister
Der Pfennigmeister des RKG zeigte dem Fiskal die säumigen Rst. an und verwaltete
neben dem Kammerzieler die „Neglecten“ (Beträge, die sich aus den Gehaltskürzungen
für RKG -Präsident und Assessoren bei Abwesenheit sowie aus den Einsparungen durch
Vakanzen ergaben, s. Smend , 398f.; Dick , 80, 102). Die Reichskurien hatten dem Ks. in
ihrem Schreiben von 1646 VI 17 empfohlen, vom Pfennigmeister Bericht anzufordern, was
mit den Neglecten geschehe ( Meiern III, 545 , zweiter Absatz, beginnend Und demnach
diese ). 1646/47 amtierte Johann Lindemair als Pfennigmeister, s. das Verzeichnis des RKG
mit den säumigen Rst. n von 1646 XI 29 ( ThStA Altes Hausarchiv Klasse I E 6 fol. 55’–
72, hier fol. 72) sowie den Auszug aus dem Amtsbuch des RKG -Pfennigmeisters, Speyer
[1647] III 14, diktiert Osnabrück 1647 III 16[/26] ( HStA Stuttgart A 90 D Bd. 19
fol. 35); die Schreibung seines Namens folgt einer von ihm ausgefertigten Erklärung über
die Veranlagung der Stadt Basel, Speyer 1647 III 14 ( HHStA MEA FrA Fasz. 17 [2]
unfol.). Lindemair ist vermutlich mit jenem Johann Niclaß Lindenmayr identisch, der sich
1643 beim Kurmainzer Erzkanzler um eine Stelle in der lat. Registratur zu Prag beworben
hatte, da er sich dort wegen der schlechten Verhältnisse in Deutschland und besonders in
den Rheingegenden niederlassen wollte (Supplik [Ausf.], Prag 1643 X 24: HHStA MEA
CorrA Fasz. 7b [2] fol. 20–20’, 21’). Vielleicht ist er auch mit dem Pfennigmeister Johann
Lindenmann (!) identisch, der in einem Speyerer Kirchenbuch unter dem 12. Februar 1651
als Pate genannt ist ( Groh , 166). Weitere Lebensdaten Lindemairs konnten nicht ermittelt
werden.
er in austheilung des unterhalts die neglecta mortuorum oder unersezte
cammergerichtsstellen denen anwesenden nicht zurechne, sondern damit
zurückhalte.
[3.] Schließlich were den herrn cameralen von diesem allen part zu geben
und sie dabey zu erinnern, daß sie ihr ambt unndt verrichtungen nicht
deseriren, sondern nach wie vor beysammen verpleiben wolten, worbey
dan auch dieses zu erleutern, das daß anno 1641 zu Regenspurg extra-
ordinarie zu denen sonst gewöhnlichen current- unnd retardatterminen
bewilligte dritte theil für keine newe anlage zu rechnen, sondern nur zu
desto erklecklicherer einbringung der restanten angeleget sey, dahero die-
iennigen , welche keine restanten mehr schüldig, damit nicht zu belegen,
viel weiniger aber deßwegen mit der execution zu graviren weren.
Österreich. Man könne Österreichischer seiten anderer mainung nicht
sein, als wie Österreich drüben votiret. Sehe auch nicht, was man für ein
beßer mittel ergreiffen könne, als waß drüben geschloßen und vor diesem
alhier auch fürkommen . Dahero lauffe diese Münsterische mainung zu
exequirung des vörigen, und hette derowegen pillig dabey sein bewenden.
Pfalz-Neuburg. Die Pfalz Newburgischen
Dr. iur. Dietrich Althoven, Dr. iur. Johann Dietrich (Theodor) Caspars, Lic. iur. Reinhard
(auch: Reiner) Cloet, Heinrich Christoph von Griesheim, Dr. iur. Simon von Labrique
de Lanoy und Fhr. Johann Bertram von Scheidt gen. Weschpfennig. Althoven (gest. 1655)
trat spätestens 1630 in den Dienst Pfalz-Neuburgs, wurde 1636 Vizekanzler in Jülich-Berg
und führte wichtige diplomatische Missionen (darunter 1643 in Polen) durch ( Leffers ,
96f.; Jaitner , Konfessionspolitik, 57). Caspars (ca. 1617–1680) wurde 1644 Kommissar des
Hofgerichts in Düsseldorf und später dessen Direktor ( Jaitner , Konfessionspolitik, 58ff.;
Dethlefs , Friedensstifter, 140f.). Cloet (1638 Hofrat in Jülich-Berg, ca. 1651 pfalz- neu-
burgischer GR und Vizekanzler in Jülich-Berg, gest. 1651) trat vordem WFK kaum hervor
( Leffers , 98; Lehsten II, 21f.). Griesheim (geb. 1598), ein gelehrter Jurist, 1643–1644 als
Ges. Polens in Münster, war seit August 1646 Ges. Pfalz-Neuburgs auf dem WFK; um
die Jahreswende 1646/47 weilte er in diplomatischer Mission in Stockholm ( APW II C
3, 192 Anm. 2; II A 5, 274 Anm. 2). Labrique de Lanoy (gest. 1656), 1605–1622 Prof. in
Ingolstadt, trat 1622 in den Dienst Pfalz-Neuburgs, wurde 1627 GR und Vizekanzler
zu Neuburg, führte die Gegenreformation in Sulzbach, Hilpoltstein und Heideck durch,
wurde 1628 zum Reichsritter erhoben und war 1637–1645 Landrichter in Burglengen-
feld und ab 1649 in Parkstein. 1649–1650 vertrat er Pfalz-Neuburg auf dem Nürnberger
Exekutionstag ( Repertorium I, 405; Heydenreuter , Labrique, 230f.; Lehsten II, 49f.).
Der Prinzipalges. Scheidt gen. Weschpfennig (1580–1662), GR , Kämmerer und Bergischer
Landmarschall, kehrte nach diplomatischen Missionen in Polen und Kurbrandenburg im
Sommer 1646 zum WFK zurück; 1647 unterstützte er Pgf. Philipp Wilhelm bei der Aus-
handlung des Düsseldorfer Provisionalvergleichs vom 8. April (s. [ Nr. 141 Anm. 8 ] ; ferner
APW III A 4/1, 187 Anm. 1; III C 3/1, 402 Z. 2f., 533 Anm. 5; Leffers , 104f.; Schmidt ,
Philipp Wilhelm, 35f.; Lehsten II, 76f.). Labrique, Althoven und Cloet trafen am 13. Juni
1646 in Münster ein; Caspars weilte schon seit 1645 dort ( APW III C 3/1, 533 Anm. 5; II
A 5, 456 Anm. 1). Labrique und Griesheim sind für den 13. und 17. September 1646 in
Osnabrück bezeugt (Magdeburger Diarium, in: Magdeburg F IV, hier fol. 9’ und 23), so
daß sie wahrscheinlich auch zehn Tage später an der FRO -Sitzung teilgenommen haben;
nur für Cloet ist die Teilnahme an einer FRO -Sitzung gesichert (s. Nr. 129 Textvariante
bei Anm. 76).
nehmen , zu Münster schon hierüber votiret, wie sie sich dan uf daßelbe
wolten bezogen haben. Sehen aber ohnedas auch nicht, wie denen herrn
cameralibus tam in puncto securitatis quam salarii anders zu rahten, als
wie izo von Österreich angeführet unnd zu Münster geschloßen worden.
Magdeburg. Es sey ihme gleichergestalt zu handen kommen daßien-
nige schreiben, so das Kayserliche cammergericht sowol ihrer securitet alß
dero unterhalts wegen abermahls
Das RKG klagte seit Jahren über mangelnde Sicherheit und mangelnden Unterhalt und
hatte sich deshalb schon an den Regensburger RT 1640–1641 und den Frankfurter RDT
1643–1645 gewandt. Die rst. Ges. auf dem WFK hatten im Juni 1646 über entsprechende
Klagen und Berichte des RKG von 1646 V 12 und 19 beraten (s. Nr. 123).
cket , wo die meinung zu Münster hinnaußgefallen. Weil er sich nun erin-
nere , welchergestalt schon hiebevorn dahin geschloßen worden, daß durch
die herrn mediatoren beederseits königlich Französische unndt Spanische
herrn plenipotentiarii ersuchet und die stadt Speyer in eine neutralitet
gesezet werden möchte , so zweifele er nicht, es werde sölches ins werck
gestellet sein, und würde das Österreichische hochlöbliche directorium
berichten, waß für resolutiones an einem und anderm ohrt gefallen, darauf
man dan ferner den sachen nachdencken und eines gewißen sich entschlie-
ßen könte. Auf den wiedrigen fal und wan es nicht geschehen were, wolte
es seltzamb sein, das hier etwas deliberiret und geschloßen, hernach aber
nicht exequiret werde; dahero es dann in alle wege pillich und nötig, das
es noch ehist geschehe, und stelle er daneben unvorgreiflich dahin, ob
nicht izo auch alhier die königliche Französische herrn plenipotentiarii
alß gegenwertig
Longueville, d’Avaux und Servien waren vom 18. bis 28. September 1646 in Osnabrück
( APW [ III C 4, 145 Z. 19f. ] , [ 147 Z. 14f. ] ; [ II B 4 Nr. 172 Anm. 1 ] , [ Nr. 179 Anm. 1 ] ).
Der salariirung halber sey es nicht mehr als pillich, daß sie für ihren fleiß,
mühe unndt arbeit hinwieder ihre ergetzligkeit unndt gebührenden lohn
bekommen, weßwegen dann ihre Kayserliche mayestät allerunterthenigst
zu erinnern, daß sie die stände durch schreiben umb abstattung etwan
der helffte von denen hiebevor gewilligten zielern erinnern undt anmah-
nen . Daß aber der vorigen assessorum witwen undt weysen ausgeschloßen
werden solten
Das RKG hatte in seinem Schreiben von 1646 VIII 31 auf die Armut der Hinterbliebe-
nen verstorbener Kollegen verwiesen ( Meiern III, 665 , zweiter Absatz, beginnend Alß
haben ), dabei aber nichts über deren Anteil an den Einkünften des RKG gesagt. Tatsächlich
gab es keine entsprechenden Regelungen, doch hatten die Witwen teil an den Kameral-
freiheiten (den Privilegien des RKG -Personals und seiner ortsansässigen Angehörigen).
Dazu gehörte die Freiheit von Importabgaben bei Eigenbedarf, die das RKG durch die
in Frankenthal zurückgehaltenen Waren verletzt glaubte (s. Nr. 123). Das RKG rechnete
auch die Befreiung von Kriegslasten dazu und hatte den Geltungsbereich eines entspre-
chenden schwed. Schutzbriefs 1632 auf die Witwen ausdehnen können. Die Waisen des
RKG -Personals genossen diese Privilegien bislang nicht, weshalb es 1649 zum Rechtsstreit
kam ( Hausmann , Kameralfreiheiten, 29, 44, 90, 180f.).
vätter einmahl verdienet und dahero ihre erben es pillich zu fordern hetten.
Im übrigen wegen der erinnerung an die herrn camerales, daß dieselbe bey
ihrer function verpleiben müchten, conformire er sich dem Münsterischen
concluso.
Österreichisches Direktorium. Zur nachricht könne er nicht verhal-
ten , daß ihme von den herrn Churmaynzischen weiter nichts alß die
abschrifft dieser Münsterischen mainung zukommen, dabey ganz keine
eröfnung geschehen, ob daß vörige conclusum ins werck gesetzet und was
für eine resolution darauf erfolget. Soviel aus dieser mainung abzunehmen,
werde es wol noch nicht geschehen sein. Ob aber etwan von ihr Kayserli-
cher mayestät noch keine resolution einkommen oder woran sonst der
mangel, könne er nicht wißen.
Daß sonst izo die herrn Französischen, [die] alhier zugegen, dißfals ange-
sprochen werden solten, wiße er nicht, ob sich’s auch schicken möchte,
dann es scheine, als wann sie noch heute oder morgen wiederumb verreisen
würden.
Sachsen-Altenburg. Was die beyden in dem Speyrischen schreiben
begriffene puncten, nemblich die besoldung unnd befreyung der herrn
cameralium, betreffe, erinnere man sich Altenburgischen theils gleicher-
gestalt , was dißfals alliier unndt zu Münster unterschiedtlich deliberiret
und beschloßen worden, daß es also nicht mehr deliberationis, sondern
executionis sey, immaßen er sich bloß ufs vörige conclusum beruffe.
Waß die witwen betreffe, würde unpillich sein, wann dieselben ganz ausge-
schloßen werden und hergegen die izigen herrn adsessores, die doch nicht
in voller anzahl beysammen, dennoch die einkommenden ziele volsten-
dig genießen solten; dann ihre männer hetten doch auch ia sowol trewe
dienste gethan alß die noch lebenden, welches dann mannigen redtlichen
man abschrecken dürffte, wann die seinen nach seinem tode nichts meh-
rers solten zu gewarten haben. Hielte derowegen dafür, es würde nicht
unpillich sein, daß die witwen unnd weysen etwan halb soviel alß die izo
noch lebenden bekehmen. Sonst aber insgemein were er nochmals der
bestendigen mainung
geholffen werden könne, als wann es neben der stadt in eine neutralitet
gesezet würde.
Unnd weil er dabenebenst sehe, daß die herrn Pfalz Newburgischen
den vorsiz vor ihnen, denen Sachsischen, genommen, welches aber daß
57,19–58,4 Was – beruffe] Österreich A II (XXXV): Altenburg hat entlich erindert, das
man sehe, das die conclusa darumb nit effectuiert werden, weill man sie in allen dreyen
räthen nit re- unnd correferiert unnd darauß einen schluß machet, dahero gebeten, das
man dise sachen wolte correferirn.
[ Österreichisches Direktorium ]. Warauf ich, [Richtersberger], vermeldet, es were
ohne zweifel zue Münster beschehen, und könne man so kleine sachen weegen verlen-
gerung der zeit an beeden orthen nit re- unnd correferirn. Doch seye billich, daß man
die schluß unnd waß darauf außgeförtiget oder sonst verrichtet wirdt, fürsten unnd
stenden auch hie per dictaturam communiciere, welches ich denen Churmainzischen
gern andeüthen wolle, so auch beschehen. – Dies steht in Österreich A II (XXXV) und
(mit geringfügigen Abweichungen) in Würzburg A I 1 am Ende des Protokolls.
einreumen könne, so wolle er diesem vorsiz contradiciret und dem chur-
und fürstlichen hause Sachsen iura competentia reserviret haben. Dann
einmahl sey bekandt, daß das hauß Sachsen schon lengst, und zwart anno
Konnte nicht ermittelt werden. Eine ksl. Entscheidung über den Sessionsstreit stand auch
1654 noch aus (s. APW III A 3/3 [ Nr. 95 Anm. 41 ] ).
bestehe, unndt hette er nochmals zu bitten und fürsten unnd ständen
anheimbzustellen, ob sie nicht ihr Kayserliche mayestät umb eröfnung
deßelben allerunterthenigst ersuchen wolten.
Pfalz-Neuburg. Wiewol sie hierauf nicht instruiret weren, so wolten
siedoch wieder die Sachsische protestation reprotestiret unnd ihr fürstli-
cher durchlaucht
protocollum zu nehmen.
Sachsen-Altenburg. Repetirte priora.
Pfalz-Neuburg. Itidem.
Sachsen-Coburg Hette auch aus denen dictirten schreiben vernommen,
waß die herrn camerales sowol in puncto securitatis als salarii gebeten,
unndt erinnere sich gleichergestalt, daß zuvorhin unterschiedtliche con-
clusa hier und zu Münster darüber gemachet worden. Laße es demnach
nochmahls dabey bewenden und conformirte sich sonst der witwen halben
mit Sachsen Altenburg.
Und weil er ebenmeßig wahrgenommen, daß die herrn Pfalz Newburgi-
schen den vorsiz genommen, so wolle ihr fürstlicher gnaden ratione dero
herzogthumbs Coburg er gleichergestalt dero iura protestando reserviret
haben.
Pfalz-Neuburg. Wiederholten ihre reprotestation etc.
Sachsen-Weimar, -Gotha und -Eisenach. Wegen Sachsen Wey-
mar , Gotha unnd Eisenach erinnere er sich weiniger nicht, waß nicht
allein in dem dictirten schreiben beweglich angeführet, sondern auch am
17.[/27.] Iunii iüngsthin alhier beschloßen worden. Dieweil nun die que-
rimoniae fast gleiches inhalts, so würde auch wol ebendaßelbe remedium,
so damahls gutbefunden worden, zu gebrauchen sein. Unbillig wolle ihme
auch bedüncken, die witwen ganz undt gar zu excludiren, sintemahl ia ihre
verstorbene männer daß ihrige ia sowol praestiret und ihren lohn verdienet
hetten. Alle diesem werck aber würde, wie Sachsen Altenburgk votiret, aus
dem grunde geholffen sein, wann das friedensnegotium befördert würde,
darumb er dann gebührendes fleißes wolle gebeten haben.
Repetire darneben die protestation, contradiction unndt reservation contra
Pfaltz Newburg wie Sachsen Altenburg und Coburg, und wiederholte diß
sein votum suo loco et ordine wegen Anhalt .
Pfalz-Neuburg. Reprotestirete nochmahls etc.
Braunschweig-Celle und -Grubenhagen. Hette auch empfangen
unndt verlesen, waß das Kayserliche cammergericht beydes, der securitet
und des salarii halber, gesuchet. [1.] Ratione securitatis erinnere er sich,
waß hiebevorn geschloßen worden, daß nemblich kein ander unndt beßer
mittel sey, als wann die Stadt Speyer in eine neutralitet gesezet werde.
Wann nun nurt die herrn Kayserlichen sich erklehret hetten oder noch
erklehreten, so hette man ein gewißes fundament erlanget, mit den herrn
Französischen gleichsfals deswegen zu handtlen, und würde vielleicht bey
denenselben keine sonderbare difficultet gehabt haben.
[2.] Der unterhalt aber bestünde auf zweyen puncten: (1.) wie derselbe ein-
zubringen , (2.) wie er auszutheilen. Nachdem nun viel stände in so kundt-
bares unvermügen gerahten, so würde der einbringung halber gute mode-
ration zu gebrauchen, auch über vermögen unndt etwan die helffte der
verwilligten zieler keiner zu beschweren sein. Daß aber die armen witwen
und weysen nichts davon participiren solten, daß sey unpillich unndt wie-
der Gottes gebott, welcher sonderlich witwen unndt weysen zu versorgen
unnd nicht zu betrüben befohlen , gestalt er dann mit betrübnüß ersehen,
daß dieselben gleichsamb das broht für den thüren suchen müsten
Das RKG hatte in seinem Schreiben von 1646 VIII 31 berichtet, daß Witwen und Waisen
das tägliche Brot, von Haus zu Haus gehend, erbetteln müßten ( Meiern III, 665 , zweiter
Absatz, beginnend Alß haben ).
ches dann neben der unbilligkeit auch dem ganzen Römischen Reich ein
großer schimpf were. Hielte derowegen dafür, daß der fiscal vor allen din-
gen dasiennige, waß witwen unndt weysen zu fordern, einbringen möchte,
darzu er auch, weil er unndt das cammergericht die execution in händen
hetten, desto ehe und schleuniger gelangen könte.
Unndt dieses wegen Braunschweig Lüneburg etc. Zelle und des fürsten-
thumbs Grubenhagen, ebendaßelbe auch wegen des fürstenthumbs
Braunschweig-Calenberg, doch suo loco et ordine negst nach Braun-
schweig Lüneburgk Wolffenbüttel wiederholend etc.
(
regierende herrn, alß herzog Friederichs zu Zelle, deme auch daß fürsten-
thumb Grubenhagen zukomme, herzog Augustußen zu Wolffenbüttel und
herzog Christian Ludwigs zu Hannover etc. fürstliche gnaden ratione senii
aufeinander folgten
Nach der Senioratsverfassung im Hause Braunschweig ( Moser , TS XXII, 469ff.) folg-
ten -Celle (und -Grubenhagen), -Wolfenbüttel und -Calenberg aufeinander, da die Hg.e
Friedrich, August und Christian Ludwig ihrem Alter nach diese Rangfolge einnahmen.
Bisweilen irrte sich das FR-Direktorium in der Reihenfolge der Votanten (s. Z. 29f.). Wie
hier gesagt und auch die Vollmachten Langenbecks ausweisen, standen Hg. Friedrich zwei
Voten zu, für die er seinen Ges. gesondert bevollmächtigt hatte (Vollmachten für die Ver-
tretung der Ft.er Lüneburg(-Celle) und Grubenhagen in Osnabrück durch Langenbeck,
Celle 1646 IV 8/18, praes. [Osnabrück] 1646 XII 15: HHStA MEA FrA Fasz. 6 [32]
unfol.). Nach Ausweis der Protokolle wurde das Grubenhagener Votum allerdings ver-
schiedentlich ohne ersichtlichen Grund durch den Ges. Braunschweig-Calenbergs geführt
(s. Nr. 129 bei Anm. 89; Nr. 140 bei Anm. 14). Zu Langenbeck s. jetzt Lehsten II, 53.
Imgleichen repetire er auch dieses sein votum wegen Mecklenburg-
Schwerin und -Güstrow etc.
Braunschweig-Wolfenbüttel. Weil schon an seiten Braunschweig
Lüneburg Zelle und Calenberg dergleichen explication wegen des ordinis
votorum geschehen, so bedürffe es deßhalben keiner weitern anführung,
unndt zweifelten nicht, es würde solches wol ad protocollum genommen
werden.
Hetten sonst gleichfalß daß Speyerische schreiben verlesen unndt erwo-
gen , unndt weil sie sich weiniger nicht erinnerten, waß hiebevorn schon
der neutralitet unndt versicherung halber geschloßen worden, die sache
auch izo noch in ebendenselbigen terminis beruhete, so würde es freylich
res non tam deliberationis quam executionis unnd demnach nur fürder-
lichst in effectum zu bringen sein etc. Wegen des unterhalts were zwar
zu wünschen, daß ein jeder daß seinige volkömblich abtragen undt also
auch ein ieglicher daß seine volstendig erlangen könte. Dieweil aber daß
unvermögen der meisten stände leider bekandt, so wolte, wie der herr Zel-
lische votiret, in alle wege pilligmeßige moderation vonnöthen und iziger
zeit wol daran gnug sein, wan izo etwan die helffte abgestattet würde. Daß
aber die witwen davon nicht participiren solten, weren sie gar nicht der
meinung, sondern wie dieselbe vermöge Gottes worts und in allen rechten
sehr favorabel, so sey auch ihres ermeßenß denselben billig und für andern
zu ihrer befugnüß zu helffen.
Bahten dabey umb communication deßen, waß dißfalß im churfürstlichen
collegio unndt im stäteraht möchte sein geschloßen worden
Der KFR hatte sich am 22. September 1646 bei der Re- und Correlation in Münster dafür
ausgesprochen, daß eine rst. Deputation die Ksl. auffordern solle, sich bei Franzosen und
Spaniern dafür zu verwenden, daß bei einer Verzögerung des Friedensschlusses Speyer ent-
militarisiert und neutralisiert werde. Wegen der (befürworteten) Judenkopfsteuer sollten
die Rst. an den Ks. schreiben und ihn bitten, die säumigen Rst. zur Zahlung ihres Kam-
merzielers zu ermahnen. Wegen der Verwendung der Neglecten sei an den RKG - Pfennig-
meister zu schreiben. Über all diese Maßnahmen sollte das RKG informiert und ermahnt
werden, weiterhin seine Arbeit zu verrichten. Auch sollte es unterrichtet werden, wozu das
bewilligte dritte Kammerzieler gedacht sei. – Der FRM hatte dem anscheinend zugestimmt,
denn das Protokoll der Re- und Correlation verzeichnet keine abweichende Meinung. Der
SRM hatte geraten, daß der RKG -Pfennigmeister eine förmliche Rechnung über die ein-
gegangenen Gelder einschließlich der Neglecten vorlegen solle. Die Judenkopfsteuer sollte
entweder gar nicht erhoben werden oder nur von jenen Rst. n, die mit ihren Zahlungen im
Rückstand waren und in deren Territorien Juden lebten (s. APW III A 1/1 Nr. 98). – Der
SRO tagte gleichzeitig mit dem FRO , so daß dessen Beratungsergebnis noch nicht vorlag.
Pommern-Stettin und -Wolgast. Es sey notorium und reichskündig,
geben es auch die reichsacta mit mehrern, wie nicht allein auf dem new-
ligsten reichs- und deputationtage zu Regenspurg unndt Franckfurth
Zu den Beratungen und Beschlüssen über die Sicherheit des RKG auf dem Regensburger
RT und dem Frankfurter RDT s. [ Nr. 123 Anm. 29 ] und 30; zu jenen über den Unterhalt
des RKG auf RT und RDT s. [ Nr. 122 Anm. 67 ] und 68.
sondern auch bey wehrenden generalfriedenstractaten alhier undt zu Mün-
ster von dieser materi vielfeltig sey deliberiret unndt geschloßen worden.
[1.] Wann nun nurt daß in puncto securitatis vorgeschlagene expediens der
neutralitet oder sonst gnungsahmen assecuration were effectuiret worden,
so hoffte er, es würde die sache dadurch schon ihre richtigkeit erlanget
haben, wie er dan nochmahls darumb zu bitten hette.
[2.] In puncto salarii weren zweene mittel fürkommen, alß (1.) ein ordina-
rium , daß nemblich jährlich ein alter unndt newer termin richtiggemachet,
iedoch aber dieiennige, so notorie unter feindes oder krieges gewalt, eximi-
ret unndt verschonet würden
Wie schon auf dem RT 1641 empfohlen und im Schreiben der Reichskurien an den Ks.
von 1646 VI 17 wiederholt, sollten zwei Kammerzieler pro Jahr gezahlt werden und dazu
ein drittes zum Abbau der Rückstände. Die Erhebung einer Judenkopfsteuer sollte als
ao., einmalige Maßnahme eine Soforthilfe für das RKG bereitstellen (s. [ Nr. 122 Anm. 67 ] ;
[ Nr. 124 Anm. 2 ] ).
die witwen unndt weisen billig zu participiren. Waß aber, (2.), daß extra-
ordinarium , die vorgeschlagene iüdencapitation, betrifft, da participirten
die witwen nicht, weil sölches eine newe anlage unndt sie, die witwen,
noch kein ius radicatum
Das ius radicatum ist das „eingewurzelte“ Recht (vgl. Diefenbach , 482 s. v. radicitus, ) , das
die Witwen im vorliegenden Fall nicht hatten: Da die Judenkopfsteuer eine neue und ao.
Einnahme des RKG gewesen wäre, hätte bei ihrer Einführung über das Recht der Witwen
auf Teilhabe erst entschieden werden müssen.
concludirete
und nicht allein die izigen herrn assessores desto leichter begüetiget und
beysammenbehalten, sondern auch die vacirenden stellen meistentheils
desto ehe ersezet werden könten.
Württemberg. Gleichwie man an seiten Würtenbergk auch für billig
erachte, dem Kayserlichen cammergerichte sowol in puncto securitatis
als auch des unterhalts nach aller mögligkeit beyzuspringen, also erin-
nere er sich gleichergestalt, was bey vorigen consultationibus dieserwegen
fürgangen unndt geschloßen worden. Dieweil nun die vörigen unndt izi-
gen conclusa fast übereinstimmen unndt nochmahls dahin gehen, daß kein
beßer mittel der versicherung zu finden, alß daß sowol die stadt als cam-
mergericht zu Speyer in die neutralitet gesezet werde, so laße er ihme
sölches, sowol auch waß des salarii unndt unterhalts wegen gutbefunden
worden, auch gefallen, doch mit deme von etslichen appendicirten anhang,
daß auch die witwen davon participiren, imgleichen die unvermögenden
stände mit scharffen executions- unndt achtsprocessen verschonet werden,
wie er dan hiebey sonderlich wegen ihr fürstlicher gnaden zu Würtenberg
etc. zu erinnern, daß
besiz habenden lande abgefordert werden möchte
Wie [ Nr. 122 Anm. 72 ] .
nunfft gemes, daß sie von deneniennigen landen und herschafften nichts
geben können, so noch diese stunde andere in händen haben.
Halte im übrigen die erinnerung an die herrn camerales, daß sie bey ihren
functionibus verpleiben, gleichsfals vor nötig, und wiederhole dieses alles
auch wegen Pfalz-Veldenz wie imgleichen wegen Sachsen-Lauen- burg, doch beydes andergestalt nicht dan convenienti loco et ordine.
Hessen-Kassel. An seiten Heßen Caßell erinnere man sich gleichsfals,
waß hiebevorn albereit in dieser sachen fürgangen. Unndt weil das werck
fürnemblich auf zweyen puncten bestehe, so sehe er ratione 1., securitatis,
noch kein beßer mittel alß die neutralitet unndt befreyung des cammerge-
richts unndt der stadt.
Wegen deß 2., salarii, sey vor diesem von Heßen Caßel auch schon voti-
ret worden
diesem anhang, daß die witwen auch billig davon participiren solten.
Gegen die iudencapitation aber protestire er nochmahls, weil es nicht allein
fürsten und ständen an dero iurisdiction über die Juden nachtheilig unndt
praeiudicirlich sey, sondern auch daß fürstliche hauß Heßen Caßell seine
ziele iederzeit richtig eingebracht
Hessen-Kassel wird auch im Protokoll des KFR vom 22. September 1646 neben Salz-
burg , (dem Hst.) Augsburg, Braunschweig und Frankfurt als ein Rst. genannt, der seine
Beiträge für das RKG zahlte ( APW III A 1/1, 657 Z. 22–27). Die Lgft. schuldete nach
dem Verzeichnis des RKG mit den säumigen Rst. n von 1646 XI 29 (s. [ Nr. 130 Anm. 4 ] ) für
3 Kammerzieler 400 fl. ( ThStA Altes Hausarchiv Klasse I E 6 fol. 59).
tation gleichsamb duplici onere würde beschweret und angeleget werden.
Hessen-Darmstadt. Wegen Heßen Darmbstadt erinnere er sich auch,
was sowol zu Regenspurg unnd Franckfurth als hier unndt zu Münster
unterschiedtlich dieserwegen deliberiret worden. Und weil er das izige
Münsterische conclusum, soviel sonderlich den 1. punct betrifft, nicht zu
verbeßern wüste, so ließe er es dabey allerdings bewenden unndt hielte dar-
neben gleichsfalß nicht für undienlich, daß sowol die herrn Kayserlichen
alß auch fürsten unndt stände alhie die königlichen Französischen herrn
plenipotentiarios bey dero izigen gegenwart hierunter ersuchen müchten.
Ihr fürstliche gnaden, sein gnediger fürst unndt herr, wüste, waß für groß
trancksahl die guten leute außstehen müsten
Eine kurze Schilderung, wie die Kameralen durch die frz. Truppen belastet wurden, enthält
das Kurtrierer Votum im KFR am 22. September 1646. Demnach mußten zwar nicht die
Assessoren, wohl aber die Advokaten, Prokuratoren und Kammerboten für die Verpflegung
von zwei Kompanien aufkommen und sorgten sich deshalb wegen des bevorstehenden
Winters ( APW III A 1/1, 657 Z. 3–7).
lich unndt hochnötig, sich derselben cum effectu anzunehmen.
Ratione salarii, 2., aber hetten ihr fürstliche gnaden die alten ziele richtig
abgetragen, würden auch von den newen weinig restiren
Hessen-Darmstadt schuldete nach dem Verzeichnis des RKG von 1646 XI 29 für 5 Kam-
merzieler 666 fl., 40 Kreuzer (s. [ Nr. 130 Anm. 51 ] ).
wegen unbillig sein, daß man ihre Iüden zu collectiren vermeinete, gestalt
er dann dißfals ihre, der Heßen Darmbstätischen, vörige
izige Heßen Caßelische votum kürzlich wolle wiederholet haben.
Wetterauer Grafen. [1.] Weil von diesen desideriis derer herrn came-
ralium in unterschiedenen sessionibus deliberiret worden, so wolle er sich
uf die hiebevorn an seiten Wetteraw geführte vota, sonderlich vom 1./11.
Iunii, bezogen haben , daß nemblich ihnen zuvorderst durch eine neu-
tralitet zu bestendiger sicherheit zu verhelffen unnd derowegen hierunter
keine zeit zu verseumen.
[2.] Waß aber die salariirung anlange, könne er sich mit den vorsizenden
soweit wol vergleichen, das alle mögliche mittel, den unterhalt einzubrin-
gen , zu versuchen.
Soviel aber die iudencapitation betrifft, weil ihre herrn principaln dabey
gleichergestalt interessiret weren
Wie [ Nr. 123 Anm. 39 ] .
specialinstruction überkommen hetten, so müste er sich immittels mit
Heßen Caßel und Heßen Darmstadt conformiren. Unnd hielte sonst für
billig, die witwen bey der austheilung nicht zu übergehen.
Dabey er auch dieses zu erinnern nicht umbhin könte: Weil die herrn
camerales wieder ein und ander gräfliches hauß deswegen gleichergestalt
mit scharffen mandaten unndt achtsprocessen verfahren, daß sölches fort-
hin , sonderlich in ansehung gegenwertigen zustandes und abermahls aus-
gestandenen landtverderbs, unterbleiben möchte, gestalt er dann dieserwe-
gen daß fürstliche Pommerische unnd Würtenbergische votum repetirete,
im übrigen den maioribus sich conformirend.
[ Österreichisches Direktorium ]. Conclusum: Man sey in effectu mit
der Münsterischen meinung ganz einig und laße es bey vörigen sowol
ratione securitatis alß auch des salarii gemachten conclusis, so billig zu
effectuiren, bewenden, doch daß dieiennigen, so notorie unter feindes
gewalt begriffen, mit executions- und andern scharffen processen verscho-
net , die witwen unndt weysen auch von participation ihrer gebüernüß
gebüernüß ist gleichbedeutend mit Gebühr und bedeutet hier: Witwen und Waisen sollen
den Teil an den Einkünften des RKG erhalten, der ihnen zusteht ( Grimm IV, 1899 s. v.
gebührnis; Adelung XL, 20386 s. v. Die Gebühr Punkt 2). Abgesehen von der Teilhabe
der Witwen an den Kameralfreiheiten gab es beim RKG allerdings keine Hinterbliebe-
nenfürsorge (s. Anm. 15).
an deme, waß einkümbt, nicht ausgeschloßen werden .
Postquam surrexerant, discurrirete herr Lampadius, daß, obzwart seine
gnedige fürsten unnd herrn, die herzoge zu Braunschweig und Lüneburg,
keine Iüden unter sich hetten
so sehe er doch nicht, was die iüdencapitation für ein fundament habe,
dann die Iüden weren ia unter eines und anders fürsten unndt standes
botmeßigkeit ut cives vel subditi geseßen, würden auch von denselben
iedesmahls collectiret, dahero durch sölche vorgeschlagene iudencapita-
tion nicht allein ein eingriff in derselben stände iurisdiction geschehe,
sondern auch dieselbe dergestalt gedoppelt darzu contribuiren müsten
Seit dem 13. Jh. hatte der Ks. als Inhaber des Judenregals den mit Abgaben an die kgl. Kam-
mer (Judensteuer) verbundenen Judenschutz mehr und mehr an Landesherren und Städte
verliehen oder verpfändet, die ihrerseits die Juden besteuerten und sich Steuererhebungs-
versuchen durch Ks. und Reich meist erfolgreich widersetzten, um die Zahlungsfähigkeit
der Juden durch solche Doppelbesteuerung nicht zu gefährden ( Koehler / Lentze , 457f.; F.
Battenberg , Schutzjuden, 1535ff.; J. F. Battenberg , Rahmenbedingungen, 57, 59, 63; F.
Battenberg , Zeitalter, 110f., 198). Auch die noch in der Neuzeit erhobene Krönungssteuer
und der sogenannte Goldene Opferpfennig brachte dem Ks. wenig ein ( [ Nr. 139 Anm. 20 ] ).
– Die entgegengesetzte Position, daß nämlich die Erhebung einer Judenkopfsteuer nicht
verwehrt werden könne, hatte Pommern am 11. Juni 1646 im FRO vertreten (s. Nr. 123,
Punkt [2] des pommerschen Votums).
Worauf noch etliche interlocuta pro et contra gefielen, so nicht assequiret
werden können.