Acta Pacis Westphalicae III A 3,2 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 2. Teil: 1645 / Maria-Elisabeth Brunert
Sondersitzung reformierter Gesandter Osnabrück 1645 November 11/21
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Osnabrück 1645 November 11/21
Wetterauische Grafen ( Nassau-Dillenburg) A fol. 70–71’ (= Druckvorlage).
Erklärung der lutherischen fürstlichen Gesandten zu Osnabrück über die Admission der Refor-
mierten zum Religionsfrieden vom 19. November 1645
Siehe [Nr. 37 Anm. 2] .
(Im kurbrandenburgischen Quartier zu Osnabrück
In der Druckvorlage wird Wesenbecks Wohnung als Ort der Zusammenkunft genannt. In
DLöben II fol. 9’–10 ist präzisiert: Die Reformierten kamen in der taffelstuben des kurbg.
Quartiers zusammen. – Es wird nicht recht deutlich, wer als Direktor fungierte: Hessen-Kassel,
an das sich die Lutheraner als Vertreter der Reformierten gewandt hatten (s. Nr. 37), oder
Kurbrandenburg bzw. Pommern, vertreten durch Wesenbeck: In seinem Quartier fand die
Sitzung statt, und er hat anscheinend auch die Sitzung einberufen (s. S. 168 Z. 16f.).
burg / Pommern-Stettin / Pommern-Wolgast, Anhalt, Wetterauische Grafen, Stadt Bremen.
Hessen-Kassel. (Legatus herr Scheffer proponirt:) Notum, daß die Sueci et
Caesar der reformierten in ihren propositionibus gedacht
Wie [Nr. 39 Anm. 13] .
unannehmlichen terminis. Mann hette es im furstenrath gedacht, daß [ es] in
das fürstliche conclusum kommen möchte
Gemeint sind die Mitglieder des Ausschusses, die über den zu erstellenden Ersten Entwurff
beraten hatten (s. [Nr. 34 Anm. 19] ).
digt, sie alß die wenigere hetten eß nicht dürffen einsetzen, wolten sich aber
ehistens erkleren
Scheffer hatte nach Abschluß der Beratungen über den Ersten Entwurff am 18. November
daran erinnert, daß nun über die Admission der Reformierten gesprochen werden müsse
(s. [Nr. 36 Anm. 2] ). Bereits am folgenden Tag berieten die Lutheraner über die Admission der
Reformierten, weil man es ihnen so versprochen habe (s. Nr. 36 bei Anm. 2).
Die Solis weren die Lutherischen beyeinander gewesen , hetten darauff Al-
tenburg und Braunschweig gestern ahn herrn Oxenstirn geschikt , ahn ihn,
herrn Scheffern, aber Weinmar, Mecklenburg . Der ersten verrichtung wiße
er nicht.
Die ahn ihn geschickte hetten angehends contestirt de amore pacis inter nos
stabiliendae. Hetten die sache reifflich uberlegt und einen uffsatz
wie diser punctus beym 4. articel
[ uffsatz] von den reformirten acceptirt wird. Weil wir unß aber zur Augsbur-
gischen confession bekentten, würden wir nicht zuwider sein laßen, einen
gegenschein zu geben, daß wir die Augspurgische confession ein〈führen〉
woltten und nirgendswo ferner reformiren woltten.
Er, Scheffer, habe den Deputierten geantwortet: Wüste nicht, wie das wort „un-
geendert“ in beruerter [ Formel]
Schweden
sich und ihro hohen 〈erben〉
Ks. Ferdinand III. war zu Partikularverhandlungen mit Hessen-Kassel bereit gewesen
(s. [Nr. 28 Anm. 19] ).
aber das pulver mehr considerirt, und würde sie befrembden, itzo von evan-
gelischen excludirt zu werden. Hette ihnen historiam Augustanae confessio-
nis erzehlt und wie die Altenburgischen, Weinmarischen mit dem churfürst-
lich Saxischen 1560 in eadem confessione uneinig worden und inen dise nicht
ad baptisma zulaßen wöllen
Im ernestinischen Sachsen regierte seit 1554 (allein seit 1557) bis 1567 Hg. Johann Friedrich
II. (1529–1595), im albertinischen (seit 1547 Kft.) Sachsen von 1553 bis 1586 Kf. August I.
(1526–1586). Zwischen beiden wettinischen Linien bestand neben politischen Gegensätzen
eine rigorose theologisch-konfessionell-kirchliche Spaltung. Im ernestinischen Sachsen pflegte
man das Bewußtsein, gegenüber der von Philipp Melanchthon beeinflußten kursächsischen
Theologie das unverfälschte Erbe Luthers zu bewahren. Von 1557 bis 1561 bestimmte dort
das Schulhaupt der Gnesiolutheraner, der Kontroverstheologe Matthias Flacius Illyricus
(1520–1575) als wichtigster theologischer Ratgeber Hg. Johann Friedrichs die Entwicklung.
Im sogenannten Philippismus, der sich in Kursachsen entwickelte, war einer der zentralen
Streitpunkte die Abendmahlslehre, was aus Sicht der Gegner Nähe zum verhaßten Kalvinis-
mus bedeuten konnte. Nachdem 1573, als Kf. August die Vormundschaft über die unmündigen
Söhne Hg. Johann Friedrichs und die ebenfalls unmündigen, später in Altenburg und Weimar
regierenden Söhne Hg. Johann Wilhelms führte, 177 gnesiolutherische Theologen und Lehrer
aus den ernestinischen Landen ausgewiesen worden waren, wurde mit Einführung der Konkor-
dienformel von 1577 und des Konkordienbuches 1580 ein Ausgleich der konfessionellen Ge-
gensätze im ev.-lutherischen Lager eingeleitet ( Stammtafeln I T. 44; Smolinsky, 9, 24f.;
Klein, Ernestinisches Sachsen, 9f., 19–22).
reformirt und sollen sich ytzo restringiren laßen, rebus Caesaris vacillantibus.
Diabolum sparsisse hanc dissid〈iosam〉 materiam.
Formalia: „Waß wegen der herren reformierten in der königlich Schwedi-
schen proposition und der Kaiserlichen resolution artikel 4 gemeldet worden,
daß nemblich dieselben in den religionfrieden mitt einzuschließen, damit sein
die der ungeenderten Augsburgischen confession zugethane fursten und
stende dergestalt einig, daß gemelte herrn reformirte selbiger constitution
schutzes und sicherheit gleich ihnen, den evangelischen, genießen und fehig
sein mögen.“
Kurbrandenburg, Pommern-Stettin und Wolgast. (Herr Wesen-
beck:) Gratias agit pro confidenti visitatione. Er bedauert die Abwesenheit
Sayn-Wittgensteins
wollen
Wesenbeck hatte Löben im Namen der übrigen Reformierten eingeladen, der consultation
beizuwohnen. Dieser ließ sich unter Hinweis auf den ihm als kurbg. Ges. verweigerten Exzel-
lenztitel entschuldigen. Wenn er aber bey deme, was sie mitteinander schlie〈ß〉en würden,
etwas Förderliches tun könne, sei er dazu bereit (s. DLöben II fol. 10 s. d. 1645 XI 11
st.v.).
burgici in conclusum, quod facturi simus.
Laudat laborem et relationem Hassi〈ac〉i. Reperit in conceptum [ !] multa
verba subdola et intoleranda. Suecos a prima et bona intentione amotos a
malevolis. Dominum Oxenstirn〈am〉 esse asperior〈em〉 domino Salvio .
1. Mann praesupponiert, daß mann ytzo erst einzuschliessen seye, da doch
100 jaar in possessione gewesen, mann hette es in petitoria et possessione
erhalten. Sovil chur-, fürsten [ und] stende reformirt, in comitiis Imperii 〈eti-
am〉 allzeit admittirt.
2. Von ihnen praesupponirt, quasi penes ipsos potestas 〈nos〉 excludendi,
quod absurdissimum.
3. Distinctio der geenderte und ungeenderte confession
Gemeint ist der Unterschied zwischen der Confessio Augustana invariata, die am 25. Juni
1530 Ks. Karl V. überreicht wurde, und der Confessio Augustana variata, die Melanchthon
1540 verfaßt hat. Diese Confessio variata wurde beim Religionsgespräch in Worms am 30.
November 1540 als offizielles Dokument der Protestanten übergeben. Sie enthielt u. a. Ände-
rungen in Art. X (Abendmahl, Zurückhaltung gegenüber Realpräsenzvorstellung), was auf
prot. Seite zunächst unkritisiert blieb. Beim ARF wurden die Unterschiede zwischen beiden
Versionen übergangen. Auf prot. Seite gerieten die Differenzen zwischen invariata und variata
beim Streit um das Abendmahl zwischen Gnesiolutheranern und Kryptokalvinisten ins Blick-
feld. Neben den Lutheranern gaben auch die Katholiken in gemeinsamer Ablehnung des Kal-
vinismus der invariata den Vorzug. Das Restitutionsedikt bezog sich ausdrücklich auf die An-
hänger der ungeaenderten Augsburgischen Konfession von 1530 ( Londorp III, 1054; Frisch,
193 Z. 101). Das Problem wurde 1638 bei den gescheiterten Verhandlungen um den Beitritt
der Lgf.in von Hessen-Kassel zum PF wieder aktuell: Der Ks. versagte seine Zustimmung zu
der Ansicht, daß die Reformierten zu den Augsburgischen Konfessionsverwandten zählten
( Dickmann, 367f.; Iserloh, 286f.; Lohse, 619, 625ff.; Rudolf Keller, 517).
friedensschluß uff〈komen〉, alias protestantes status abolen〈t〉 pacem Pra-
gensem, und sollen diese distinction annehmen.
4. „Schutzes und sicherhait zu genißen“ , 〈hoc est〉 passive 〈sibi〉 arrogant
ius p〈a〉t〈ronatus〉 et protectionis uber die reformirte.
5. Gelich 〈i〉hnen, den evangelischen, se vocant evangelicos, quasi refor-
mati non essent evangelici.
6. „Genießen und fehig se〈in〉“ denotat usufructum 〈vel〉 proprieta-
〈tem〉, sed ius proprietatis sibi Lutheranos velle 〈vindicare〉. Electori h〈o〉c
〈communicatum〉 in h〈o〉c non consensurum
Kf. Friedrich Wilhelm hatte am 13. Oktober 1645 resolviert, daß die Reformierten gleich den
Lutheranern an der AC beteiligt seien. Seine Königsberger Resolution vom 18. November
1645, in der er sich enttäuscht über die Thorner Religionsgespräche, besonders über die unter
sich uneinigen lutherischen Theologen, äußerte, wird noch nicht am Kongreß eingetroffen ge-
wesen sein ( UA IV.2, 402 und 407).
tionem uff sich. Er hett nie gewöllt den uff〈satz〉 schließen, auch protestirt,
alles zu revociren
non votum curiatum, sed votum utriuscumque publice. Wolten publice mit
ihnen agiren, si mere, si non, protestatio interponenda, non esse nos causam
separationis. Omnia ipsis in pro〈iecto〉 esse remonstranda. Coronas Impera-
tori et catholicis concedere, quid 〈igitur〉 〈illi〉 dubitent? Revers betreffend,
esse conditione〈m〉 turpissim〈am〉, churfürsten und fürsten conditiones
vor[ zu]schreiben in ihren regalien, zu exaggeriren, pro tur〈p〉i et impossibili
conditione zu achten. Mann 〈hette〉 sich doch nach mögligkeit [ zu] moderi-
ren.
H〈ae〉c proposuisse nomine electoris Brandenburgici ut et Pomeranici.
Hessen-Kassel. (Hassi〈ae〉 legat〈us〉:) Gratias agit domino Wesenbeck
et domino Löbenio pro salutatione, distributione in materia et modo agendi.
Conformire sich mit Pommern in cen〈sura〉 verborum, nur „schutz und Si-
cherheit“ permissive. 〈Separatio〉 〈wegen〉 evangelischen und reformirten.
Beßer gar nicht ein〈gesetzt〉
Das heißt: Es sei besser, der Reformierten gar nicht im Ersten Entwurff der Evangelischen
Staende zu Oßnabrueck Gutachtens (s. Nr. 38 bei Anm. 4) bzw. im Vollstaendigen Gutachten
der Evangelischen Staende zu Oßnabrueck (s. [Nr. 41 Anm. 1] ) zu gedenken, als die Erklärung
der lutherischen fürstlichen Gesandten (wie oben Anm. 1) zu akzeptieren.
tionem iuris reformandi uff dem 〈rüken〉, weder formular noch revers zu
acceptiren. Modus procedendi hac in re: ohne weitleufftigkeit oder schriff-
wechßeln, uff eine publi〈qu〉e conferentz. Aber zuvor die gemüther zu prae-
pariren, Anhalt mit Weinmar
rei publicae. Se cum Lampadio, si velimus, collatur〈um〉, quod tamen
〈…〉. Vor hinlegung dises zu keiner versamlung zu ko〈mmen〉, dann erst
den superioribus zu berichten, nimis langer fall und gebe separation, so die
catholischen fomentiren müsse.
Anhalt. Gratias agit Hassiaco pro relatione, Brandenburg, quod conferen-
tiam hanc maturaverit in sua domo. Se haec praevidisse, et magnam maesti-
tia[m]. Daß formular sey gefehrlicher, alß ob’s ein Jesuit selbst thun 〈kon-
ten〉. Seyen mehr verfengligkeiten alß wortte, 〈diabolo〉 haec prodesse, weil
er mit den andern nicht können vortkommen. Lutheranos modernos tentare
inaudita et nos ex macello 〈a〉ddicere. Suecos bene posuisse, non quod 〈si-
mus〉 includendi, sed iam inc〈lusi〉
Wie [Nr. 38 Anm. 3] .
anno 1566
Anspielung auf den Augsburger RT von 1566 (s. [Nr. 33 Anm. 53] ).
text genommen, [ verbi gratia] Darmstadt contra Caßell
Der lutherische Lgf. Georg II. von Hessen-Darmstadt erstrebte im Streit mit den kalv. Lgf.en
von Hessen-Kassel um die Marburger Erbschaft (s. [Nr. 32 Anm. 63] ) ein für ihn vorteilhaftes
Resultat. Die Länder der Marburger Erbschaft hatten eine größtenteils lutherische Bevölkerung
( Bettenhäuser, 51). Es war also bei ihrem möglichen Übergang an das reformierte Hessen-
Kassel von Bedeutung, ob die Kalvinisten das Ius reformandi zugesprochen erhielten. – Der
hessen-kasselische Ges. Vultejus hatte im April 1645 den Eindruck, daß Schweden von Hessen-
Darmstadt gegen Kassel beeinflußt worden sei (August Beck, 27). Wieweit sich Hessen-Darm-
stadt im Werben für seine Position im Marburger Erbschaftsstreit gegenüber dem lutherischen
Schweden und anderen konfessionspolitischer Argumente bediente, wurde nicht ermittelt.
1. Solten’s laßen wie ihre maiores.
2. Arrogant sibi ius nos includendi in pacem religionis, bindeten den refor-
mirten ein große 〈last〉 uff den halß.
3. De abolitione pacis Pragensis fuisse actum ut et de edicto 1629 .
Zweifele, ob sie von ihren principaln uff solche wort instruirt seyen. Voluntas
non sufficit, ubi po〈testas〉 etiam re〈gulariter〉, vide Carpzov, ad legem re-
giam Germanorum
Formular nach der Schwedischen proposition zu richten . Vorunderbauung
zu thun, er bey Sachsen Weinmar, cognationem 〈esse〉 Anhalt〈inorum〉
Hg. Wilhelm von Sachsen-Weimar war eng mit dem Fürstenhaus Anhalt verwandt: Seine
Mutter, Dorothea Marie (1574–1617), war eine geborene Prinzessin von Anhalt, eine Schwe-
ster des Fürsten Johann Georg von Anhalt (1567–1618), 1586–1618 regierend in Dessau. Hg.
Wilhelm heiratete Eleonore Dorothea Prinzessin von Anhalt (1602–1664), eine Tochter Fürst
Johann Georgs, also seine Cousine. Er war demnach zugleich Cousin und Schwager des zur
Zeit des WFK in Dessau regierenden Fürsten Johann Kasimir, seine Frau war eine Nichte des
in Köthen regierenden Fürsten Ludwig sowie des in Plötzkau regierenden Fürsten August und
eine Cousine der in Zerbst bzw. Harzgerode regierenden Fürsten Johann und Friedrich von
Anhalt ( Stammtafeln I T. 44, 73, 74, 76).
Weinmar wehre hiebevor andern meinung gewesen. Wilhelmum Saxonem
ipsi
Milagius war über Weimar, Gotha und Kassel zum WFK gereist. In Weimar hatte er mehrere
Tage verweilt und war von Hg. Wilhelm in respect des Fürstl. Hauses Anhalt sehr gnädig
aufgenommen worden (s. die Relation des Milagius von 1645 VI 20 [ /30] aus Weimar an die
Fürsten von Anhalt in: G. Krause V.2, 1).
Hg. Wilhelm von Sachsen-Weimar teilte, ebenso wie seine Brüder, von denen Hg. Ernst „der
Fromme“ in religiöser Hinsicht der bedeutendste war, nicht die antikalv. Politik der alberti-
nischen (kfl.) Sachsen. Wilhelm räumte seiner Gemahlin, einer kalv. Prinzessin von Anhalt
(s. oben Anm. 38), einen reformierten Hofstaat mit reformiertem Gottesdienst und Hofpredi-
ger ein. Selbst unangefochten Lutheraner, wollte Hg. Wilhelm von Lehrstreitigkeiten inner-
halb des Protestantismus nichts wissen ( Beyreuther, 14, 21).
Canzler 〈Götz〉
Kanzler Sachsen-Weimars war Dr. iur. Samuel Göchhausen (1578–1658), der zugleich auch
dem Konsistorium als Präsident vorstand. Aufgewachsen in Stade, hatte er in Jena studiert und
war dort promoviert worden, hatte 1606 eine juristische Professur erhalten und war 1607,
zunächst als Hofrat, Mitglied des Regierungskollegiums in Weimar geworden ( Huschke,
111, 162, 182, 195).
ßen uffsezen, alß mann gewöllt, das 〈un〉d diff〈…〉 reformirt nennen. Die
vorbauung könte sobald geschehen, Suecos esse respiciendos.
Al〈ius〉. Hollandos etiam esse a nostris partibus
Holland war eine der sieben souveränen Provinzen der Ndl.; ihr Name wurde oft – und wohl
auch hier – synonym für die Vereinigte Republik der Ndl. gebraucht. In Holland und Seeland
galt seit 1575/76 der Kalvinismus als die eigentliche, wahre Konfession; 1581 wurde auch der
private kath. Gottesdienst verboten. Die betreffenden Bestimmungen wurden 1587 für die
Vereinigten Ndl. verbindlich. Die reformierte Kirche wurde so zur „Öffentlichkeitskirche“.
Die Katholiken konnten allerdings wegen ihres Bekenntnisses nicht verfolgt werden. Den Ver-
boten der Glaubensausübung stand zumeist eine liberale religionspolitische Praxis gegenüber, so
daß die Katholiken weiterhin einen großen Teil der Bevölkerung stellten (nach einer nicht
ganz sicheren Zählung 47 Prozent im Jahre 1656). Ferner gab es einen beträchtlichen Anteil
anderer religiöser Gruppen, während das lutherische Bekenntnis nur geringe Relevanz er-
reichte : Die Ndl. waren konfessionell pluriform mit den Reformierten als öffentlicher, privile-
gierter Kirche. Bei den ndl. Reformierten galt die Confessio Belgica, deren Hauptverfasser
Guy de Brès (hingerichtet 1567) war. Seine Confession de la foy wurde 1561 zuerst und 1562
in ndl. Übersetzung gedruckt und auf der großen Synode zu Dordrecht 1619 revidiert und der
frz. und ndl. Text offiziell festgelegt. Sie ist kalv. geprägt und lehnt sich eng an die Confessio
Gallica von 1559 an, die ihrerseits eine gewissenhafte Zusammenfassung der Lehre Kalvins
darstellt ( Dickmann, 198; Augustijn, Brès, 181ff.; Augustijn, 479ff.; Hans Schwarz, 421
Z. 30–51, 422 Z. 1–9; Groenveld, 432, 437; Lademacher, 230ff., 235f.). – Die ndl., aus
acht Ges. bestehende Delegation traf erst am 21. Januar 1646 am WFK ein, s. Relation De
l’arrivée & de l’entrée de leurs Excellences Messieurs les Ambassadeurs Et Plénipotentiai-
res De leurs Hautes Puissances les Etats Généraux Des Provinces-Unies à Munster (NS
III, 396ff.). Die Ankunft des bedeutendsten Mitglieds der Gesandtschaft, des holländischen Ver-
treters Dr. Adriaen Pauw, Herr zu Heemstede (1585–1653), zeigt ein Gemälde Gerard Ter-
borghs und Gerard van der Horsts (Abb. in: Groenveld, 437; Detail in: Lademacher,
24b).
Wetterauische Grafen. Gratias agit Hasso pro relatione, electorali pro
convocatione. 〈O〉ptat princip〈ales〉 leg〈es〉. Scriptum Nassov〈ii〉 le-
gisse a p〈agina〉 44
Gemeint ist ein vom Ges. Schrag unterzeichnetes, auf den 18. [ /28.] Oktober datiertes, am 1.
[ /11.] November 1645 präsentiertes und am 5. [ /15.] November diktiertes Memorial Nassau-
Saarbrückens bzw. die zugehörigen Beilagen mit Diktatvermerk vom 10. [ /20.] November
1645. Kopien in: Braunschweig-Lüneburg-Kalenberg A III fol. 336–339 (Memorial,
deß gräfflichen hauses Naßaw Sarbrügke〈n〉 absonderliche beschwerden und begeren
bey gegenwertigen generalfriedensßtractaten betreffendt), fol. 340–342, 343’ (Nachrichtli-
che specification, welchergestalt die Naßaw Sarbruckschen graflichen herrschaften, land,
leute und guter, auch darzugehörige lehenschafften, beederseits Reiches vor und nach
dem Prager friedenschlus verschiedenerweiße occupiret, confisciret und hin und wieder
frembden vertheilet worden, bezeichnet als Beilage A) und fol. 344–347’ (Naßaw Sarbrük-
ken contra Lothringen, ohne Bezeichnung, anscheinend Beilage C, s. unten). Das Memorial
und die beiden Beilagen hat Lampadius am 14. [ /24.] November 1645 an Hg. Christian
Ludwig zu Braunschweig-Lüneburg nach Hannover überschickt. Das Memorial trägt auf der
Rückseite den Vermerk: […] Mit beylagen A, B, C. B ist getruckt undt wirt nicht mit
uberschicket (s. fol. 339’). Diese Beilage B war paginiert: Im zugehörigen Memorial wird
mehrmals auf sie unter Angabe der Seitenzahl verwiesen (s. ebenda fol. 338: pagina 18 et
sequentes ). Sie bezog sich anscheinend ebenfalls auf die Forderungen Nassau-Saarbrückens ge-
genüber Lothringen. Druck des Memorials (ohne die Verweise auf die Beilagen): Meiern I,
831ff. (Lemma: Graeflich Nassau=Saarbrueckisches Memoriale, desselben Restitution betref-
fend ). Ebenda 833–836 Druck der Nachrichtlichen specification als Beilage A. Ebenda
836f. ist als Beilage B ein Teil dessen abgedruckt, was in Braunschweig-Lüneburg-Ka-
lenberg A III als Beilage [ C] Naßaw Sarbrücken contra Lothringen bezeichnet wird. Die
bei Meiern I, 837 abgedruckte Beilage C (ein von Schrag gezeichnetes Graeflich Nas-
sau=Saarbrueckisches Memorial, desselben Satisfaction gegen Lothringen betreffend, da-
tiert auf den 18. [ /28.] Oktober 1645, diktiert am 3. [ /13.] November 1645), kann nicht mit
der in Braunschweig-Lüneburg-Kalenberg A III als Druck bezeichneten Beilage B
identisch sein.
burgici〉 quoad proiectum . Cum comite Wittgenstein
Wesenbeck begab sich am 26. November auff erforderungk Sayn-Wittgensteins nach Münster
( DLöben II fol. 14 s. d. 1645 XI 16 st.v.). Laut Milagius fuhr er dorthin, um mit Sayn-
Wittgenstein wegen der Reformierten zu beraten (Relation des Milagius an die Fürsten August,
Ludwig, Johann Kasimir und Friedrich von Anhalt von 1645 XI 19 [/29], in: G. Krause
V.2, 32–35, hier 32).
Gemeint sind Streuff von Lauenstein, Meisterlin und Camerarius (s. [Nr. 11 Anm. 58] ). Es
wurde nicht ermittelt, ob mit ihnen über den Einschluß der Reformierten gesprochen worden
ist. Sie fehlten bei der nächsten Sondersitzung der Reformierten (s. Nr. 57). Meisterlin und
Camerarius nahmen erst an der Extraordinarsitzung teil, die am 1. Februar 1646 abgehalten
wurde (s. Nr. 91).
conferendum pro consilio. Exclusio praetensa 〈…〉 Lutheranis probanda.
Ac 〈…〉 per m〈od〉um conferentiae rem in publico peragendam, tum fore
evidens, q〈ui〉s ad hanc rem sit instruct〈us〉 necne.
Bremen . Agit gratias pro convocatione ad hunc actum. Se et collegam
suum instructos [ esse], ut in puncto religionis reformati pro eius securitate
omnia agant. Se Suecis pro suo formulari gratias egisse. Esse sperare ipsos
fore constantes. Reformatos aeque laborasse pro bono publico ac Lutheranos.
Hoffte, sie wurden uff beßere z〈ureden〉s dies concept endern. Quosdam e
reformatis ad Suecos mittendos, ut sint constantes et Lutheranos in rec-
t〈am〉 vi〈am〉 reducant.
Kurbrandenburg, Pommern-Stettin und Wolgast. (Wesenbeck:)
Formulare omnino reiiciendum , praeliminariter die sache durch Heßen mit
Braunschweig und Anhalt mit Sachsen Weinmar umb modification deß con-
cepts. Mann könte ihn ein ander formular schiken, und zu remonstriren,
quam inique cum reformatis agant. Deputationem ad Oxenstiernam necesse.
Hessen-Kassel. (Legatus Hassiacus:) Se fuisse causam parentheseos Sue-
c〈icae〉
Scheffer hatte den Schweden vor dem 22. März 1645 Unvorgreifliche puncten, so der pro-
position mit einzurücken, übergeben. Diese puncte sollten der ahnwesenden herren gesand-
ten meynung nach, soviel Scheffer aus den discursen (dan sie sich formaliter noch nicht
heraußlaßen wollen) vermercken können, von den Schweden in ihrer (am 11. Juni veröf-
fentlichten ) Proposition II berücksichtigt werden (Relation Scheffers an Lgf.in von 1645 III 12
[ /22] in: Hessen-Kassel A II fol. 418–419, hier 418). Von den erwähnten Kollegen scheint
Lampadius die treibende Kraft gewesen zu sein (s. APW II C 1, 551 Z. 34–38). Die Unvor-
greifliche puncten enthalten unter Position 3 die Formulierung: die evangelische undt Augs-
purgische confessionsverwandten, darunter die genante reformirte mitbegriffen (Text:
Hessen-Kassel A II fol. 420–421, hier fol. 420; schwed. Überlieferung: s. APW II C 1
Nr. 307 Beilage 4).
Conclusum: Hesßen und Anhald söllen morgen sondiren und remonstriren
Milagius zufolge war Scheffer embsig und eyferig, gleichwol auch fürsichtig, die Sache der
Reformierten zu empfehlen. Gleich ihm, Milagius, befinde er, daß eine gute moderation
hochnötig sey. Milagius selbst sprach am 29. November 1645 mit Lampadius über das Anlie-
gen der Reformierten (Relation an die Fürsten August, Ludwig, Johann Kasimir und Friedrich
von Anhalt von 1645 XI 19 [ /29] , in: G. Krause V.2, 32–35, hier 32).
auch solte mann ein concept [ mit] 〈einer〉 andern formul insinuiren, biß
dahin, Oxenstirn zu visitiren, 〈einstellen〉, außgenommen Hesßen Casßel in
particulari
conferentiam zu stellen. Ius 〈autem〉 reformandi iuri territoriali annexum
keineswegs zu bege〈ben〉.
Sachanmerkungen zu Nr. 40