Acta Pacis Westphalicae III A 3,1 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 1. Teil: 1645 / Maria-Elisabeth Brunert
Deputation der fürstlichen und städtischen Gesandten bei den Gesandten Osnabrück 1645 August 14/24

2

Deputation der fürstlichen und städtischen Gesandten bei den Gesandten


4
Osnabrück 1645 August 14/24

5
Wetterauische Grafen ( Nassau-Saarbrücken) A II fol. 122–126’ (= Druckvorlage); da-
6
mit
identisch Fränkische Grafen A I fol. 106–109’; vgl. ferner sachsen-altenburgisches Dia-
7
rium
in: Sachsen-Altenburg D 1 fol. 398–415, hier 411–413. Druck eines berichtsartigen
8
Protokolls der kaiserlichen Seite: APW II A 2 Nr. 214, 444 Z. 11–50.

9
Antwort der fürstlichen und städtischen Gesandten zu Osnabrück auf die Forderung der Kaiser-
10
lichen
vom 21. August 1645

28
Siehe Nr. 7 (oben S. 85 Z. 3–7).
, eine Gesamtkonferenz über den Verhandlungsmodus zu veranstal-
11
ten
. Bitte um Vermittlung bei den Gesandten zu Münster und um Veröffentlichung der kaiserli-
12
chen
Responsionen auf die schwedische und französische Proposition II vom 11. Juni 1645

29
Die ksl. Responsionen erfolgten erst am 25. September 1645 (s. Nr. 14).
.

13
(Im Quartier der Kaiserlichen zu Osnabrück.) Anwesend: Kaiserliche Gesandte (Lamberg,
14
Krane); als Deputierte: Sachsen-Altenburg / Sachsen-Coburg (Thumbshirn, Carpzov), Sachsen-
15
Weimar / Sachsen-Gotha / Sachsen-Eisenach (Heher), Brandenburg-Kulmbach (Müller), Braun-
16
schweig-Lüneburg-Celle / Braunschweig-Lüneburg-Grubenhagen / Braunschweig-Lüneburg-Ka-
17
lenberg (Lampadius), Fränkische Grafen und Nürnberg (Oelhafen von Schöllenbach).

18

20
18 Nachdeme – Weymarische] In der Druckvorlage steht als Überschrift: Actum den 14. [ /
21
24.] Augusti anno 1645. In Fränkische Grafen A I ist zusätzlich noch der Wochentag
22
(donnerstags ) angegeben.
Nachdeme die herren fürstlich Sachßen Altenburgische und Weymarische
19
wie auch fürstlich Brandenburg Culmbachische undt Braunschweig Lünebur-

[p. 139] [scan. 283]


1
gische neben den Fränckisch gräfflichen undt zugleich Nürnbergischen abge-
2
sandten wiederumb bey denen alhie anwesenden hochahnsehnlichen Kayser-
3
lichen herren plenipotentiariis erschienen

30
Siehe auch APW III C 4, 84 Z. 2ff.
, ist von dem vorsitzenden herren
4
Sachßen Altenburgischen gesandten der vortrag ohngefehr nachfolgenden
5
innhalts außführlich undt wohl communi nomine abgelegt worden:

6
Deputierte (durch Thumbshirn). Es hetten die alhie anwesende fürstli-
7
che und anderer stände gesandten keineswegs underlaßen, die von den Kay-
8
serlichen herren commissarien nächstverschienener tagen

31
Am 21. August 1645 (s. [Nr. 7 Anm. 11] ).
wegen einer för-
9
derlichen zusammentrettung de〈r〉n alhier und zu Münster sich befinden-
10
den fürstlichen undt anderer stände gesandten in loco quodam tertio zur ver-
11
trawlichen underredung und vergleichung über deme daß gantze hauptwerck
12
einig undt allein anietzo hemmenden und steckenden modo deliberandi be-
13
schehene undt begehrtermaßen alles fleißes hinderbrachte wohlgemeinte er-
14
innerungen in gesampte, reiffe undt sorgfältige deliberation umb soviel mehr
15
zu ziehen, alß sie auch ihrestheils sich zu nichts mehrers alß zu schleünigster
16
beförderung der vorhandenen friedenstractaten undt höchst nothwendiger
17
errettung des allgemeinen geliebten vatterlandts auß gegenwertigen grundt-
18
verzehrenden kriegsflammen instruirt und von selbsten begierig befunden.

19
Gleichwie nun von denen zu Münster anweßenden fürstlichen gesandten so-
20
wohln schrifftlich alß vermittelst des zu solchem endt anher zu reißen bitt-
21
lich vermöchten fürstlich Culmbachischen herrn gesandten

32
Müller (s. Nr. 6a).
gleichmäßiges
22
ansuchen, undt zwar mit vorgeschlagener undt begehrten hinüberreyß naher
23
besagtem Münster, an die hiesige gesandte gebracht worden, also hette man
24
dißorths zuvorderst gewünschet undt gerne gesehen, daß solch suchen undt
25
begehren also beschaffen, daß denenselben darin{n} hette alsobalden deferirt
26
und willfarth werden mögen. Es hette sich aber im vernünfftigen nachdenk-
27
ken anders nichts befunden, dann das noch zur zeit dergleichen hienuberreiß
28
und conferentz nicht allein unnötig undt vergeblich, sondern auch dem
29
hauptwerck selbsten mehr schädlich undt verhinderlich alß nutzlich und be-
30
förderlich sein würde, sintemahln gleichwie mann bißher{o} von den herren
31
gesandten zu Münster intention ande{rs} nichts verstehen können, dann daß
32
dieselbe mehrwohlermelten herrn Culmbachischen gesandtens gethanen an-
33
zeig nach noch

43
33 immerhien] Fränkische Grafen A I: immerzu.
immerhien entweder auff die zu Längerick geschloßene depu-
34
tation undt adjunction

33
Bezug auf den Lengericher Schluß der kfl. Ges. vom 10. Juli 1645 (s. [Nr. 1 Anm. 1] ).
oder doch uff beysamhaltung undt verbleibung der
35
dreien gesampten reichscollegien in loco unico beha{rr}lich ziehlen, also hette
36
mann hiengegen deßen beständige undt versicherte nachrichtung, daß beede
37
frembde cronen sich zu dergleichen denen mit so großer mühe abgehandelten
38
undt verglichenen praeliminartractaten

34
Bezug auf den Hamburger Präliminarvertrag von 1641 XII 15/25 (s. [Nr. 2 Anm. 30] ).
sowohln alß dem jüngsten Regens-
39
purgischen reichsabschiedt

35
Der Regensburger RA von 1641 X 10 hatte Osnabrück und Münster als Verhandlungsorte
36
genannt (wie [Nr. 7 Anm. 30] ).
allerdings zuwiderlauffenden modo so gar kei-
40
neswegs verstehen wolten, daß sie viel ehender offt und viel beschehenen
41
contestationen undt erclärungen nach gar davonziehen undt dieße friedens-
42
tractaten uffheben, undt dahero alle fernere darüber vorgehende underredung

[p. 140] [scan. 284]


1
undt dabey uffgewendete zeit, speßen, mühe undt arbeit gantz umbsonst
2
undt vergeblich sein würden, wie dann die Schwedische herren plenipoten-
3
tiarii uff bemelte praeliminaribus dermaßen steiff beharren, daß sie eben auch
4
dahero uff allen fall die veranlaste hienüberreyß der gesambten alhie anwe-
5
senden gesandt{en} naher Münster nicht zugeben, sondern in den gedancken
6
stehen wolten, alß ob dadurch daß werck allgemächlich von hier ab- undt
7
daselbst hiengezogen werden möchte.

8
Undt nachdeme dießes alles sowohln vormahls durch den herren Costnitzi-
9
schen

37
Köberlin war ersucht worden, das Bedenken vom 29. Juni 1645 (s. [Nr. 2 Anm. 13] ) den ksl.
38
und fürstlichen Ges. zu Münster zu überreichen (Relation des Lampadius von 1645 VIII 15/25
39
an den Hg. von Braunschweig-Lüneburg in: Braunschweig-Lüneburg-Kalenberg A III
40
fol. 62–65, hier fol. 62’).
alß auch hernacher durch den herren Culmbachischen

41
Müller (s. Nr. 6a).
gesandten be-
10
reit genugsam remonstrirt worden, alß hette mann nicht unbillich verhofft, es
11
würden die zu Münster anwesende herren gesandte sich mit dem alhier ge-
12
machten undt ihnen communicirten concluso

42
Gemeint ist Des Heil. Roem. Reichs Fuersten und Staende zu Oßnabrueck, ueber dem Modo
43
Deliberandi & Agendi […] beliebter Schluß (s. [Nr. 5 Anm. 11] ).
umb soviel mehr conformirt
13
undt verglichen haben, alß nicht allein höchstermelte beede cronen den dar-
14
inn gesetzten modum allerdings beliebet undt ihrestheils darauff zu bestehen
15
sich erkläret, sondern auch derselbe den praeliminarhandlungen und mit ob-
16
angezogenem jüngstem reichsabschied wie nicht weniger der forma et stylo
17
Imperii undt der sämptlichen stände interesse gemäß, sodann auch der herren
18
Kayserlichen, königlichen undt churfürstlichen plenipotentiarien undt ge-
19
sandten bißher underschiedlich vorgangenen exempel undt actibus nach für
20
wohl practicirlich zu halten were. Undt weilen auch die erbaren frey- undt
21
reichsstätt sich dißfals ratione dicti modi et illius expeditionis leichtlich mit-
22
einander zu vereinigen erclärt

44
Siehe Nr. 8 (oben S. 134 Z. 32ff).
, alß stunde es einig undt allein uff der fürstli-
23
chen herren gesandten zu Münster schrifftlichen erclärung undt vereinigung
24
mit denen alhier anwesenden fürstlichen gesandten, alß dann ratione re- et
25
correlationis undt anderer gewißen vorfallenden umbständen eine fürstliche
26
conferentz undt communication, etwann in loco quodam tertio, mit beßerem
27
effect alß vor dißmahl angestellet werden möchte. Undt hette mann dahero
28
nicht underlaßen können, solches alles mehrhoch- und wohlermelten Mün-
29
sterischen fürstlichen herren gesandten dergestalt schrifftlich anzufügen, alß
30
die hiemit denen hochansehnlichen Kayserlichen gesandten übergebende co-
31
pey

Nachweis: APW II A 2, 445 Z. 6f.
schreibens mit mehrerm außweißen würdt.

32
Darauff gebührenden fleißes bittend, es wolten ihre excellenzen geruhen,
33
nicht allein bey denen zu Münster [ weilenden] herren gesandten vielgültige
34
erinnerung undt anmahnung dahien einzuwenden, damit sie sich zu beförde-
35
rung der sachen willfährig resolviren undt erclären undt sich anderweitig kei-
36
neswegs vergeblich uffhalten mögen, sondern zuvorderst auch, weiln es biß-
37
hero vornemblich an der materia deliberandi ermanglet, außer welcher der
38
modus für sich selbsten umbsonst sein würdt, ihrestheils mit endtlicher auß-
39
stellung der Kayserlichen proposition umb soviel unverlängt

unverlängt bedeutet eilends, schleunig (s. Grimm XXIV, 1053).
zu verfahren,
40
damit mann in der that verspühren könne, waßgestalt der alhie geschloßene
41
undt bißhero ipso facto practicirte unnd gebrauchte modus viel geringere dif-
42
ficulteten, alß mann zum theil einbilden mag, umb sich habe etc.

43
Auff dießen mit mehrerem wohlaußgeführten vortrag haben die beede herren
44
Kayserlichen commissarii einen kurtzen nebendritt

Nebentritt, Seitentritt ( Grimm XIII, 508): sie sind beiseite getreten und haben sich unter-
einander besprochen.
gethan, undt folgendts

[p. 141] [scan. 285]


1
herr Cranius praemissa gratiarum actione aliisque curialibus praevia herum
2
repetitione etc. sich substantialiter mit nachgesetzter maß vernehmen laßen:

3
Kaiserliche Gesandte (Krane). Sie hetten ihrestheils zuvordrist ver-
4
hofft, auch gewünscht und gerne gesehen, daß die alhier

42
4 anwesender] In der Druckvorlage und in Fränkische Grafen A I steht: anwesenden.
anwesender fürsten
5
undt stände ietzt angedeütete undt wohlverstandene resolution etwas anders
6
gefallen undt die ihrerseits wohlmeinlich undt auß erheblichen motiven undt
7
ursachen in loco quodam tertio vorgeschlagene undt gebettene beykunfft
8
undt vertrawliche underredung super modo deliberandi nicht außgeschlagen,
9
sondern dergestalt angenommen undt befördert worden sein möchte, alß es ie
10
des vorstehenden hauptwercks und deß allgemeinen vatterlandts eüßerste
11
nothurfft unumbgänglich erfordern wolte. Undt weren solchergestalt nie-
12
mand übler daran alß eben die Kayserlichen commissarii, alß welche von
13
Kayserlicher mayestät expresse undt specialiter angewießen weren, nichts
14
ohne der sämptlichen alhier undt zu Münster anwesenden fürstlichen undt
15
anderer stände einrathen, consens und assistentz zu tractiren und zu handlen,
16
undt dahero der stände vorhergehende vereinigung ratione modi tractandi
17
vor allen dingen höchst notwendig were. Zu welchem ende sie dann wohlge-
18
meinte errinnerung wegen zusammendrettung undt underredung der stände,
19
undt zwar zu verhüttung disputats und aemulation ratione loci nicht zu Mün-
20
ster, sondern in loco quodam tertio, eingewendet undt ihrestheils an denjeni-
21
gen orth, so den ständen selbsten beliebig sein würde, mitzureißen sich umb
22
soviel mehr anerbotten hetten, alß ie bißher die erfahrung genugsam bezeügt,
23
welchergestalt mit weitlaüffigen schrifftwechßeln nicht wohl müglich, auß
24
der sachen zu kommen, sondern nur die zeit dardurch verlohrengehe undt
25
allerhand

43
25 einleistige] Fränkische Grafen A I: einrißige.
einleistige

einleistige bedeutet einseitige (das Wort ist abzuleiten von mhd. leist = Weg, Spur s. Le-
xer
I, 1870). einrißige bedeutet als Präzedenzfall dienend (das Wort ist abzuleiten von früh-
neuhochdt
. einriß = Präzedenz s. Götze, 62). Für freundliche Hinweise danke ich Herrn
Dr. Walter Hoffmann, Institut für Geschichtliche Landeskunde der Rheinlande, Bonn.
inconvenientien darauß zu entstehen pflegen, da hinge-
26
gen bey mündtlicher vertrawlicher underredung in einer stundt mehr alß son-
27
sten in etlich viel tagen außzurichten sein möchte.

28
Zwar würden sie ihrestheils, wann es hiesigen ständen gefallen haben solte,
29
zu beförderung der sachen kein sonderbahres bedencken gehabt haben, sich
30
nacher Münster uff etlich wenig tage dießes praeliminarwercks selber zu er-
31
heben, undt könten deßen wohl versichern, daß es daselbsten im geringsten
32
die intention undt meinung niemahls gehabt, die hiesige stände daselbsten
33
lang auffzuhalten, andere hauptsächliche puncten in consultation zu ziehen
34
oder sonsten dardurch das werck von hier daselbsthien zu abstrahiren. Wel-
35
ches dann sie auch ihresorths auff allen fall keineswegs gestattet haben wür-
36
den, alß welche ohne der ständte anwesenheit undt assistentz nichts vorneh-
37
men noch verhandlen könten, undt dahero je stärcker dieselben alhie, so lie-
38
ber ihnen solches undt zu beförderung des wercks dienlicher sein würdte. So
39
hetten sich die in Münster anwesende gesandte keiner praerogativ im gering-
40
sten anzumaßen, sondern es wehren beede orth, beederseiths anwesenden ge-
41
sandten und vorstehende haupttractaten in gleichem standt, ehren und würd-

[p. 142] [scan. 286]


1
ten. Es könten aber gleichwohln auch sie, die Kayserlichen herren commissa-
2
rii, keineswegs befinden, wie von der beeden cronen herren plenipotentiariis
3
der stände vorgeschlagene zusammenkunfft, es geschehe auch selbige, an was
4
orth es immer wolle, solte übel uffgenommen werden wollen, weiln sie je
5
dabey kein interesse zu praetendiren, noch solches den praeliminartractaten
6
(dafern anderst selbige quoad loca constituta eben uff die stände des Reichs
7
zugleich zu extendiren

Der Hamburger Präliminarvertrag sah die Einbeziehung aller Reichsstände nicht vor.
) zuwiderlieffe, sintemahlen sowohln im anfang alß
8
noch vielmehr in ipso progressu tractatuum die freyheit zu dergleichen
9
höchstnothwendigen communication, re- undt correlationen undt anderen
10
conferentien den ständen ebensowenig benommen werden könnte, alß der-
11
gleichen zwischen den Schwedischen undt Frantzösischen plenipotentiarien
12
selbsten bißhero alternative hier und zu Münster bereit underschiedlich vor-
13
gangen.

14
Sonsten aber were mann dahien allerdings einig, daß beede cronen mit glei-
15
chem respect zu tractiren undt keiner zu unnötiger offension und disgusto
16
ursach gegeben und dardurch die haupttractaten verzögert undt schwehrer
17
gemacht, zu geschweigen derselben gäntzlichen dissolution veranlast werden
18
solte. Ließen dahiengestellt sein undt hetten zwar selbsten soviel nachrich-
19
tung, daß dieselbe keinen anderen modum tractandi alß vermittelst abthey-
20
lung der dreyen reichscollegien an beede ortt einwilligen würdten. Zwar het-
21
ten sie ihrestheils vor dießem

1645 VII 31 / VIII 10 war das Ehepaar Lamberg zur Visite bei Oxenstierna und seiner Frau.
Bei dieser Gelegenheit wurde auch über die Beteiligung der Reichsstände an den Verhandlun-
gen und den Modus consultandi gesprochen ( APW III C 4, 81 Z. 30 – 82 Z. 3; APW II C 1,
716 Z. 27–38).
gegen die herren Schwedische plenipotenti-
22
arios obiter undt discursive etwas anregung gethan, ob nicht zu beschleuni-
23
gung der sachen daß gantze fridenswerck ad locum quendam tertium capa-
24
ciorem et commodiorem transferirt werden möge. Sobaldten mann aber
25
wahrgenommen, daß selbige darzu gar nicht inclinirt, hette mann es seithero
26
nicht zu urgiren begehrt.

27
Wann nun beede cronen uff obbedeütetem modo beharreten, waß wolte
28
mann thun. Mann were gleichsam under derselben gewalt undt könnte mann
29
die tractaten nicht zerschlagen laßen, sondern mann müße friedt haben, oder
30
es würde alles zugrundt undt über undt über gehen. Dahero gleichwie dieße
31
ratio sehr starck undt unwidertreiblich, also hette mann eben selbige bey der
32
veranlasten zusammenkunfft vorzustellen undt desto mehr zu hoffen gehabt,
33
daß die Münsterrische herren gesandte sich endtlich, undt zwar so[ l]cherge-
34
stalt viel ehender undt lieber, conformirt haben würden, alß wann ihnen sol-
35
ches von hierauß gleichsam in vim conclusi seu praescripti allein schrifftlich
36
vor- und angebracht werden solte.

37
Allzeit weren sie ihrestheils intentionirt geweßen, bey der zusammenkunfft
38
allen müglichsten fleiß zu der stände vereinigung fürzuwenden, undt hette
39
solches ohne gutten, ersprießlichen effect nicht wohl ablauffen können. Were
40
mann schon bey der ersten undt anderen session nicht alsobaldten einig wor-
41
den, so würde es sich schon bey der dritten undt vierten zusammendrettung
42
beßer geschickt haben undt mann ohne guthen, einhälligen schluß nicht
43
leichtlich voneinander kommen sein. Vielleicht möchten die Münsterischen
44
gesandte seithero von obbemelter der cronen endlichen resolution super

[p. 143] [scan. 287]


1
modo tractandi etwas mehrere nachricht erlangt undt dahero zu deßelben
2
entlichen ergreiffung bey deßwegen vorgehender mündtlicher conferentz de-
3
sto beßer disponirt sein. Würde mann auch auff allen fall undt, da mann
4
schon deßwegen einig, de modo re- et correlationis undt andern umbständen
5
miteinander conferiren müßen, undt je ehender solches beschehe, ie mehr das
6
hauptwerck befördert werden würde. Es weren beeder orthen subsistirende
7
stände cives unius rei publicae et membra unius corporis. Müsten einander in
8
solchem gemeinnnutzigen, des geliebten vatterlandts gemeine nothturfft be-
9
treffenden sachen nicht ohne ursach auß handen gehen, sondern vielmehr
10
darüber gegeneinander concertiren undt allen unzeitigen respect, diffidentien
11
und aemulationen beyseitsstellen. Einmahl müste mann friede haben undt
12
daß geliebte vatterland vor gäntzlichem undergang undt frembdem joch er-
13
retten, welches anderst nicht dann durch rechte verständtnuß undt einmütige
14
zusammensetzung des haupts undt der stände under sich selbsten geschehen
15
könnte. Undt hette die erfahrung vielmahls bezeügt, daß durch vertrawliche
16
mündtliche underredung viel mehrers alß durch schrifftwechßeln außgerich-
17
tet worden. Wann die hiesigen stände mit denen zu Münster undt die zu
18
Münster mit den hiesigen gleichsam aemuliren und kein theil sich zu dem
19
andern nähern wolte, würde mann nimmermehr zu rechter einigkeit und ver-
20
ständtnuß kommen, sondern allerhandt hochschädliche suspiciones undt
21
mißverständtnußen je länger, ie stärcker überhandnehmen. Sie wolten zwar
22
ihresortts den hiesigen herren gesandten zu bezeügung ihres willfährigen ge-
23
müths so weit nicht auß händen gehen, sondern durch ihre zu Münster anwe-
24
sende herren collegas denen daselbst sich uffenthaltenden fürstlichen herren
25
gesandten begehrtermaßen die veranlaste erinnerung undt anmahnung anfü-
26
gen laßen

Siehe APW III C 2,1, 417 Z. 20ff und 29–34; Meiern I, 560ff; APW III A 1,1 Nr. 38.
. Wolten aber hiengegen nochmahls inständig ersucht haben, den
27
übrigen alhier subsistirenden fürstlichen undt anderer stände gesandten die
28
ihrestheils ietzt beschehene fernere remonstration zu dem ende zu hinder-
29
bringen, damit sie selbige inn fernere erwegung ziehen undt sich zu der vor-
30
geschlagenen conferentz in loco quodam tertio alß dem sichersten, kürtzsten
31
undt bequembsten modo zu endtlicher vergleichung etwas bequemen undt
32
schicken mogen.

33
Soviel aber die zugleich gebettene außstellung der Kayserlichen hauptsächli-
34
chen proposition betreffen thut, hetten die alhier ahnwesende herren ge-
35
sandte selbsten bey sich hochvernünfftig zu ermeßen, daß gleichwie sie sol-
36
ches zuvorderst an ihre herren collegas zu Münster bringen müßen, also die-
37
selbe es mit den daselbst anwesenden fürstlichen gesandten communiciren
38
undt demnach auff allen fall vonnöthen sein würde, daß sich die beeder or-
39
then befindende herren gesandte der stände des Reichs vorhero eines gewißen
40
vergleichen möchten, welches nochmahls auff keine weiß beßer alß durch
41
mündtliche conferentz geschehen könnte etc.

42
Deputierte (durch Thumbshirn). Nachdem nun hierauff von dem her-
43
ren Altenburgischen gesandten vorhien mit anderen abgeredtermaßen mit

[p. 144] [scan. 288]


1
mehrerm die fernere anzeig undt erleüterung beschehen, waßgestalt es bey
2
den hiesigen fürstlichen undt anderer stände abgesandten die intention undt
3
meinung keineswegs nicht hette, sich der veranlasten conferentz undt com-
4
munication (so in alle weg höchst nothwendig, undt die hiesige sich darzu
5
gantz willig erfinden laßen würden) gäntzlich zu entziehen undt dardurch
6
oder in einige andere weg zu verzögerung der sachen oder einigen mißver-
7
ständtnußen ursach zu geben, sondern daß mann für dießmahl undt noch zur
8
zeit super ipso modo tractandi die zusammenkunfft undt underredung dar-
9
umb für vergeblich undt unnöthig hielte, weiln es der cronen beharlichen
10
resolution nach ungeendert darbey verpleiben oder zu gäntzlicher zerschla-
11
gung undt uffstoßung der tractaten ursach gegeben werden müste, also daß es
12
nunmehr ein res merae necessitatis adeoque immutabilis were etc., mit wider-
13
holten doppelten bitt etc.

14
Kaiserliche Gesandte. Haben hochwohlermelte herren Kayserliche com-
15
missarii darauff nochmahls widerholt, daß eben solches alles bey der zusam-
16
menkunfft den Münsterrischen ständen vorgestellet undt zu gemüth geführt
17
werden sollen, undt ie stärcker solche rationes seyen, je mehr dieselbe bey
18
anderen verhoffentlich statt finden undt die gesuchte vergleichung sich an die
19
handt geben würdt.

20
Benebenst nochmahls zu verstehen geben, daß es der gebettenen außhändi-
21
gung der proposition halber ein solch schwehres werck wehre, so vor dem
22
verglichenen modo deliberandi nicht wohl zu practiciren sein würdt.

27
Sachanmerkungen zu Nr. 9

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