Acta Pacis Westphalicae II C 4,2 : Die Schwedischen Korrespondenzen, Band 4, 2. Teil: 1648-1649 / Wilhelm Kohl unter Mitarbeit von Paul Nachtsheim
504. Pfalzgraf Carl Gustav an Königin Christina Leipzig 1649 Januar 7/17
Leipzig 1649 Januar 7/17
Ausf.: DG 16 fol. 5–8’.
Bestätigung des Reskripts vom 12. Dezember 1648. Bedenken gegen den von den Gesandten in
Münster beschlossenen Austausch der Ratifikationen, da noch nicht die geringste Bedingung des
Friedensvertrages erfüllt sei. Nutzlosigkeit der von ihm, dem Pfalzgrafen, einberufenen Konfe-
renz mit den Gesandten, da von diesen ohne Rücksprache mit ihm vollendete Tatsachen geschaf-
fen worden seien. Absendung Magnus de la Gardies zur Berichterstattung nach Stockholm. Bitte
um Verhaltensanweisungen für den Fall, daß es dem Kaiser mit dem Frieden nicht ernst sei,
Lothringen die besetzten Plätze am Rhein nicht räume und der Kaiser seine Werbungen in den
Erblanden fortsetze. Klagen Wrangels über unleidliches Verhalten der Franzosen. Anliegen der
obersächsischen Kreisstände. Vergleich mit der gegnerischen Generalität über den Unterhalt der
in Böhmen, Mähren und Schlesien stehenden schwedischen Truppen. Beachtung des von der Kö-
nigin wegen Kurbrandenburgs erteilten Befehls. Maßnahmen des Königs von Dänemark gegen
die Einquartierung eines Regiments zu Pferde im Herzogtum Holstein.
Gleichwie aus Euer Königlichen Mayestät gnädigsten undt am 12. Decembris
negstvergangenen jahres datirten, von mir aber bey jüngster post mit gezieh-
mender reverentz behändigten schreiben ich unter andern gerne vernommen,
daß meine auß der Pragerischen Kleinen Seiten an Euer Königlichen Maye-
stät in unterthenigkeit abgegebenen sich wohl angefunden undt Euer König-
lichen Mayestät daraus mit mehrem gnädigst ersehen haben, mit was für an-
muthen wegen verlaßung der in Böhmen ingehabten quartiere damahln undt
als fort nach dem notificirten friedenschluß von dem keyserlichen general-
lieutenant Piccolomini undt deßen nacher Prag abgefertigten deputirten be-
felliget worden, also zweifelt mir auch nicht, Euer Königlichen Mayestät ab
meinen seither in unterthänigkeit gefolgten relationen, auß was uhrsachen
undt bevorab auff der zu Münster versambleten chur-, fürsten undt stände
abgesandten an mich abgelaßenes schreiben undt darin enthaltenes inständi-
ges begehren ich die in Böhmen gestandene armee abzuführen undt selbige
nebst der haubtarmee in die zu abtragung der satisfactiongelder angewiesene
sieben creyße zu verlegen veranlaßet worden. Insonderheit aber aus meinem
nechst vorhergehenden gnädig vernommen haben werden, wie es mit der zu
Prag zwischen unsern undt den keyserlichen deputirten angestelt gewesenen
handlung abgeloffen undt was vorwohlberuhrter stände gesandten wegen der
zum ersten termin bahr abzutragen bewilligten 1 800 000 Reichstaler undt
das, nachdeme sie damit nicht sobaldt aufzukommen sich getraweten, etwa
auff 600 000 Reichstaler ihnen einige dilation gegönnet werden möchte,
nochmahles bey mir gesuchet, bevorab welchergestalt Euer Königlichen
Mayestät herrn legaten zu der fürterligsten commutation der ratificationen,
unangesehen das geringste, so nach buchstablichen inhalt des instrumenti bil-
lig vorhergehen solte, noch zur zeit praestiret, von ihnen, ständen, poußiret
undt angemahnet werden wollen. Alles nun seit deßen der secretarius Tau-
benfeld hiesigen orthes angelanget undt nicht allein dasjenige, so von Euer
Königlichen Mayestät ihme so schrifft- als mündtlich allergnädigst commit-
tirt gewesen, gebührendermaßen bey mir abgeleget, sondern auch der herrn
legaten sowohl durch ihn als dero nach der hand eingelangte schreiben, wel-
chergestalt die stände nebst vorberührtermaßen begehrter dilation erstge-
dachte commutation der ratihabitionum einen weg als den andern stets urgir-
ten undt inständig begehrten, gegen aufrichtung eines nebenrecesses undt
außstellung gnugsamer caution, daß alles, so der friedenschluß dictiret, sicher
undt aufrichtig gehalten werden solte, zu solcher commutation förterligst ge-
schritten undt darauf als fort die abdanckung einiger völcker geschehen
möchte, damit die stende in etwas lufft undt desto beßere gelegenheit zu ge-
warten hetten, mit den satisfactiongeldern ehist aufzukommen können, mir
zu vernehmen geben undt desfals mein sentiment begehret.
So mues ich bekennen daß, in erwegung noch zur zeit, wie von allen orthen
berichtet wirt, weder ex capite amnestiae et gravaminum, noch sonst in an-
dere wege das geringste, so vor außwechselung der ratificationen undt der
völcker exauctoration geschehen sollen, werckstellig gemacht, zu geschwei-
gen , daß die zum ersten termin bewilligte satisfactiongelder beysammen, sol-
ches der stände begehren mir nicht wenig nachdencklich vorgekommen undt
dahero, bevorab weiln sowohl aus Euer Königlichen Mayestät drey lezten
gnädigen schreiben wie auch mit vorgedachtem Taubenfeld so schrifft- als
mündtlich erhaltenen gnädigsten information dero intention undt gnädigsten
willen dahinzielende vermercke, als meine eigene treue undt pflicht mich zu
dergleichen anweiset, daß vor allen dingen bey diesen hochwichtigen schwe-
ren executionswercke Euer Königlichen Mayestät estats sicherheit wohl be-
obachtet undt die mittel, wodurch die fructus pacis beyzubringen seyn kön-
nen , nicht ehe, bis alles, so ein oder anderm dem friedenschluße gemees zu
praestiren gebühret, vollständigermaßen werckstellig gemacht, aus handen
gelaßen werden mögen, mich deßfals nicht so schleunig zu resolviren ver-
mocht , sondern hochnötig undt best zu seyn befunden, auf gelegenheit zu
gedencken, wie, nach vorher mit dem herrn feldtmarschalln Wrangell gepflo-
gener communication, zwischen mir undt den herrn legaten an einem unß
beyderseits bequehmen orth fürterligst eine conference angestellet, dieses
werck der notturfft undt den ümbständen nach überleget undt dabey, was an
seiten Euer Königlichen Mayestät pro ultimo zu halten seyn wolte, resolviret
werden möchte. Gleichwie aber eben indeme, daß ich mit solchen gedancken
umbgangen, mir von den herrn legaten ein schreiben zugekommen, worin
dieselbe, wie Euer Königlichen Mayestät auß der sub littera A hierbeygehen-
den abschrifft mit mehrem zu ersehen gnädigst geruhen wollen, berichten,
wasgestalt sie gegen vorgedachter, der stände, versicherung zu der ratificatio-
nen außwechselung zu schreiten bereits resolviret hetten, also habe sogestal-
ten sachen nach undt da mehrerwehnte herrn legaten ohne fernere communi-
cation wegen gedachter commutation sich schon entschloßen, die anstellung
vorerwehnter conference für überflüßig gehalten, inzwischen aber auff ihr
schreiben dergestalt geantwortet, wie Euer Königlichen Mayestät auß die sub
littera B angeschloßene copia sich in unterthänigkeit vortragen zu laßen gnä-
dig belieben wollen. Undt will ich bey solcher bewantnüs umb so viel nötiger
befinden, daß mein schwager, der reichsrath undt general graff Magnus de la
Gardie, seine reise zu Euer Königlichen Mayestät je ehr je beßer fortsetzen
undt über allerhand angelegenheiten Euer Königlichen Mayestät gnädigsten
willen undt ordre einziehen möge, alss werde denselben nunmehr erster tagen
depechiren.
Immittelst aber hette Euer Königlichen Mayestät unterthänig zu ersuchen, Sie
mir dero gemeßenen befehl zukommen zu laßen, gnädig geruhen wolten, wie
ich mich, auf dem fall man keyserlicherseiten keinen ernst zu des friedens-
wercks vollenziehung verspühren solte, ingleichen auch, da der Lotringer die
an Rheinstrom inhabende örther dem friedenschluße gemees nicht evacuiren
wolte, hingegen zu comportiren. Undt als von unterschiedlichen orthen undt
Euer Königlichen Mayestät ministris mir advertiret wirt, wasgestalt in den
keyserlichen Erblanden newe werbungen angestellet sein undt starck fortge-
setzet werden sollen, so würde mir gleichfals Euer Königlichen Mayestät gnä-
dige ordre vonnöthen seyn, wie ich mich auf den fall, dergleichen mit gewi-
ßen grunde continuiren solte, dagegen zu verhalten.
Hiernegst habe Euer Königlichen Mayestät sub littera C in unterthänigkeit
beylegen sollen, was auf des herrn feldmarschalln Wrangells vor 8 tagen ge-
horsambst überschickte schreiben, worinnen er sich wegen der herrn Frant-
zosen wiedrigen comportement beklaget, vom mir seit deßen geandworttet
worden. Undt ist auß der sub littera D mitfolgenden abschrifft, was mir in
selbiger materia von erstberührtem herrn feldmarschalln noch heute zuge-
kommen , mit mehrem zu ersehen.
Sonst wollen Euer Königlichen Mayestät gnädigsten gefallen tragen, auß de-
nen sub litteris E et F beygeschloßenen copien zu vernehmen, was von den
hier versambleten ständen des Obersächßischen creyßes bey mir proponiret
undt welchergestalt ihnen geantwortet worden.
Welchergestalt der vergleich, so wegen unterhaltung Euer Königlichen Maye-
stät in Böhmen, Mehren undt Schlesien befindtlichen guarnisonen zwischen
beyderseits deputirten zu Prage abgeredet undt verglichen, von mir ratificiret
worden, besaget die sub littera G angeschloßene abschrifft.
Schließlich habe Euer Königlichen Mayestät hiermit in unterthänigkeit versi-
chern sollen, dass von mir dasjenige, so Euer Königlichen Mayestät in ein-
gangsberührten dero lezten wegen Churbrandenburg mir gnädig befehlen
wollen, in schuldigster observantz gehalten undt demselben gehorsambste
folge geleistet werden soll.
PS: Gleich bey schließung dieses will mir für gewiß berichtet werden, als
solte der könig in Dennemarck, nachdeme er in erfahrung kommen, wasge-
stalt von denen dem Niedersächßischen creyß zugetheilten regimentern auch
einige trouppen in Holstein geleget werden wollen, den adel daselbst aufge-
boten undt die bauren bewehret haben, umb sich solcher einquartierung zu
wiedersetzen. Weiln nun von den außschreibenden creyßfürsten itzgedach-
tem fürstenthumb ein regiment zu pferde zugeleget worden, allß hette Euer
Königlichen Mayestät gnädigste ordre mit dem fürterligsten zu wünschen,
wie mich hierunter auf ein oder andren fall zu verhalten haben möchte,
gestald denn auch Euer Königlichen Mayestät deßwegen in unterthänigkeit
ersuche.
B: 11–12’ Antwort Pfalzgraf Carl Gustavs darauf. Leipzig 1649 Januar 7/17 (Nr. 503)
C: 13–16 Pfalzgraf Carl Gustav an Wrangel. Leipzig 1649 Januar 5/15
F: 24–27 wie vor. Leipzig 1649 Januar 6/16