Acta Pacis Westphalicae II C 4,2 : Die Schwedischen Korrespondenzen, Band 4, 2. Teil: 1648-1649 / Wilhelm Kohl unter Mitarbeit von Paul Nachtsheim
462. Johan Oxenstierna und Salvius an Pfalzgraf Carl Gustav Münster 1648 Dezember 1/11
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Münster 1648 Dezember 1/11
Ausf.: Stegeborg Slg. II: A, E 161 unfol. = Druckvorlage; Kopie: DG 13 fol. 1256–1257’
(Beilage A zu Nr. 464).
Anhaltendes Drängen der Reichsstände auf Verlegung der schwedischen Armee in die angewiese-
nen sieben Reichskreise. Klage über die Ruinierung des Fränkischen und Schwäbischen Kreises
durch die Schweden, des Oberrheinischen Kreises durch die Franzosen und des Westfälischen
Kreises durch Lamboy. Unfähigkeit dieser Kreise zur Leistung der Beiträge zur Satisfaktion.
Empfehlung der schwedischen Friedensgesandten, die Vorschläge der Reichsstände zur Erleichte-
rung der Lasten zu prüfen und damit auch Vorteile für die schwedische Armee zu erlangen. Klage
der kaiserlichen Gesandten über die Fortführung von Akten und Mobilien aus Prag durch Pfalz-
graf Carl Gustav entgegen den Abmachungen.
Was an Ewer Fürstliche Durchlaucht bey iüngstabgangener post deroselben
uns wegen der von des Reichs sämptlichen alhier anwesenden stände abge-
sandten begehrten verlegung der königlichen armée gehorsambst überschrie-
ben worden, solches wird verhoffentlich nunmehro bey Ewer Fürstlichen
Durchlaucht sich wohl eingefunden haben.
Obwohln wir nun itzerwehntenen ständen auff dero angebrachtes inständi-
ges und nun zum offtern wiederholtes begehren uns nichts anders resolviren
können, als das wir solches an Euer Fürstliche Durchlaucht gehorsamst ge-
langen laßen, dennoch aber, ob bey sothaner beschaffenheit gemelte verle-
gung zu dero unterhabenden soldatesque gnugsamen versicherung practi-
cable und thunlich sein möchte, dero hocherleuchten diiudication anheim-
stellen müsten, so sind sie doch hierinnen nicht content gewesen und haben
noch bey der gestriges tages uns gegebenen visite nicht allein mehrgedachtes
ihr begehren auff das eußerste urgiret, sondern auch dabeneben, weil der
Fränckische und Schwäbische creiße durch des herrn feldmarschalln Wran-
gels marche und darinn bishero beschehener subsistence, imgleichen der
Oberrheinische von den herren Frantzosen, der Westphälische aber von den
Lamboischen trouppen ihre assignirte satisfactionsquotam auffzubringen un-
tüchtig gemachet, auch noch täglich auff den grund ruiniret würden, hinge-
gen aber die in pecunia parata versprochene 18 tonnen goldes auff bestimpte
zeit aufzubringen die gröste unmögligkeit wehre, gleichwol aber beinahe mit
12 tonnen bahr sich gewiß gefast halten wolten, Euer Fürstliche Durchlaucht
hierinn eine moderation anstellen und unterdeßen etliche von der cavallerie
neben denen hohen officiren, so in Ihr Königliche Mayestät diensten nicht
bleiben würden, abzudancken geruhen wolten. Und weil eben dergleichen
von den andern arméen geschehen müste, hielten sie ohnfehlbahr darfür, das
das gantze Reich eine merckliche erleichterung empfinden und die rückstelli-
gen 6 tonnen (auf die man unterdeßen gewiße assignationes denen officiren
ertheilen könte) desto eher auffzubringen wehren, diejenigen volcker auch, so
hochgedachte Ihre Königliche Mayestät zu behalten gesonnen und vor offe-
nem waßer nicht übergeführet werden könten, desto beßere verpflegung
durch dieses mittel erhalten könten.
Wir haben zwar dieses hin und her erwogen und in betrachtung, es nun-
mehro eine geschloßene und verglichene sache ist und billich zu Euer Fürst-
licher Durchlaucht hocherleuchten dijudication, dero wir weder ziel noch
maß geben können, anheim gestellet werden muß, alß haben wir auff besag-
ter stände anbringen uns nichtes resolviren können, sondern diese Euer
Fürstlicher Durchlaucht gehorsambst nur zu hinterbringen versprochen.
Doch vermeinen wir unvorgreifflich, daß, woferne Euer Fürstliche Durch-
laucht es vor practicable finden würde, dieses den executionpuncte und das
gantze werck nicht allein sehr facilitiren, sondern auch deroselben die be-
drängte stände über die maßen devinciren würde, wie sie dann hierinn das
unfehlbare vertrawen zu Euer Fürstlicher Durchlaucht tragen und im übrigen
ihr eußerstes bey deroselben anzuwenden sich obligiren.
Sonsten haben die alhier anwesende keiserliche abgesandten gestrigen abends
uns zu erkennen geben, als hetten Euer Fürstliche Durchlaucht auch nach
dem geschloßenen und publicirten frieden einige acta und mobilien aus der
königlichen kunst- und schatzkammer zu Prage abführen und wegnehmen
laßen, verhoffende, weill solches wieder die von allerseits beliebten conven-
tion und dem numehro ad ratificandum eingeschickten instrumento pacis zu-
wiederlieffe , wir deroselben solches remonstriren und umb remedirung deßen
gehorsambst anhalten würden. Wie uns nun dergleichen im geringsten nichts
bewußt, also sind wir nichts desto weniger, welcher gestalt der im gedachten
instrumento pacis angezogene paragraphus (restituantur etiam archiva etc.)
zu verstehen, mit selbigen in eine zimbliche dispute gerahten, unter andern
aber dieses, das Euer Fürstliche Durchlaucht vermöge des rechten verstandes
daßelbe mit guten fug und recht gethan, auch inskünfftig bis zu restitution
des platzes thun können, zu behaubten uns bemühet, auch annoch darauf
bestehen. Wormit sie aber nicht content, sondern auch über dieses noch-
mahln auff befehl Ihrer Kayserlichen Mayestät bey uns suchen, das Euer
Fürstliche Durchlaucht aus Böhmen gehen und bis zur auswechselung der
ratification dero unterhabende in die zur königlichen militzsatisfaction assi-
gnirte 7 creiße verlegen solten. Weil aber, wie albereit erwehnet, wir noch
nicht wißen, ob Euer Fürstliche Durchlaucht mit dem gegentheil sich vergli-
chen und zu dero versicherung sich ihren vortheil begeben können, und die-
ses in dem executionpunct expresse an die sämptliche generalität remittiret,
also ließen wir es unsers ohrtes dabei verbleiben und erwarteten mit verlan-
gen , was werender zeit deswegen tractiret und abgehandelt worden.