Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
85. Nassau an Ferdinand III Münster 1648 April 21

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–/ 85/–

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Nassau an Ferdinand III.


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Münster 1648 April 21

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Ausfertigung: RK FrA Fasz. 58a (1648 I–VI) fol. 114–114’, 118, PS fol. 115 = Druckvorlage
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– Konzept:
KHA A nr. 4 1628/24 unfol., PS ebenda.

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Einverständnis der spanischen Gesandten mit neuer Vollmacht Serviens. Abreise d’Avaux’;
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Bericht Chigis über Gründe für d’Avaux’ Abberufung, Versicherung des französischen Frie-
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denswillens durch Servien und die eventuelle Bestellung eines weiteren, rangmäßig unter
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Servien stehenden Gesandten.

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PS Besuch Nassaus bei Servien 1648 IV 20; dessen Versicherung des französischen Friedens-
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willens und Freude über Fortschritte der Osnabrücker Verhandlungen; Hinweis Serviens auf
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einige noch zu klärende Punkte der Friedensverhandlungen.

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Ewer Kayßerlicher Mayestätt hab ich bey voriger post die von den herrn
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mediatoribus mir in abschrifft zugestelte newe Frantzößische vollmacht
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auf den graven Servient allerunderthänigst uberschickt und benebenst
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berichtet, waßmaßen ich deßhalber mit denn königlichen Spanischen
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communicirt, und dieselbe mir nach abgelauffener post ihr guttachten
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darüber wißen laßen wolten. Nuhn haben sie vorgestern mir angezeigt,
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das sie selbige plenipotentz verleßen hetten und auf gehabt, reiffliche

[p. 286] [scan. 374]


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deliberation befunden, das dieselbe alßo cräfftig eingestelt seie, das man
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wohl damit content sein möge. Hielten auch darfür, das unnserseits keine
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difficultates zu machen, damit die Frantzoßen kein ursach haben mögen,
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in der gantzen welt ein geschrey zu machen, das man dieserseits nur die
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tractaten aufzuhalten und zu verlängern

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5 suchet.] Im Konzept folgt: Ich vernehme anitzo, daß sie, herre Spanische, auch albereit
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den herrn mediatoribus angezeigt haben, daß sie keine difficultates uber selbige pleni-
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potentz haben.
suchet.

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Den 18. dieses, zue mittag, ist herr grave d’Avaux vonn hier abgereißt

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Er kam damit seiner Abberufung von 1648 III 13 (Text: Ludwig XIV. an d’Avaux’, Paris
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1648 III 13; wird in APW II B 8 ediert) nach.
,
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und wie ich vom herrn nuncio

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Chigi.
im vertrawen verstanden, hat der cardinal
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Mazarini den praetex[t] dieser abforderung darauf fundiret, das grave
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d’Avaux für drey jahren seine dimission instendig gesucht mit vorgeben,
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er könte mit und neben herrn graven Servient nicht allein negotiiren, da-
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mahlen hette man ihme aber selbigen nit ertheilen wollen, sondern were
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der duca de Longeville anhero geschickt worden, welcher auch in seinem
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anweesen die bilance gehalten, wodurch diese beyde auch so lang in einig-
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keit weren gehalten worden

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Longueville war an den WFK entsandt worden, er war 1645 VI 30 in Münster eingetrof-
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fen, um als Delegationsleiter der frz. Mission u.a. die Streitigkeiten zwischen Servien und
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d’Avaux zu schlichten (vgl. APW [II B 2 Nr. 157] ; Kaster / Steinwascher, 208). Zuvor
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hatte d’Avaux’ 1645 III 3 um seine Abberufung aus Westfalen gebeten (vgl. APW II B 2
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[Nr. 51] ). – D’Avaux weilte seit 1644 III 17, Servien mit Unterbrechungen seit 1644 IV 5 in
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Münster (vgl. APW [ II A 1 Nr.n 201 ] und [ 216] ; APW [ III C 2/1, 88 Z. 3–11] ; [ 101 Z. 8–11).]
. Weil aber der duca de Longeville wider ab-
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gereißt

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Longueville war 1648 II 3 auf eigenen Wunsch aus Münster abgereist (vgl. APW III C 3/
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2, [1052f;]
APW [II A 7 Nr. 111;] Kaster/ Steinwascher, 209).
, alßo were vorige ungelegenheit, uneinigkeit und streit wieder zu
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befahren, wodurch der friedte da mehr aufgehalten und gestecket würde.
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Weilen dan grave d’Avaux für drey jahren (dan dißmahl der grave
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d’Avaux seine dimission gar nicht gesuchet gehabt) von hier abzuziehen
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instendig gesuchet und angehalten, alß hette man ihme anietzo den ab-
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zugh vergönnen wollen, solte sich alßo gefast halten, damit, wan die Hol-
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ländtische ratification ankähmen, er sobaldt vonn Münster abreißen kön-
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te

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Bezug auf die Abberufung d’Avaux’ von 1648 III 13.
. Die zweite post ist ordre kommen, alßobaldt seine abreiß ohnerwahr-
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tet vorgedachter ratification zu befürderen

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Vgl. Brienne an d’Avaux, Paris 1648 III 27 (wird in APW II B 8 ediert).
, das dritte mahl seint die
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despeche allein an Servient vom königlich Frantzößischen hoffe ankom-
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men mit vermelden, das man daselbsten gäntzlichen darfürhielte, der
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grave d’Avaux albereit werde abgereist und nicht mehr hier zu finden
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sein, warauf graff d’Avaux so baldt wie obgedacht hier abgereißt. Eß fin-
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den viele die persecutiones, so etliche darfürhalten, alle von graven von
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Servient herrüren und vom cardinal er also gegen den anderen manuteni-
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ret wirdt, waß frembdt.

[p. 287] [scan. 375]


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Vonn herrn nuncio verstehe zugleich, das herr grave Servient sehr große
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hoffnung gebe zum schleunigen friedenschluß, auch das der hertzogh von
3
Longeville alßdan wieder anherokommen würde, wie dan deßen bagage
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und train solle ordre entpfangen haben, nit weiter zu gehen. Mich be-
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dauchte gleichwohl, das herr nuncius selbsten nit viel verlaßens darauf
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hatte, weilen auch grave Servient seine gemahlin erst wieder anhero so
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einen weiten weeg kommen ließe, und were leicht zu verspühren, das sie
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noch diese campagne würden gerne abwarten wollen.

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Mehrentheils wollen darfürhalten, das dem graf Servient ein secundarius
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zugeordnet

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10 werden] Eigh. Zusatz Nassaus.
werden, er aber, als dem der cardinal sehr favorisiret, prima-
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rius verpleiben solle, maßen ihme auch numehr deß hertzogs vonn Lon-
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geville gehabts deputat, nemblichen dreythausendt cronen monatlich, zu-
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gelegt were.

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PS

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14–16 Die – hetten.] Fehlt an dieser Stelle im Konzept.
Die herrn königlich Spanische, wie ich vernemme, haben sich albereit
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gegen die herrn mediatores erklehrt, das sie keine difficulteten uber des
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graven Servients plenipotentz hetten. Gestern hab ich den graf Servient
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für die in meiner schwachheit mir gegebene visita

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Servien hatte Nassau 1648 III 31 aufgesucht.
revisitiret, der dan,
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wie bey ihme gebrauchlichen, ihrer cronn friedensbegierde hoch conte-
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stirt, benebenst auch gesagt, das er sich erfrewte, das zu Oßnabrückh die
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sachen sich zum palden schluß wohl anließen, verhoffte, es würde noch
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wohl außschlagen. Fragte, ob mein collega, der herr Volmar, nit paldt
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wieder zurückhkähme. Alß ich ihme darauf geantwortet, derselb würde,
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sopaldt man zu Oßnabrückh zur richtigkeit glangt, sich wieder alhie ein-
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finden

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Volmar weilte seit 1647 XI 14 in Osnabrück. Nach zwischenzeitlichen Aufenthalten in
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Münster traf er dort vier Tage nach der 1648 VIII 6 mit Schweden durch Handschlag
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getroffenen Vereinbarung in Osnabrück endgültig wieder ein (vgl. APW [ III C 2/2, 904 Z. 8–9] ; [ 1130 Z. 30–31).]
, hat er solches gehrn vernommen mit anzeig, das er gehrn sähe,
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daß man mit ihnen die tractaten reassumirte, dan obzwarn man in den
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hauptpuncten verglichen, so wehren doch noch einige nebensachen, alß
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Trierische, Savoische

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Der erste Friede von Cherasco von 1631 IV 6 (Text: DuMont VI/1, 9–12) gab Hg. Viktor
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Amadeus I. von Savoyen (1587–1637; 1630 Hg.) seine von Frk. im Mantuanischen Erb-
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folgekrieg (1627–1631) besetzten Gebiete zurück und sprach ihm einen Teil des zwischen
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Mantua und Savoyen umstrittenen Hgt.s Montferrat zu; der Ks. hatte danach aber Savo-
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yen nicht mit Montferrat belehnt, während er Hg. Karl I. von Gonzaga-Nevers (1580–
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1637; 1630 Hg. von Mantua und Montferrat) mit Mantua und Montferrat belehnte (vgl.
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Quazza II, 273–278; Parker, 95–98, 230 note 8; Tischer, Diplomatie, 182f; Extern-
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brink
, 148). – §§ „Item ne“ – „Item conventum est, quod dux“ FEIPM1 von 1647 VII
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19 (Text: Meiern V, 156 erster Abs.; vgl. später §§ 92–96 IPM) legten u.a. eine Bestäti-
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gung der Verträge von Cherasco sowie die ksl. Belehnung des Hg.s von Savoyen mit Tei-
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len des Hgt.s Montferrat fest.
, executio et assecuratio pacis und andere mehr,
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welche noch zue componiren seien.

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