Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
81. Nassau an Ferdinand III Münster 1648 April 17

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–/ 81 /–

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Nassau an Ferdinand III.


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Münster 1648 April 17

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Ausfertigung: RK FrA Fasz. 58a (1648 I–VI) fol. 112–113’, PS RK FrA Fasz. 58b (1648
16
I–IX) fol. 47–48

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Das PS ist fälschlich dem Konzept des Rezepisseschreibens Ferdinands III. an Nassau von
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1648 IV 29 (Ausf.: KHA A 4 nr. 1628/24 unfol. – Konzept: RK FrA Fasz. 58b [1648 I–IX]
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fol. 45) zugeordnet.
, praes. 1648 IV 26 = Druckvorlage – Konzept: KHA A 4 nr. 1628/24 un-
17
fol
., PS ebenda .

18
Übergabe der Verhandlungsvollmacht für Servien an Nassau durch die Mediatoren 1648 IV
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15; Besuch Nassaus bei den spanischen Gesandten 1648 IV 16 mit Bitte um Stellungnahme
20
zu dieser Vollmacht; deren Vertröstung auf einen späteren Zeitpunkt; Kontributionen im
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Niederrheinisch-westfälischen Reichskreis. Bericht van Gents 1648 IV 16 über Unruhen in
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Seeland wegen der Ratifikation des spanisch-niederländischen Friedens; Ratifikation durch
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die übrigen Provinzen. Abschied d’Avaux’ von Nassau 1648 IV 16; seine Hoffnung auf bal-
24
digen Abschluß der Verhandlungen; Zurückweisung der Verantwortung Frankreichs an den
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Verzögerungen.

26
PS Bericht Krosigks 1648 IV 17 über eine schwedische Flottenrüstung für eine Operation in
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Norwegen und Gründe für die Abberufung d’Avaux’.

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Auf 1648 IV 4

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Ferdinand III. an Nassau, Prag 1648 IV 4 (Ausf.: KHA A 4 nr. 1628/24 unfol. – Konzept:
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RK FrA Fasz. 58b [1648 I–IX] fol 31).
. Vorgestern haben die herren mediatores mir die Frantzö-
29
ßische allerunderthänigst hiebeygehender volmacht copia für den graven
30
Servient zugestelt . Und weilen sie dabey angezeigt, das sie auch denen

[p. 269] [scan. 357]


1
königlichen Spanischen dergleichen abschrifft uberhändigt

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Die Vollmacht Serviens galt sowohl für die Verhandlungen mit dem Ks. als auch mit Spa-
31
nien
( pouvoir spécial de négocier, promettre, accorder et signer seul tous traictez et arti-
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cles , et faire tout ce qu’il jugera nécessaire pour l’effect de ladite paix universelle [ APW III
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[ B 1/1, 42 Z. 6–8] ] ). Auch Nassau erhielt wohl nur eine Kopie. Die Ausf. verblieb bis zum

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Ende der Verhandlungen bei den Mediatoren (vgl. ebenda , [ LX). ]
, welche es zu
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verleßen und zu bedencken genommen, alß bin ich gestern zu beyden,
3
dem herrn graven Peneranda und herrn de Brun, gefahren und mit den-
4
selben uber diese plenipotentz communicirt, welche sich erclehrt, das
5
miteinander es erst beleßen, in bedacht nehmen und mir nach abgelauffe-
6
ner post ihre meinung wißen laßen wolten, weilen sie mit abfertigungh
7
eines expressen curriers nacher Spanien anitzo bemühet wehren.

8
Nassau spricht mit den spanischen Gesandten über Kontributionen im
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Niederrheinisch-westfälischen Reichskreis.

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Gestern hab ich dem Holländtischen gesandten, dem vonn Menerswickh,
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die revisita erstattet

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Nassau war 1648 IV 1 von van Gent aufgesucht worden (vgl. [ Nr. 63). ]
, welcher mich berichtet, das zwar in Seelandt viele
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difficulteten wegen der ratification ihres mit Spanien geschloßenen frie-
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dens geben, ja das auch das gemeine peupel einßmahl deß herrn Knuyt,
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so wegen der Seeländtischen provintzien gesandten alhier ist, behaußung
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uberfallen wollen,

28
15 so aber abgewehret worden] Eigh. Ergänzung Nassaus.
so aber abgewehret worden, es sey aber non obstante
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deßen nunmehr von den ubrigen provintzien die ratification beliebet und
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gentzlich beschloßen

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Zu den Verhandlungen über die Ratifikation in den Ndl. vgl. Poelhekke , Vrede, 512–532;
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Dickmann , 468; Groenveld , Friede, 53.
. Heut würden etliche seiner herrn collegen alhier
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ankommen und die von der provintz Hollandt, alß der von Mateneß
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und Helmstete

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Mathenesse und Pauw.
, ehist folgen

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Die Ges. der Vereinigten Provinzen der Ndl. waren bis auf Donia 1648 II 8 nach Den
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Haag abgereist, um die Ratifikation des span.-ndl. Friedens von den Generalstaaten ein-
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zuholen (vgl. APW [ II A 7 Nr. 116 ] ; d’Avaux und Servien an Brienne, Münster 1648 II 10,
42
wird in APW II B 8 ediert. – Henri-Auguste de Loménie, seigneur de La Ville-aux-Clercs,
43
comte de Brienne [1595–1666]; 1643 secrétaire d’Etat aux affaires étrangères [ ABF I 670,
44
416–423; Lévêque ; Piccioni , 269; Croxton / Tischer , 38]).
, welche die ratification mitbringen würden

45
Die span. Ratifikation war bereits 1648 III 23 in Münster eingetroffen (vgl. [ Nr. 48). ]
,
20
deren extraditio ahm 25. dießes und drey wochen darnach die publication
21
vor sich gehen solle. Ütrecht contradicir nit,

29
21–22 sondern – accomodiret] Eigh. Ergänzung Nassaus.
sondern habe sich nunmehr
22
auch zur ratification des friednß accomodiret, und habe man keinesweegs
23
mehr an der extradition und publication zu zweifflen; hat mir auch bey-
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gelegte getrückte, der Generalstaten resolution den 4. Aprilis 1648 zuge-
25
stelet .

26
Gestern abendt ist der comte d’Avaux zu mir kommen und abscheidt ge-
27
nommen , referirendt, das er abermahlen ordre bekommen, ohne auffent-

[p. 270] [scan. 358]


1
halt vonn hier zu reisen

31
Vgl. Briennes Mahnung zur Eile an d’Avaux (Brienne an d’Avaux, Paris 1648 III 27,
32
wird in APW II B 8 ediert). – D’Avaux hatte im internen Konflikt mit Servien versucht,
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seine Abreise hinauszuzögern (vgl. das Memorandum Serviens für Lionne, Münster 1648
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III 24; wird ebenda ediert).
, zuvor aber die herrn mediatores sowohl alß
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unß Kayßerlichen und andere herrn gesandten zu versicheren, wie er
3
dan hiemit thete, daß wegen deß hertzogs von Longeville und seinem ab-
4
zugh die tractaten gar nit gehindert noch gesteckt, sondern einen alß den
5
anderen weeg fortgesetzt werden solten, maßen dem comte Servient ge-
6
nugsambe vollmacht aufgetragen were. Er verhoffte, man würde endt-
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lichen noch zum schluß, und etwan eher, als wir es vermeinten, glangen
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könten, dan die sachen alßo praeparirt wehren, das, wan man nur denn
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willen darzue habe, leicht fortzukommen, warzue er bey seiner zurück-
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kunfft in Franckreich gern alle gute officia einwenden wolte. Hielte dar-
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für , weilen grave Servient nun allein handelte (welches er doch etwaß mit
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lachendem mundt gesagt), das nunmehr alles beßer fortgehen werde, wol-
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len gleichwohl allezeit die moram von sich schieben, ohnangesehen jeder-
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man im werckh gnugsamb vermercket, daß alle remora von Frantzößi-
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scher seiten herrüret. Ich vernehme, das der graf Servient seine gemahlin,
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vor welche er schon paß von den königlichen Spanischen gesandten alhie
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begehrt, wieder anherkommen laßet

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Augustine Le Roux (1615–1652), verwitwete comtesse d’Onzain, war seit 1641 mit Ser-
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vien
verheiratet ( Enaux-Moret , 87; Isolle ; Croxton / Tischer , 273f). – Sie war 1646
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VIII 31 nach Frk. abgereist (vgl.
Ogier , 164).
, wie auch der herr de Brun die sei-
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nige

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Brun war seit 1638 in zweiter Ehe mit Madeleine d’Accoste (gest. 1653) verheiratet (vgl.
39
Truchis de Varennes , 559). – Sie war 1647 X 6 in die Franche-Comté zurückgereist (vgl.
40
APW [ III C 1/1, 367, 1647 X 6 ] ; Truchis de Varennes , 358f).
.

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PS Gleich für abfertigung der post ist der Heßen Caßelisch gesandter, der
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von Crosig, zue mir kommen, mit welchem ich von den friedenstractaten,
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under andern aber, wie die gemeine opinion gehe, das die Schweeden
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allnoch schlechte begierde zum frieden bezeigten, zu reden kommen.
23
Darauf er geandtwortet, das er mich versicheren könte, daß die Schwee-
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den gewiß zum frieden inclinirten und solchen schließen würden, maßen
25
sie von den protestierenden stenden darumb starckh anermahnet würden.
26
Wie ich aber replicirt, das man von ihren kriegspraeparatorien, und dz sie
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noch etlich tausendt man heraußschicken wolten, hörte

41
Zu den Gerüchten über ein Eintreffen schwed. Verstärkungen auf dem dt. Kriegs-
42
schauplatz unter Pgf. Karl Gustav von Pfalz-Zweibrücken vgl. zuletzt Nr.n [ 60 ] , [ 62 ] und
43
[ 77. ]
, ja auch vermel-
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det würde, das dieienige, so vor diesem in Schweeden zum frieden geneigt
29
gewest, nunmehr mit gedanckhen, den krieg zu continuiren, umbgehen

44
Gemeint sind Pgf. Karl Gustav von Pfalz-Zweibrücken, La Gardie und Brahe (vgl. Nr.
45
[ 77 ] ).
,
30
hat er geantwortet, das nit ohne, das Schweeden große praeparatoria zum

[p. 271] [scan. 359]


1
krieg, sonderlichen aber zue waßer, sowohl mit kriegs- alß brandtschief-
2
fen machte. Es wehre iedoch, wie er darfürhielte, auf Teutschlandt nit
3
angesehen, sondern heten sie viel eher ein aug auf etwaß anders, alß etwa
4
auf dz Dennemarckische und Nordtwegische weßen, weilen der König
5
todt

28
Kg. Christian IV. von Dänemark war 1648 II 28/III 9 gestorben (vgl. Nr. [ 47). ]
und dz die gemüther daselbst uber die wahl eines newen königs
6
sehr different wehren

29
Die Wahl Hg. Friedrichs II. von Schleswig und Holstein zum Kg. von Dänemark und
30
Norwegen (als Friedrich III.) war noch nicht erfolgt.
. Es wolte verlauten, Nordtwegen wolte sich zue
7
einer republicq machen, und zwar unter protection der cron Schweeden.
8
Damit nun die Schweeden, weilen sie wohl wüsten, das die Holländer
9
und andere solches nit gerne zulaßen würden, auf allen fall bastant sein
10
mögten, ließen sie viele schiffe zurüsten, umb die haven und portus in
11
Nordtwegen wieder allen gewaldt zu bewahren.

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Sagte mir auch, daß deß graven von Avaux abforderung nit dahero be-
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schehe , das er in einiger ungnadt oder mißcredit seie, dan er alle seine
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chargen behielte, sondern seie allein darumb, das man in Franckreich
15
gesehen hab, das zwischen ihme und dem graven Servient stetig uneinig-
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keiten und mißverständt geweesen, das auch offters viele sachen zue un-
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dienst und disreputation der cron Franckreich dadurch versaumbt, auf-
18
gehalten und underlaßen worden wehren

31
Zum gespannten Verhältnis zwischen d’Avaux’ und Servien vgl. APW [ II B 2, XXXIff ] ;
32
Tischer , Diplomatie, 127–157; APW [ II B 6 LXXXVIIff. ]
. Daß aber der graf d’Avaux
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und nit der Servient abgefordert, seie die ursach, daß dieser mehr alß
20
d’Avaux beym cardinal Mazarini in credit und vertrawter wehre und mit
21
demselben in commissionen hiebevor in Italien gebraucht worden

33
Servien war mehrfach in diplomatischer Mission in Italien gewesen, wo er auch mit Ma-
34
zarin verhandelt und vertrauliche Kontakte zu ihm geknüpft hatte. Er war u.a. als frz.
35
Botschafter für die Verhandlungen und die Exekution der Friedensverträge von Cherasco
36
von 1631 IV 6 (Text: DuMont VI/1, 9–12) und 1631 VI 19 (Text: ebenda , 14–17) ver-
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antwortlich gewesen, bei denen Mazarin als päpstlicher Mediator gewirkt hatte (vgl.
38
Tischer , Diplomatie, 120).
, auch
22
der cardinal einige seiner nechsten vettern bey sich hette

39
Sehr wahrscheinlich eine Anspielung auf Lionne, der ein Neffe Serviens war. Lionne
40
führte mit Servien während des WFK einen vertraulichen Briefwechsel.
, durch welche
23
er seine sachen mehrerntheils dirigiren ließe, alßo bey dem cardinal der
24
grave Servient dem herrn graven Avaux in diesem fahl were fürgezogen
25
worden. Er, herr Crosig, vermeinte auch, es würde wieder ein ander ge-
26
sandter auß Franckreich geschickt werden, welcher gleichwohl dem
27
graven Servient nachgehen würde.

[p. 272] [scan. 360]


1
Beilagen [1] – [2] zu Nr. 81


2
Beilage [1] zu Nr. 81

3
Frz. Vollmacht für Servien für die Verhandlung eines Universalfriedens (frz.), Paris 1648 III
4
20. Kopie: RK FrA Fasz. 58b (1648 I–IX) fol. 34–35; ebenda fol. 32–33’ (lat. ÜS)

23
Die lat. Übersetzung ist wahrscheinlich in der ksl. Kanzlei entstanden. Beide sind fälsch-
24
lich dem Konzept des Rezepisseschreibens Ferdinands III. an Nassau von 1648 IV 29 zu-
25
geordnet (Ausf.: KHA A 4 nr. 1628/24 unfol. – Konzept: RK FrA Fasz. 58b [1648 I–IX]
26
fol. 45).
– Druck
5
(als Insert des IPM): APW III B 1/1, 41

27
Zur Ausfertigung vgl. APW [ III B 1/1, LX Anm. 105. ]
.

6
Beilage [2] zu Nr. 81

7
Resolution der Generalstaaten zur Ratifikation des spanisch-niederländischen Friedens, [Den
8
Haag] 1648 IV 4. Fehlt [Druck als Flugschrift: Knuttel nr. 5722 und nr. 5723

28
Bei beiden Flugschriften handelt es sich jeweils um Extrakte dieser Resolution, wobei nr.
29
5722 etwas ausführlicher als nr. 5723 ist.
].

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