Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
242. Nassau an Ferdinand III Münster 1647 Februar 5

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Nassau an Ferdinand III.


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Münster 1647 Februar 5

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Ausfertigung: RK FrA Fasz. 54a (Teil II) fol. 69–71’.

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Knuyt: Heimreise von fünf niederländischen Gesandten zur Rechtfertigung der spanisch-
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niederländischen Vereinbarungen; Diskussion mit Longueville über die spanisch-niederländischen
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provisorischen Artikel und die niederländische Vermittlung; Servien in Den Haag; Einlenken
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Spaniens gegenüber Frankreich; französischer Wunsch nach einem umfangreicheren französisch-
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niederländischen Garantieabkommen.

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Berichte allerunterthänigst, das gesteren abendt der herr Knuyt mich in
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meinem losament besucht und seinen abscheidt genommen, mit bericht, das
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neben ihme der herr von Matenes, Clant und Ripperda heut frühe von hier in
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Haagen abreißen würden, ihren principalen umbständtlichen bericht zu
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geben, in waß zustandt sich ihre friedenshandtlung befinde, der herr vonn
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Gent aber geradt seinen wegh auff Arnheimb, waselbsten die Gelderische
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provintz beysahmen, nehme, solchen absönderliche relation zu thun, welcher
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inner acht, die übrige aber inner vierzehen tagen oder drey wochen wider
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alhier zu sein verhoffen. Sie hetten gestern auch vom hertzog von Longeville
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abscheidt genommen, welcher sich angenohmen, vonn ihrer vorhabender
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reiß nichts gewust zu haben und das er gehrn sehen möchte, das sie sich noch
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solang auffhielten, biß mann sehe, wie weit es mit denn Spanisch unnd
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Frantzösischen tractaten kommen möchte. Hette ihnen dabey verwiesen, das
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sie mit ihrem übereylen und underschreiben verursacht hetten, das die
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tractaten zwischen Spanien und Franckreich nunmehr schwehrer fielen, dan
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er woll wüste, wan sie, Holländer, mit ihrem unterschreiben noch waß
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ingehalten hetten, die Spanische die annoch unerörtterte puncten woll
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würden eingewilligt haben. Es wehren aber die Spanische im nachgeben und
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inwilligen dardurch difficiliores gemacht worden, unnd seie solches übereilen
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ihrer confoederation zuwieder, welche mittbrächte, daß sie alzeitt auf glei-
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chen stafflen tractiren unnd pleiben solten.

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Sie, Holländische, hetten darauff geantworttet: Könten vor dißmahl ihre reiß
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nit einstellen. Es plieben ihrer noch drey alhier, welche, da es ihnen,
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Frantzosen, gelieben würde, in denn tractaten fortfahren könten. Man würdt
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gleichwohl ihnen, Holländischen, ahn einiger verzögerung keine schuldt
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geben können, dan sie bies anhero ahn ihrem fleiß nichts hetten erwinden
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lassen. Und würde der hertzog sich woll erinneren, das er zwar ihnen in
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unterschiedlichen papieren alle die Frantzösische postulata ahn Spanien
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zugestellt, weilen aber in dem einem scripto sie mehr beygesetzt befunden,
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alß ihrer, der Frantzosen, mündtliche anzeig geweesen, auch selbigen zusatz

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ihrestheils den Spanischen vorzutragen bedenckens gehabt

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Vgl. Bougeant III S. 143–147.
, alß hetten sie
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solches scriptum dem hertzogen wider zugestelt, zu seinem belieben stel-
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lendt , solches wider zu ändern, so er auch mit dem erpieten, ihnen fürderligst
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geänderter wider zuzustellen, es acceptirt; so biß dato nitt erfolgt. Sie hetten
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gleichwoll nit unterlassen, die übrige papier denn Spanischen zu communici-
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ren . Die hetten sich auch darauff alsopaldt erklehrt, das sie ihrestheils ursach
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hetten, der Spanischen auffrichtige friedensbegierdt zu erkennen und zu
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bezeugen.

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Ich fragte denn herrn Knuyt, ob Servient im Haagen waß außgerichtet hett.
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Er sagte: Wolte, das vor vierzehen tagen oder drey wochen sie im Haagen
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verreist wehren, umb allen beschehenen ungleichen informationen, so aller-
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handt ungelegenheiten verursachten, mit ihrer warhaffter remonstration
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vorkommen zu sein, wie sie dan nitt zweiffleten, solches durch ihre mündt-
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und gründliche relation woll würde geschehen können. Erzehlte dabey, das
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im landt allerhandt getrückte tractätlein spargirt würden, dessen der Servient
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durch den Brasset bey der generalitet sich beschwehrt und sie ersuchen
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lassen, solches bey straff und confiscation zu verbieten, in die trückereyen zu
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schicken, die sachen aufzunehmen, zu confisciren und die trückere straffen
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zu lassen, welches auch alßo gewilligt. Und alß von der generalitet befelch
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geschehen, die trückereyen zu umbringen und die getrückte sachen abzuneh-
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men , seie der obgemelter Brasset darin gefunden, so eben dergleichen sachen,
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die der Servient anitzo tractirt, trücken lassen, warüber derselb sich alterirt
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und bestürtzter bezeigt und sich sehr entschüldigen wollen.

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Ich fragte ferner, warauff es mitt denn Spanisch und Frantzösischen tractaten
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anitzo beruhete. Antworttete: Befünde, das die Spanische nitt allein alle
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conquesten, sondern auch deren dependentien ahn allen orthen nachgelassen,
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ausserhalb die zwey plätze in Italien, wegen deren gleichwohlen noch die
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Spanische sich nitt widrig noch abschlägig erzeigen, sondern allein auf
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mangel königlichen befehls und resolution, so sie aber auch ihrestheils gehrn
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befürdern wolten, bezogen. Sehe also bey solchen tractaten keine andere
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difficultet, alß wegen Casal, Piombino und Porto Longone, so annoch
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abzuhandtlen wehren, und dan, daß die Frantzosen vorgeben, sie könten mit
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Spania nitt schliessen, sie müsten sich dan erstlichen mitt denn Holländern
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wegen der garantie gäntzlichen verglichen haben; welches letztere der duc de
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Longeville bey der obgemelten conferentz auch gegen sie gedacht hette,
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darauff sie ihne beantworttet, daß sie nitt sähen, wie wegen solcher garantie
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man ursach, sich auffzuhalten, habe, weilen selbige einmahl in ihrer confoe-
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deration 1644 abgehandlet und verglichen wehre, bey welchem es pillig sein
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verpleibens habe. Man könte nit alle jahr newe tractatus und foedera
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auffrichten. Der mißverstandt bestände allein darin, das die Frantzosen die
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garantiam weiter extendiren wolten, alß der contract mit sich brächte.

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Nachdeme dieser vonn mir abgefahren, hatt der hertzog vonn Longeville

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seinen capitain de guarde

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Wurde nicht ermittelt (zum aufwendigen Schutzpersonal vgl. Bosbach S. 39–40).
zu mir geschickt, mitt anzeig, daß diesen nachmit-
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tag nach abgelauffener post sie mir wegen beschehener condolentz

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Vgl. nr. 208.
die
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revisite erstatten wolten. Waß dabey vorlauffen wirdt, soll Ewer Kayserlicher
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Mayestät ich allerunterthänigst berichten.

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