Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
96. Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1648 Januar 23

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Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III.


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Osnabrück 1648 Januar 23

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Ausfertigung: RK FrA Fasz. 55a (1648 I)fol. 117–118’, 123–123’, 130’, praes. 1648 Februar 2
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= Druckvorlage – Kopie: KHA A 4 nr. 1628/23 unfol. – Konzept: RK FrA Fasz. 92 XIV nr.
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1943fol. 98–100.

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Geringe Hoffnung auf Zustimmung der Gegenseite zu den kaiserlichen Änderungswünschen
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an den Autonomiebestimmungen. Unnachgiebige Verhandlungsführung der schwedischen
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Gesandten.

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Erhalt der Erklärung der protestantischen Reichsstände zu Art. I–V *KEIPO5* (1648 I 21):
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keine essentiellen Zugeständnisse. Beratungen der katholischen Reichsstände über die Erklä-
12
rung der Protestanten, Scheitern einer Einigung mit den protestantischen Reichsständen ab-
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sehbar , Hoffen auf baldige Instruktion für Leuber; Mission Blumenthals.

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Konferenz mit den schwedischen Gesandten (1648 I 22): Territorialsatisfaktion Schwedens;
15
Satisfaktion Hessen-Kassels; neue Forderungen zur Entschädigung der Herzöge von Meck-
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lenburg , Bitte um Weisung.

17
Auf das Schreiben vom 7. Januar 1647 (Nr. 76). Rezepisse auf die Weisung
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vom 11. Januar 1647 (Nr. 82), betreffend unter anderem, daß es wegen
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der kaiserlichen Erblande bei der Hauptinstruktion sein Verbleiben habe.
20
Hierauff die fernere bewandtnuß allerunderthenigst zu berichten, wöllen
21
wir zwar nit ermanglen, weil der punctus de autonomia subditorum noch
22
in handtlung stehet, daßienig, waß die instruction von 6. Decembris ahn
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handt gibt, gehorsamst in acht zu nehmen

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Vgl. zuletzt den ksl. Textvorschlag zur Autonomie im Reich vom 11. Januar 1648 (Beilage
36
[ [1] zu Nr. 83 ] ).
. Wir müßen aber dabey die
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fürsorg tragen, daß gleichwie die Schweden und protestirende bißher mit
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demienigen, so in instrumento einkommen, niehmahlen zufrieden gewe-
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sen und noch nit sein, also werden sie viel weniger nachgeben, daß, wan-
27
gleich die cassatio autonomiae subditorum behaubtet würde

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Nach ksl. Willen sollten die Autonomierechte der Untertanen zugunsten des uneinge-
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schränkten Reformationsrechts des Landesherren entfallen und fremdkonfessionellen Un-
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tertanen lediglich das ius emigrandi verbleiben (vgl. die Ausführungen zu Art. V §§ 12–13
40
KEIPO4A in der gen. Hauptinstruktion vom 6. Dezember 1647 ( [ Nr. 29 ab Anm. 102 ] , dort
41
auch zu der im folgenden gen. Auslassung in Art. V § 13 KEIPO4A ).
, die wortt
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„tum etiam in Austria Inferiori etc.“ außglaßen werden sollen, sondern
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darauff tringen, weil dies ein sach seie, so absolute in Ewer Kayserlicher
30
Majestätt gewaldt bestehe, daß es bey demienigen, so in dero nahmen von
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dero principalvollmächtigten gesandten dies ortts eingewilligt worden

42
Gemeint sind Trauttmansdorff bzw. der KEIPO4A .
,
32
verbleiben soll, und sich auff keinen fall darvon abwendig machen laßen
33
wollen. Deßen gleichwoll ungeacht wir bey der instruction verbleiben
34
werden.

[p. 308] [scan. 402]


1
Solchem nach, obwoll die Schwedische plenipotentiarii selbst sich ver-
2
nehmen laßen, daß sie uber die von unß außgelieferte puncta

26
*KEIPO5* .
semel pro
3
semper sich erclehrn wölten, so geben doch unßere nachgefolgte relatio-
4
nes zu erkennen, daß sie dabey niehmahlen bedacht gewesen, von demie-
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nigen , so sie im auffsatz des instrumenti für vergliechen halten

27
Zur Unklarheit über die strittigen und unstrittigen Verhandlungspunkte vgl. die Einlei-
28
tung , LXVIII.
, daß ge-
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ringste zu weichen, und all ihr absehen dahin gerichtet, wie sie unß zu
7
einiger particularhandtlung uber die praetendirte satisfactionem militiae
8
und die Heßen Caßlische förderungen einführen mögten, und dannen-
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hero sogar auch nit zugeben wöllen, daß die protestirende uber die in
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puncto amnestiae et gravaminum streittige materias sich berathschlagen
11
söllen, biß wir endtlich auff

25
11 starckes] In der Kopie solches.
starckes zusprechen selbige dahin gebracht,
12
daß sie solche berathschlagung nechstverwiechenen montags vorgenoh-
13
men

29
Vgl. die Relation vom 20. Januar 1648, d.i. [ Nr. 92 bei Anm. 14. ] Das sachsen-altenbur-
30
gische Protokoll der CE -Sitzung vom 20. Januar 1648 weist aus, daß die Ges. der prot.
31
Rst. ihren Beratungen den *KEIPO5* , die Differenzpunkte vom 4. Januar 1648 sowie
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der königlich Schwedtischen an uns übergebene differentias (gemeint ist wahrscheinlich
33
die schwed. Synopse der Vertragsbestimmungen von Mai bis Dezember 1647,s.l. [vor
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1647 Dezember 30]; vgl. APW [ II C 4/1 Nr. 98 Beilage B ] ; Text: Meiern IV, 847 –856)
35
zugrunde gelegt haben.
, gestalten sie auch ihre gefaste erclehrung unß vorgestern, dinstags,
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den 21. huius, in schrifften zugestelt und gleich darauff ebenmeßig denen
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catholischen selbst ein exemplar darvon eingehändigt haben.

16
Waß sie aber darbey für einen mündtlichen vortrag gethan, waß sie für
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praesupposita gemacht, wie vor diesmall ihnen geanthworttet, daß geru-
18
hen Ewer Kayserliche Majestätt auß beyliegendem protocoll littera A und
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dan auß ihrer ubergebener schrifft sub littera B allergnädigst anzuhörn,
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daß sie gar in wenig puncten denen catholischen deferirn, sönderen meh-
21
rentheils und sonderlich in puncto gravaminum wegen des status politici
22
bey denen stätten Augspurg, Biberach, Dünckelspül, Ravenspurg und
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Kauffbeurn

36
Art. V § 2 Absatz beginnend mit Civitates Augusta KEIPO4A (Text: Meiern IV, 565
37
vorletzter Absatz). *KEIPO5* forderte die Streichung der Paritätsregelung für die gen.
38
Reichsstädte ( ebenda , 824 zweiter Absatz).
, der pfandtschafften

39
Art. V § 9 Absatz beginnend mit Quod ad Oppignorationes KEIPO4A (Text: Meiern
IV, 569 zweiter Absatz). *KEIPO5* forderte die Verschiebung dieser Frage auf den näch-
41
sten
RT ( ebenda , 824 letzter Absatz).
, der autonomi im Reich und Ewer
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Majestätt erblanden

42
Art. V §§ 12–13 KEIPO4A (Text: Meiern IV, 570 ff.). Zur ksl. Haltung in der Autonomie-
43
frage s. Anm. 2.
, reformation des justitzwesens

44
Art. V § 20 KEIPO4A (Text: Meiern IV, 574 ). Die Reform der Reichsgerichte solltelt.
45
*KEIPO5* auf dem nächsten RT erledigt werden ( ebenda , 825).
noch allerdings

[p. 309] [scan. 403]


1
auff ihrn vorigen zumuthen verharrn

28
Bei den drei erstgenannten Punkten lehnten die prot. Rst. die Forderungen aus *KEIPO5*
29
ab; beim Justizpunkt beharrten sie auf der Parität der Assessorenstellen, hatten jedoch
30
einen neuen modum praesentandi verfaßt (vgl. APW [ III C 2/2, 957 Z. 15–18 ] ). Zum
31
Inhalt der prot. Declarationes ultimae im Hinblick auf das Reichsreligionsrecht vgl.
32
Schneider , 387ff.
und noch darzu wegen der statt
2
Aach daßienig, so albereith hievor cassirt worden

33
Am 7. Mai 1647 hatten die schwed. Ges. die Forderungen zugunsten der Reformierten in
34
Aachen fallengelassen ( APW II A 6 Nr. 73).
, newerdingen auff
3
die baan bringen thuen.

4
Die catholische ständt sein anheudt darüber in deliberatione begrieffen

35
Vgl. APW III [ C 2/2, 958 Z. 3–13 ] . Die Declarationes ultimae der prot. Rst. waren am 22.
36
Januar 1648 dem CC diktiert worden.

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und setzen wir außer zweiffel, sie werden ihr conclusum dahin richten,
6
daß wir habender instruction gemeß ohne weitern anstandt werden ver-
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fahrn mögen

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Gemeint sind die Vorgaben der Hauptinstruktion vom 6. Dezember 1647 für einen Vor-
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griff der ksl. Ges. (vgl. Nr. 29 Absatz beginnend mit Soviel aber [ [ S. 123 Z. 30 ] ]). Diese
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galten für den Fall, daß eine Einigung unter Einschluß der Gesamtheit der kath. Rst. nicht
40
zu erreichen sein würde.
, und wöllen wir auch verhoffen, der Chursachßische abge-
8
ordtneter

41
Leuber.
werde mit heutiger post von seinem gnädigsten herrn zugleich
9
solche instruction empfangen, darauff wir mit ihme in einige siechere
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conferentz werden tretten mögen.

11
Ob der freyherr von Blumenthal bey ihr churfürstlicher durchllaucht zue
12
Brandenburg ankommen, haben wir noch auff dato kein nachricht.

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Gestern nachmittag haben unß die Schwedischen plenipotentiarii besucht,
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und ob sie zwar anvor von unß berichtet worden, daß die catholische erst
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heudt ad deliberandum zusamentretten würden, so haben sie iedoch sich
16
angenohmen, daß sie diese visita allein pro cortesia thuen und zu unßerm
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belieben stellen wöllen, ob wir ethwan von den punctis satisfactionum
18
coronae, landgraviae Cassellanae et militiae unß ethwaß mehrers erclehrn
19
wolten

42
Zu einer entsprechenden Forderung der schwed. Ges. vgl. bereits die Relation vom 20.
43
Januar 1648 ( [ Nr. 92 ] ).
.

20
Alß wir sie aber beanthworttet, daß, soviel der cron Schweden satisfac-
21
tion betreffen thet, es unßers ortts sein richtigkeit hette und stünde allein
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ahn deme, daß sie es bey vorigem auffsatz

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Gemeint ist sehr wahrscheinlich der schwed. Textvorschlag zur Territorialsatisfaktion
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Schwedens vom 18. Januar 1648 (vgl. [ Nr. 92 Anm. 15 ] ). Volmar hatte diesem Textvor-
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schlag am 20. Januar 1648 mit einer Ausnahme zugestimmt (vgl. [ Nr. 93 bei Anm. 12 ] ).
bewenden ließen, von der
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Caßlischen praetension suo loco et ordine die notturfft gehandtlet, deß-
24
gleichen , wan man der friedensarticulen völlich vergliechen, de satis-
25
factione militiae per consilia statuum ordentlich verfahrn werden solte,
26
haben sie ferners keine sonderliche instantias gemacht, allein wegen
27
Mechelburg begehrt (wie von denen protestierenden bey uberliefferung

[p. 310] [scan. 404]


1
ihrer erclehrungsschrifft auch beschehen), daß selbige recompensa biß
2
auff 200 000 reichsthaler möge erhöcht und zwey Johannitercommenthu-
3
reyen , welche in dem hertzogthumb Mechelburg glegen

35
Gemeint sind die Komtureien Mirow und Nemerow.
, sonsten aber
4
under die baley Sonneberg gehörig, auch daher von ihrer churfürstlichen
5
durchllaucht zu Brandenburg alß inhabern selbigen meisterthumbs dem
6
herrn hertzogen zu Mechelburg conferirt worden, diesem fürstlichen
7
hauß zugleich in partem recompensae zugeeignet und also von berürter
8
baley gentzlich außgezogen werden.

9
Warauff wir unß entschüldigt, daß ohne Ewer Kayserlicher Majestätt fer-
10
ner gnädigste resolution wir nichts weiters bewilligen könten, sondern
11
müstens deroselben, wie hiemit beschicht, allerunderthenigst referirn,
12
wolten zwar, soviel beyde commenthureyen anlangte, mit denen Chur-
13
brandenburgischen reden, alß ohne welcher consens dies ortts nichts
14
würde vergeben werden können

36
Fromhold lehnte die Forderung am 24. Januar 1648 im Namen Kf. Friedrich Wilhelms ab
37
( [ vgl. Nr. 99 Beilage 2 ] ).
.


15
Beilagen A – B zu Nr. 96


16
Beilage A zu Nr. 96

17
Protokoll, [Osnabrück] 1648 Januar 21. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 I)fol. 119–122;
18
KHA A 4 nr. 1628/23 unfol.

38
Weitere Kopie: RK FrA Fasz. 91 IIIfol. 200–203’.
– Druck: APW III C 2/2, 955 Z. 35 – 958 Z. 13.

19
21. Januar 1648. Die protestantischen Reichsstände übergeben den Kaiserlichen durch eine
20
Deputation die Declarationes ultimae zu den Artikeln I–V *KEIPO4B und *KEIPO5* und
21
legen dabei ausführlich dar, daß sie sich grundsätzlich nicht verpflichtet sehen, von den Be-
22
stimmungen des *KEIPO4B* abzuweichen

39
Daß die prot. Rst. als Verhandlungsgrundlage nicht den KEIPO4A , sondern *KEIPO4B*
40
betrachteten, geht aus dem sachsen-altenburgischen Protokoll der CE -Sitzung vom 20.
41
Januar 1648 hervor. Die hier mündlich vorgetragenen Rationes der prot. Rst. wurden
42
den ksl. Ges. kurze Zeit später auch vom Ks.hof aus in Schriftform übersandt (Beilage [1]
43
[ zu Nr. 97 ] ).
; bei diesem soll es auch in allen Punkten, zu
23
denen sie sich nicht erklärt haben, verbleiben. Weitere Stellungnahmen geben sie bezüglich
24
der Pfalzfrage, Sayn-Wittgenstein, Hohensolms, Baden-Durlach, der Amnestie in den Erb-
25
landen , der Autonomie in Schlesien und Niederösterreich, der Parität im Rat der Stadt Augs-
26
burg , der Reichspfandschaften, der Autonomie im Reich und der Reform der Reichsgerichte
27
ab. Die Kaiserlichen sollen nun mit den schwedischen Gesandten über das gesamte Friedens-
28
instument verhandeln und sich nicht auf die Amnestie und das Reichsreligionsrecht be-
29
schränken .

30
Die Kaiserlichen wollen die Declarationes ultimae beraten, Konzessionen bezüglich der kai-
31
serlichen
Erblande schließen sie jedoch von vorneherein aus.

32
Anschließend berichten die Kaiserlichen den Kurmainzischen von der Erklärung der pro-
33
testantischen Reichsstände. Kurmainz kündigt an, die Declarationes morgen den katho-
34
lischen Gesandten zu diktieren und übermorgen beraten zu lassen.

[p. 311] [scan. 405]


1
Beilage B zu Nr. 96

2
Declarationes ultimae der protestantischen Reichsstände zu Präambel und Art. I-V
3
*KEIPO4B* und *KEIPO5* (lat.), praes. [Osnabrück] 1648 Januar 21. Kopie: RK FrA
4
Fasz. 55a (1648 I)fol. 124–128; GehStReg N 98 Fasz. 69 pars 3 nr. 33; Giessen 200fol.
5
420–423

34
Weitere Kopien: RK FrA Fasz. 91 IIIfol. 222–226’; ebenda Fasz. 96 VIfol. 110–115; StK
35
FrA Ka. 4fol. 14–17; ÖstA Tirol Fasz. 20i p. 83–86.
– Druck: Meiern IV, 877–880.

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