Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
4. Volmar an Trauttmansdorff [Osnabrück] 1647 November 18

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–/ 4 /–

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Volmar an Trauttmansdorff


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[Osnabrück]

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In der Druckvorlage irrtümlich Münster.
1647 November 18

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Eigh. Ausfertigung: TA Ka. 115 Z 9 N 81 unfol.

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Ankunft in Osnabrück. Schwedische Forderung nach Ausweitung der Vollmacht Volmars
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auf die Verhandlungen mit Schweden. Verzögerung des Eintreffens der katholischen Reichs-
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stände durch Wartenberg; dessen erneute Verhandlungen mit Kurbrandenburg über den
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kurkölnischen Tauschplan. Geplante Konferenz mit den protestantischen Reichsständen. Kö-
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nigsmarck . Aufhebende Wirkung der Weisung vom 2. November 1647? Befürwortung der
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Restitution des Herzogs von Lothringen durch Kursachsen.

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Ich pin den 14. diß allhierkommen, zu sehen, ob, wie und waßgestalt un-
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sere tractatus reassumirt werden möchten. Hab biß dato mit denn visita-
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tionibus und revisitationibus [mich] auffgehalten, darbei nichts anders
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denn lauter generalia et curialia passirt. Allein haben beede Schwedische
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plenipotentiarii abermalen anregung gethan, daß sie verhofften, ich wurde
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die hiesige tractaten zugleich neben denn andern Keyserlichen gesandten
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ze unterschreiben bevelcht sein. Dargegen ich geantworttet, daß ich des-
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sen keinen, wol aber sovil bevelch hette, denn handlungen beyzewohnen
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und selbige zum ende bringen ze helffen

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Die von den Ges. der prot. Rst. gewünschte Teilnahme Volmars an den Verhandlungen in
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Osnabrück hatte der Ks. in den Weisungen vom 8. Oktober und 2. November 1647 an-
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geordnet (Texte: zum einen Ferdinand III. an Lamberg und Krane, Prag 1647 Oktober 8.
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Kopie: RK FrA Fasz. 92 XIII ad nr. 1855afol. 605 – Konzept: ebenda Fasz. 53c [1647
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VIII–X]fol. 60–60’; zum anderen APW II A 6/2 Nr. 266). Zur entsprechenden Bitte der
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prot. Ges. vgl. die Relation vom 26. September 1647 (Text: ebenda Nr. 236).
. Vermerkh, daß sie darmit nit
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content, sondern gern sehen, daß ich umb so vil auch in die plenipotentz
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einkommen möchte

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Volmar war nur mit einer Vollmacht für Verhandlungen mit den frz. Ges. augestattet (vgl.
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die ksl. Vollmacht für Trauttmansdorff, Nassau und Volmar, Linz 1645 Oktober 4. Text:
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APW III B 1/1, 37f.). Oxenstierna forderte nach Volmars Ankunft in Osnabrück eine Ver-
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handlungsvollmacht des ksl. Ges. für die Verhandlungen mit Schweden (vgl. den Eintrag
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zu 1647 November 16/17 im Diarium Volmar: APW [ III C 2/2, 904 ] ). Auf Drängen der
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prot. Rst. , die Verhandlungen nicht unnötig zu verzögern, verzichteten die Schweden
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schließlich auf die zunächst geforderte Vollmacht, da mit Lamberg und Krane zwei ksl.
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Bevollmächtigte vor Ort waren (vgl. Meiern IV, 786 , 792).
. Ob sie es auch in nechstvorgehender haubtconfe-
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rentz anden werden, stehet dahien. Meinstheils wolt ich lieber gar darvon
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sein.

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Herr bischoff von Oßnabrück ist an aller verhindernus der deputation
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schuldig, und kan ich noch nit wissen, wann und ob er nach Münster
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kommen würdt. Er hatt sich unterfangen, ein newe handlung mit Chur-
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brandenburg wegen der stifft Minden einzefüeren, Braunschweig darmit
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ze contentirn, damit ime daß bisthumb Oßnabrück ledig abgetretten wer-

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den möchte

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Wartenberg war am 19. Oktober 1647 zum kurkölnischen Hof nach Bonn gereist, von wo
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aus er erst am 25. November 1647 wieder zurückkehrte. Während seines Aufenthalts in
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Bonn hatte er dem kurbg. GR Otto von Schwerin (1616–1679, 1648 Fh.; 1645 Wirklicher
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GR . Zu ihm: Rohrschneider , Schwerin; Bahl , 584f.) einen bereits im Sommer 1647 ein-
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mal erwogenen Tauschplan vorgeschlagen: Danach sollte Kurbg. als Entschädigung einen
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Teil der bereits am 21. Februar 1647 Hessen-Kassel in Aussicht gestellten schaumburgischen
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Ämter (im Umfang der jährlichen Einnahmen aus dem Hst. Minden) erhalten und dafür
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auf das ihm seit Ende April 1647 endgültig zugestandene Hst. Minden verzichten. Geplant
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war weiter, das Hst. Minden stattdessen dem Hause Braunschweig-Lüneburg zu überlas-
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sen , welches im Gegenzug auf die Alternation im Hst. Osnabrück, über die sich Ksl. und
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Schweden am 26. Mai 1647 geeinigt hatten, hätte verzichten sollen. Auf diese Weise wäre
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das Hst. Osnabrück Wartenberg zum alleinigen Besitz restituiert worden. Offenbar wurde
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dieser Plan Wartenbergs seit dessen Aufenthalt in Bonn auch von Kf. Ferdinand unter-
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stützt , denn Landsberg trug die Forderung am 8. Dezember 1647 offiziell im Namen Kur-
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kölns bei den Ksl. vor ( APW [ III C 2/2, 918 ] ; vgl. auch Knoch , 168f., 195ff.; Foerster ,
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Ferdinand, 327ff.).
. Möchts ime gern vergönnen, trag aber sorg, der herr chur-
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fürst

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Kf. Friedrich Wilhelm I. von Bg. (1620–1688), 1640 Kf. ( Opgenoorth ; Duchhardt ,
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Friedrich Wilhelm). Wie Volmar hier bereits richtig vermutete, scheiterte der Tauschplan
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im Januar 1648 u.a. am Widerstand Kf. Friedrich Wilhelms (vgl. Beilage 2 der Relation
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vom 9. Januar 1648, d.i. Nr. 78).
werde sich nit darzu verstehen.

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Morgen wollen wir die protestierenden vor unß erfordern und inen
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daßienig, waß ihr majestät 14. Octobris bevohlen

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Text: APW II A 6/2 Nr. 249.
, doch allein per gene-
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ralia , ne catholicis aliquid praeiudicetur, vorhalten und sehen, waß
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dorauff vor eine apertur ad reassumptionem erfolgen werde.

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Der Königsmarkh

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Hans Christoffer von Königsmarck (1605–1663, 1651 Gf.), seit April 1646 General der
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schwed. Kavallerie ( SBL XXI, 778–781; Fiedler ).
ist nun in 4 oder 5 tag unweit diser statt gelegen, hau-
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set sehr übel, marchirt heüt fort zum Vrangel

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Carl Gustaf Wrangel (1613–1676; 1651 Gf.), seit 1646 Feldmarschall, Oberbefehlshaber
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der schwed. Armee in Deutschland, RR und später Generalgouverneur von Pommern
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( Losman ; Höfer , 51f.; Asmus ). Königsmarck hatte sich im März 1647 von der schwed.
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Hauptarmee Wrangels getrennt und war mit seinen Truppen durch Westfalen gezogen
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( Knoch , 159–162; Lahrkamp , Streifzug). Die Stadt Osnabrück gewährte ihm im August
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offene Unterstützung, was von den ksl. Ges. als Bruch der im Hamburger Präliminarver-
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trag (Hamburg 1641 Dezember 15/25. Text: ST V/2, 501–504) festgesetzten Neutralität
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der Stadt gerügt wurde ( Steinwascher , 310). Königsmarck brach Mitte November 1647
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mit seinem Korps auf und vereinigte sich wieder mit der schwed. Hauptarmee Wrangels
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östlich der Weser zwischen Minden und Hameln ( Höfer , 104–107).
. Man würdt inen kein zeitt
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lassen müessen, sich zu rinforzirn, sonst möcht übel ärger werden.

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Die catholischen haben auch ein abschrifft deß letsten Kayserlichen be-
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velchs vom 2. Novembris

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Text: APW II A 6 Nr. 266. Volmar hatte bereits frühere Weisungen an Raigersperger und
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Anethan (Lic. Johann Anethan (1594–1668), 1645–1648 kurtrierischer Sekundarges.; 1629
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kurtrierischer Kanzler. Zu ihm: Abmeier , 18f.; Lehsten II, 12) übermittelt (vgl. APW II A
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6/2 Nr. 272).
, vermeinen, dardurch seyen die nechstvor-
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gehende wider auffgehebt. Hingegen vermeinen die protestantes, alles

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müesse bey voriger abhandlung verbleiben

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Gemeint sind wahrscheinlich die von den Ges. der prot. Rst. als unstrittig erachteten Teile
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des *KEIPO4B* (s. Einleitung, LXVIII; zu *KEIPO4B* vgl. [ Nr. 10 Anm. 25 ] ).
. Aber ich hoff, wans ad trac-
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tandum komme, so werd es heißen, waß man nit erheben kan, muess man
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fahren lassen, wie der Churbrandenburgischen

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Reichsgf. Johann VIII. von Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein (1601–1657), 1645–1649 Pri-
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marges . des Kf. von Bg.; vor 1645 GR ( Bauer ; Bahl , 568f.; Neugebauer , Klientelpolitik,
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〈10〉-〈14〉). – Dr. iur. Johann Fromhold (1602–1653), 1645–1648 kurbg. Sekundarges.,
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seit Januar 1648 zugleich Ges. für Bg.-Kulmbach und -Ansbach; 1637 kurgb. Hof- und
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Kammergerichtsrat, 1648 GR ( DBE III, 508; Bahl , 479f.). – Fh. Johann Friedrich von
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Löben (1595–1667, 1642 Fh.), 1645–1649 kurbg. Sekundarges.; 1642 kurbg. GR . Löben
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verfaßte auf dem WFK ein Diarium ( Walther , 46ff.; 39f.; Bahl , 529f.; zu seinem Diarium
17
vgl. APW III A 1/1, LXX und APW [ III A 3/1, XCVIIf ] ). – Lic. Matthäus (von) Wesen-
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beck (1600–1659), 1645–1649 kurbg. Sekundarges., führte seit November 1645 das Votum
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für Pommern(-Stettin) imFR und vertrat ab September 1647 auch die Wetterauer Gf.en;
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1639 kurbg. Kriegs-, Hof- und Kammergerichtsrat ( Kaster / Steinwascher , 250f.; Bahl ,
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618f.). Sayn-Wittgenstein leitete die kurbg. Delegation, Löben und Wesenbeck verhandel-
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ten in Osnabrück, Fromhold in Münster ( Opgenoorth I, 185). Die angesprochene Rela-
23
tion wurde nicht ermittelt.
relation an ihren herrn
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lauttet.

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Der Chursaxische gsandt sagt, sein herr

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Kf. Johann Georg I. von Sachsen (1585–1656), 1611 Kf. ( NDB X, 525f. , Gotthard ,
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Johann Georg I.).
woll durchauß nit haben, daß
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man Lothringen abbandonirn soll

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Gemeint ist die von Frk. verweigerte Restitution des Hg.s von Lothringen. Hg. Karl (III.)
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IV. von Lothringen (1604–1675, 1624/25–1634 und 1659/1661–1675 Hg. Zu ihm: Crox-
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ton
/ Tischer , 50–53; Leestmans ) war im Pariser Vertrag vom 29. März 1641 (Text:
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DuMont VI/1, 211f.; vgl. auch Tischer , Diplomatie, 203, 367) gegen die Verpflichtung,
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keine antifrz. Bündnisse mehr einzugehen, in seine von Frk. zwischen 1631 und 1633 an-
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nektierten Territorien restituiert worden. Bereits am 28. April 1641 hatte der Hg. jedoch
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den Vertrag einseitig gekündigt (Text der Protestation: DuMont VI/1, 213f.; Vignal
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Souleyreau , 324ff.) und sich dem Ks. und Spanien angeschlossen. Der Ks. und Spanien
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forderten die Zulassung des Hg.s zum Kongreß als Verbündeter Habsburgs und seine Re-
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stitution , Frk. lehnte seine Einbeziehung in den WFK mit der Begründung ab, daß Karl
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IV. aufgrund des Pariser Vertrags weder als Rst. noch als ksl. Verbündeter zu behandeln
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und seine eventuelle Restitution eine ausschließlich frz.-lothringische Angelegenheit sei
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( Mohr , 284–393; kompakter Überblick: Ruppert , 343ff.).
. Diß wer ein hartte nuss vor die Fran-
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zosen

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Die frz. Gesandtschaft bestand zu diesem Zeitpunkt aus Longueville, d’Avaux und Ser-
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vien . Henri II d’Orléans, duc de Longueville (1595–1663), regierender F. und Gf. von
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Neuchâtel, 1645–1648 frz. Prinzipalges. ( Guillaume ; Croxton / Tischer , 173ff.). –
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Claude de Mesmes, comte d’Avaux (1595–1650), 1644–1648 frz. Ges. ; 1643 surintendant
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des finances ( Croxton / Tischer , 21f.; Sonnino , D’Avaux). – Abel Servien (1593–1659),
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comte de la Roche-des-Aubiers, (ab 1652) marquis de Sablé et Boisdauphin, 1644–1649
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frz. Ges. ; 1630–1636 secrétaire d’Etat de la Guerre, 1648 ministre d’Etat ( Isolle ; Extern-
46
brink
, Servien). Zur frz. Gesandtschaft auf dem WFK vgl. außerdem Tischer , Diploma-
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tie , 99–180.
.

Dokumente