Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
46. Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1648 März 23

2

Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III.


3
Osnabrück 1648 März 23

4
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 55a (1648 III) fol. 74–78, praes. 1648 IV 2 = Druckvorlage –
5
Konzept:
RK FrA Fasz. 92 XIV nr. 2004 fol. 506–509

36
In KHA A 4 nr. 1628/23 unfol. ist lediglich eine gekürzte Fassung vorhanden, die knapp
37
die Hauptpunkte der Osnabrücker Relation erwähnt und auf das beiliegende Protokoll
38
verweist (vgl. [ Nr. 32 Anm. 1 ] ). – Die Relation wurde am selben Tag nach Münster über-
39
sandt (vgl. Lamberg, Krane und Volmar an Nassau, Osnabrück 1648 III 23; Ausf.: KHA
40
A 4 nr. 1628/23 unfol.).
.

6
Angebot der schwedischen Gesandten zu Verhandlungen über die Forderungen Hessen- Kas-
7
sels . Beharren Thumbshirns und Langenbecks auf der Parität in Augsburg; Hinweis auf kur-
8
bayerische Überlegungen, den Kaiserlichen auch in dieser Frage vorzugreifen. Rücksprache
9
der Kaiserlichen mit Gesandten katholischer Reichsstände; deren partielle Zurückhaltung bei
10
der Zustimmung zur Parität in Augsburg; volle Zustimmung des kurbayerischen Gesandten;
11
Einigkeit über Zurückstellung der hessen-kasselischen Forderungen. Keine Einigung mit den
12
schwedischen Gesandten über Augsburg und Aachen; Thumbshirn und Langenbeck erbitten
13
Aufschub wegen Augsburg. Einigung über Zusammensetzung des Geheimen und des Klei-
14
nen Rates in Augsburg und den anderen betroffenen schwäbischen Reichsstädten 1648 III
15
22. Drängen der schwedischen Gesandten auf schnelle Unterzeichnung des Vereinbarten;
16
Erfolg Lamboys als Grund?

17
Verweis auf Nr. 41. Nuhn haben wir zwar ahm freytag, den 20. huius,
18
unß zu continuation der tractaten bey denen Schwedischen einzustellen
19
ahnerbotten, sie haben aber sich soweith entschuldigen laßen, daß die
20
Augspurgische confessionsverwandten diesmahls einen fast- und bettag
21
ahngestellt und schwehrlich bey der conferentz würden erscheinen kön-
22
nen , doch wofehrn wir immittls die Caßlische forderungen vornehmen
23
wölten, so wehrn sie erbietig, mit unß, dieses fast- und bettags unge-
24
hindert , darüber in handtlung einzutretten. Solten wir aber deßen be-
25
denckens tragen, so mögten wir den von Thumbshirn unnd Dr. Langen-
26
beck vor unß erfordern, ihnen unsere ursachen vorhalten, damit alßdan
27
der sachen ferner rath geschafft werden könte.

28
Wir haben also diese beyde abgesandten vor unß bescheiden und nit al-
29
lein , daß die Caßlische sach nochweils nit abgehandtlet werden könte,
30
gnugsamb dargethan, sondern auch allen fleiß angewendet, daß sie von
31
ahngemaßeter paritet des politischen regiments zu Augspurg und mittver-
32
wandter stätten

41
Gemeint sind Dinkelsbühl, Biberach und Ravensburg (vgl. [ Nr. 25 Anm. 6 ] ).
abgeleitet werden mögten. Sintemahlen sie aber darauff
33
gäntzlich bestanden, wi[r] auch anderwehrts vermahnt worden, daß die
34
Churbayrische abermahlen mit gedancken umbgingen, gleichwie in der
35
autonomia geschehen , unß auch in diesem vorzugreiffen, so haben wir

[p. 149] [scan. 237]


1
ahm nachmittag die vier churfürstlich Mayntzischen, Cöllen, Trier, Bayrn
2
und die Bambergischen, Würtzburgischen, auch den Augspurgischen ab-
3
gesandten erfordert, ihnen, warauf es diesortts bewenden thue, vorgehal-
4
ten , auch zu erkennen geben, daß wir in beobachtung Ewer Kayserlicher
5
Mayestätt unß vom 15. Februarii eingeschickten befehls nuhmehr lenger
6
nit inhalten könten, sondern zu abschneidung lengern verzugs erwöhnte
7
paritet würden einwilligen müßen, da wir gleichwoll versuchen wölten,
8
ob zum wenigsten die mehrer ahnzahl der catholischen im geheimen rath

40
Der Geheime Rat in Augsburg war ein durch die Regimentsordnung Karls V. von 1548
41
VIII 3 (Text: Langenmantel , 98–101) geschaffenes, siebenköpfiges und mit zentralen
42
Kompetenzen im exekutiven Bereich ausgestattetes Ratsorgan (vgl. Geffcken , 735f;
43
Roeck I, 246–249).

9
zu erhalten. Sölten sie aber der meinung sein, daß man sölche paritet gar
10
nit nachgeben, sondern ehender fehrner continuation des kriegs erwahr-
11
ten solte, und sie sich gegen ihrn gnädigsten herrn und principalen zu
12
veranthwortten getraweten, so würden wir unß nit gehrn von ihrer mei-
13
nung absöndern. Außerhalb deßen aber könten wir so schwehre veranth-
14
wortt nit auff unß laden.

15
Obnuhn woll diese chur- und fürstlichen abgesandten theils der meinung
16
gewesen, man solte noch weitern versuch thuen und ethwan diese prae-
17
tension auff anderwehrtigen außtrag zu richten underfangen, so haben
18
iedoch die Churbayrische darauff getrungen, daß man kein stundt lenger
19
inhalten, sondern sehen sölte, wie auß dem streitt zu kommen wehre.
20
Sonsten aber begehrten sie samenthafft, daß man bey der angefangnen
21
ordtnung bleiben und darauff tringen solte, daß die gravamina vollendts

44
Die Vereinbarungen über den späteren Art. V,1–29 und 42–52 IPO ← § 47 IPM wurden
45
1648 III 24 unterzeichnet (vgl. [ Nr. 49 ] ).
,
22
demnach die amnestia richtig gemacht und alßdan erst die Caßlische for-
23
derungen vorgenohmen werden mögten.

24
Wir haben unß also folgenden sambstags, den 21. huius, zu denen Schwe-
25
dischen verfügt, dieselbe so weith disponirt gefunden, daß sie diesmahls
26
bedeute Caßlische sachen auff ein seiten gestelt und die materiam grava-
27
minum vor handts genohmen, den gantzen articulum mit unß collationirt.
28
Soviel aber die paritet bey den stätten Augspurg, Biberach, Dinnkelspül,
29
Ravenspurg und Kauffbeurn wie zugleich die religionsfreyheit der Calvi-
30
nischen bürgerschafft zu Aach anlangt, da haben wir ihnen wegen Augs-
31
purg einen vergrieff, wie littera A zu sehen, zugestelt, iedoch mit ihnen
32
darüber zu keinem vergleich kommen mögen, allermaaßen sie auch we-
33
gen der statt Aach darauff bestanden, daß solche praetension auff einen
34
reichstag zu verweisen, mit denen littera B beschriebnen wortten verglie-
35
chen werden solte, so wir gleichwoll keinesweegs einwilligen konnen
36
noch sollen.

37
Nachdeme sie sich dan endtlich dahin bezogen, daß die obbenambste
38
Sachßen Altenburgischen und Braunschweigischen abgesandte auff den

[p. 150] [scan. 238]


1
abendt bey unß sich einstellen und alles zu völligem vergleich richten
2
helffen würden, so haben wir unß deßen zu erwahrten erclehrt, und
3
zwar denselben in eim und andern gantz beweglich zugesprochen, weil
4
sie aber sich darüber noch ferners zu bedencken und mit denen Schwe-
5
dischen , auch ihrn mitreligionsverwandten zu underreden benohmen, erst
6
ahm nachfolgendn alß gestrigen sonntags, so viel erhalten, daß bey der
7
statt Augspurg den catholischen im geheimen und kleinen rath

40
Der seit 1555 aus 45 Mitgliedern bestehende Kleine Rat hatte legislative, exekutive und
41
judikative Funktionen (vgl.
Warmbrunn , Konfessionen 113; Geffcken , 735f; Roeck I,
42
239–244).
eine per-
8
sohn mehr alß denen Augspurgischen confessionsverwandten und also
9
successive die maiora vota doch mit gewißen reservatis nachgeben, und
10
diese constitutio regiminis politici allerdings nach dem inhalt littera C
11

37
11–12 Deßgleichen ist der § „Quoad oppignerationes“ moderirt worden, wie littera D zu
38
sehen. Fehlt im Konzept.
vergliechen worden. Deßgleichen ist der § „Quoad oppignerationes“

43
Vgl. später Art. V,26 IPO ← § 47 IPM betr. u.a. die Einlösung von Reichspfandschaften
44
durch den Ks.

12
moderirt worden, wie littera D zu sehen. Dabey sie iedoch vermeldet,
13
daß die königlich Schwedische plenipotentiarii wie sie, die Augspurgi-
14
schen confessionsverwandte stände, solche praerogati〈v〉 der catholischen
15
in Augspurg eintzig und allein Ewer Kayserlicher Mayestätt zu allerun-
16
derthenigistem ehrn und keinesweegs denen catholischen zu gefallen
17
nachgeben thetten, auch verhoffen und zumahlen gehorsamst gebetten
18
haben wolten, Ewer Kayserliche Majestätt würden solche disposition
19
also gnädigst handthaben und die Augspurgischen confessionsverwandten
20
dabey schützen und schirmen, dagegen Ewer Majestätt versiechert sein
21
sölten, daß dieselbe bürgerschafft solche Kayserliche gnade mit allerun-
22
derthenigster trew zu verdienen sowoll vor sich selbst befließen sein alß
23
von allen evangelischen churfürsten, fürsten und ständen darzu ahngewie-
24
sen werden solten.

25
Immittlerweil dieses also verloffen, haben die Schwedischen plenipoten-
26
tiarii gestern abendts mir, graffen von Lamberg, ahnzeigen laßen, daß sie
27
zwar sich auff heutigen tag gehrn bey unß einstellen und den nuhmehr
28
allerdings vergliechenen articulum de gravaminibus underschreiben wol-
29
ten , sintemahlen aber sie ihrer post expeditiones außzufertigen hetten und
30
daher vermeindten, es könte der gantze articulus entzwischen durch bey-
31
derseits zusamengeschickte secretarios gegen demienigen, so biß daher
32
absonderlich vergliechen, collationirt und völlich zur subscription gerich-
33
tet werden, so wehrn sie erbietig, auff morgn, dinstag, sich bey

39
33 unß] Aus dem Konzept ergänzt.
unß ein-
34
zustellen und negst vorgangener subscription des articuli gravaminum
35
alsogleich auff abhandtlung der Heßen Caßlischen satisfaction für-
36
zuschreitten . Ich hab es bey ihrer prorogation zwar bewenden laßen,

[p. 151] [scan. 239]


1
aber dieser sachen halber mich bestendich auff unßere vorige resolution
2
und von denen protestierenden empfangene parola bezogen

32
Sowohl die ksl. Ges. als auch die der meisten prot. Reichsstände stellten sich gegen eine
33
Verhandlung der Forderungen Hessen-Kassels im Anschluß an die Gravaminaverhand-
34
lungen . Die Zusicherung hatten die Ges. der prot. Reichsstände den Ksl. 1648 III 18 gege-
35
ben (vgl. [ Nr. 41 ] ).
.

3
Nachts umb 7 uhr schicken sie wiederumb unnd wolten, daß man die
4
collationirung ahnheudt frühe umb 6 uhr versehen laßen und noch vor-
5
mittag alles underschreiben solte, welche willfährtigkeitt sonder zweiffl
6
daher entsprungen, daß underdeßen zeittung einglangt, waßgestalt Ewer
7
Kayserliche Majestätt generalfeldtmarschall in diesem Westphalischen
8
crayß, freyher von Lamboy, den Heßischen general Gisen

36
Johann von Geyso (1593–1661); hessen-kasselischer Generalleutnant; seit 1636 als Offizier
37
in Diensten Hessen-Kassels ( DBA I 389, 373).
mit allen sei-
9
nen völckern zu roß und fuß in Geseckh eingeschloßen und dieselben
10
sonder allen zweiffl zu ergebung zwingen würde

38
Lamboy hatte Geyso in Geseke (Gft. Arnsberg, zum Kft. Köln gehörig) Anfang 1648 III
39
eingeschlossen. Dennoch gelang es den hessen-kasselischen Truppen, Mitte 1648 III aus-
40
zubrechen (vgl. APW [ II C 4/1 Nr. 181 ] ; Foerster , 303; Höfer , 162).
. Wir haben dem be-
11
gehrn so weith stattgethan, daß heudt vormittag, wie obgemeldet, der
12
gantze articulus gravaminum allerdings zu ständen außgefertigt und ge-
13
geneinander collationirt worden, die underschreibung aber ist auff mor-
14
drigen tag verschoben worden, allermaßen Ewer Kayserliche Mayestätt
15
bey negster post ein vollkommene abschrifft uberschickt werden solle

41
Das Vorabkommen über das Reichsreligionsrecht ( [ Beilage B zu Nr. 49 ] ; vgl. später Art.
42
V,1–58 IPO ← § 47 IPM) wurde 1648 III 26 übersandt.
,
16
und geruhen Ewer Mayestätt auß mittkommender continuatione pro-
17
tocolli allergnädigst anzuhörn, waß sich in eim und andern actu mehrers
18
in particulari verloffen.


19
Beilagen A – [E] zu Nr. 46


20
Beilage A zu Nr. 46

21
Textvorschlag der kaiserlichen Gesandten für die Sonderbestimmungen für Augsburg, Din-
22
kelsbühl , Biberach und Ravensburg (lat.), [praes. den schwedischen Gesandten Osnabrück
23
1648 III 21]. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 III) fol. 85–85’ (vgl. später Art. V,3–8 IPO
24
← § 47 IPM ).

25
Beilage B zu Nr. 46

26
Textvorschlag der schwedischen Gesandten für eine Sonderbestimmung für Aachen (lat.),
27
[praes. den kaiserlichen Gesandten Osnabrück 1648 III 22]. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648
28
III) fol. 95 – Druck: APW III C 2/2, 1022 Z. 24–27.

29
Beilage C zu Nr. 46

30
Vereinbarter Text der Sonderbestimmungen für Augsburg, Dinkelsbühl, Biberach, Ravens-
31
burg und Donauwörth und für die Klausel über die vorangige Geltung der Amnestie-

[p. 152] [scan. 240]


1
regelungen (lat.), [Osnabrück 1648 III 22]. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 III) fol. 87–89’
2
(vgl. später Art. V,2–13 IPO ← § 47 IPM ).

3
Beilage D zu Nr. 46

4
Textvorschlag der Gesandten der protestantischen Reichsstände zum landsässigen Kirchen-
5
gut und zu den Pfandschaften, [praes. den kaiserlichen Gesandten Osnabrück 1648 III 21].
6
Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 III) fol. 92–94 (vgl. später Art. V,25–27 IPO ← § 47
7
IPM ).

8
Beilage [E] zu Nr. 46

9
Protokoll, [Osnabrück] 1648 III 20, 21. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 III) fol. 79–83 =
10
Druckvorlage;
RK FrA Fasz. 92 XIV ad nr. 2004 fol. 510–513; KHA A 4 nr. 1628/23 un-
11
fol
.

40
Weitere Kopie: RK FrA Fasz. 91 III fol. 301–306.

12
Veneris, 20. Martii 1648 a prandio. In aedibus excellentissimi domini comitis de Lamberg
13
sein die catholische churfurstlichen Mayntz, Trier, Cöllen, Bayrn, auch Bamberg-, Würtz-
14
burg- und statt Augspurgische erfordert und denselben fürgehalten worden, daß heudt vor-
15
mittag die Sachßen Altenburgischen und Braunschweig Lüneburgischen

41
Thumbshirn und Langenbeck (vgl. APW [ III C 2/2, 1020 Z. 27–1021 Z. 1 ] ).
bey unß gewest
16
und wegen der noch ubrigen

38
16 differenten] Aus der Kopie Fasz. 92 XIV übernommen, in der Druckvorlage: different.
differenten puncten in materia gravaminum mit unß praepara-
17
torie geredet, vornemblich aber 3 puncta berührt hetten:

39
17 1. wegen der statt Aach] Fehlt in der Kopie KHA .
1. wegen der statt Aach, 2. Augs-
18
purg und 3. materi oppignerationum

42
Wie Anm. 8.
, und bey allen dreyen in substantia auff ihrn vorigen
19
postulatis bestanden, derentwegen, weilen sie in unß tr〈u〉ngen und eine erclehrung zu
20
haben verlangen, wir eine notturfft zu sein erachtet, mit ihnen, catholischen ständen, vor-
21
hero darauß zu communicirn, damit wir wißen mögen, waß in ein und andern punct zu
22
anthwortten seie.

23
Wir zweiffleten nit, sie würden unßer instruction wißen, darin wir befehlicht sein, alles zu
24
approbirn, waß ihr exzellentz herr graff von Trautmanstorff, beliebt hette

43
Das ksl. Handbriefl von 1647 XII 11 ( APW [ II A 7 Nr. 43 ] ) und die Weisung von 1648 II
44
15 ( [ Nr. 7 ] ) hatten die ksl. Ges. ermächtigt, auf der Grundlage von KEIPO4A (vgl. Nr. 3
45
Anm. 6) zu schließen.
. Wir hetten unß
25
seithero gnugsamb bemühet, ob ein mehrers für die catholische religion könte erhalten wer-
26
den , aber nichts richten können. Wir sähen, daß die zeitt verlohren gehet und die campagnie
27
wieder herzukombt , wollen den verweiß auff unß nit laden, daß ethwaß durch unß, so zu
28
beförderung des schlußs hette geschehen mögen, solle sein versaumet worden, sondern wol-
29
ten gehrn die sach abbrechen und zum schluß bringen. Die vornembste difficultet, soviel wir
30
vermercken, werde auff Augspurg bestehen. Solte selbiges werck auff temperamenta zu
31
bringen sein, wehre es gutt, wan aber solches nit zu erhalten, so seie es zeitt, sich itzo zu
32
erclehrn, was man endtlich thuen wölle oder nit. Wolte man die sach verfechten und nichts
33
einwilligen, sondern deßwegen lieber im krieg bleiben, so wölten wir unß nit separirn, aber
34
wölten deßwegen eine cathegorische erclehrung haben. Wegen Aach wolten wir bei der
35
außlaßung bestehen, weilen es schon zweymahl von dem gegentheil gewilligt und durch-
36
striechen worden . Wegen der pfandtschafften würde mit Weißenburg so wenig alß Lindaw
37
vortzukommen sein. Wir hetten aber dagegen die außlaßung dern zu endt gesetzten wort-

[p. 153] [scan. 241]


1
tern „sed illius liberum exercitium illis relinquatur“

36
Bezug auf § „Quae vero“ KEIPO4A (Text: Meiern IV, 569 dritter Abs.; vgl. später Art.
37
V,27 IPO ← § 47 IPM) betr. Restitution im Krieg besetzter und eingeschränkte Einlösung

38
alter Pfandschaften der Reichsstände sowie begrenzter Religionsbann des Inhabers der
39
eingelösten Pfandschaften. – Die Textstelle lautet dort allerdings
sed illius liberum exerci-
40
tium ipsis permittatur in templis antehac obtentis.
bedingt, weilen es territoriali iurisdic-
2
tioni zuwiederlauffe.

3
Catholici seorsim habita deliberatione respondent: Bedanckten sich zuvorderist der commu-
4
nication unnd, umb sich nit lang auffzuhalten, vermeinen, weilen die protestierenden den
5
terminum de anno 1624 angenohmen

41
Bezug auf den späteren Art. V,2 IPO ← § 47 IPM betr. den Grundsatz der Restitution
42
der Reichsstände, Reichsritterschaft und Reichsdörfer in die Realpossession nach dem
43
Stichtag 1624 I 1.
, so seie nochmahlen zu versuchen, daß demselben
6
auch bey der statt Augspurg wölten gelten laßen, hoc suadere aequitatem et iustitiam. Man
7
greiffe die statt in ihrn stattwesen ahn, quod sit re〈s〉 sine exemplo, weilen kein eintzigen
8
standt im Reich zu finden, der in seinem standt und weßen werde angegrieffn, die Lutheri-
9
sche burger zu Augspurg suchten es selbsten nit

44
Bezug auf ein von 481 prot. Augsburger Bürgern im Sommer 1647 dem Rat der Stadt
45
übergebenes Schreiben, das von der Forderung nach politischer Parität Abstand genom-
46
men hatte (vgl. Roeck II, 970).
, andere benachbahrte chur- und fürsten
10
sein auch ratione vicinitatis dergestalt dabey interessirt, daß zu diesem unwesen nit einwil-
11
ligen könten, dahero verhofften sie, wan man solche und dergleichen rationes denen Schwe-
12
den und protestierenden

34
12 werde] In der Kopie KHA : weiter.
werde fürhalten, sie werden sich eines miltern erclehrn und die
13
sach bey den termino de anno 1624 laßen. Wan aber solches nit zu erhalten, stünde zu ver-
14
suchen , ob die sach ethwo auff einen außtrag von churfürsten oder fürsten von beyder reli-
15
gion , alß ethwo Churbayrn und -sachßen, zu richten. Solte aber solchs auch nit zu erhalten
16
sein, seie dahin zu sehen, damit die catholische mögen die maiora behalten und keine durch-
17
gehende paritet eingewilligt werden (dawieder iedoch der statt Augspurgischer abgeordt-
18
neter nomine Leuchselring, daß noch in eines noch ander verwilligen könte,

35
18 protestirt] Fehlt in den Kopien Fasz. 92 XIV und KHA .
protestirt, son-
19
dern bittet, die statt bey ihren alten wesen und nit mehr beschwehrn zu laßen alß andere
20
stätten, weilen sie es nit verdiendt habe).

21
Wegen Weißenburg stünde zu versuchen, ob die sach auff eine außtrag zu richten, ethwo
22
innerhalb 2 jahrn zu enden, damit der herr bischoff

47
Schenk von Castell, Fbf. von Eichstätt.
möge gehört werden, sonsten kan man
23
woll geschehen laßen, daß die additio „sed illius liberum exercitium“ außglaßen werde, im-
24
gleichen nochmahls zu versuchen, ob die capell St. Elisabeth zu Nürenberg zu erhalten,
25
weilen sie ohnedas ad materiam gravaminum nit gehörig

48
Die Ges. Bambergs und Würzburgs hatten 1648 II 22 in einer Konferenz mit den Ksl. den
49
Standpunkt vertreten, daß diese Angelegenheit
ex mero territoriali iure ordini Teutonico
50
competenti herflüesse und nit ad terminum anni 1624 gehöre (vgl. APW [ III C 2/2, 998 Z. 4–6 ] ).
.

26
Churbayrischer gesandter Dr. Creebs erinnert, daß er noch gestern von seinem gnädigsten
27
churfürsten und herrn befehl erhalten, den schluß nach aller möglichkeit zu beschleünigen
28
und kein viertheilstundt darin zu versäumen und, waß nit könne erhoben werden, müße
29
man fahrn laßen, prout ita procedi postulat.

30
Caesareani acceptirn diese erclehrung und lesen darauff einen vorschlag ab , wie sie vermei-
31
nen , daß die sachen mit Augspurg einzurichten und die maiora bey denen catholischen alle-
32
zeitt zu erhalten. Dr. Leuchselring iterum contradicit und protestirt, daß er durchauß darin
33
nit willigen könte.

[p. 154] [scan. 242]


1
Sabbatti, 21. Martii 1648. Caesareani apud Suecos. Nachdeme man gestriges tags in erwahr-
2
tung gestanden, daß damahls die conferentzien hetten sollen vortgesetzt werden, und wir
3
unß zu dem ende bey ihnen, Schwedischen, umb eine stundt angemeldet, so hetten wir ver-
4
nohmen , daß sie einen bettag gehabt unnd die protestierenden der conferentz nit würden
5
abwahrten können, derwegen wir ihnen ferner nit uberlestig sein, heutiges tags aber, umb
6
dem werck weiters abzu[h]elffn, wieder einstellen wollen.

7
Illi: Seie ihnen lieb, das werck zu befordern, weilen aber gestrigs tags die devotio oder so-
8
lennitas in weeg kommen, hetten die conferentien biß auff heudt müßen außgestellet wer-
9
den , bitten solchen verzug nit in ungutten zu vermercken. Umb aber auff die sach zu kom-
10
men , so vermerckten sie, daß die sach in puncto gravaminum haubtsachlich noch auff 3
11
puncten bestehe: 1. wegen Aach, 2. Augspurg, 3. wegen der materia oppignerationum. Es
12
hetten zwar auch die protestierenden ethliche geringe notas, so sie in proiecto gravaminum
13
hinc inde begehrten, verändert zu haben, übergeben , sein aber

32
13 der] Aus der Kopie Fasz. 92 XIV ergänzt.
der wichtigkeit nit, daß man
14
sich derentwegen lang solte auffhalten, wurden solche zweifflsohne unß auch communicirt
15
haben. Waß Aach anlanget, begehrten die protestierenden eine kirchen für die Lutherische
16
außerhalb des territorii und solten sich selbige burger reversirn, daß nit begehrten, auff
17
zunfften oder andere officia publica zuglaßen zu werden, nur daß sie in der statt

33
17 wohnen] In der Druckvorlage: wehren.
wohnen
18
und das exercitium extra territorium frequentirn mögen. Mit Augspurg begehrten sie die
19
paritet und hielten es für eine vergliechene sach, so schon von herrn graffen von Trautmans-
20
torff verwilligt worden seie. Wegen der oppigneration, weilen wir unß wegen Lindaw be-
21
geben , müße der krieg wegen Eichstett alleine nit gefuhrt werden.

22
Nos: Es sein mir, Volmarn, von den Sachßen Altenburgischen gesandten ethliche notae, wie
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das proiect hin unnd wieder zu corrigirn, zugestelt worden, darüber würde man sich baldt
24
vergliechen haben. Wegen Aach seie es eine vergliechene sach, daß selbiger passus außzula-
25
ßen , darbey habe es sein bewenden. Daß ihr exzellentz, herr graff von Trautmanstorff, ieh-
26
mahls waß anders solle verwillicht haben, könten wir nit glauben, dan ich, Volmar, drey
27
underschiedtliche schreiben von ihr exzellentz in handen hette, darin sie deutlich gesetzt,
28
daß diese sachen müsten außglaßen werden

35
Da die Schreiben Trauttmansdorffs an Volmar nicht überliefert sind, konnte lediglich ein
36
Schreiben von Trauttmansdorff an Lamberg, Krane und Volmar, Münster 1647 V 3 mit
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dem entsprechenden Inhalt identifiziert werden ( APW II A 6 Nr. 61). In Protokollen aus
38
diesem Zeitraum hatten die Ksl. die Forderungen der schwed. und der Ges. der prot.
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Reichsstände betr. Aachen jedoch stets abgelehnt (vgl. etwa ebenda Beilage [1] zu Nr. 17).
. Mit Augspurg seie es ein unbilligs begehrn,
29
lauffe wieder den vertrag de anno 1548

40
Bezug auf die Regimentsordnung Karls V. von 1548 VIII 3 (Text: Langenmantel , 98–
41
101).
und 2. von selbiger zeitt hero wollhergebrachte
30
mehr dan hundertjahrige possession

42
Die Besetzung des Kleinen Rats lag seit der Regimentsordnung Karls V. von 1548 aus-
43
schließlich in der Hand des über dreiviertel der Sitze einnehmenden patrizischen Ratsteils,
44
der wiederum ein Übergewicht an kath. Mitgliedern aufwies. Bis 1570 hatten die konfes-
45
sionellen Mehrheitsverhältnisse im Kleinen Rat mehrfach gewechselt, jedoch konnte sich
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danach bis auf die Jahre 1632–1635 ein kath. dominiertes Stadtregiment durchsetzten (vgl.
47
[ Nr. 10 Anm. 2 ] ; Geffcken , 296; Warmbrunn , Konfessionen, 107f, 111).
, 3. wieder den religionfrieden

48
Bezug wahrscheinlich auf den in Art. 3 und 4 ARF (Text: Brandi , 36ff) ausgesprochenen
49
allgemeinen Schutz der Evangelischen und Katholischen, vorausgesetzt, die Regiments-
50
ordnung
der Stadt Augsburg wird als eines der inhabenden Herrlichkeiten und Gerech-
51
tigkeiten verstanden.
, 4. wieder die princi-
31
pia , so itzo in gegenwehrtigen friedenschluß gelegt werden

52
Wie Anm. 20.
, 5. wieder ihrer, der protestie-

[p. 155] [scan. 243]


1
renden gesandten, principalen selbsteignes begehren, da sie hiebevorn in ihm bey Kayser-
2

25
2–3 intercessionibus] In den Kopien Fasz. 92 XIV und KHA : intercessionalibus.
licher majestätt für die Lutherische burgerschafft zue Augspurg eingewendeten intercessio-
3
nibus nur darauff bestanden, daß dem vertrag de anno

26
3 1584] In der Kopie Fasz. 92 XIV: 1648 [!].
1584 solte nachgangen werden

29
Ein Kompromiß von 1584 VIII 1/11 zur Beilegung der Unruhen im Zuge der Einführung
30
des Gregorianischen Kalenders in Augsburg hatte bestimmt, daß dieser auch für die prot.
31
Kirchen gelten sollte. Im Gegenzug hatte sich der Rat durch einen Eid verpflichtet, die
32
prot. Einwohnerschaft in keinerlei Weise zu benachteiligen (vgl. Roeck I, 132; APW III
33
B 1/1, 112 Anm. 23).
, 6.
4
die Lutherische burger zu Augspurg suchten solches selbst nit, 7. invertire den gantzen
5
statum civitatis und würden die catholische, alß welche die schwächiste darin sein, allen
6
schutz, so sie seithero vom magistrat gehabt, verliehrn und underdrückt werden, konten
7
also die paritet nit

27
7 zuegeben] Aus der Kopie Fasz. 92 XIV übernommen, in der Druckvorlage: zugegeben.
zuegeben werden. Wie dem allen, umb auß der sach zu kommen,

28
7–8 wirdt ihnen ein proiect] In der Kopie Fasz. 92 XIV: wie ihnen proiect.
wirdt
8
ihnen ein proiect, wie selbige sach einzurichten , zugestelt, so abgelesen worden.

9
Wegen Lindaw [ und Weißenburg ] hette man sich zwar diesseits der pfandtschafft begeben,
10
doch ohne nachtheill des herrn bischoffn zu Eichstetten. Zudeme befinde sich noch bey
11
diesem passu eine clausul in dem proiect, so der territoriali iurisdictioni zuwiederlauffen.
12
In verbis finalibus ibi „sed illius liberum exercitium illis relinquatur“ müßen außglaßen wer-
13
den , dan wir zuviel verweiß von denen catholischen davon hetten, sonsten könten wir
14
wegen Lindaw auch nichts einwilligen.

15
Illi: Replicirn auff alle puncta und bleiben bey ihrer meinung, wöllen auch in das außgelief-
16
ferte proiect nit verstehen, und nachdeme man eine graume zeitt vergeblich disputando zu-
17
gebracht , ist verabschiedet worden, daß die Sachßen Altenburgischen und Braunßschweig
18
Lüneburgischen zu unß kommen und fernere handtlung pflegen sölten.

19
Maßen selbige gesandten nebens dem statt Lindawischen (welcher von der Lutherischen
20
burgerschafft zu Augspurg gevolmächtigt sein sölle

35
Gemeint ist Dr. Valentin Heider (1605–1664); seit 1645 Ges. Lindaus und Weißenburgs
36
im Nordgau sowie weiterer südwestdt. Reichsstädte; 1634 Syndikus der Reichsstadt
37
Lindau ( DBA I 496, 262–263; II 544, 371; III 367, 130–131; Kaster / Steinwascher ,
38
296f; Lehsten II, 41f; Wallenta , 158). – Die prot. Bürgerschaften mehrerer konfessionell
39
gemischter Reichsstädte hatten eigene Interessenvertreter am WFK. Die Interessen der
40
prot. Augsburger wurden durch Stenglin vertreten, dennoch zielte Heiders Verhandlungs-
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führung auch stark auf die Interessen seiner Augsburger Glaubensgenossen ab (vgl.
42
Vogel , 8–11; Roeck II, 961f). – Dr. Zacharias Stenglin (1604–1674); seit 1645/46 Ges.
43
Frankfurts am Main; 1632 Advokat der Reichsstadt, 1637 Erster Syndikus Frankfurts
44
( Vogel , 8; Lehsten II, 85f).
) nachmittags bey unß erschienen, mit
21
selbigen aber auch nichts fruchtbahrlichs gericht worden, weilen sie auff den extremiteten
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bestanden. Derentwegen die sach ferner biß auff folgenden tag, daß alßdan die gesandten zu
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mir, Volmarn, kommen und nochmahls versucht werden soll, ob sie zu vergleichen und zum
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standt zu bringen etc., außgestelt.

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