Acta Pacis Westphalicae : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 7: 1647 - 1648 / Andreas Hausmann
77. Nassau an Ferdinand III Münster 1648 Januar 7

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–/ 77 /–

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Nassau an Ferdinand III.


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Münster 1648 Januar 7

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Ausfertigung: RK FrA Fasz. 58a (1648 I–VI)fol. 5–7, PSfol. 8–9’, praes. 1648 Januar 16 =
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Druckvorlage – Kopie: KHA A 4 nr. 1628/23 unfol. (PS mit Verbesserungen)

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Unterredung mit Peñaranda (1648 I 3): Abschluß der spanisch-niederländischen Verhandlun-
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gen ; Befürwortung der niederländischen Vermittlung in den spanisch-französischen Verhand-
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lungen ; französisches Angebot einer eingeschränkten Restitution Hg. Karls IV. von Lothrin-
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gen , Zweifel Peñarandas an der Ernsthaftigkeit dieses Angebots; französische (Flotten-)
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Rüstungen.

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Unterredung mit Sannazaro (1648 I 6): Ende der Vormundschaftsregierung in Mantua und
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Regierungsübernahme Herzog Karls II., dessen Unzufriedenheit mit der französischen Hal-
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tung betreffend Mantua.

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PS Empfangsbestätigungen. Zufriedenheit Rousselots mit den kaiserlichen Rechtsvorbehal-
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ten zum kaiserlich-französischen Vorvertrag. Postangelegenheiten. Weisung betreffend
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Ehrenbreitstein und Vollzug des Friedens mit Frankreich erwartet. Erkundigungen Contari-
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nis nach kaiserlicher Erklärung betreffend den Elsaß-Titel.

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Eigh. PS Gesprächsbegehren Longuevilles.

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Freytags, den 3. dießes, nach abgelauffener post hatt der graff Peneranda
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mich abermahln besucht und parte geben wollen, in waß zustandt sich
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ihre tractaten befünden, nachmahln referirendt

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Vgl. bereits die Relationen vom 27. Dezember 1647 und 3. Januar 1648 (Nr.n [ 63 ] , [ 72 ] ).
, daß sie, herrn Spanische,
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mitt denen Holländeren in allen articulen pacis, auch der forma ratifica-
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tionis und proaemio instrumenti gäntzlichen verglichen und einig weh-
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ren

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Gemeint ist die gemeinsame Erklärung vom 27. Dezember 1647 (vgl. [ Nr. 63 Anm. 1 ] ).
, dabenebenst auch angezeigt, daß die Holländische sich eyffrig ange-
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legen sein liessen, den frieden zwischen Spania und Franckreich zum
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schluß zu bringen, welchen er angedeutet hab, daß, gleich sie zu ihrer
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mediation vor diesem eingewilligt hetten

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Die Ges. der Vereinigten Ndl. hatten im Herbst 1646 unter ausdrücklicher Zustimmung
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der Verhandlungsparteien, also auch Spaniens, die Vermittlung in den span.-frz. Verhand-
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lungen übernommen ( Repgen , Friedensvermittlung, 707; Tischer , Diplomatie, 84 Anm.
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174; Kampmann , 252ff).
, also sie es auch annoch dabey
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verpleiben und ihnen selbige angenehmb sein liessen.

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Eß hetten ihnen die Holländer auch angebracht, daß sich die Frantzosen
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in puncto restitutionis ducis Lotharingiae soviel hetten vernemmen las-
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sen , daß sie dem hertzogen zwar daß hertzogthumb Lothringen

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Die Frz. verwendeten für das dem Hg. zu restituierende Gebiet auch die Bezeichnung
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ancien Duché de Lorraine („Altlothringen“) (so bspw. in der frz. Proposition betr. Lothrin-
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gen vom 19. Juli 1647; Brandi , Karl V., enthält im Anhang eine Karte „Das alte Lotha-
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ringien “).
restitui-
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ren , aber daß hertzogthumb Barr

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Das Hgt. Bar war mit Lothringen in Personalunion verbunden. Ein Teil des Hgt.s war
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anerkanntes Lehen der frz. Krone („Barrois mouvant“), der andere Teil („Barrois non
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mouvant“) galt als Allod, wurde jedoch ebenfalls von Frk. beansprucht (vgl. Tischer , Di-
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plomatie , 191; Karte: Babel , 8).
neben allen ihrer furstlichen durch-

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lauchtt in den bistumber Metz, Tull und Verdun habenden herschafften
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und lehen fur die cron Franckreich behalten wolten. Er, herr graff Pene-
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randa , hette sich hierauff gegen die Holländer erclehrt, weiln die Frantzö-
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sische sich iungsthin hetten belieben lassen, ihre declaration wegen auß-
5
schliessung deß hertzogs von diesen tractaten in schrifften ihnen uberge-
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ben zu lassen

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Gemeint ist die frz. Erklärung betr. Lothringen, praes. [Münster 1647 Dezember 1] ( [ Nr. 63 Beilage [2]) ] . Diese war den span. Ges. wahrscheinlich am 21. Dezember 1647 schriftlich
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übergeben worden.
, daß sie auch diese erclehrung schrifftlichen ihnen zukom-
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men lassen mögten, damitt er solche desto besser einnemmen und
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verstehen, davon auch ahn königliche majestätt in Hispanien und ertz-
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hertzogliche durchlauchtt uberschreiben, sodan mitt denen Kayserlichen
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gesandten alß in einer Ewer Kayserlicher Mayestät zugleich beruhrender
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sach, item mitt deß hertzogs von Lothringen furstlicher durchlauchtt alß
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principalinteressenten der notturfft nach communiciren köndt.

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Waß dießwegen ferners vorgehen wurde, wolte er nitt lassen, davon mir
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vertrewlichen parte zu geben. Er stünde aber fast ahn, daß solche der
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Frantzosen erclehrung ernstlich gemeindt seie, weiln daß contrarium
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und daß sie den frieden nitt begehrten, auß deme vielmehr zu vermuthen,
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daß sie ihre schiffarmada mitt uberauß hohen unkösten außrüsteten und
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nacher Neapoli

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Mazarin hatte in der ersten Novemberhälfte 1647 beschlossen, eine frz. Flotte zur Unter-
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stützung des neapolitanischen Aufstands gegen Spanien zu entsenden ( APW [ II B 6, LXVIIIf ] ), die vom 19. Dezember 1647 bis zum 4. Januar 1648 vor Neapel lag. Die
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Entsendung einer weiteren Flotte wurde mehrfach verschoben und nach der Nieder-
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schlagung des Aufstands im April 1648 schließlich ganz aufgegeben (vgl. hierzu dem-
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nächst in APW II B 8).
fuhreten, in Franckreich auch allerorthen zu einem frü-
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hen veldtzug starcke praeparatoria vorgehen liessen. Ich hab ein notturfft
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erachtet, Ewer Kayserlicher Majestät es allerunderthänigst zu berichten
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und deroselben allergnedigsten befelch allergehorsambst zu erwartten,
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wie in diesem puncto mich zu verhalten, da dergleichen ahn mich auch
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gebracht werden solte.

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Eß ist auch gestern der graff von Salazar

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Girolamo conte Sannazaro (gest. nach 1670), Ges. für das Hgt. Mantua. Sannazaro war
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mehrfach für den Hg. von Mantua als Botschafter tätig und galt als Fachmann für das
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Montferrat ( ABI I 882, 271f).
, Mantuanischer gesandter, zu
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mir kommen und angebracht, daß er von seinem herrn, dem hertzogen
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von Mantua, befelcht seie, Ewer Kayserlicher Mayestät, aller cronen und
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anderen alhier anwesenden gesandten anzudeuten, daß nunmehr ihme,
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hertzogen, von seiner fraw mutter

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Maria Gonzaga (1609–1660), Hg.in von Mantua ( ABI II 290, 424). – Hg. Karl II. hatte
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nach zehnjähriger Regentschaft seiner Mutter am 30. Oktober 1647 die Regierung über-
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nommen ( Tischer , Diplomatie, 339 Anm. 72).
die regirung seiner landen ubertragen,
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er solche auch albereit würcklichen angetretten habe, so er hiermitt bey

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1
mir ablegen wollen, mitt bitte, daß bey den tractaten man solches und daß
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der hertzog nitt mehr unter der vormundtschafft wehre, in acht nemmen
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wolte.

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Herr hertzog verhoffe und pitte, man wolte ahn Kayserlicher und könig-
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lich Spanischer seithen bey dieser handlung es dahin dirigiren, damitt
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wenigst ihme der weeg ad iustitiam nitt gesperret oder gehindert werde;
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sie wehren mitt dem Frantzösischen auffsatz nitt zufrieden

21
Im ersten ksl.-frz. Friedensvertrag von Cherasco vom 6. April 1631 (Text: DuMont VI/1,
22
9–12) wurde Hg. Karl von Gonzaga-Nevers (1580–1637; 1595 duc de Nevers, 1630 Hg.
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von Mantua) nicht in vollem Umfang mit Mantua und Montferrat belehnt und mußte
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bspw. Teile des Hgt.s Montferrat gegen Erhalt einer Entschädigungssumme in Höhe von
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500 000 Ecus an Hg. Viktor Amadeus I. von Savoyen (1587–1637; 1630 Hg.) überlassen.
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Der Hg. von Mantua fühlte sich durch den Friedensvertrag ex falsis praesuppositis
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mercklich […] vernachteilt ( APW [ II A 5, 19 Z. 12–13 ] ). Sowohl im FEIPM1 (Text:
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Meiern V, 156 ) als auch in den am 16. November 1647 verglichenen Artikeln des span.-
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frz. Friedensvertrags ( APW [ II B 6 Nr. 261 Beilage 5 ] ) wurde der Friede von Cherasco
30
jedoch vorbehaltlos bestätigt ( Tischer , Diplomatie, 399f; Croxton / Tischer , 57, 181–
31
184).
, wolten zwar
8
ihrestheils den Frantzosen nitt contradiciren noch uber sie klagen, dan sie
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selbigen in viele wegh wegen hiebevor von ihnen empfangenen wohltha-
10
ten obligirt wehren

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Mantua hatte während der Regentschaft Maria Gonzagas unter frz. Protektion gestan-
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den .
, bedingten sich aber außtrücklichen, daß sie mitt der
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Frantzosen intention nitt content und sich ihre sach mitt gepührendem
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recht außzuführen gar nitt begeben könten.

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Ich hab ihme geantworttet, Ewer Kayserlicher Mayestätt von seinem an-
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bringen allerunderthänigst zu referiren und dero allergnedigsten befehl zu
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erwartten.

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PS Rezepisse auf die kaiserlichen Schreiben vom 13.

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Ferdinand III. an Nassau, Lamberg, Krane und Volmar, Prag 1647 Dezember 13. Ausf.:
35
RK FrA Fasz. 92 XIII nr. 1918fol. 361–361’; Kopie: KHA A 4 nr. 1628/23 unfol. Zu den
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zahlreichen Beilagen betr. den von Hg. Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar vorgeschlage-
37
nen Waffenstillstand s. das chronologische Register. Der vorgeschlagene Waffenstillstand
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wurde sowohl vom Ks. als auch von Kf. Maximilian von Bayern abgelehnt und war im
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folgenden ohne Belang. – Zur Person: Hg. Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar (1598–1662),
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1605 Hg., übernahm 1626 die Regierung ( DBA I, 1073, 159; 1361, 199–205; 1371, 55–65).
und 25. Dezember
17
1647

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Ferdinand III. an Nassau, Lamberg, Krane und Volmar, Prag 1647 Dezember 25. Ausf.:
42
RK FrA Fasz. 92 XIII nr. 1919fol. 387–387’ – Konzept: ebenda Fasz. 52b (1647)fol. 172
43
– Ferdinand III. an Nassau und Volmar, Prag 1647 Dezember 25. Ausf.: RK FrA Fasz. 92
44
XIII nr. 1921fol. 391–391’, PSfol. 392–392’ – Kopie: KHA A 4 nr. 1628/23 unfol. –
45
Konzept: RK FrA Fasz. 52b (1647)fol. 174, PS 175 – Ferdinand III. an Nassau, Prag
46
1647 Dezember 25. Ausf.: KHA A 4 nr. 1628/23 unfol. – Konzept: RK FrA Fasz. 52b
47
(1647)fol. 173.
.

18
Deß hertzogs von Lothringen furstliche durchlauchtt sachen betreffend
19
wirdt Ewer Kayserliche Mayestät auß deß Rousselots ahn mich abgelas-
20
senem und Ewer Kayserlicher Mayestät bey letzter post, den 3. dießes,

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allerunderthänigst uberschickten schreiben vom 30. Decembris aller-
2
gehorsambst

31
2 referiret sein] In der Kopie angehört haben.
referiret sein, waßmassen ihre furstliche durchlauchtt mitt
3
obgemeldter gegen die mediatores beschehene erclehrung und erleuterung
4
wohl content sein

33
Gemeint sind die ksl. Rechtsvorbehalte zur Gültigkeit des ksl.-frz. Vorvertrags vom 11./
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14. November 1647, die Nassau den Mediatoren am 11. Dezember 1647 hatte übergeben
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lassen (vgl. [ Nr. 47 Beilage [1] ] ). – Auch Ferdinand III. billigte die Rechtsvorbehalte mit
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einem Rezepisse-Schreiben in knappen Worten (Ferdinand III. an Nassau, Prag 1647 De-
37
zember 25. Ausf.: KHA A 4 nr. 1628/23 unfol. – Konzept: RK FrA Fasz. 52b (1647)fol.
38
173.)
.

5
Postangelegenheiten: Verzögerungen in der Postzustellung.

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Sonsten will Ewer Kayserlicher Mayestät allergnedigste resolutiones
7
wegen Ehrnbreitstein und in puncto executionis Gallicae ich allergehor-
8
sambst erwartten. Soll Ewer Kayserlicher Mayestät auch allerunder-
9
thänigst berichten, daß nuhn unterschiedlich mahln der Venetianisch ge-
10
sandter zu mir geschickt und fragen lassen, ob von Ewer Kayserlicher
11
Mayestät wegen renunciation deß tituls „landtgraff in Elsaß“ resolution
12
einkommen

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Contarini hatte bereits Mitte Dezember 1647 bei Nassau nach einer entsprechenden Er-
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klärung angefragt (vgl. die Relation Nassaus vom 13. Dezember 1647, d.i. Nr. 47).
. Ich hab ihme allemahln geantworttet, daß wir derselben
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annoch erwartteten.

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[ Eigh. PS ] Jetz schicket der hertzog von Lungaville einen edelman zu mir,
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begeret mich noch heüte nach abgeloffener post zu abendts zu visitiren,
16
〈waß er〉 anbringen wirdt, berichte 〈bei nechstkunftiger〉 post allerun-
17
derthenigst .

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