Acta Pacis Westphalicae II C 4,2 : Die Schwedischen Korrespondenzen, Band 4, 2. Teil: 1648-1649 / Wilhelm Kohl unter Mitarbeit von Paul Nachtsheim
523. Pfalzgraf Carl Gustav an Königin Christina Erfurt 1649 Januar 20/30

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Pfalzgraf Carl Gustav an Königin Christina


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Erfurt 1649 Januar 20/30

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Ausf.: DG 16 fol. 61–64; Eingangsvermerk Stockholm 1649 Februar 8/18.

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Verzögerung der Beschlußfassung der obersächsischen Kreisstände durch das eigensinnige Verhal-
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ten des Kurfürsten von Sachsen, der seine Truppen vom Kreis unterhalten haben will. Schwierig-
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keiten beim Bezug der Quartiere durch die schwedischen Truppen, nicht zuletzt durch die ver-
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bündeten Franzosen und Hessen. Befriedigung über den verschobenen Austausch der Ratifikatio-
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nen , den auch die Stände nicht ungern gesehen haben. Beantwortung des Memorials der kurbran-
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denburgischen Gesandten.

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Euer Königlichen Mayestät hab ich in meinem vorhergehenden unter andern
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gehorsahmlich berichtet, welchergestalt mich von Leipzig anhero zu begeben
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undt nach vorher mit dem herrn feldmarschalln Wrangeln gepflogener confe-
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rence , als welchen zu solchem ende anhero beschieden, meinen schwager,
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den herrn generaln graff Magnum de la Gardie von hier auß fürterligst an

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Euer Königlichen Mayestät zu depechiren gemeinet were. Nun hette ich zwar
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verhoffet, es würde zeit meiner anwesenheit zu Leipzig mit denen selbigen
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orths versamblet gewesenen ständen des Obersächßischen creyßes wegen der
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einquartier- undt unterhaltung der auf gedachten creyß assignirten regimen-
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ter ein gewißer schluß undt vergleich zu machen gewesen, damit also selbige
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mit besserer ordre undt guten willen zu accommodiren seyn können. Zu wel-
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chem ende mich denn selbigen orths lenger, als ich willens gehabt, aufgehal-
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ten . Weilln aber durch des churfürsten von Sachßen ungleiches anmuthen, als
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welcher sich wegen seiner eigenen auf den beinen noch habenden undt wenig
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dem allgemeinen wesen zu nutzen gebrauchten völcker von der einquartier-
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undt unterhaltung Euer Königlichen Mayestät regimenter zu eximiren undt
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solche den übrigen ständen des Obersächßischen creyßes aufzubürden, oder
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es dahin zu richten vermeinet gehabt, das, da er sich ja gleich seinen andern
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mitständen zu aufnehmung Euer Königlichen Mayestät regimenter verstehen
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müste, hingegen itzberührte stände ihme die seinigen unterhalten helffen sol-
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ten . Welches lezte anmuthen denn der consequentz halber, undt das Euer
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Königlichen Mayestät wegen Pommern dabey interessiret, nicht weniger
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nachdencklich gefallen, als das erste für unbillig gehalten, undt also solche
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handlung von einer zeit zur andern verzügert worden. Alß habe sowohl we-
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gen der hin- undt wieder der quartiere halber vorfallenden difficulteten als
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auch, umb vorwohlberührten meines herrn schwagern depeche zu beschleu-
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nigen undt dieserwegen mit obwohlgedachtem herrn feldmarschalln fürter-
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ligst zur conference zu gelangen, mit meiner anheroreise nicht länger anste-
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hen können, sondern bin den 16. von Leipzig aufgebrochen undt am 18. hier
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angelanget. Meinen schwager, den herrn graff Magnum aber, hab ich nebst
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dem herrn krigspraesidenten Erßken daselbst noch auf ein baar tage hinterla-
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ßen , umb zu versuchen, ob sie inzwischen mit vielberührten ständen übereins
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kommen könten. Welcher denn ingleichen des herrn feldmarschalln Wran-
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geln numehr auch heute oder morgen gewertig bin. Ich hette zwar bey sol-
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cher des churfürsten opiniastritet die eintheilung als fort selber wohl machen
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wollen, allein weiln deßen eigensinnige humeur zur gnüge bekant, ist von mir
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nicht unzeitig consideriret worden, welchergestaldt auf solche weise, undt da
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Euer Königlichen Mayestät undt des churfürsten leute in ein quartier zusam-
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menkommen undt diese nicht würden weichen wollen, nur allerhand ungele-
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genheit veruhrsachet werden dürffte. Jedoch werde mich mit dem herrn feld-
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marschalln dieserwegen bereden, undt was auf ein oder andern fall fur ein
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expediens zu ergreiffen seyn will, deßen raths bedienen.

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Unterdeßen aber stehet nicht zu beschreiben, was sich bey dieser einquartie-
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rung hin undt wieder, undt da nirgents die unserigen, wie unter andern aus
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der sub littera A von des churfürsten zu Cölln schreiben hierbeygehenden
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copia zu vernehmen, in der güte aufgenommen werden wollen, für beschwer-
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ligkeiten ereugnen. Allermaßen denn Euer Königlichen Mayestät auß den sub
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litteris B et C hierbeykommenden abschrifften von des herrn feldmarschalln
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Wrangels neuligsten schreiben undt deren beylagen mit mehrem gnädig zu

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ersehen geruhen wollen, welchergestalt die herrn Frantzosen undt Heßen
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sich gegen Euer Königlichen Mayestät soldatesque so gar unfreundtlich com-
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portiren , undt daß dahero der herr feldmarschall geuhrsachet worden, den
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herrn generalmajor Hammerstein nebst 4 regimentern zu pferde, so in den
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obercreyßen bey solcher bewantnüs nicht untergebracht werden können, auf
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mich zu weisen. Ob nun wohl hierdurch neue beschwer veruhrsachet, in-
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deme jederm creyß seine gewiße regimenter bereits zugetheilet undt assigni-
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ret worden, nichts desto weniger aber, undt damit übel nicht ärger werden
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möchte, zumahln da selbige 4 regimenter in langer zeit die geringste fourage
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für ihre pferde, noch die gemeinen einigen andern unterhalt, als was die offi-
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cirer ihnen für ihr eigen geld an brott gekauft undt gereichet, zu genießen
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gehabt, undt also in schlechten zustandt undt großer schwürigkeit begriffen,
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habe ich selbige annehmen undt in die drey untercreyße, als 2 nach dem Nie-
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dersächßischen , eines nach dem Westphälischen undt eines in den hiesigen
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Obersächßischen vertheilen müßen.

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Alls aber bey solcher bewantnüs undt da allen umbständen nach Euer König-
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lichen Mayestät alliirte weder die bishero ihnen erwiesene getreue assistence
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undt cooperation bey sich in consideration kommen laßen, noch auf Euer
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Königlichen Mayestät waffen undt deren conservation einiges absehen rich-
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ten , sondern nur Euer Königlichen Mayestät großen wiederwillen undt be-
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schwer , ja allerhandt ungelegenheit je länger je mehr anweltzen, ich höchlich
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undt mit dem fürterligsten Euer Königlichen Mayestät gnädige resolution zu
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wünschen hette, wie dergleichen procedere, da solches nicht remediiret wer-
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den solte (wozu denn schlechte hoffnung vorhanden, viel ehe aber, wie auß
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der herrn legaten schreiben undt denen von den graff Servient zu Münster
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geführten nachdencklichen reden, nemblich daß es gewiß in den quartieren
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noch stöße setzen dürffte, auch andern anzeigungen die continuation solches
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wiedrigen comportements zu vermuthen), behöriger maßen zu begegnen
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seyn wolle. So habe Euer Königlichen Mayestät gehorsambst bitten sollen,
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mir dieserwegen dero gnädigsten willen aufs eheste zu eröfnen. Ich werde
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zwar mit dem herrn feldmarschalln dieses alles behörigermaßen überlegen
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undt sowohl, was in diesem als andern bey der conference vorkommen wirt,
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Euer Königlichen Mayestät schuldigste part geben. Gleichwie es aber ein
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schweres werck zu seyn scheinet, da einestheils auf Franckreich einige refle-
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xion undt ein auge gerichtet, anderseits aber auch Euer Königlichen Mayestät
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estat undt deßen conservation beachtet werden soll. Welches letzere denn an-
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dergestalt nicht zu geschehen vermag, alls daß die soldatesque behörigerma-
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ßen zu accommodiren undt gegen Euer Königlichen Mayestät in beständiger
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devotion undt guter affection zu erhalten. Also würde auch hierunter einen
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desto sicherern richtschnur haben, da Euer Königlichen Mayestät gnädigst
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geruhen wolten, mir dero gedancken desfals fürterligst zu entdecken.

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Sonsten habe auß der herrn legaten bey mir eingelangten schreiben soviel
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verspühret, daß Euer Königlichen Mayestät gnädigstes, worinn sie dieselbe
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admoniren, nicht ehe zu außwechselung der ratification zu schreiten, bis das-

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jenige , so vermöge des friedensschlußes vorher zu praestiren gebühret,
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werckstellig gemachet worden, numehr bey ihnen eingelanget, undt dieselbe
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Euer Königlichen Mayestät gnädigsten willen darab ersehen; zweifele also
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nicht, sie solchem gebührendermaßen einfolgen undt sich mit der commuta-
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tion nicht übereylen werden, zumahln da die stände selbst, wie ab dero jüngst
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an den Keyser abgelaßenen undt unß von den herrn legaten communicirten
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schreiben (davon sie denn Euer Königlichen Mayestät sonder zweifell auch
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abschrifft in unterthänigkeit eingeschicket) den verzug der commutation
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nicht unbilligen, sondern diejenigen, so nicht daßelbige, was ihnen ex capite
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amnistiae et gravaminum undt sonsten zu restituiren gebühret, werkstellig
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gemacht, beschüldigen undt desfals den Keyser umb assistence bewegligst
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imploriren. Verhoffe also auch inzwischen die zeit zu gewinnen, daß die con-
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ference , wovon in meinem vorigen gehorsahme erwehnung beschehen, mit
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den herrn legaten möge anstellen undt alles nebst denselben dergestalt über-
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legen undt es dahin richten können, damit von ihnen undt den ständen auf
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der einen seiten undt von mir undt der soldatesque auf der andern zu einem
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zweck cooperiret undt endtlich also die vollkommene früchte des edlen frie-
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den zuwege gebracht werden mögen.

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Im übrigen geruhen Euer Königlichen Mayestät auß der sub littera D hier-
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beykommenden abschrifft sich in unterthänigkeit vortragen zu laßen, mit
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was für resolution die churfürstlich Brandenburgischen abgesandten vor mei-
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nen aufbruch von Leipzig abgefertiget habe.


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Beilagen in DG 16:


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A: 65–65’ Kurfürst Ferdinand von Köln

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Ferdinand von Bayern, * 7. Oktober 1577 München, † 13. September 1650 Arnsberg, Sohn
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Herzog Wilhelms V. von Bayern und Bruder Kurfürst Maximilians I. von Bayern, 1612 Kur-
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fürst von Köln, Fürstbischof zu Lüttich, Hildesheim und Münster, 1618 auch Fürstbischof zu
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Paderborn ( Stammtafeln I Taf. 28; Taddey S. 342f.); Ennen ; Foerster .
an Pfalzgraf Carl Gustav. Bonn 1649 Januar 20
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n. St.

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B: 66–67 Wrangel an Pfalzgraf Carl Gustav. Schweinfurt 1649 Januar 9/19

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67–67’ Douglas an Pfalzgraf Carl Gustav. Ulm 1648 Dezember 30 / 1649 Januar 9

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68 Turenne an Douglas. Tübingen 1649 Januar 20 n. St.

29
Christoph von Nismitz an Douglas. Rothenburg ob der Tauber 1649 Januar 1/11

30
Douglas an den Kommandanten zu Überlingen. o. O. 1648 Dezember 11/21

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68’–69 Douglas an Wrangel. Esslingen 1649 Januar 4/14

32
69’ Christoph von Hammerstein an Wrangel. Borheim 1649 Januar 3/13

33
70 M. von Haselholz gen. Stockheim an Johann Nikolaus Frenzel, Amtmann zu Usingen.
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Friedberg 1648 Dezember 28 / 1649 Januar 7

35
C: 71–74 Wrangel an Pfalzgraf Carl Gustav. Würzburg 1649 Januar 13/23

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74’–75 Generalmajor Hammerstein an Wrangel. Borheim 1649 Januar 8/18

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75–75’ Obrist Fritzen an Generalmajor Horn

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Gustaf Graf Horn, 1592–1657, schwedischer Generalmajor; Hinweise: APW [ II C 2 S. 194 Anm. 1. ]
. o. O. u. Tag [Auszug]

38
75’–76’ Caspar Poley und Christoph Brunell an Generalmajor Horn. Reichertshausen 1649
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Januar 11/21

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1
77–77’ Fürstbischof Georg Anton von Worms

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Georg Anton von Rodenstein, 20. August 1629 zum Fürstbischof von Worms gewählt, † 30.
34
Oktober 1652 ( Gams S. 323; HC IV S. 373).
an Wrangel. Mainz 1649 Januar 19 n. St.

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D: 80–82’ Resolution Pfalzgraf Carl Gustavs auf das Memorial der kurbrandenburgischen Ge-
3
sandten . Leipzig 1649 Januar 15/25

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