Acta Pacis Westphalicae II C 4,2 : Die Schwedischen Korrespondenzen, Band 4, 2. Teil: 1648-1649 / Wilhelm Kohl unter Mitarbeit von Paul Nachtsheim
508. Johan Oxenstierna und Steiniger an Pfalzgraf Carl Gustav Münster 1649 Januar 12/22

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Johan Oxenstierna und Steiniger an Pfalzgraf Carl Gustav


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Münster 1649 Januar 12/22

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Ausf.: Stegeborg Slg. II: A, E 161, unfol. = Druckvorlage; Konzept: J. Ox. Slg. A: I, E 911.

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Bestätigung des Briefs vom 31. Dezember 1648 aus Leipzig und der angekündigten Abschickung
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Kleihes nach Münster. Ständiges Drängen der Reichsstände auf Austausch der Ratifikationen und
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die nach Ansicht der Stände auf dem Fehlen der Ratifizierung beruhende Verzögerung der Resti-
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tutierung der Reichsstände. Weitere nützliche Folgen der Ratifikation in ganz Europa. Wegen
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Erkrankung Salvius’ ausbleibende schwedische Antwort auf das Vorbringen der Reichsstände.
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Zwang zum nunmehrigen Austausch der Ratifikationen, wenn nur die Übereinkunft der beider-
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seitigen Generalitäten durch die Ankunft Kleihes bekannt würde. Protest bei Servien wegen des
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französischen Vorgehens im Oberrheinischen Kreise. Ausschreiben des Kurfürsten von Branden-
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burg im Stift Halberstadt wegen Aufbringung der Satisfaktionsgelder, obgleich der Kurfürst noch
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nicht Possession vom Lande ergriffen hat.

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Ewer Fürstlicher Durchlaucht unter dato Leipzigk den 31. jüngstverwiche-
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nen monaths Decembris beyde an uns abgegebene gnädige schreiben sub lit-
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teris A, B, C wie auch ein a cachet volant gelaßenes antwordtschreiben an der
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stände alhier zu Münster anwesenden gesandten und bottschaften, fast zu-
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gleich wohl erhalten, und unter andern, wasgestalt, indeme Ewer Fürstliche
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Durchlaucht den herrn residenten Kleyhen sowohl wegen des schlechten
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außgang der zu Prag incaminirten gewesenen handlung als anderer vorgefal-
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lener nohtwendigkeiten an unß abzufertigen gewillet, wir mit außantwor-
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tung der ratification bis zu deßen ankunfft und solang er daßelbe, was Ewer
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Fürstliche Durchlaucht ihme gnedigst committiret, uns hinterbracht hette,
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anstehen und es dahin befordern möchten, damit dasjenige, so vor itztge-
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dachter auswechselunge der ratificationen, evacuation der plätze und exauc-
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toration der völcker einem oder andern vermöge des instrumenti pacis zu
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praestiren gebühret, werckstellig gemachet würde, und also hiedurch dißfals
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keine hünderniß verursachet, sondern dermahleins alles zu völliger richtig-
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keit gebracht werden könte. Item was an dieselbe wegen der herren Frantzo-
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sen comportement und daraus besorglich entstehenden inconvenientien in
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denen Oberrheinischen quartieren der herr feldmarschall Wrangel gebührend
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gelangen laßen, sondern auch wasgestalt Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu

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Brandenburgk in dem stifft Halberstadt wegen beybringung der satisfaction-
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gelder einige außschreiben habe abgehen laßen und sich also der possession
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besagten stifftes bereits anmaßen wollen, nach der länge daraus mit mehrem
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verstanden.

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Gleichwie nun gegen Ewer Fürstliche Durchlaucht vor beschehene umb-
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ständliche communication wir unß gehorsambst und unterthänig bedancken,
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also geben wir deroselben vor dieses mahl gebührend abermahl zu erkennen,
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wasmaßen der stände alhier anwesende gesandte und bottschafften in einer
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solennen deputation sowohl gestriges und noch heutiges tages die ausantwor-
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tung der ratification auf das beweglichste und inständigste von unß begehret,
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und obwohln wir ihnen, was vor ausgebung derselben nohtwendig praestiret
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und effectuiret werden müste, nach der länge remonstriret, so haben sie nicht
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allein inständig darauff beharret, sondern sich einhellig herausgelaßen, daß
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weiln numehro nach gepflogenen vielfältigen unterredungen sie sich eines
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arctioris modi exequendi verglichen und deswegen an Ihre Kayserliche Maye-
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stät (vermöge der copeylichen abschrifft sub littera A) beweglichst hierüber
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ersuchet, alß zweiffelten sie daran im geringsten nicht, sondern hielten sich
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unfehlbahr versichert, daß nach einkunfft deßelben in allem völlige und
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gnugsame satisfaction von denselben praestiret werden solte. Daß bishero die
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executio etwas langsam ergangen, wehre keine andere ursach, alß das die re-
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stituenten , ehe und bevor die ratificatio wehre ausgewechselt worden, sich
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des friedens gar nicht versehen können. Wann aber solche erfolgete, würde
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sie sich nicht allein willig darzu verstehen, sondern auch ihr eußerstes, damit
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die 16 tonnen baar aufgebracht würden, daransetzen. Hiedurch würde die
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obligatio desto stärcker, hiedurch könten sie die wiederspenstigen zu der in
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dem instrumento pacis benanten poen und straff desto eher ziehen, ja es wür-
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den hierdurch nicht allein die bisanhero in das stecken gerahtene Frantzösi-
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sche und Spanische tractaten, sondern des gantzen Europae hierunter ver-
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sirendes hohes interesse einig und allein avanciret und befördert. Solten ja die
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beeden crohnen wieder alles verhoffen einiges mißtrawen haben, wolten sie
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selbige versichern, das mit gesambter hand sie sich wieder die opponenten
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setzen und nicht ruhen wolten, bis solang alles, was im besagten instrumento,
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sowohl vor- als nach ausgebung der ratificationen, einmahl verglichen und
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zugesaget worden, redlich, auffrichtig undt unverbrüchlich werckstellig ge-
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machet wehre. Es solte auch denen cronen, daferne sie ihrem billigmeßigen
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petito deferiren würden, vergönnet und erlaubet sein, vor völliger execution
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keinen mann abzudancken oder vielweniger einigen platz zu evacuiren. Es
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wehre ja hierinn dieses ihr einiger scopus und zweck, das das bedrängte und
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in zügen liegende vatterland sich des friedens gewiße versichern, auch merck-
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lich verspühren könte, daß sowohl der cronen alß anderer hierunter interes-
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sirter wille und einmahl gefaste löbliche resolution vest undt beständig blei-
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ben möchte, wie sie dann solches nach der länge und auf das weitleufftigste
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an- und vorgebracht. Und obwohl mehrwohlgedachte herren stände eine
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endliche erklährung hierüber erwartet, so hat solche doch wegen meines col-

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legae , des herrn ambassadeur Salvii, unvermuhten unpäßligkeit nicht erfolgen
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können, sondern habe ich, Johan Oxenstiern, solches sowohl mit itzterwehn-
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ten meinem herren collegen alß den unserigen herren alliirten ad referendum
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und communicandum zu nehmen, mich darauf erklähren müßen.

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Nun sehen wir aber bey sothaner beschaffenheit nicht ab, auff was maaß undt
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weiß wir mit vielgedachter ratification länger innehalten können, daferne nur
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der an die sämptliche generalitet gelaßene exauctoration- und evacuation-
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punct , welchem die herren stände nach der commutation, wir aber vorhero,
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erörtert und verglichen haben wollen, seine richtigkeit erlangen könte. Und
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wehre unß sehr lieb, daß je eher je lieber der herr resident Kleyhe sich alhier
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einstellen möchte. Von deme, wie es zu Prag damit abgeloffen und was Ewer
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Fürstliche Durchlaucht gnädiger wille und meinung sein möchte, wir alßdan
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vernehmen könten, vor deßen ankunfft wir zur außwechselung schwehrlich
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schreiten und uns dazu verstehen werden, maßen dann vorhero der sämptli-
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chen stände abgesandten von ihren principalen die ratificationes nohtwendig
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in desiderata forma einschaffen und von unß collationiret werden müßen.

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Was sonsten Ewer Fürstliche Durchlaucht wegen der herren Frantzosen
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comportement in den Oberrheinischen quartieren an uns gnädig gelangen
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laßen, daß haben wir aus dero eingangs gedachten schreiben nicht allein wohl
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vernommen, sondern auch dem herrn comte de Servient die höchste unbillig-
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keit zum offtern remonstriret, werden auch ihme solches nochmahln zu re-
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monstriren nicht unterlaßen. Wie er denn sich hierzu willig erbotten, dabene-
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ben aber höchlichen verwundert, daß, wie beede armeen voneinander gangen,
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von denen herren generalen kein vergleich getroffen und ihme auch von dem
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herrn feldmarschalln Touraine im geringsten nichts davon communiciret
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wehre. Ewer Fürstliche Durchlaucht werden dero hocherleuchten dijudica-
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tion nach auff mittel und wege zu dencken gnädigst geruhen, wie etwan, in-
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sonderheit da noch zur zeit, bis etwa die ratification herausgegeben, man
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unsers ohrtes die herren Frantzosen nicht wohl von unß gehen laßen kan, die
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sach zu remediren und abzuhelffen sein möge, wie wir dann bey itzt-
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gedachten herrn Servient auch unser möglichstes und eußerstes gerne thun
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wollen.

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Das im übrigen Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Brandenburg in das
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stifft Halberstadt wegen beybringung der satisfactiongelder einige außschrei-
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ben haben abgehen laßen und sich der possession besagten stifftes bereits an-
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maßen wollen, davon ist unß dieses ohrtes noch zur zeit nichtes bewußt. Sol-
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ten aber wir inskünfftig dergleichen auch vernehmen, werden wir mit hoch-
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gedachter Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht alhier anwesenden herren abge-
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santen hieraus zu communiciren keinesweges vorbeygehen, sondern daran
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sein, das dieselbe auch in hoc passu dem instrumento pacis gemäß zu leben
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ihro werden belieben laßen.

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[PS]: Wegen unpäßligkeit deß herrn Salvii Excellenz unterschreibet uff dero
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befehl der referendarius Johann Steiniger.

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Beilage in Stegeborg Slg. II: A, E 161:


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A: Eingabe der Reichsstände an den Kaiser mit der Bitte, die vielerseits behinderte Restitution
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der Reichsstände, besonders der Stadt Augsburg, aufgrund der Exekutionsordnung zu er-
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zwingen . Münster, den *** Januarii 1649

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