Acta Pacis Westphalicae II C 4,2 : Die Schwedischen Korrespondenzen, Band 4, 2. Teil: 1648-1649 / Wilhelm Kohl unter Mitarbeit von Paul Nachtsheim
451. Johan Oxenstierna an Pfalzgraf Carl Gustav Münster 1648 November 24/Dezember 4

27
–/ 451 /–

28

Johan Oxenstierna an Pfalzgraf Carl Gustav


29
Münster 1648 November 24/Dezember 4

30
Kopie: DG 13 fol. 1170–1173 (Beilage C zu Nr. 456).

31
Abschickung Kleihes nach Kassel und an Pfalzgraf Carl Gustav. Einquartierung kaiserlicher
32
Truppen in den westfälischen Ländern zum Nachteil der schwedischen Armee. Untätigkeit des
33
schwedischen Oberkommandierenden in Westfalen, Landgraf Friedrichs von Hessen. Verspre-

[p. 821] [scan. 367]


1
chen der kaiserlichen Gesandten, den Eingriff abzustellen. Frage der Beibehaltung der Rüstung
2
oder nicht. Drängen der Stände auf Auseinanderlegung der schwedischen Truppen.

3
Nachdem durch göttliche Verleihung iüngsten verwichenen 14./24. Octobris
4
der so lange gewünschte und von soviel tausend seelen erseuffzete frieden-
5
schluß dermahleins erlanget, ist darauff alsobald an Euer Fürstliche Durch-
6
laucht der von Ihrer Königlichen Majestät, meiner allergnädigsten königin
7
und frawen, nacher Caßell verordnete herr resident Kleyhe, umb sowohl ge-
8
dachten schluß zu notificiren, als neben überbringung der von des Reichs
9
sämptliche stände abgesandten beschehene repartition von einem und dem
10
ander mündtlichen rapport zu thun, von mir und meinem collegae, dem
11
herrn ambassadeur Salvio, abgefertiget worden. Gleichwie ich nun außer
12
allem zweiffel lebe, erwehnter herr resident Kleyhe werde Euer Fürstlicher
13
Durchlaucht die von uns ihme damahls anvertrawte commission mit der dex-
14
terität , die wir iederzeit an ihme gespühret, zu dero gnädigsten contentement
15
bey seiner ankunfft, so laut seines an mich und herrn Salvium aus Guttenberg
16
de dato den 5. Novembris abgelaßenen schreiben den 3. eiusdem solle gesche-
17
hen sein, abgeleget haben. Also ist unter warender zeit bey iedweder post und
18
gelegenheit, was dieser ohrten schrifft- und denckwürdiges, bevorab in denen
19
zwischen Spannien und Franckreich reassumirten tractaten passiret, Euer
20
Fürstlicher Durchlaucht allen umbständen nach von mir gehorsambst über-
21
schrieben worden, wie ich denn verhoffe, dieses sich zu rechter zeit alzeit
22
eingefunden haben werde.

23
Vor diesesmahl habe vor ein particulier Euer Fürstlicher Durchlaucht unter-
24
thänig zu berichten nicht vorbeygehen können, daß durch unterschiedene,
25
aus königlich Schwedischen Westphalischen quartieren an mich und mehrge-
26
dachten meinen collegam, den herrn ambassadeur Salvium, fast täglich be-
27
schehene abordnungen mit beweglichsten remonstrationen uns vor- und an-
28
gebracht worden, wasgestalt der keyserliche generalwachtmeister graff Wol-
29
demar mit seinem und etzlich andern under sich habenden regimentern in das
30
stifft Minden, der hertzog von Holstein in beede graffschafften Schawenburg
31
und Lippe und Ihre Fürstliche Gnaden, Frantz Wilhelm, bischoff zu Oßna-
32
brügge , in dero stifft einlogiren, die compagnien auffs land vertheilen und mit
33
großen, unerträglichen lasten den unterhalt daraus erpreßen thun, worbey
34
wir denn uff das inständigste unauffhörlich annoch belanget werden, uns
35
umb die deslogirung zu bemühen und also unseren guarnisonen dadurch ent-
36
gehende verpflegung, wie auch zu auffbringung künfftiger militzsatisfaction
37
hinwieder in den vorigen standt zu bringen. Nun hetten wir wohl gemeinet,
38
es würde Ihre Fürstliche Gnaden, herr landgraff Friederich zu Heßen, als
39
dero von höchstgedachter Ihrer Königlicher Majestät das obercommando
40
über besagte Westphälische quartier, wie sie uns in einem schreiben aus Lose-
41
burg de dato den 31. Octobris berichtet, anvertrawet, laut derselben von uns
42
beschehenen communication sich dieser sachen in etwas angenommen, und
43
hierüber ein wachendes auge getragen. So ist, zu geschweigen hochgedachte
44
Ihr Fürstliche Gnaden hierinn das geringste nicht gethan, auch doch unser an

[p. 822] [scan. 368]


1
dieselbe abgelaßenes schreiben bis anhero gantz unbeandtwordtet blieben,
2
welches uns dann verursachet, zumahlen weiln periculum in mora und wegen
3
ferner deswegs an Euer Fürstliche Durchlaucht solches nicht können gelan-
4
gen laßen, daß wir durch unsere interposition bey täglichn und fast stündlich
5
einkommenden klagen bey denen keiserlichen alhier anwesenden plenipoten-
6
tiarien wir es dahin vermittelt, das diesem gemeldten generalwachtmeistern,
7
graff Woldemars, ordre ertheilet, auß besagten öhrtern alsobald zu gehen, die
8
Schwedische quartiere zu reumen und der von beederseits getroffenen con-
9
vention gemäß zu leben, sich resolviren solte. Und haben dannenhero uns
10
keines andern versehen können, es würde hiemit seine richtigkeit haben und
11
die bedrängte und ohnedas bis auff den grund ausgesogene stände mit dieser
12
verderblichen einquartierung verschonet werden. So müßen wir doch nicht
13
allein durch albereit erwehnte abgeordnete, sondern auch aus des herrn obri-
14
sten Helmenfeld an mich vom 11. dieses aus Stade gethanen schreiben wieder
15
alles verhoffen vernehmen, das sowohl graff Woldemar einen weg als den
16
andern in unsern quartieren stehe, auch einige keyserliche trouppen unter
17
conduicte eines rittmeisters, der kleine Jacob genandt, in das im stifft Breh-
18
men belegene ampt Tedinghausen eingefallen, darinn militarischerweise exe-
19
quiret und daraus sowohl menschen als viehe weggeführet. Wann aber zu
20
vermuhten, es möchte hierunter etwas anders verborgen stecken, alß haben
21
wir noch bey gestriger den keyserlichen plenipotentiarien gegebenen visite
22
dieses zu remediren nachmahls beweglichst remonstriret und was hieraus,
23
wann man unsers ohrts wieder diese friedbrüchige mit gewalt procediren
24
würde, entstehen könte. So haben sie mit hand und mund uns versprochen
25
und angelobet, noch gestriges sowohl an Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu
26
Cöln als an general Lamboy und graff Woldemarn mit höchster betrohung zu
27
schreiben und verhoffentlich dieses alles zu remediren. Ob nun dieses gesche-
28
hen und erfolgen wird, stehet zu erwarten undt werde Euer Fürstlicher
29
Durchlaucht meiner schüldigkeit nach hievon gehorsambst zu berichten ich
30
keinesweges manquiren.

31
Sonsten haben wir denen in mehrbesagten Westpfählischen quartiren verord-
32
neten sämptlichen commendanten den so lange jahr hero erwünschten schluß
33
nicht allein notificiret, sondern auch daß vermöge deßelben nunmehro die
34
verübten hostilitäten neben den fortification- und magazinen eingestellet
35
werden müsten, berichtet. So stehet man doch itzunder bey sothaner beschaf-
36
fenheit hierinn an, ob man sich ferner bloßgeben oder aber in guter positur
37
halten solle, insonderheit wann etwan die ratificationen wegen solcher con-
38
travention zu bestimpter zeit nicht möchten ausgewechselt, sondern bis zu
39
richtiger erörterung alles deßen, was in dem instrumento pacis verglichen
40
und abgehandelt, auffgeschoben werden solte, maßen wir unsers ohrts solche
41
herauszugeben keinesweges gesonnen seyn, dann alles dasienige exequiret
42
und werckstellig gemachet, was zeit einkommenden ratificationen geschehen
43
und verrichtet werden sollen. Im übrigen beharren die stände annoch darauff,
44
das sowohl Euer Fürstliche Durchlaucht als der herr feldmarschal Wrangel

[p. 823] [scan. 369]


1
ihre unterhabende elargiren und weiter von einander legen möchten, welches
2
aber unsers ohrts deroselben hochreiffen bedencken wir anheimbgestellet
3
und das geringste nicht hierinnen praescribiret haben wollen.

Dokumente