Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
193. Nassau an [Trauttmansdorff] Münster 1645 Juli 15

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Nassau an [Trauttmansdorff]


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Münster 1645 Juli 15

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Eigh. Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 47b fol. 132–133, PS fol. 134–135’.

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Bitte um Erhöhung des Deputats mit Hinweis auf die Prachtentfaltung Longuevilles und Pe-
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nerandas . PS Beschwerde der Vermittler über Sonderverhandlungen der kurbayerischen mit den
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französischen Bevollmächtigten und dadurch entstehende Schmälerung ihrer Vermittlung. Fran-
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zösische Satisfaktion.

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Ewer Excellenz berichte hiermit, daß gestern nachmittag der duca de Longe-
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ville die herren mediatores besucht hatt, darbey einer sehr großen magni-
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ficens sich gebraucht. Vor hatt er seinen dritten wagen fahren laßen voller
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cavallieren, welchem dreyzehen hallebardirer mit ihren hallebarden tra-
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gend gefolget, worauff deß duca wagen, auß- und inwendig rodtsamet, sehr
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groß und uber die maßen mit golt reichlichen besetzet, die roße mit gleich-
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mäßigen rodsammet mit golt auffgearbeiteten decken, auch voller cavalliren.

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Dießem folget ein dem vorigen gleichmäßiger, aber noch statlicher, reich-
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außgemachter und gultgestickter wagen, in welchem der duca samt d’Avaux
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und Servien geseßen, auf beyden seytten voller lackeyen in sehr schönen
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liffreen, darauff seiner guardi capitain, deme zwelff harschirer zu fuß mit

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waffen, alle in rodtscharlachen cappotten, durch und durch mit silbernen
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flammen hoch gesticket. Deme folgeten der graven d’Avaux und Servien
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wagen.

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Wir Kayserische seint gemeint, bey unser conferens, so mit den herren
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mediatoribus halten werden, ihnen zu gemuht zu führen und zu remonstri-
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ren , daß iro Kayserlichen mayestätt, unser allergnädigster herr, eben wohl
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ihren gesandten hellebardier und harschirer würden zu geben haben oder
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noch zu geben, wan nit in consideration kommen wer, daß darauß, da die
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gesandten alhier an dem ohrt, da man vom frieden tractiren solle, also ge-
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wehrter aufziehen solten, allerhandt onversehener gefahr, große Uneinig-
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keit entstehen und man leicht durch solche gewapfnete personen einander
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in die haar kommen würde, deßwegen es Kayserlichen seytten underlaßen
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were, damit andern gesandten kein anlaß zu dergleichen gegeben würde.

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So erinnerten wir unß auch, als der herr bischoff von Oßnabruck alhier mit
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hallebardiren und harschiren ingezogen wer, die heren Französische gesand-
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ten sich daruber formalisiret und beschwert hetten, nunmehr aber ihr eige-
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ner abgesandter, duca de Longeville, es selbsten thäte, also begerten wir,
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die herren mediatores solchem befahrenden und unaußbleiblichen inco-
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venientien furkommen welten.

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Itzo werde ich berichtet, daß der konigliche Spanische plenipotentiarius,
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herr conte de Perignanda auch zwelff hallebardirer und zwelff harschirer
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annimpt, und die hallebarden, so er hier machen laßen, fast fertig. Wie nun
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zu erhaltung ihro Kayßerlichen mayestett reputation (da dieße beyde cronen
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auch der her bischoff von Oßnabruck es also halten) ich mich zu verhalten,
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bitte gehorsamblich mich zu bescheiden. Und da dergleichen thuen solle,
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wirdt auf ein erkläcklichen zuschuß die verordnung gemacht werden müs-
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sen , dan albereytt bißhero ich mehr als doppel von dem meinen zuschießen
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müßen, bey solcher vermehrung deß Staats aber mit meinem deputat und
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solchem meinem großen zuschuß idoch bey weyttem nit würde zulangen
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können. In vorigen meinen schreiben habe Ewer Excellenz gehorsambli-
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chen berichtet, waß große ansehenliche deputatos sowohl signor conte
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Pegniranda als duca de Longeville bekommen, davon sie auch leicht der-
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gleichen magnificens fuhren konnen, ich auch mit dergleichen deputat thuen
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wolte.

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Den hern conte de Pegnaranda haben wir visitiret, er unß aber biß dato
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noch nit wider; entschuldiget sich, daß er noch waß unpäßlichen seye.

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Habe Euer Exzellenz Schreiben vom 29. Juni erhalten. Ich lege Schreiben aus
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Bremen bei.

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PS Ewer Excellenz berichte hierbey, daß bey der letzsten visita, von den
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herren mediatoribus unß beschehen (davon daß protocol bey dießer post
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ire Kayßerliche mayestätt allerunderthänigst ingeschicket wirdt), die
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herren mediatores der herren Churbayrischen führende particulartractaten
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mit den herren Frantzösischen plenipotentiariis gegen unß waß hart geandet

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und entfunden angezeiget, daß darfurhielten, das ihre Kayserliche maye-
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stätt solche der Churbayrische absonderliche tractata nit nutzlichen, noch
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reputirlichen, auch den tractaten selbsten und ihrer negotiation und media-
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tion sehr nachtheilig, weilen dadurch ofteren die herren Frantzösische un-
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serstheils oder Churbayrischer intentionen informiret, ehe und zuvor die
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herren mediatores eine sache proponirten, und wan von ihnen hernacher
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gutter wohlmeynung ihre propositiones also stilisiret fürbracht würden,
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wie sie zu einem oder anderen die Frantzosen desto baß zu persuardiren
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vermeinten, underschiedenn wohl von selbigen ihnen fürgerücket würde,
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sie wüßten beßer albereit, wohin die Kayßerische oder churfürstliche hin
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intentioniret und inclinirten. Dadurch sie, herren mediatores, ihr credit
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verlöhren und künftig mit da wenigerem nutzen ihre mediation führen
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könten. Deuteten darbey an, daß dergleichen absonderliche tractaten endt-
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lichen uber ihre Kayßerliche mayestätt außlauffen und dero dienst und vor-
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theil nit dadurch befürdert würde. Wir, Kayßerische, hatten acht darauff
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zu nemmen und dahin unß zu bemühen, daß selbiges abgestellet werden
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möchte. Wir haben repliciret, das von den Churbayerischen solches ohne
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vorhergangene communication mit unß zu pflegen beschehe, so wir zwar
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lieber underlaßen sehen, wüßten aber nit, wie füglichen wir es ändern kön-
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ten . Her Venetus repliciret, wer ihro Kayßerlichen mayestätt nutzlicher, die-
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ßen congres gar zu dissolviren, als dergleichen particular und separata trac-
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tata zuzulaßen. Man solte billich durch die Kayßerliche gesandte alles mit
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den mediatoribus und solche ferner mit dem gegentheil handelen laßen.

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Man hette sich fürzusehen, das hierdurch nichts nachtheilig mögte gehan-
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delt werden.

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Heren mediatores continuirten im discurs, wan ihro Kayßerliche mayestätt
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und beyde cronen zusamen tractirten und sich verglichen, würden die ubrige
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wohl folgen und damit sich contentiren müßen. Sie verspürten, die herren
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Französische darzu nit ungeneigt und vermerckten, wan ihro Kayßerliche
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mayestätt der cron Franckreich nur einige satisfaction thuen würden, so
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etwan ihro Kayßerlichen mayestätt so beschwerlichen nit fallen würde, wür-
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den sich die Franzosen im ubrigen leicht accomodiren und viele praeten-
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siones und jetz fürstehende confusiones in sich verfallen.

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In obgedachter unser allerunderthänigster relation haben wir dießes nit
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gedacht, dieweilen es nur bloße discursus geweßen, darauff sich nit zu ver-
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laßen , wir auch noch nit penetriren können, waß die satisfaction sein möch-
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te , so Franckreich von ihro Kayßerlichen mayestätt praetendiren möchte,
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noch waß die Churbayrische jetz newlicher tagen mit herrn Frantzösischen
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also a parte tractiret, mit unß aber vor oder nach gar nicht es communiciren.

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Werden unß aber angelegen sein laßen, womöglichen es zu penetriren und
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alsdan allergehorsambst zu berichten. Und müßen da behutsamer darin
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gehen, damit nit etwan, da man wegen der obgedachten zwischen ihro Kay-
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ßerlichen mayestätt und den beyden cronen angeregten tractaten etwaß sich

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anließe, die Frantzosen es selbsten den reichsstände, darbey aber zum ubelen
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außdeutent, furbringen mochten. Es ließen die herren mediatores im discurs
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so mit underlauffen, die Churbayrischen mögten etwan ihr absehen haben,
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das an statt der Pfaltz sie das landt ob der Ens widerbekommen und bey
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der churdignitet verbleiben mögten, und daß Franckreich auch waß con-
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tento gegeben werden möchte, ob nun wohl dießes, wie vorgedacht, bloße
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discursus ohne fundament, so hab idoch eine notturfft erachtet, Ewer Excel-
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lenz in hohen vertrewen dießen bericht zu thun. Wan waß gewißes erhalten
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können, wirdt es allerunderthanigst alsdan berichtet werden. Datum ut in
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literis, in eil.


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Beilage fehlt.

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