Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
236. Auersperg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1644 April 25

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Auersperg und Krane an Ferdinand III.


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Osnabrück 1644 April 25

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Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 46e, Konv. b fol. 289–291’, 296–296’, praes. 1644 Mai 10 =
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Druckvorlage – Kopie: ebenda Fasz. 92 II ad nr. 239 fol. 267–270.

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Französisches Interpositionserbieten an Dänemark. Schwedisches Begehren nach Auswechslung der
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Vollmachten.

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Donnerstags, den 21. dießes, haben wir den königlich Dännischen gesandten
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Langerman heimbgesucht und ihn über die Auswechslung der Vollmachten zu
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Münster und die uns von schwedischer Seite angetragene Auswechslung unserer Voll-
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machten
unterrichtet. Langermann hatt alles ad referendum angenohmen unnd
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noch selbigen thags bey aigenen botten dhavon an die königliche würden
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in Dennemarck gehorsambst berichten wöllen. Erzehlte unns bey sölcher
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gelegenheit, daß sich die Frantzosen noch immerforth starck, ümb die
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königliche würden in Dennemarck zu annehmung der anerbottenen inter-
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position zu bewegen

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Vgl. nr. 226
, unnd itzo dergestalt eifferig darbey bezeigten, daß
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eß scheine, alß seie ihnen angst bey der sach; wölten den monsieur Tuillierie
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einen weg wie den anderen, unangesehen der iüngst einglangten könig-
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lichen , anders, alß sie verhofft gehabt, gefallenen erclehrung, nach Denne-
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marck vortschicken; replicirten auff sölche erclehrung unnd brachten vielle
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ursachen für, warumb die königliche würden den frieden mit Schweden
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dem krieg vorziehen und die anerbottene interposition nit außschlagen
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sölten, unnd wehren selbe ursachen ihme, Langerman, von dem baron de
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Rortee zu dem endt vorgehalten und repraesentirt worden, dhamit er dhavon
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ahn die königliche würden hinderbringen und dieselbe zu milter erclehrung
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disponiren mögte. Eß protestirten die Frantzosen zuvorderist unnd wölten
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ahn den einfall in Holstein allerdings unschüldig sein, eß auch höchlich
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bedauren, daß sie sich bey selben kriegßwesen niemahln mit raht oder that
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interessirt gemacht, sondern alles, waß darin vorgenohmen, ohne ihr vor-
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wißen unnd belieben von denen Schweden allein vorgenohmen seie. Und

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ob sie woll mit den Schweden in enger verbündtnüß begriffen, daß iedoch
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die königliche würden derentwegen der interposition halben in sie einig
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mißtrawen nit setzen könten, weiln auch der hertzog von Parma mit ihnen
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verbunden gewest, die Pabstliche heyligkeit aber nichtzdestoweniger sel-
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biger cron interposition ihro nit hetten laßen zuwieder sein, wehren auch
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nit übell darbey gefahren, weiln gleichwoll endtlich der friedt erhandlet
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seie

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Friedensvertrag von Ferrara zwischen Urban VIII. und Odoardo Farnese, Hg. von Parma vom
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31. März 1644. Druck: V. Siri IV 1 S. 686f.; J. DuMont VI 1 S. 296f.
. Sie wölten die königliche würden eins gleichmäßigen glücklichen
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außschlags, unnd daß bey der gantzen handlung mitt aller synceritet unnd
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auffrichtigkeit verfahren werden sölle, so starck unnd fästiglich versicheren,
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alß iemahls ein mensch in der weldt (wie die formalia gewest sein sölten)
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seie versichert worden, wan nur der monsieur Thuillierie mögte angehöret
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unnd der interposition statt gethaen werden. Würde sich auch alstan von
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wiederabführung der Schwedischen soldatesca, unnd welchergestalt ihrer
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königlichen würden in allem satisfaction gegeben werden könte, reden,
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zuvor aber unnd ehe, dan die interposition deferirt, sölche abführung nit
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practiciren laßen.

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Er, Langerman, hette alles ad referendum auffgenohmen, vorhero aber daß
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concept seins deßwegen an die königliche würden abgangenen schreibens
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dem baron de Rortee zum übersehen eingeschickt, deme sölchs nit allerdings
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gefallen, unnd ein anders, warnach er, Langerman, sein schreiben hette ein-
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richten söllen, in Frantzösischer sprag abgefaßeter ihme zurückgeschickt;
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weiln aber sölchs Frantzösisch concept mit deß baron de Rortee beschehener
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mündtlichen vortrag nit allerdings übereinstimbt, indeme nit alle ümbstände
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unnd particulariteten, so ihme, Langerman, sein repraesentirt worden, darin
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begriffen gewest, hette er beede stück, sowoll waß der baron de Rortee in
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Frantzösischer sprag (davon er unns auf unnßer instendiges begehren bey-
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kommende abschrifft sub nr. 1 mitgetheilt) alß waß er, Langerman, auß der
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mündtlichen vortrag selbst abgefaßet gehabt, der königlichen würden ein-
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geschickt .

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Wir haben darbey mit wenigen erinnert, daß unns gleichwoll der Frantzosen
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vorgeben, gestalt sie von dem einfall in Holstein nichtz söllen gewust haben,
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ümb soviell desto mehr befrembter vorkomme, weiln der Frantzösischer
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resident Avancour, wie unns er, Langerman, hiebevor selbst berichtet, beim
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einfall inn Holstein und Jütlandt mit im zug gewest unnd noch auf gegen-
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wertige zeitt beim Törstensohn seie und sein ördentliches quartier habe,
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auch mit selbiges Avancourt ahn den fürnembsten Frantzösischen ministrum,
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monsieur Chavigni, abgangenen intercipirten schreibens zu beweisen seie,
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daß die königin in Franckreich ihre höchste begnugung ahn deß Törsten-
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sohns verrichtung in Dennemarck gehabt habe, warauß dan ohnschwer
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abzunehmen, wie daß werck bey der gegenseidten getrieben werde und man

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sich soviell desto mehr in acht zu nehmen. Der von Langerman hatt geanth-
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worttet , daß er von ebenselbigen ümbstenden denen Frantzosen fürgehalten;
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die fielen aber auf eine andere außrede, gleichsamb der monsieur d’Avancourt
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nit mehr in Frantzösischen dienst seie, noch auch zum Törstensohn, sondern
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nacher Polen geschickt gewest, bey seiner widerkunfft aber seiner dienst
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entlaßen worden, darauff er sich in Schwedischen dienst eingelaßen und ein
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regiment under dem Törstensohn angenohmen hette, also die cron Franck-
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reich von deßen actionibus rede unnd anthwortt zu geben nit schüldig.
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Eß gefiele aber dem von Langerman woll unnßere anzeigung von den
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intercipirten schreiben, unnd ist begierig gewest, ihme dhavon abschrifft
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mittzutheilen. Weiln aber der einhaber deß ertzstiffts Bremen selbst ihme
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davon kein abschrifft mitgetheilt gehabt, wir auch besorgen müßen, daß ers
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dem gegentheill communicire, derselbe aber eß zu seiner entschüldigung
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anders andeuten mögte, alß der buchstab mit sich bringt, haben wir be-
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dencken gehabt, eß ihme mittzutheilen unnd unns mit deme entschüldiget,
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daß wir zwar daß schreiben gelesen, aber selbst kein abschrifft dhavon haben
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können, obzwar sönsten woll wüsten, daß die königliche würden davon
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nachrichtung haben, womitt er zufrieden gewest.

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Bey sölchem verlauff hatt unns auch der dechandt zu St. Johan alhie eine
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wideranthwortt auff unnßere iüngst beschehene erclährung wegen außanth-
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worttung der volmacht von dem Schwedischen gesandten Salvio (einhalts
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beyliggenden prothocols sub nr. 2) zurückgebragt, warauf wir unns ferners
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vernehmen laßen, wie ebenselbiges prothocol mitt mehrern nachführt;
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haben auch mitt mehrgedachten Dännischen abgesandten darüber commu-
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nicirt und gerne ein mittl oder temperament finden wöllen, ümb denen
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Schwedischen mit beliebung selbiges Dänischen gesandten hierin satisfaction
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zu geben. Nachdeme aber der von Langerman zu nichtz verstehen, sondern
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nach außweisung selbiges prothocols die außanthworttung mehr pro actu
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praeiudiciali seinem gnädigsten könig außdeuten unnd für sicherist zu sein
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erachten wöllen, daß wir hierüber Ewer Mayestätt selbst immediatresolution
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erwartten söllen, haben wir eß billich bey unnßer dem Salvio einmahll
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gebener erclährung biß dhahin müßen bewenden laßen, zumahll wir zu
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befahren gehabt, der Langermann dörffte darwieder protestiren, die Schwe-
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dische aber dürch sölchen actum extraditionis daß vornembste und beste
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mittll, alß sie iemahls gehabt, zu erweckung der seithero bey Dennemarck
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vielfaltig gesuchten gelosey erlangen und sich deßen zu ihrem vortheill,
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dießer seidten aber zu großen nachtheill mißbrauchen. Warauß dan aber-
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mahl erhellet, wie hochnöhtig eß seie, dhamit wir mit nöttiger instruction,
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wie unns in hoc passu mutati status alhie zu verhalten, förderlichst mögen
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versehen werden; und weiln auß selben ümbstanden, dha sich die Schweden
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in einer sölchen sach, dha sie selbst die confusion verursacht, über einholung
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fernern bevelchs so ungedültig stellen, unschwer abzunehmen, waß für
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geschrey dieselbe machen würden, wan in einer anderen sache, who der-
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gleichen fundament ethwo abgehen mögte, waß ad referendum angenohmen

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werden sölte, alß haben wir gehorsambst erinneren und eß zu ferneren
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nachdencken allerunderthänigst anheimbstellen söllen, obs nitt rahtsamb
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sey (ümb dergleichen nachrede zu entfliehen), dero Kayserlichen gesandten
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insgesambt gewaldt und macht zu geben, über ietz im streit gezogenen
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puncten der volmacht mit zuziehung der Spanischen gesandten absolute
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und ohne ferneres zurückbringen zu erkennen

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Am 24. April baten Auersperg und Krane ihre Kollegen in Münster um ein Gutachten über
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diesen Punkt. Kopie: RK , FrA Fasz. 92 II nr. 239 fol. 263–263’.
unnd dieselbe nach befin-
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dung der sachen zu verwerffen oder anzunehmen.


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Beilagen


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1 Pour respondre au premier poinct, que monsieur Langerman fist entendre au sieur
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de Rorte de la part du roy de Dennemarck [ undatiert ]. Kopie: RK , FrA Fasz. 46e, Konv. b
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fol. 292–293. [ Kopie: RK , FrA Fasz. 92 II ad nr. 239 fol. fol. 272–273’. ]

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2 = Nr. 234.

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