Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
260. Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 April 10

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Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ferdinand III.


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Münster 1646 April 10

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Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 52a fol. 25–28’, 35, praes. 1646 April 19 = Druckvorlage
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– Konzept: Ebenda Fasz. 92 VIII fol. 245–245’, 249–251 – Kopie: TA, Ka. 109
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unfol.

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Bereitschaft zur Abtretung des Elsaß. Abtretung Breisachs und Neuenburgs?

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Hinweis auf nr. 255. Wir waren nun in hoffnung gestanden, es wurde also
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dabey bis uf ir vom königlich Franzößischen hof erwartende ferrere resolu-
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tion, weil sie dieselbe in so kurzer zeit vertröstet hatten, verbleiben mögen.
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Es seint aber am nachgefolgten sambstag die Churbayrische gesandten vor
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uns erschinen und haben uns nach diser vernomner beschaffenheit zu-
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gleich communiciert, wie das der conte d’Avaux bey inen gewesen und

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angezeigt, wohin ire gedancken entlich zihlten, als nemblich, das sie einmal
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das Ober- und Undterelsäss sambt der vestung Preysach und der statt
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Newenburg

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Habsburgische Stadt am einzigen Übergang des Oberrheins zwischen Breisach und
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Rheinweiler. Vgl. Hist. Stätten VI S. 471f.
am Rhein innbehalten, die 4 Waldtstätt aber und was disseit
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Rheins gelegen, dem hauß Österreich zurugglassen wolten, welches doch
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noch der zeit vom conte Servient ufs stärckhist widerfochten werde. Und
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als wir inen geantwortet, das in unserer macht nit stüende, so weit ainzu-
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willigen, haben sie uns weitlaüffig vorgehalten, weil sie von ihrem gnädig-
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sten herrn so ernstlich und bey irer schweren verantworttung bevelcht
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weren, lenger mit denn particulartractaten nit innzuhalten, das sie einmal
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damit außbrechen müesten. Endtlich nach vilen gewexleten reden und uf
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unser zuesprechen sich erbotten, mit denen Franzößischen plenipotentiariis
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ferrer aus der sachen zu reden und zu sechen, wie weit sie selbige möchten
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bringen könden.

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Waßgestalten sie nun uns gestrigen tages referiert, das die gedachte plenipo-
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tentiarii zwar nit bevelcht ze sein, sich entschuldigt, von denn Vorderöster-
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reichischen landen etwas zuruggzugeben, iedoch uf ir verantworttung ge-
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nommen, wan inen die innbehaltung der vestung Preysach, statt Newen-
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burg, auch dess obern und undtern Elsäss sambt dem Sundtgaw accordiert,
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das die 4 Waldtstätt, das Preyßgaw und was disseit Rheins gelegen, dem
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haus Österreich abgetretten und überlassen werden solte. Sie auch darüber
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alspald an dem königlichen hof umb consens bey aigner staffetta schreiben
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und innerhalb 10 tagen denselben beybringen wolten. Das alles geruhend
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Euer Kayserliche Mayestät aus beyligendem extractu prothocolli gnädigst
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anzuhören und dabei auch weiters zu vernemmen, welchergstalten wir von
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allem disem verlauff denn Spanischen gesandten parte gegeben; selbige
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auch sehr ungern zuegeben wolten, das man sich uf so beschwerliche postu-
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lata mit denn Franzosen in beschließliche handlung einlassen solle. Wie
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dann Euer Kayserliche Mayestät aus nebenligendem zetul dess conte Pene-
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randa, so er an mich, Volmarn, geschriben, mehrers gnädigst anzehören,
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wie ungleich er solche handlung anziechen thuet. Nun stehet der haubt-
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zweckh an überlassung der beeden stätten Preysach und Neüenburg,
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derentwegen Euer Kayserliche Mayestät weder mir, grafen von Trautmanß-
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dorf, in particulari noch uns insgesambt bis daher einige vollmacht nit er-
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theilt haben. Und sechen wir die höhste gfahr der Churbayrischen Separa-
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tion vor augen, welche disen Westphalischen craiß zugleich nach sich zie-
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chen und also Euer Kayserliche Mayestät von aller hilff und beystandt der
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catholischen chur-, fürsten und ständten dess Reichs genzlich bloßstellen
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würdt. Also das sie eintweder der ganzen last der Schweedischen und Fran-
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zößischen waaffen uf ire erbkönigreich und landen werden kommen lassen
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oder denn Schweeden sowohl als denn protestierenden alles, was sie nur
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begeren und suechen thuend, in politicis et ecclesiasticis, einwilligen mües-

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sen. Daraus aber zugleich ein genzliche alienation der catholischen chur-,
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fürsten und ständen, neben noch mehrer schweren nachfolg zu befahren
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stehet.

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Hingegen und wann Euer Kayserliche Mayestät auch in zurugglassung er-
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melter beeder pläzen einwilligen und wir dessen bevelch und vollmacht
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heten, so hetten sie vorderist von der cron Frankreich und nach derselben
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plenipotentiarien vertröstung, auch sicherlich von der cron Schweeden,
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praesupposita ipsorum quoque satisfactione, denn friden zu verhoffen. Zum
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andern wurde alspaldt eintweder ein gemeine oder mit der cron Franckreich
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absönderliche suspensio armorum biß zu völiger abhandlung der fridens-
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puncten erhalten werden können. Dritens weren Euer Mayestät weitern ein-
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falls in dero erblanden eintweders genuegsamb gesichert oder, wann die
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Franzosen über den Rheinstromb zurugg verbleiben, den Schweeden zum
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widerstandt genuegsamb gewaxen. Zum vierten erhalten Euer Mayestät
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hierdurch die erledigung von der eviction gegen Churbayren, befreyen sich
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auch gegen Churbrandenburg der recompensation. Zum fünfftcn stehet zu
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hoffen, das man auch mit denn protestierenden in puncto gravaminum
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desto leichter zum standt kommen werde. Zum sechsten, so werden eben
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aus diser concession die Hollender selbst desto mehr ursach haben, ire befri-
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digung mit Spania fortzusezen, weil sie durch lengern krieg nichts anders,
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als der cron Franckreich grössere macht, so wie mehr und mehr auch inen
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nachdenckhlich fallen wirdt, erheben thuend.

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Und obwol aus disen und mehr andern bedenckhen ich, graf von Traut-
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manßdorf, in crafft Euer Kayserlichen Mayestät mir zuegestelter aigen-
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hendiger instruction

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APW I, 1 nr. 29, hier bes. S. 448.
wol etwas weiters zu gehen bemächtigt sein möcht;
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dieweil aber iedoch sie mich in allen iren letsteren briefen uf dero gnädigste
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resolutiones vom 〈13. und 14.〉 Martii

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Zum Konzept der Resolution vom 13. März vgl. nr. 204 (die Ausfertigung datiert in der
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Regel ein Tag nach dem Konzept). Die Resolution vom 14. konnte nicht ermittelt
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werden. Vgl. S. XXXVIII. Beide Daten sind verbesserte Verschreibungen und daher
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nicht mit letzter Sicherheit zu entziffern.
weisen thuendt und dann in irer
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gefasten, auch irer churfürstlichen durchlaucht communicierten resolution
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ieweils expresse bevolchen wirdt, zu allen fählen die vöstung Preysach, die
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4 Waldtstätt sambt allem, so disseit Rheins gelegen, außzunemmen, auch
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aus dess herrn churfürsten an Euer Mayestät abgangnem aigenhendigen ant-
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worttschreiben nit zu ersechen, das seine durchlaucht dise exception im ge-
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ringsten widersprochen hette; so stehen wir nit unbillich ahn, was hierinnen
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zu thuen. Wir seint zwar im werkh, hierunter nit allein denn Spanischen
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plenipotentiariis alle difficulteten zu eröffnen, sondern auch der mediato-
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ren mainung im vertrauen zu erforschen, ob sie thuenlich und vorstendig
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erachten wurden, mit anerbieten dess letstern gradus, das ist dess Obern
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und Undtern Elsäss, also gleich und ehe dan die Franzosen ire weitere reso-

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lution von Pariß erlangen thuend, heraußzugehen. Und wann sie es für
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nöttig halten theten, uns darnach zu richten. Was aber Preysach und
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Neüenburg anlangt, uns wegen ermanglenden bevelchs allein dahin zu be-
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ziechen, das wir es mit denen hierzue dienlichen umbständten an Euer
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Mayestät gelangen lassen, ungezweifleter hoffnung, sie eintweder deren
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allergnädigsten consens darüber ertheilen oder doch sonst wessen wir uns zu
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verhalten haben solten, uns feren bevelch zuekommen lassen werden; wel-
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ches die Franzosen darumben nit ungleich ufzunemmen, weil sie doch
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selbst umb consens ihrer erclärung an königlichen hof schreiben müesten.

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Im fahl aber es ie dahin kommen müest und Euer Kayserliche Mayestät
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darein bewilligen würden, so heten wir doch gehorsamist darfür gehalten,
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es solte dargegen capituliert werden, das die cron Franckreich und Schwee-
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den verschaffen solten, das die veste Hochentwiel Euer Mayestät hauß
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Inspruggische lini neben anderen vorgestelten conditionibus eingeantwortet
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oder wann ie solches nit zu erhalten, demoliert werden solle. Wür piten
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demnach gehorsamist, Euer Kayserliche Mayestät wollen uns ohne einige
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zeitverliehrung allergenedigisten bevelch zuekommen lassen, wessen wir uns
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hierinnen zu verhalten haben sollen.

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Mit der statt Newenburg wurde es sonst nit vil zu bedeüten haben, seite-
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maln diser plaz wider keinen, auch geringen gewaldt, zu defendieren, noch
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auch bevestigt werden kan. Und wan es über kurz oder lang zu einigem
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bruch mit der cron Franckreich kommen solt, vil underschidliche posten
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zwischen Basel und Breysach ufm Rhein gefast und die correspondenz mit
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weniger mühe abgeschnitten werden könte. So hat man auch daselbst einige
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camergfäll nit zu erheben und ist die burgerschafft so arm, das man auch
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zu fridlichen zeiten deroselben die landtstewren wegen erleidender wassers-
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gefahr vom Rheinfluss zum öfftern nachlassen müessen.

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Solten wir nun uf der Franzosen durch die Churbayrische uns angebrachte
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erklärung mit rath der mediatoren weiters uns heraußzulassen rathsamb be-
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finden, so wollen wir verhoffentlich beinebens die sachen dahin richten, das
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die einstellung fernerer hostiliteten erfolgen thue.


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Beilagen


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[1] Extractus protocolli, s. l. 1646 April 7, 8 und 9. Kopie: RK , FrA Fasz. 52a fol. 29–
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34 – Druck: APW III C 2 S. 589–594

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Ein Regest der ksl.-bay. Unterredung vom 7. April bei G. v. Meiern III S. 3–4 .
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[2] Peñaranda an Volmar, s. l. 1646 April 9. Eigh. Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 92 VIII
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fol. 246–247.

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Inhalt vgl. Relation.

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