Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
192. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 März 6

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–/ 192 /–

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Trauttmansdorff an Ferdinand III.


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Münster 1646 März 6

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Eigh. Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 50a, Konv. A fol. 52–53’, praes. 1646 März 16.

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Schreiben an den spanischen König. Kaiserliche Instruktion. Politik der Generalstaaten.
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Waffenstillstand. Unterpfalz. Spanische Vollmacht. Französische Satisfaktion. Gravamina.

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Ihrer königlichen mayestät zu Hispanien auf dero schreiben vom 1. Ja-
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nuarii

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Wurde nicht ermittelt.
disses ihars vermainte ich allergehorsamist, wäre disses inhalts zu
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antworten: das Euer Kaiserliche Majestät verhoffen, dero königliche mini-
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stri (wie sie in werkh erzeigen) werden ihrer seits die tractatus, sonderlich
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mit denen Holländern, also befürdern, das selbige allererst unndt hernach
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bald, wo nicht zugleich, [wie] die übrigen mögen geschlossen werden; unndt
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beyde, Euer Kayserliche undt selbige königliche maiestet, zugleich zum
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friden gelangen mögen; die conditiones aber pacis wirdt man sich befleisen,
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der leidlichisten, so müglich, zu erhandeln, aber bey gegenwertigem rerum
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statu, da Euer Kaiserliche Majestät alle mitel zum khrieg entgehen, die sorg
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eines Türgenkhriegs sich vermert unndt Churbayern sich particulariter mit
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Frankhreich zu accommodiren betroet, wierdt man wol zu schwären con-
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ditionen , allem ansechen nach, necessitirt werden. Waß aber Euer Kaiser-
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liche Majestät thuen sol, ist deroselben noch im Octobris 1645 von allen
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geheimen rathen gehorsamst schrifftlich eingeraten worden

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Vgl. APW I, 1 S. 441–452.
, darauf Euer
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Kaiserliche Majestät mein instruction selbst allergnädigst verfast; ob sich
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der status belli et provinciarum so vil verbessert seit meines abraisens, das
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Euer Kaiserliche Majestät die instruction, in extremo casu, vil ändern
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möchten, zweifel ich gar sehr: So Churbayern das werkh nicht praecipitirt,
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hoffe ich wol, waß leidelichers mit der sach hindurchzukhomen, aber der-
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gestalt werden alle negotiationes verderbt. Jedoch wil ich nicht leicht waß
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umbsonst vergeben.

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Von Hollandt (wie mein andere relation

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Vgl. nr. 191.
vermag) muß man das beste
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unndt ersten schluss verhoffen. Ihre declarationes werden zimblich offen-
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bar , das sie Schweden khein landt im Reich vergünen, auch nicht vollen,
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das Frankhreich die Niderlanden bekhomen sol. Wan die cron Spanien von
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diesem khrieg liberirt würdt, ist sie gegen alle andere feindt bastant, das sie
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ein billich friden annemen werden. Es würdt ein grosse difficultet vor-
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fallen , wan Schweden die oblationes acceptirt unndt Hollandt sich oppo-
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nirt , waß zu thuen sey. Ich lass bey denen Holländern so vil möglich erfor-

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schen , waß sie gegen Schweden wollen vornemen, wan sie Pomern et cetera
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nicht restituiren wolten; waß sie vermainten, mit waß Frankhreich solle
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zufriden sein. Darauß khan nacher der sach besser auf den grundt gesechen
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werden. P. S. 〈Referiert〉: mit wapfen wollen sie sich der sach nich anne-
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men , nur ihnen abraten.

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Churbayern noch disses ihar (imfaal wider verhoffen der fridt nicht
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khündte geschlossen werden) bey Euer Kaiserlichen Majestät zu erhalten,
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wäre, neben einem stukh gelt, auch die suspensio armarum ein mitel, auf
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etlich monat einzugehen, wan die cronen vor sich solches anbringen oder
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antworten liessen.

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Spanien hat sich zu Wien 1642 erkhlärt, wegen des fridens in Teutschlandt
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die Unterpfalz zurukhzugeben, dessen wären ihr königliche majestät, iezo
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auch in beantwortung ihres schreibenß, zu erindern. Der Spanier plenipo-
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tenz ist von denen Holländern vor unvolkhomen erkhandt worden. Ich
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hab ihnen gestert geraten, durch aignen curir ein carta bianca, ein volmacht,
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wie man sich dessen mit Hollandt vergleichen wirdt, darauf zu schreiben
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(so bey selbiger cron öffter beschehen), vom könig zu begeren. Darzu ist ein
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monat, hin undt wider zu reiten, von nöten. Wan sie nuer den curier bald
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fortschikhten.

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Interim sol man in tractat fortfaren; so es vonnöten, werde ich von Euer
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Kaiserlichen Majestät wegen der gewissen einlüfferung der begerten vol-
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macht halber, expromitiren, allermassen es von Euer Kaiserlichen Majestät,
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der salvorum conductuum wegen, in praeliminaribus beschechen. Euer Kai-
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serliche Majestät khündten ein solche expromissionem unter der handt-
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schrifft undt insigl der Spanischen volmacht halber, mier ehist zuschikhen
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lassen, deren ich mich aber nicht alß mit beliebung der Spänischen ge-
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sandten in der not gebrauchen werde.

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Die Französischen gesandte faren zu aller chur-, fürsten unndt stendte ge-
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sandten hir herumb, ihnen zu exprobiren, das sie in puncto petitae satisfac-
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tionis negative votirt heten; protestiren, das sie dessen ungeacht Elsaß khei-
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nes wegs wider geben wollen, es seye dan, das man ihnen Milano cedire. Die
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Churtrierische haben masculi geantwortet, der churfürst seye wol ein
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freindt der cron Frankreich, aber destwegen wol er wider sein iurament, dem
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Reich nichts zu entziehen, [nicht] einrathen. Der Venetische potschaffter
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sagt, er hab von weitem vernomen, wan das hauss Ostereich sich Lotringen
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nicht wolle annemen, möcht Elsaß restituirt werden, aber er khüne darauf
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nicht fueßen. Lotringen begert entgegen, wan man ihm khein salvum con-
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ductum geben wol, sollen wier alle tractatus aufstossen.

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Im schreiben khombt mier ein fundirter aviso, das die Franzosen das
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armistitium eingehen werden; ich wilß lassen an mich khomen, darnach
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(wovor mier unterdessen von ihr erzfürstlichen durchlaucht nichts anderst
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zukhombt) Euer Kaiserlichen Majestät responsioni [!] ad propositiones

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coronarum inhaerriren. Wil sechen, das vor allem der Donapass geöffnet
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werde.

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Die exercitus seindt, Gott seye lob, ietzo ausser Euer Kaiserlichen Majestät
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landen. Der Türgkh wierdt wegen disser famae sich bedenkhen, Euer Kai-
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serliche Majestät anzugreiffen. Spanien khan die Venediger zu möhr suc-
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curriren , Churbayern wirdt in devotione biß zum fridenschluss erhalten. In
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puncto gravaminum seindt die catholische stendt sehr ristretti; sorg, die
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protestirenden werden darmit nicht zufriden sein. Mit Euer Kaiserlichen
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Majestät resolutiones trauet ich mier wol, ihnen satisfaction zu geben, aber
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es ist bedenkhlich in sachen, so die religion betrifft, wider der catholischen
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einraten weiter zu gehen. Euer Kaiserliche Majestät werden in diesem aller-
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gnädigist befelchen.

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Der d’Avoux ist den 4. ditß 3¼ stund bey denen Churbayrischen ge-
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sandten gewest, endlichen bestanden, das Frankhreich an so vil orten zu
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khriegen nicht bastant seye, unndt sie khündten den könig von Engellandt
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nicht lassen, müssten ihm hilff schikhen. Das schreiben alß heut sie, gesandte,
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dem churfürsten zu; hoff, er sol noch nicht praecipitiren, insonderheit weil-
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len das ganze reichscorpus die Französische begerte satisfaction widerra-
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thet . Der nuncius zu Pariß ist mehr ein Französischer alß Pabstlicher mini-
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ster ; schreibt, waß er vermaint, das selbiger cron nuzen khune. Ihr heilig-
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kheit wissens wol, aber traun ihm der zeit nicht zu mutiren: sed haec sunt
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secretissima.

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Dem Volmar hat noch gestert ein vertrauter berichtet, wan wir steiff auf
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der negativa werden wegen Elssass halten, so werden endlich die Franzosen
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darvon ablassen, aber es ist zweifelhaftig.

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Seit daß 20 Februarii ist khein befelch von Euer Kaiserlichen Majestät ein-
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khomen .

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