Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
214. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 August 24
Osnabrück 1645 August 24
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Mai – August 1645 ) fol. 155–156’, 173, praes.
1645 September 5 = Druckvorlage – Kopie: ebenda Fasz. 92 V ad nr. 783 fol. 478–479’;
Den Haag A IV 1628 nr. 17; Giessen 206 nr. 30 S. 213–218 – Druck: Gärtner
V nr. 177 S. 848–851.
Verhandlungen mit den Reichsständen über den Verhandlungsmodus. Ausschluß einiger Reichs-
stände , insbesondere Magdeburgs, Hesssen-Kassels, Nassau-Saarbrückens.
Wir haben das Rezepisse [ vom 10. August 1645]
liegendes Protokoll. – Wir haben überlegt, ob über eine Zusammenkunft zur Be-
seitigung der Schwierigkeiten des modi consultandi mitt denen ständen insge-
sambt oder aber edtlichen wenigen, vermittels deren unser anbringen
an die ubrige gebracht werden möge, zu handtlen, und weiln wir sonder-
lich dabey erwogen, daß auff den ersten weg nitt unzeittig zu befahren,
daß sich alle excludendi, alß die fürstliche Magdeburgische, Heßen Caße-
lische , Naßaw Sarbrückische und andere de facto mitt herzumachen und
eintringen und daß werck gar verwirren dörfften, als haben wier vorhero
mitt etlichen wohl affectionierten daraus communiciert; denen dan eben
selbige bedencken zu gemüth gegangen und trewlich dafür gewarnet,
daß man auff die convocation der sämbtlichen stände nitt gehen solte,
weiln nichts gewißers zu besorgen, alß das sich obbemelte excludendi,
bevorab Heßen Caßell de facto eintringen würde, zumahl sich derselbe zum
öfftern gegen die stände hette vernehmen laßen, darauff instruirter zu sein,
daß sich von keinen consiliis oder sessionibus bey der stände versamblung
(außerhalb in denen feilen, dho etwoh von des fürstlichen hauß Heßen
interesse gehandelt würde und ihnen dem herkommen nach abzutretten
gebühren wölle) solte abweisen laßen, auch wohl hette bedrewung auffn
fall, man ihne darinn verhindern würde, hinzusetzen dörffen; maßen dan
auch wohl zu besorgen, daß selbiger Heßischer und ubrige excludendi
darzu von denen Schwedischen, alß welche die stände lieber in einer divi-
sion halten wölten und dergleichen zusammenkombst nitt gern sehen,
umb dadurch alles in confusion zu setzen, dörfften angefrischet werden.
Wir haben daher nur einige wenige ständische Gesandten zu uns gefordert, aber
wenig verrichten können, da sie auff der exclusiva bestanden; ist aber unschwer
aus allen umbständen zu vermercken, wohin es angesehen, nemlich unter
praetext, daß denen protestierenden ihre sach durch dergleichen con-
fusion und eintringung deß Magdeburgischen directorii großer nutzen
geschafft werden köndte, eine rechte division under den ständen selbst
einzuführen. Eß kommen aber leider dergleichen consilia mehr von den
ständen selbst, vornemblich von denen |:Churbrandenburgischen, Braun-
schwieg Lunenburgischen, Hessen Casselichen als denen Schweedischen
|:her, die sich aber solche trefflich wißen zu nutz zu machen.
[1] Extractus protocolli, Osnabrück 1645 August 18, 19, 21, 24. Kopie: RK , FrA Fasz. 48a,
Konv. c ( Mai – August 1645 ) fol. 157–165’, 172 = Druckvorlage – Druck: Gärtner V
nr. 176 S. 835–848; Meiern I S. 552 ( = I 6,4 N 1 ) der Vortrag vom 21. August, S. 563–
565 ( = I 6,6 ) das Protokoll vom 19., 21. und 24. August. [ Kopie: RK , FrA Fasz. 92 V
ad nr. 783 fol. 487–493’; Den Haag A IV 1628 nr. 17; Giessen 206 nr. 25 S. 174–
195; Kopie des Vortrags vom 21. August auch Giessen 204 nr. 88 S. 712–714. ]
Veneris 18. Augusti 1645. Der kurmainzische Gesandte Dr. Krebs zeigt uns an, da die
Fürsten und Stände dem Lengericher Conclusum nicht zustimmten, sei er von den kurfürst-
lichen Gesandten beauftragt worden, zusammen mit Dr. Fritze die Stände nach Münster
einzuladen, um sich dort über den modum consultandi zu vergleichen.
Post prandium, item Dr. Crebs refert, daß er die Churbrandenburgische zu mitt-
ubernehmung dieser commission nitt bewegen können, die endtschüldigten sich
erstlich defectu instructionis. 2. Köndten sich pro meris executoribus derer zu Münster
anwesenden churfürstlichen gesandten rahtschlagen nitt gebrauchen laßen. 3. Wüsten
wohl, das mitt dieser commission bey denen ständen nichts würde zu richten sein,
also köndten ihre authoritet darbey nitt prostituieren. 4. So wehren sie iederzeit
in voto diesen consiliis zuwieder gewest, köndten sich also itzo zu deren beföderung
nitt gebrauchen laßen. 5. Der von Löwen hette deßwegen eine reise nacher Münster
gethan, umb die churfürstliche alda zu anderer resolution zu disponiren, seie aber
nitt gehört worden. 6. Er hette bey seiner zurückkombst bey denen ständen, wie
es ihme ergangen, relation gethan. Die sein uber alle maßen darüber alterirt worden
und hetten sich darauff under sich selbst eines gewißen modi verglichen, nehmb-
lich , daß die consultationes nach den reichscollegien an beeden örttern solten ge-
führt werden; darauff bestünden dieselbe so festiglich, daß von keinem andern
modo consultandi hören wolten, deren meinung seie deütlich gnug, bedörffe des-
wegen keiner fernern underredung. 7. So habe mans auch bey iüngsten convocation
der stände, wie man das Lengerische conclusum intimirt, vermerckt, das deren
etliche als ertzstifft Magdeburgische, Heßen Caßell und Straßburg bey der ansage
vorbeygangen seien und nitt mitt beruffen worden. Man solte sich die gedancken nitt
machen, daß sich ein einiger von denselbigen werde außschließen laßen. Straß-
burg und deren mehr sein schon in voller werbung begriffen. Daß hette man darvon,
wan man die stände zur desperation brägte, und waß dergleichen scharff und
weitaußehenden rede mehr gewest.
Dr. Fritze habe ihm anheimgestellt, den Vorschlag den Ständen allein zu machen; er habe
aber Bedenken, da er befürchte, daß die kurbrandenburgischen Gesandten die Stände abwendig
machen würden. Für den Fall des Scheiterns seiner Kommission wollten die kurfürstlichen
Gesandten unsere Vermittlung in Anspruch nehmen. Er stelle uns daher anheim, einen Ver-
such zur Beförderung der Zusammenkunft zu machen. Wir haben ihm zugesagt, uns ins Mittel
zu legen.
Am 19. August haben wir dieses Vorhaben den kurbrandenburgischen Bevollmächtigten ange-
zeigt und sie gebeten, uns zu sekundieren. Diese versicherten uns aber, daß bey vorhaben-
der conferentz kein ander modus consultandi würde beliebt oder ahngenohmen
werden, als alhie zwischen denen ständen albereits beschloßen. Da auch die stände
schon ein anders eingehen mögten, so würden doch die Schweden und Frantzosen
solches nitt zugeben; man müße nitt gedencken, das man derzeit könne conclusa
machen, wie man wölte, sondern müste darbey der außwertigen potentaten oder
deren abgesandten meinung nachgangen werden, und helffen der stände resolutiones
nitt, wan sie die außwertigen cronen nitt wolten zur execution kommen laßen.
Sie vermeindten, daß auch daß werck vorhero mitt denen Schwedischen wohl
würde müßen underlegt werden, ehe dan man zu dergleichen conferentz in loco
intermedio würde kommen können, dan dieselbe leichtlich in die gedancken ge-
rahten dörfften, gestalt diese conferentz auff was anders, nemblich umb die stände
von hier nacher Dorttmünd oder andere örtter (warüber zwischen Ewer Mayestätt
abgesandten zu Münster undt etlichen alda anwesenden stenden schon underredung
gepflogen sein solle) abzuziehen und sie, die Schwedische, alhie ploß stehen zu laßen,
angesehen seie; warzu es aber die Schweden und Frantzosen nitt würden kommen
laßen, weiln der praeliminarvergleich von keinen andern örttern alß Münster und
Oßnabrüg redete; darumb wollen sie auch an beeden örttern die reichscollegia
haben, und obzwar der monsieur d’Avaux sich iüngsthin verlauten laßen
Vgl. [ nr. 211. ]
den Frantzosen nitt zuwieder sein würde, wan auch die reichsrähte völlich und
zumahl hiehero nacher Oßnabrück verlegt werden solten, so habe doch dagegen
der monsieur de Servient sich deütlich gegen die Schwedische vernehmen laßen,
das die cron Franckreich solches in ewigkeit nitt zugeben, sondern ebensowohl
bey dem Münsterischen convent als die Schwedische alhie die reichscollegia haben
wolte; so empfünde es auch der Oxenstern gar hoch, das der Churmentzischer
abgesandter, graff Cratz, von hier nacher Münster transferirt worden. Die Schweden
deüten solches zu ihrer verschimpfung auß, weiln Churmentz nach außweisung
deß praeliminarschlus hiehero und nitt nacher Münster deputirt worden, also auch
deßen principalgesandt hier und nitt zu Münster sein müße, und mache dergleichen
anderung bey denen Schwedischen, so ohne daß von natur argwohnich, bald nach-
dencken , darumb müße man mit diesen leühten behutsamb umbgehen und zu
keinem argwohn ursach geben. Quoad locum, wo die conferentz anzustellen,
müße man auff Münster nitt gedencken, dan die Schweden so wenig alß die stände
solches eingehen würden, der locus intermedius seie raum gnug darzu.
Warauff wier erwehnet, daß man derzeit de materia ipsa noch nitt zu reden hette, son-
dern nuhr die zusamenkombst zu befördern, ob nuhn dieser oder ein ander modus
consultandi würde beliebt werden, solches würde die conferentz geben, einmahl
müße man deßwegen beyeinander tretten und sich eins gewißen vergleichen, und
köndte die sach in solcher confusion, warin sie sich allnoch befinde (wan man anders
die friedenstractaten zum standt zu bringen gedencke), lenger nitt gelaßen werden;
quo in loco solches geschehe, gelte uns gleich, wolten darinn den ständen folgen,
bey den Schwedischen vorhero davon zu erinnern oder bey denselben daß werck
zu underlegen, hielten wier sowohl disreputierlich als unnöhtig, stehe einer jeden
partheie, sich mitt den seinigen zu underreden, frey, und seie sonderlich zu dem
ende der locus intermedius in dem praeliminarvergleich außgedingt worden. Von
translation der reichsstände nacher Dortmundt oder andere örtter seie von unsern
collegas nichts uberschrieben worden, hielten dergleichen discurs ohne fundament
zu sein.
Am 21. August haben wir die sachsen-altenburgischen und weimarischen, die markgräflich bran-
denburgischen , kulmbachischen, braunschweigisch-lüneburgischen Gesandten und die Gesandten
der fränkischen Grafen, der Städte Nürnberg und Lübeck zu uns gerufen und sie ersucht,
einer Zusammenkunft mit den Bevollmächtigten der Stände in Münster an einem beliebigen
Ort zuzustimmen. Weiln aber bey noch ungewißem zustandt der deliberationen und
darzugehörigen requisiten kein ordentliche ansage beschehen können, als habe man
von fürsten und stände gesandten nuhr die gegenwertige – citra praeiudicium
cuiuscunque – dahero erfördern und dieselbe ersuchen wöllen, das sich wölten
belieben laßen, diesen vortrag an die ubrigen fürsten und stände gesandten unbe-
schwert zu hinderbringen.
Am 24. August brachten die Gesandten der genannten Stände die Antwort der in Osnabrück
anwesenden Gesandten: Es werde darfür gehalten, daß selbe zusammenkombst der
friedenshandtlung mehr verhinderlich als befodersamb seien (auch etwoh von
denen außwertigen cronen ubel auffgenohmen werden dörffte, gleichsamb man
consilia fürhabe, so dem praeliminarschlus zuwiederlieffen), weiln die cronen zu
keinem andern modo consultandi verstehen wölten alß vermittels der reichscol-
legien an beeden örttern; maßen der monsieur de Servient noch iüngsthin wieder
deß monsieur d’Avaux zuvor beschehene verahnlaßung deütlich darfür gewarnet
hette, das die cron Franckreich die verlegung der reichscollegien an einen orth nitt
nachgeben würde. Weiln dan ein solcher modus consultandi von denen alhie an-
wesenden gesandten seie vorgeschlagen worden, so sich mitt der außwertigen cronen
abgesandten meinung allerdings vergleiche, so sähen sie nitt, worzu eine fernere
zusammenkombst nöhtig seie, wölten sich vielmehr versehen, der Münsterische
convent werde selben modum, alß welcher in effectu immutabilis seie, belieben
wöllen; gestalt wier dan auch von den gesandten ersucht würden, bemelten Münsteri-
schen darüber zuzusprechen, damit ihnen einen solchen modum nitt wölten zuwieder
sein laßen; hetten auch zu solchem end den fürstlich Culenbachischen nochmals
ersucht, solche ihre erclehrung denen fürstlichen zu Münster schrifft- und mündt-
lich (von welcher schrifftlichen erclehrung sie unß zu unser information beykommende
abschrifft [= Beilage 3] communicieren wollen) zu uberbringen. Undt weilen
an beföderung dieser tractaten soviell gelegen, so ließen unß auch die anwesende
stände ersuchen, unsere beanthworttung, wie wier vermeindten, daß der Schwe-
dischen proposition zu beanthwortten seie, ihnen zukommen zu laßen, damit die-
selbe berathschlagen mögen.
Wir haben die Hoffnung ausgedrückt, daß sie nicht auf ihrem Standpunkt beharren und endlich
in die Zusammenkunft einwilligen werden. Die sein aber auff ihrer meinung bestanden,
das sich so wenig die stände als die außwertige cronen hierinn ändern würden;
und hatt under andern der Braunschweigisch Lüneburgische erinnert, es ließe sich
alhie nitt von rationibus reden, die Schwedische gingen mitt dem degen hindurch,
würden sich nitt einreden laßen.
[2] Die Gesandten der Reichsfürsten und Stände in Münster an die Gesandten der Reichsfürsten
und Stände in Osnabrück, Münster 1645 August 13. Kopie: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c
( Mai – August 1645 ) fol. 166–167 – Druck: Gärtner V nr. 148 S. 726–730 ( hier
irrtümlich als Schreiben der kaiserlichen Gesandten in Münster an die Reichsstände in Osna-
brück bezeichnet ); Meiern I S. 546–547 ( = I 6,2 N 2 ). [ Kopie: StK , FrA Karton 1
Westf. Friede XXIX fol. 43–44’; ebenda Karton 7 S. 27–30 ( Datum: August 12 ); Den
Haag A IV 1628 nr. 17; Giessen 204 nr. 81 S. 678–683; ebenda 206 nr. 26 S. 196–
207. ]
[3] Die Gesandten der Reichsfürsten und Stände in Osnabrück an die Gesandten der Reichs-
fürsten und Stände in Münster, Osnabrück 1645 August 13/23. Kopie: RK , FrA Fasz. 48a,
Konv. c ( Mai – August 1645 ) fol. 168–171 – Druck: Gärtner V nr. 149 S. 730–735,
Meiern I S. 558–560 ( = I 6,4 N 3 ). [ Kopie: RK , FrA Fasz. 92 V ad nr. 783 fol. 481–
483’; StK , FrA Karton 1 Westf. Friede XXIX fol. 67–70’; ebenda Karton 7 S. 31–37;
Den Haag A IV 1628 nr. 17; Giessen 204 nr. 82 S. 684–693; ebenda 206 nr. 27
S. 208–210. ]