Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
206. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 August 10
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Osnabrück 1645 August 10
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Mai – August 1645 ) fol. 145–147’, 150–150’,
praes. 1645 August 22 = Druckvorlage – Kopie: ebenda Fasz. 92 V ad nr. 766 fol. 428–
430’; Den Haag A IV 1628 nr. 17; Giessen 206 nr. 11 S. 96–105 – Druck: Gärtner V
nr. 141 S. 668–673.
Verhandlungen d’Avaux’s mit den schwedischen Bevollmächtigten: Prädikat für Longueville,
Waffenstillstand und Neutralität der vier oberen Reichskreise, Verhandlungsmodus der Reichs-
stände , Geleitbriefe für Rákóczy. – Conclusum der Reichsstände in Osnabrück über den Lenge-
richer Schluß betr. Verhandlungsmodus. Beilegung des Sessionsstreits zwischen Pommern, Mecklen-
burg , Hessen, Württemberg und Baden. Vergleich des Sessionsstreits zwischen Sachsen-Altenburg
und Sachsen-Weimar.
Empfangsbestätigung der Weisung vom 19. Juli
Ferdinand III. an Lamberg und Krane, Wien 1645 Juli 19. Ausfertigung: RK , FrA Fasz.
48b fol. 113–113’ – Konzept: ebenda fol. 112–112’ – Kopie: ebenda Fasz. 92 V ad
nr. 761 fol. 409–409’; Giessen 206 nr. 5 S. 61–62 – Druck: Gärtner V nr. 110 S. 506–
508. Rezepisse auf nr. 183. Wegen der Mediatstädte bleibe es bei den gegebenen Resolutionen;
wegen der non-deputati Verweis auf Weisung an Nassau und Volmar, die aber erst am 26. Juli
erfolgte; [ vgl. nr. 200 ] (gleicher Wortlaut in dieser Sache in [ nr. 199). ]
haben die kaiserlichen Gesandten in Münster noch nicht erhalten. Die Vorantwort
betr. den Grafen von Wittgenstein habe ich, Lamberg, demselben zur Kenntnis geben
wollen, der ist aber derzeit nitt hier, sondern bey dem Gustaff Gustaffssohn
zu Vörden.
D’Avaux, welcher allein hier gewesen ist, ist am Donnerstag, den 3. August, wieder
abgereist, deßen negotiation, wie ich, der graff von Lamberg, freytags her-
nach von dem von Löwen berichtet worden, solle haubtsachlich auff vier
puncta bestanden sein:
Erstlich, umb den Oxenstern zu caressiren und abzuladen, damit derselbe
nacher Münster komme undt dem duc de Longueville die erste visita geben
auch mitt den praedicat „alteze“ ehren möge. Wegen der dahinkombst und
visiten machte der Oxenstern kein sonderbahres bedencken, scheine aber,
daß er wegen gebung deß praedicats noch waß anstehe.
Zum andern, umb sich mitt denen Schwedischen wegen eines armistitii,
warzu es scheine, das die Frantzosen inclinirten, zu underreden, und obs
nitt thunlich, daß die vier obige creiß mögten in eine neutralitet gesetzt wer-
den . Zu dero keines die Schweden verstehen wöllen, mitt vermelden, daß
sie ein ewig wehrendes armistitium und sobald einen frieden als dergleichen
temporaria armistitia zu erhandlen verhofften. Der vorschlag wegen neu-
tralitet der vier obigen creißen seie darumb nitt practisierlich, weiln sie
in ihrer proposition auff vereinigung der sämbtlichen reichsstände gingen,
dergleichen neutralitet aber keine einigkeit, sondern gar eine separation
von den ubrigen ständen nach sich ziehe.
Drittens, ob nitt bey also bewandten sachen, da man sehe, daß mitt denen
consiliis nitt vortzukommen, auf einen reichstag zu gedencken, und sol-
chesfals immittels daß Längerische conclusum zur execution zu befördern
seie. Die Schwedische hetten so wenig zur execution deß Lengerischen con-
clusi als reichstag verstehen, sonder praecise behaubten wöllen, daß die
tractatus nach außweisung deß praeliminarschlus an keinem andern orth
alß alhie und zu Münster vorgenohmen und zu dem ende an beeden örttern
die reichscollegia in gleicher qualitet und anzahl angestelt werden müsten,
auch denen Frantzosen unders gesicht gesagt haben sollen, daß es scheine,
ob wölte sich die cron Franckreich in allem einer direction bey dieser handt-
lung und eines vorzugs für der cron Schweden underfangen, eß hetten sie,
Schwedische, aber noch für wenig tagen einen newen befehl auß Schweden
bekommen, der cron Franckreich dießorths nichts nachzugeben noch eini-
gergestalt zu weichen.
Zum vierdten, waß wegen deß Ragozi gleidtsbrieffe vorzunehmen. Worauff
die Schwedische geanthworttet haben sollen, daß der Ragozi Ewer Maye-
stätt näher wehre alß sie, mögte sich bey deroselben selbst darumb bewer-
ben .
Und berichtete der von Löwen ferners, daß sich auch die fürstliche eines
gewißen schluß auff iüngste von denen churfürstlichen ihnen beschehene
notification wegen deß Lengerischen conclusi verglichen, so dieselbe durch
einen außschlus an die churfürstliche nacher Münster wölten uberbringen
laßen. Es komme aber selbiger schluß in effectu mitt der Schwedischen
gesandten meinung uberein, und hette ers, der von Löwen, schon fürlengst
vermerckt, daß die reichsstände bey diesem passu mitt denen Schweden
einer meinung sein würden, darumb er sowohl zu Lengeringen als iüngst-
hin zu Münster dafür gewarnet, daß man andere consilia ergreiffen solte.
Hetten aber seine erinnerung dohmals nitt wöllen attendirt werden, wür-
den sonsten auch, da man dem Lengerischen schlus nachgehen solte, daß
ansehen gewinnen, gleichsamb die alhie anwesende chur- und fürstliche
nur ploß residenten und negotiorum gestores, gar aber keine legati weh-
ren .
Underdeßen ist sambstag, den 5. dieses, bey dem Churmentzischen abge-
sandten n. von Brembser beykommender von demselben uns communi-
cierter schluß under titulatur des heiligen Römischen reichs fürsten und
stände schlus in nahmen alhie anwesender fürsten und stände mitt zwo bey-
lagen (so diejenige bedencken sein, so in selbiger materi hiebevorn von
denen fürstlichen ubergeben und durch unß under dato den 6./7. Julii
gehorsambst eingeschickt worden
Vgl. [ nr. 185,2. ]
der stände wiederwertigen gemüthsmeinung, wie wenig dieselbe die reichs-
deputation auff den fuß kommen zu laßen gemeindt sein, gnugsamb abzu-
nehmen . Ob nuhn dieselbe darbenebens auch gedachten vorgehabtens
außchlus nacher Münster aborden werden, davon haben wier noch nichts
vernehmen können; einmahl ists gewis, daß die protestierende fürsten und
stände dieß werck mitt trennung der reichsdeputation und einführung ihres
newen modi consultandi mehr als die Schweden selbst ereyfferen, maßen
die Schwedische sich gegen die Frantzösische sollen haben vernehmen laßen,
daß sie es zwar ihrestheils wohl geschehen laßen köndten, daß die reichs-
collegia zu Münster allein gehalten würden, eß wolten aber die stände darzu
nitt verstehen, darumb sie denselben darin auch nitt abfallen köndten.
Undt ist auß allen selbiger stände actionen undt handtlung gnugsamb zu
vermercken, daß deren hoffnung und gedancken auff durchtringung ihres
intents bey dieser handtlung mehr als niehmaln zuvor gerichtet sein müße,
in erwegung, sich so eyfferich bemühen, die sessionsstreitigkeiten (warüber
hiebevor bey denen reichstagen kein vergleich getroffen werden mögen)
außm wege zu raumen, zu keinem andern end, alß damit ein jeder sein
votum selbst führen und mitt soviel desto beßerer zusammensetzung cau-
sae communi raht schaffen mögen; maßen wier dan ferners die nachrich-
tung erlangt, daß der zwischen denen fünff fürstlichen heüsern uber die
sessionsstreittigkeit getroffener vergleich (davon wier in unser iüngsten
allerunderthänigsten relation gehorsambst angezeigt) nitt auff ein besten-
diges ewig werendes wesen, sondern nur ploß momentanee auff gegenwer-
tige friedensßhandtlung dergestalt gerichtet seie, daß nach deren endt-
schafft die sach oder sessionsstreitigkeit wieder in vorigen standt, warin
sich für selbigem verglichen befunden, stehen solle. Also sein auch ad
eundem effectum beede fürsten Sachsen Altenburg und Weymar, wie unß
die Weymarische gesandten selbst gesagt, der session halben verglichen,
und soll bey dieser friedenßhandlung Sachsen Altenburg gegen außgebung
eines reversalis, daß solcher actus inskünfftig zu keinem praeiudicio ange-
zogen werden solle, den vorsitz vor Weymar haben.
[1] Conclusum der Reichsfürsten und Stände zu Osnabrück über den modum deliberandi et
agendi, undatiert. Kopie: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Mai – August 1645 ) fol. 148–
149’ – Druck: Gärtner V nr. 130 S. 601–607 ( unter 1645 Juli 30 ); Meiern I S. 521–
523 ( = I 5,37 ). [ Kopie: RK , FrA Fasz. 92 V ad nr. 763 fol. 418–420’; StK , FrA
Karton 1 Westf. Friede XXIX fol. 34–35; Den Haag A IV 1628 nr. 17; siehe ferner
APW II A 2 nr. 207,1 und APW II C 1 nr. 373,F; Giessen 206 nr. 8 S. 78–87. ]