Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
129. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1645 April 13
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Osnabrück 1645 April 13
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48a, Konv. c ( Januar – April 1645 ) fol. 158–159’, 162–162’,
PS fol. 163–163’ = Druckvorlage – Kopie: ebenda Fasz. 92 IV ad nr. 633 fol. 625–626’;
Den Haag A IV 1628 nr. 37; Giessen 205 nr. 154 S. 761–767 ( unter dem Datum 1645
April 3 und ohne PS ) – Druck: Gärtner IV nr. 155 S. 671–675 ( unter dem Datum 1645
April 3 und ohne PS ).
Beharren der schwedischen Bevollmächtigten auf Geleitbriefen für die Mediatstädte. Diskurs des
lübeckischen Deputierten über die Notwendigkeit von Religionszugeständnissen. Gefahr für die
Erhaltung der katholischen Religion. PS Verhandlungen des dänischen Sekretärs Klein mit den
spanischen Bevollmächtigten. Neutralität der Stadt Köln.
Vorgestern haben uns die Schwedische gesandte durch ihren secretarium
Milonium anzeigen laßen, daß der Oxenstern zu Münster mit denen Frant-
zösischen gesandten uber den punct wegen vergleitung Stralsundt und
anderer mediatstätte communicirt; man hette aber selben punct dergestalt
ihrerseidts fundierter zu sein befunden, daß sich deßen gar nitt begeben
köndten. Würde der cron Schweden zu sehr disreputierlich fallen, eine
solche stadt, wodurch sie erst aufs reichsboden kommen, und wie die for-
malia mitt einer spottrede undt lachendem munde in Lateinisch hinzuge-
setzt worden „Suecorum portam, per quam malum ex septentrione intravit
252, 33 -253, 3 Belangend – vermeiden] Die deputierten Räte hatten vorgeschlagen, den Ge-
sandten zu antworten, der Kaiser habe einen general salvus conductus gegeben, diesen halte er
für einen Teil des Praeliminarvertrages, zu einem special salvus conductus sei er nicht ver-
pflichtet . Auf die Frage des ins belli sollten sich die Gesandten nicht einlassen. Im Geh. Rat war
der Kaiser diesem Vorschlag nicht gefolgt, sondern hatte angeordnet, in der Geleitbrieffrage für
die Mediatstände solle man sich gleichfalls den Kurfürsten anschließen.
in imperium“, zurückzulaßen; wolten sich also gegen uns versehen, wier
würden uns in diesem punct bequemen und die friedenshandtlung dadurch
befördern. Wier haben geanthworttet, daß unß zwar einer andern der bil-
ligkeit und dem buchstaben deß praliminarschlus gemeßen erclehrung von
denen Schwedischen versehen gehabt, zumahl selbigs puncts nachgebung
an Schwedischer seithen wenig, an dieser seithen aber viel zu bedeüten und
von großer consequentz seie, maßen wier unß iedeßmahls erclehrt, das für-
nemblich chur- und fürsten des reichs darbey interessirt, denen Ewer Maye-
stätt nitt fürgreiffen, weniger wier den buchstaben des praeliminarschlus
extendiren köndten, müsten es biß zu herzukomst der churfürstlichen ge-
sandten hingestelt sein laßen; wöllen verhoffen, dieselben würden ethwoh
mehr glück haben, die herren Schwedischen zu einer andern resolution zu dis-
ponieren , alß wier hiebey gehabt. Der secretarius hatt replicirt, daß uns der
stände abgeordnete, so alhie zur stelle sein und unsere rationes selbst ange-
hört hetten, selbst abfielen und ihnen, Schwedischen, beyfall geben; hette
auch der Venetianische ambassador zu Münster deßgleichen gethan, ia gar
auf sich genohmen, die Keyserliche gesandten alda anderst zu informiren
und dahin zu bewegen, daß dieselbe an unß schreiben, und zu nachgebung
selbiges puncti, alß warin man dießseidts nitt fundirt seie, vermögen solten.
Deme wier geanthworttet, daß uns von Münster noch nichts zukommen,
köndten unß auch nitt verstehen laßen, daß der Venetianischer gesandter
anders ietzo würde geredt haben alß hiebevorn geredt, do er denen Schwe-
dischen nitt allein keinen beyfall, sondern gar unrecht gegeben hette, daß der-
gleichen sachen zu nachtheil chur- und fürsten nitt praetendierten, noch
auch dießseidts nachgeben werden köndten, doch ließen wirß dahingestelt
sein, wölten erwarten, waß uns von Münster hierüber würde zugeschrieben
werden, würden auch immittels die churfürstlichen herzukommen und der
sachen alßdan beßer liecht gegeben werden köndten.
|:Selbigen tags ist auch der stattsyndicus Glottinus von Lubeckh:| zu unß
kommen und fast auf den schlag des iüngst von dem praedicanten alhie
gehaltenen und von uns gehorsambst uberschriebenen discurs gleichsamb
dafür gewarnet, daß mans nit zu weit kommen laßen wolte, die sachen
ließen sich dergestalt underlegt zu sein ansehen, daß sowohl Franckreich
alß Schweden es in deme einig, alles in religion- und pfarsachen wieder in
den standt zu setzen, wie es anno 1618 gewesen. Es seie seins dafürhaltens
beßer, Ewer Mayestätt ließen guttwillig von ihr selbst den ständen in ihren
gravaminibus satisfaction wiederfahren, alß denen außwertigen cronen die
materi solchs zu treiben und gleichsamb mitt macht der waffen außzu-
führen in handen. |:Der gegentheil gehe zu weit, müesse es selbst be-
kennen , es wolle gar vonn translation der Römischen reichscron vom erz-
haus Osterreich geredt und in summa das imperium affectiert und nach
cron unndt scepter getrachtet werden:|. Er sagte es unß nur aus gehor-
sambster devotion gegen Ewer Mayestätt, damit man der gefahr fürkommen
und dahin sehen möge, das die stände gewonnen undt das alte vertrawen
wieder erhebt würde, seie nuhr umb versicherung der religion zu thun.
Daß religionedict de anno 1629, item daß Dillingische buch
1629 erschien ein umfangreiches Rechtsgutachten Dillinger Jesuiten für den Augsburger Bischof
Heinrich von Knöringen (1598–1646) unter dem Titel „Pacis Compositio“, welches die Rechts-
verbindlichkeit des Augsburger Religionsfriedens verneinte; vgl. K. Repgen , Papst, Kaiser und
Reich 1 S. 211–215, derselbe , Wartenberg, Chigi und Knöringen S. 223f., F. Dickmann
S. 17 und M. Heckel .
ständen die augen eröffnet, wie wenig sich die protestierende ihrer religion
halben zu versichern, selbigs verursache bey denenselben groß nachdenk-
ken und müße auf ein expedient gedacht werden, wan anderst angedeüteter
gefahr wolle entgangen werden. Er erinnere es nur auß trewer wohlmei-
nung undt für sein privat, seie sonsten deßwegen von niehmandt bevehlicht.
Dieß sein nuhn abermahls sachen von großem nachdencken, |:so fast in
dem von dem Franzößischen capellan unlengst gefüehrten und von unß
bey voriger ordinari gehorsambst uberschriebenen discurs
Vgl. [ nr. 127. ]
nemblich, daß das erzhauß Österreich die religion im Römischen reich zu
schuzen nit mehr mächtig sein solle, müessen es dahero nit für ein un-
grundtloses , blos umb diese parthey damit zu schreckhen von den Schwee-
den erdichtete sach, sondern aus also verschiedenen übereinstimmenden
umbstenden fur ein underlegtes wohl begrundetes werckh auch darfür
halten, das des gegentheils consilia dahin gerichtet werden:|.
PS |:Der königlich Dennemarkhische secretarius Liborius Clein:| ist bey
denen Spanischen gesandten zu Münster gewest und mitt guter vertröstung
zu seiner satisfaction wieder zurückkommen.
Von Colln kommen avisi ein, ob solte alda daß hiebevorn vorgeweste
schedtliche neutralitet- und protectionswesen wiederumb getrieben werden
und zwar auß einigem dem gemeinen man fürgebildeten fundament, gleich-
samb die Keyserliche macht dergestalt zertrennet, daß von dort aus kein
endtsatz noch hülff wieder die Frantzösische große macht, wie mans auß-
schreyhet , zu erwarten sein solte, dagegen sich iedoch die bürgerschafft
sehr eyfferich erclehrt und solche neutralitet außgeschlagen habe. Wir
bitten, die Stadt der kaiserlichen Hilfe zu versichern.