Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
57. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1644 Dezember 17
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Münster 1644 Dezember 17
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 47a, Konv. B fol. 412–416, praes. 1644 Dezember 31 = Druck-
vorlage –Konzept ( unter 1644 Dezember 16 ): ebenda Fasz. 92 IV nr. 481 fol. 2–5–Kopie
( unter 1644 Dezember 16 ): ebenda Fasz. 49a, Konv. A ( Januar – März 1645 ) fol. 18–22 =
nr. 79, A; Den Haag A IV 1628 nr. 16.
Forderung der französischen Bevollmächtigten nach Restitution des Kurfürsten von Trier und nach
Teilnahme aller Reichsstände an den Verhandlungen.
Wir haben das Rezepisse vom 29. November
auf nr. 40, nr. 44 und nr. 50. Nun haben wir uf negstverwichnen sambstag,
den 10. diss, abendts bei dem herrn nuncio wie auch dem Venetianischen
pottschäffter ansuechen lassen, ob sie noch kein weitere resolution und
antwortt von denn Franzosen erhalten. Da uns dann allein dise anzeig
beschechen, das sie, beede mediatores, nit undterlassen heten, alles dasihenig,
was von uns wider der Franzößischen plenipotentiarien eingebene schrifft
repliciert worden, dennselben ganz ausfüerlich fürzuhalten, und solcher-
gstalt in sie ze sezen, das sie auch einige ablainung darwider nit hetten für-
zubringen gewüst. Es were aber ir entliche resolution damals allein uf deme
bestanden, das sie noch einiger antwortt von denn Hollenderen und denn
Schweeden erwartten theten, so innerhalb 8 tagen beschechen möcht. Alß-
dann wolten sie sich einer ferrern antwortt und gegenhandlung uf unseren
vortrag vernemmen lassen. Neben deme begerte der Venetianer absönder-
lich zu wissen, ob wir uns noch nichts wegen dess churfürsten von Trier
entschlossen hetten, darüber ime angezeigt worden, das wir uns nit erclären
köndten, bis die Franzößische plenipotentiarii uns mit einer gegenpropo-
sition super mediis pacis begegnen und also irem anfangs gethanem ver-
sprechen ein genüegen theten.
Dieweil und aber undterdessen widerumb etlich tag verloffen, uns auch
anderwerts sovil vertraute nachricht eingelangt, das die Franzosen, nachdem
inen nunmehr fast von allen reichsständten über ire außgesprengte erßuech-
schreiben antwortt einkommen
Vgl. [ nr. 64, A.-E ] . Zu den Antwortschreiben der Reichsstände an die schwedischen Bevollmäch-
tigten vgl. APW [ II C 1 S. 429f. ]
vertröstung gethan worden, das si ire deputatos förderlichist zu denn alhie-
ßigen tractaten einschicken wolten, bereits die entliche resolution gefast
haben sollen, bei irer schrifftlichen protestation oder praeoccupation zu ver-
harren , und ehe dann inen darinnen willfahrt, sich zue keiner haubthand-
lung vermögen ze lassen, so haben wir ursach genommen, bei denn media-
toren gestrigen tags abermalen anvermahnung ze thuen, ob sie noch von
denn Franzosen einige zuverläsßliche antwortt nit erhalten hetten. Darauf
sie uns anzeigen lassen, wie sie nit ermanglet heten, noch ferrer an dieselben
mit allem fleiss zu sezen, und hette herr nuncius noch vor vier tagen zum
monsieur Servien geschickht und ine zu der gebür anvermahnen lassen.
Der were aber mit ungedultigen wortten, ob man ine dann forzieren wolle,
heraußgefahren, welches ime dann ursach geben, mit zuethuen dess Vene-
tianischen pottschaffters auch absonderlich zum d’Avaux zu schicken, der
wer auch alspald selbst zu inen kommen, mit deme sie die notdurfft gehand-
let . Es were aber nochmaln bey denn vorigen einwendungen verbliben,
und nichts anders zu erhalten, und zwar in effectu sovil wol zu verspüren
gewesen, das zwischen diesen beeden Franzößischen gesandten nit geringe
misßhelligkeiten diser fridenstractaten halber obhanden, und mit inen zu
einigem satten schlusß nit fortzekommen sei. Er, d’Avaux, hete undter
anderm vorgewendt, das sie ein antwortt wegen dess churfürsten von Trier
erwartteten, ime wer aber von inen, mediatoribus, alspald angezeigt worden,
das die Kayserlichen solches nit thuen würden, sondern von denn Franzosen
ir wortt gehalten und ire proposition zu denn fridensmittlen vorderist
haben wolten.
Was nun bey solcher beschaffenheit ze thuen oder ze lassen, da sollen wir
billich Eur Kayserlichen Mayestät allergenedigisten bevelchs und verord-
nung erwartten. Uns hat aber beinebens als threügehorsamisten dieneren
obgelegen sein wollen, auch dasihenig, was uns hiebey ferrers zu gemüeth
gehet, allerundterthenigist anzudeütten.
Und wir halten es demnach für unzweifenlich, das dise von denn Franzosen
beschechene einwendungen einzig und allein zu verhinderung dess fridens
angesechen seyen, seitemaln clar und offenbar am tag ist, wann es schon
dabey zu verbleiben, das die reichsstände nach belieben alherkommen soll-
ten , das sie doch uf keinen terminum, sondern der eine heüt, der ander mor-
gen , und also nach verflüesßung viler zeit, entlich aber doch zum wenigem
theil erscheinen, consequenter denn Franzosen steetigs die einred, das nit
alle ständt vorhanden weren, offenbleiben werde. Neben deme und wann
sie gleich mit der anzahl derihenigen, so erscheinen thuend, zefriden und
die handlung antretten wolten, so wurde es doch abermalen grosse mühe
und zeitverlierung costen, bis man sich de modo procedendi, consultandi
et concludendi mit denn erscheinenden ständten vergleichen kondt. Dann
wie sie inen das praetendierte ius suffragii nit werden benemmen lassen,
sonderen denen mit denn churfürstlichen gsandten vorgehenden consulta-
tionibus beywohnen wellen, also wirdet man auch nit wenig anstehen, seite-
mahl solche versamblung weder für einen offenen reichs- noch vor einen
generalcraiß- vil weniger vor einen reichsdeputationtag ze halten, was man
deren vor eine formb geben, und wie mit derselben zu communicieren sein
solte, welchen sowol ex natura rei selbst als auch aus dess gegentheils aignen
gesuech entspringenden difficulteten anderst nit, dann durch ausschreibung
eines offenlichen reichstags abzehelffen. Gleichwie aber solches vorderist
mit einem hochloblichen churfürstlichen collegio gehandlet, und zumaln
etlich monat termin ad comparendum bestimbt, mithin alle tractaten ver-
schoben und eingestelt werden müesten, also kan auch unsers einfältigen
ermessens darzue keinesweegs eingerathen werden. Dann undter anderen
erheblichen und trefflichen ursachen befinden wir dise insonderheit, das der
Franzosen einzig zihl und ende dahin gestelt ist, wie sie bei einer solchen
gemainen zuesamenkonfft der Kayserlichen auctoritet ins scepter greiffen,
nit allein ire mit einem und anderm standt in particulari habende ungebür-
liche alliances continuieren, sondern gesambte reichsstände zu einer absön-
derlichen pündtnus wider Eur Kayserliche Mayestät und zwar ires vorge-
bens zu dem ende verlaitten und einlocken könden, auf das man selbige
sambt irem hochloblichen haus in denn schrancken halten möge. Dann
darauf, sagen sie, bestehe die entliche sicherheit dess universalfridens, das
alle ire pündtnusen, so sie inn- und ausserhalb dess reichs gemacht haben,
auch nach abgelegten waaffen, quoad unionem defensivam müesten erneüert,
ergenzt und mit zuezüehung aller chur-, fürsten und ständten dess reichs
erweitert werden.
Dieweil dann Eur Kayserliche Mayestät, als wir vernemmen, ohne das der
genedigisten intention und mainung seint, das zu verhüetung diser schäd-
lichen begegnusen die reichsdeputation zu Franckfurt continuiert werden
solle, als hielten wir, doch ohne einige maaßgebung, allerundterthenigist
für ein mittel ze sein, dise Franzößische plenipotentiarios noch mehrers zu
confundieren und eintweders zu fortsezung der tractaten zu veruhrsachen,
oder doch meniglichem desto mehrers vor augen ze stellen, das sie alle
fridenshandlungen ze stecken und zu verhinderen begerten, wann Eur
Kayserliche Mayestät die reichsdeputation dahin allergenedigist erinneren
liessend, das sie durch ein schreiben mehr besagten Franzößischen gesandten
remonstrieren theten, welchergestalt selbige zu dem ende aldort zu conti-
nuieren geschlossen, auf das die vorlauffende fridenshandlungen und andere
reichsnotdurfft, nach Eur Kayserlichen Mayestät allergenedigistem bevelch,
consultiert und befördert werden mögen, dahero sie kein ursach hetten, die
haubttractaten lenger aufzuhalten oder andere versamblung der ständten
zuzewartten; dieweil im übrigen, von Eur Kayserlichen Mayestät selbst
auch sonst solche gesandtschafften zu denn congressibus verordnet, das
daran kein mangl erscheinen thet, und allein an deme stüende, das sie gleich,
als sie sich ieweils erbotten, schleinigist in der sachen fortfahren wolten.
Wir haben benebens auch von dem herrn nuncio vermerckht, gleichwie
er laut unsers überschickhten prothocolls
Siehe [ nr. 50,4. ]
nemmen lassen, das der sachen sonders vorstendig sein wurde, wann Eur
Kayserliche Mayestät alle dergleichen von denn Franzößischen gesandten
fürlauffende absprüng und ausflüchten mit iren particulariteten unverzogen-
lich nach Rom gelangen und der Papstlichen Heylichkeit umbständtlich
vortragen liessend.