Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
195. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 März 8

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–/ 195 / [ 230 ]

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Lamberg und Krane an Ferdinand III.


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Osnabrück 1646 März 8

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Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 51a fol. 7–8’, praes. 1646 März 19 = Druckvorlage –
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Kopie: KHA , A IV Bd. 1628/19 unfol.; Giessen 206 nr. 314 S. 1630–1634 – Druck:
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Gärtner VIII nr. 71 S. 433–436.

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Schleppende reichsständische Beratungen. Protestantische Kompositionsmedia. Jägerndorf
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und Crossen. Amnestie. Französische Satisfaktion.

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Rezepisse auf Weisung vom 20. Februar

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Ferdinand III. an Trauttmansdorff, Lamberg und Krane, Linz 1646 Februar 20. Ausferti-
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gung
: RK , FrA Fasz. 51b fol. 51–51’ – Konzept: Ebenda fol. 50–50’ – Kopie:
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Giessen 206 nr. 312 S. 1618–1619; KHA , A IV Bd. 1628/19 unfol. – Druck:
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Gärtner VIII nr. 45 S. 275–276.
. Es scheint, daß auf der ständte
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gutachten und daß selbigs durch ein ördentlichs gesambtconclusum heraus-
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kommen werde, weenig zuzulagen. Es gehn auch die consultationes alhie
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fast langsamb forth und ist diese woche abermals die materia deliberanda
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zurückgesetzt und quaestio competentiae uber der churfürstlichen secun-

[p. 391] [scan. 439]


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dariorum und fürstlichen primariorum praecedentz, ob nhemblich die chur-
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fürstliche secundarii den primariis der fürsten vorzuziehen, vorgenhommen
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worden. Also haben die protestirende auch etliche wochen mit einrichtung
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iren vorgehabten mediorum compositionis uber die religionsgravamina, ehe-
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dan sie dhamit aufkommen können, zugebracht und unß allererst heud
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dieselbe lauth beygefüegten abschrifft durch iren außchuß uberbringen und
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dhabey erinnern laßen, daß, ob sie zwar allerhandt wichtige bedencken ge-
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habt , warumb sich zu dergleichen edition nit einlaßen solten, daß dannoch
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auf irer excellentz herrn graven von Trautmansdorff zusprechen ein ubrigs
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thuen wollen. Heten ire gedancken circa media uber den geistlichen vor-
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behalt schon hiebevorn außgeben, dieses memorial aber seie auf die ubrige
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gravamina eingerichtet, lebten derwegen der zuversichtlichen hoffnung,
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es solten die catholische ire, der protestirenden stendten, friedtfertige
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intention daraus zu erkennen und sich desto ehender zum ziel lencken.
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Dan sie, protestirende, in diesen iren vorschlag weiters gangen und ein
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mehrers nachgeben hetten, alß billig heten thuen söllen, nur ploß der ur-
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sachen halben, umb die catholische desto ehender zu einem gleichmessigen
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zu bewegen; bedingten sich aber nochmals, daß sich dardurch nit wölten in
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schrifftwexlung einlaßen, sondern begehrten, daß die handtlung vermitls
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mündtlichen conferentien möegte geführt werden, und zwar hir zu Oßna-
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bruck , derentwegen sie dan unß wölten ersucht haben, es bey denen catho-
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lischen dhahin zu richten zu helffen, dhamit die handlung nuhmehr ohne
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fernern verzug möege für handt genommen und eine deputation hiehero
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abgeordtnet werden.

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Wir haben daß memorial gutwillig angenhommen und unß anerbietig ge-
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macht , selbigs noch bey heutiger ordinari irer excellentz herrn graven von
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Trautmansdorff zu uberschicken und alles, waß hiebey erinnert und an unß
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begehrt worden, in schüldiger gebühr zu beobachten, würde auch an seithen
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Ewer Mayestätt und waß vermitls dero Kayserlichen abgesandten zu be-
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förderung dieses wercks könte beygetragen werden, nichts unterlaßen
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werden. Mit welcher unser erclehrung der außchuß wol zufrieden gewest
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und sich derentwegen bedanckt.

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Hinweis auf Beilage 2.


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Beilagen


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[1] [Protestantische Kompositionsmedia] fehlen.

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2 Extractus protocolli, s. l. 1646 März 3. Kopie: RK , FrA Fasz. 51a fol. 9–13’ =
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Druckvorlage; KHA , A IV Bd. 1628/19 unfol.; Giessen 206 nr. 313 S. 1620–1630
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– Druck: Gärtner VIII nr. 86 S. 482–488.

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Wittgenstein besteht mir, Lamberg, gegenüber auf dem Anspruch Kurbrandenburgs an
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den Fürstentümern Crossen und Jägerndorf. Es hette aber der von Blumenthal hiebe-
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vorn wegen des fürstenthumbs Croßen, wie derselb dies werck negotiirt gehabt von
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irer excellentz herrn graven von Trautmannsdorff selbst gute vertröstung bekommen,
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dha wöllen sie verhoffen, daß darbey werde sein bewenden haben. Wegen Jägerndorff

[p. 392] [scan. 440]


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wehre daß hauß Brandeburg schon lange zeit in possessione gewest und hetten sie ver-
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hofft , daß auf unser zuschreiben von hoff auß ein antwort solte erfolgt sein, könten
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ihnen nit einbilden, daß man irer churfürstlichen durchlauchtt dasienig, waß dero-
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selben von rechtswegen zustendig ist, disputiren wölle.

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Der ertzstifft Magdeburg seie auch bey die hundert iahr beym hauß Brandeburg
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gewest, daß habe man ihnen genhommen, Pommern wölle man ihnen ietzo nhemmen.

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Sölte man dan auch noch diese zwey fürstenthumb disputiren wöllen, würden ire
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churfürstliche durchlauchtt gar zu kurtz kommen. Er, der graff von Wittgen-
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stein , hete der sachen nachgedacht, waß etwoh die occasion gewest sein möege auf
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diese materi zu kommen und mit den cronen daraus zu reden, seien ihme darüber die
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gedancken beygefallen, ob wölte darbey daß praesuppositum gemacht werden wöllen,
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daß man irer churfürstlichen durchlauchtt loco compensationis gedencke dasienig zu
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geben, waß deroselben sönsten gebühre.

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Ich habe geantwortet, daß ich wegen Crossen nichts wüßte, aber vermute, daß Euer
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Majestät es lieber sähe, wenn die ganze Sache am Hof betrieben würde. Wittgenstein
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ist dem nicht abgeneigt, glaubt aber, daß sie hierher gehöre, dan es seie ein gravamen,
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so ab anno 1618 herrühre.

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Wittgenstein warnte vor Kurbayern, denn es laße sichs handtgreiflich vermercken, daß
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schon zwischen denselben und der cron Franckreich ein collusion vorhanden und hette
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sich der Dr. Crebs, Churbayrischer secundarius, teutsch gnug herausgelaßen, daß die
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cron Franckreich seinen gnädigisten herrn versprochen, bey der chur zu manuteniren;
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wiewol mans gleich vermerckt, daß es ihme gerewet, daß er sich so weith ploß geben.
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Die Schweedische aber heten es dem monsieur d’Avaux, wie derselb iüngsthin hir
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gewesen, fürgehalten und wehren derentwegen under sich waß hart aneinander
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kommen, der monsieur d’Avaux auch mit waß disgusto von hir verreiset, hette auch
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alßpaldt bey seiner herüberkhombst zu Münster den Churbayrischen dieses verwießen,
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die aber alles geleuchnet und dhavon nichts wißen wöllen. Die cron Schweeden beharre
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auf iren vier augen (wie das formale gewest) und auf deme, daß alles ad annum 1618
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müße reducirt werden, und obzwar auch viele von den stenden ebenselbiger meinung
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sein, so seie doch bey denen reichsconsultationen per maiora daß contrarium
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geschloßen worden, würde sich aber nit thuen laßen und darbey nit verpleiben, dan
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der Oxenstern ihme, graven von Wittgenstein, deütlich gesagt, es müeße alles ad
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annum 1618 reducirt werden und sölten sie, Schwedische, auch noch 100 iahr darumb
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krieg führen.

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Ego [ Lamberg ]: waß es dan vonnöthen, von den stendten rathschläge und gutachten zu
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begehren, wan man alles thuen sölte, waß die cronen haben wölten?

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Ille [ Wittgenstein ]: Die Schweeden verlangten dießeits duplicas zu sehen, darauf wür-
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den sie sich ein vor allemahl erclehren und bey solcher erclehrung müste es sein ver-
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pleiben haben. Daraus dan unschwehr zu schließen wehre, wan die cronen von iren
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praetensionen nit weichen, die stendte aber nit darin condescendirn wölten, daß entlich
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ein bruch erfolgen und auß diesen tractaten gar nichts werden würde. Man gehe zu
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langsamb mit denen consultationen alhie umb und würdte doch entlich alles umbsonst
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und vergeblich sein.

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Ich betonte, daß die Macht Schwedens nur auf der Uneinigkeit des Reiches beruhe.
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Wittgenstein gab dies zu und machte auf die finanzielle Misere Schwedens aufmerk-
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sam
. Circa punctum satisfactionis habe er von dem Oxenstern soviel verstanden, daß
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sich die Frantzosen dhabey wol solten weisen laßen und das Elsaß und alle ubrige im
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Reich einhabende örtter wol wieder abtretten sölten, wan nur denselben dhahingegen
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ein stück von dem hertzogthumb Meylandt möegte eingeraumbt werden. Er vermeine
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aber, daß selber vorschlag von dem monsieur d’Avaux herkommen, derhalben er,
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graff von Wittgenstein, umb waß mehr gewißheit hievon zu erlangen, iedoch aber auch
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dhabey mit der behoitsambkeit zu gehen, daß mans nit mercken sölte, daß ihme dieses
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von dem Oxenstern anvertrawet worden, hette gelegenheit genhommen, bey seiner

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1
iüngsten anweesenheit zu Münster den monsieur d’Avaux heimbsuchen und bey dem-
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selben gleichsamb unvermerckt die frag aufzugeben, ob sich nit die Frantzosen aller
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einhabenden örter im Reich begeben würden, wan denselben hingegen ein stück von
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bemelten fürstenthumb Meylandt solle abgetretten werden. Darauf der monsieur
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d’Avaux geantwortet, daß sich von solchen vorschlag wol würde können reden, ia
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daß werck auch wol darauf einrichten laßen. Er, graff von Wittgenstein, vermeinte,
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beßer für Kayserliche mayestätt zu sein, daß sie etwas in Italia alß etwaß in
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Teutschlandt hinderließen, weiln man ohne daß den Frantzosen schon Pignerol zu
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laßen versprochen. Dan sölten die Frantzosen Breysach und Philipsburg behalten,
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würden die communicationes zwischen dem Kaiser und den Niederlanden abgeschnit-
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ten sein.

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Ego: daß man den Frantzosen keine satisfaction schüldig seie, es könten auch Kayser-
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liche majestätt eins andern guter nit hinweggeben.

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Ille: Die Kaißerliche mayestätt seie doch dominus directus, könte deswegen mit
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Spanien wol außkommen.

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Ego: Der dominus directus khan seinem vasallo khein lehen ohne ursach nehmmen.

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Ille: Er hielte es in alle weege für rathsamb, daß man deswegen mit Spanien tractiren
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solte.

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