Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
254. Trauttmansdorff an Ferdinand III Münster 1646 April 6
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Münster 1646 April 6
Aufertigung: RK , FrA Fasz. 50b fol. 9–9’, 20, praes. 1646 April 16 = Druckvorlage –
Konzept: TA, Ka. 111 unfol.
Bayerische Drohungen mit Separatverhandlungen. Nachdrückliches Drängen auf franzö-
sische Satisfaktionsverhandlungen durch Bayern. Achte Kur. Vergleich der Gravamina.
Waffenstillstand. Pfalz.
Hinweis auf die Beilagen A und B. Ihrer churfürstlichen durchlaucht ge-
sanden weiters ahnbringen bey mir, warauff sie sich in ihrem schreiben be-
ziehen , ist dieses gewesen, daß sie in bevelch hetten, noch acht tag zuzuwar-
then , und wan underdessen Ewer Kayserlichen Mayestät allergnedigsten
resolution der punctus satisfactionis fur die cron Franckreich denen gesetz-
ten gradibus nach mit Elsaß nicht richtig, daß alßdan ihre churfürstliche
durchlaucht sich so guet sie können, salviren und accommodiren wolten.
Ich hab ihnen hinwiederumb remonstrirt, daß, wie wir albereit denen Fran-
zösischen plenipotentiariis durch die mediatores etwaß und zwar daß-
yenige , was von Ewer Kayserlichen Mayestätt pro primo gradu gesetzt
worden, ahnbieten lassen und daruber ihrer, der Frantzosen, erklerung
stundtlich erwarteten. Also wolten wier zwar unserstheils, weder zeit noch
stundt in befurderung deß friedens verliehren, sy, die Churbayerischen,
aber hetten selbst leicht zu ermessen, daß es unmöglich seye in so kurtzer
zeith von landt und leuthen zu tractiren und auff diese weiß sich eines
bestendigen Schlusses zu vergleichen; daß sonst ihre churfurstliche durch-
laucht sich mit der cron Franckreich accommodiren wolten, muste ich zwar
dahingestelt sein lassen, ich könte aber ihnen nicht pergen, und würden sie
ungezwiffelt auch anderwerths darvon nachricht erlangt haben, waß uber
die hiebevor, und zwar noch under wehrenden ietzigen tractaten, ausge-
sprengte particularhandtlung zwischen Franckreich und ihrer churfurst-
lichen durchlaucht der Ochsenstern gegen den d’Avaux gemeldet, daß
nemblich die cron Schweden nicht zugeben könte noch wölte, daß der cron
Franckreich und dem churfursten in Bayeren das arbitrium pacis et belli im
Reich zustehen oder gelassen werden solte, mit diesem austrucklichen bedeu-
then , wan Bayeren sich mit Franckreich accommodiren wurde, daß sie und
die protestirende sich alßdan mit Ewer Kayserlichen Mayestätt vergleichen,
auff deroselben seithen tretten und sehen wolten, auff welcher seithen die
waag vorschlagen würde. Im ubrigen hetten sie sich zu versicheren, daß ich
ahn mir nichts erwinden lassen wurde, waß zu ehist furderlichster wieder-
bringung deß lieben friedens immer vorträg- und ersprießlich sein könde.
A Kf. Maximilian I. an Trauttmansdorff, München 1646 März 28. Ausfertigung: TA,
Ka. 109 unfol. = Druckvorlage – Kopie: RK , FrA Fasz. 50b fol. 10–10’.
Rezepisse auf Beilage [ 1 ] zu nr. 210 und Beilage B zu nr. 216.
Daß nun die ständt zue Münster zu gedachter Französischen satisfaction kheine nai-
gung erzeigt, khan ich leichtlich erachten, auß was respect solches beschehen seye.
Hette aber darbei gern vernemmen mögen, waß sie fir mittel haben oder zaigen und
praestiren khönden, durch welche sie die cron Franckhreich von denen in dem Reich
inhabenden vesten pläzen und landen ohne satisfaction wider hinwegzubringen ver-
meinen und weil ihr alberait selbst bericht empfangen, wie wanckhelmitig sich die
ständt zue Oßnabrugg über diesen puncten in ihren votis erzaigt, alß habt ihr nunmehr
den Schluß darauß leichtlich zue machen, waß sich auf derselben euch hiebevor
gethane offerta und promessa zu verlassen seye, welches ich nicht ohne erhebliche uhr-
sach allzeit besorgt. Dem sey nun wie da woll, so stelle ich jedoch in kheinen zweifel,
weyln ire Kayserliche mayestät euch wegen mehrberierten Französischen satisfaction
und deren befürderung seithero, wie dieselbe mir durch ein aigenes handtbriefl selbsten
mit allen specialumbständten gnedigist communicirt haben, gemessene außtruckhen-
liche instruction und bevelch zuekhommen lassen. Ire werdet solchen ohne einigen
längern aufschub ob summum morae periculum gestrackhs nachkhommen und diesen
hochwichtigen puncten noch vor nähener herbeischleichung der angeenden campagna
zur richtigkeit zu bringen euch desto eufferiger angelegen sein lassen, weiln die gefahr
und nott deß zerrittenen und beschwärlichen kriegsstatus im Reich von stundt zue
stundt mehreres uberhandt nimbt und gänzlich zue grundt fallen thuet. Inmassen ier
solches auß mitkommenden copien meiner an ire Kayserliche mayestät und deß erz-
hertzog Leopoldt Wilhelmbs zu Österreich liebden derenthalben negst abgangenen
treywherzigen erinnerungsschreiben mit mehrerem zu ersehen habt und von meinen
gesandten zue Munster noch weiters vernemmen werdt. Welchen ich dan bey ieziger
ordinari fernern umbständtlichen befelch zugefertigt hab, waß sye euch dieser wichti-
gen sachen halber wegen nunmehr zugrundtgeender meiner undergebenen reichs-
armada von meinetwegen in einem und anderen vorbringen sollen, darauf ich mich
allerdings beziechen thue.
Hinweis auf Beilage [ 3 ]. Waffenstillstand.
[1] Kf. Maximilian I. an Ferdinand III., München 1646 März 26. Kopie: RK , FrA
Fasz. 50b fol. 15–16 = Druckvorlage; TA, Ka. 109 unfol.
Klage über die Ausschreitungen kaiserlicher Völker in der Oberpfalz.
[2] Kf. Maximilian I. an Leopold Wilhelm, München 1646 März 26. Kopie: RK , FrA
Fasz. 50b fol. 17–18’ = Druckvorlage; TA, Ka. 109 unfol.
Inhalt wie nr. [ 1 ].
B Trauttmansdorff an Kf. Maximilian I., Münster 1646 April 6. Kopie: RK , FrA Fasz.
50b fol. 13–14 = Druckvorlage – Konzept: TA, Ka. 109 unfol.
Rezepisse auf Beilage A. Unterredung mit den bayerischen Gesandten. Wabey Ewer
Churfurstlichen Durchlaucht ich unerinnert nit lassen kan, daß der Schwedischer ge-
sandter Salvius alhie gewesen und bey der mir erstatteten visita sich außtruckhlich ver-
nehmen lassen, daß sy sich ehender zu einigem schluß nicht verstehen köndten, es seye
dan die zwischen denen ständen des Reichs sich enthaltende gravamina vorher bey-
gelegt unnd verglichen, dergestalt auch, daß sy solche compositionem gravaminum pro
conditio sine qua non halten theten. Wie instendig ich nun wegen befurderung der
nacher Oßnabrugg begerten deputation aller orthen angemahnet unnd getrieben, daß
man hierdurch den friden nicht hinderen oder wan solche auch nur zum praetext len-
geren aufenthalts angesehen were, denselben auß dem weeg zu raumen, catholischer
seits sich uberwinden wolte, daß wirdt Ewer Churfurstliche Durchlauchtt ungezweivelt
von dero gesandten nach und nach gehorsamist uberschrieben sein, und ich erinnere
mich, auch derentwegen gegen Ewer Churfurstliche Durchlauchtt selbst vor baldt 3
monaten underthenigste anregung gethan zu haben . Wolte auch zu Gott gehofft haben,
wan man gleich damahls zu der erst vor wenig tagen resolvirter deputation sich ver-
standen haben würde, eß würden die gravamina, wo nit völlig verglichen, wenigst dar-
innen ein solches temperament gefunden sein, daß man sich derentwegen nicht lenger
auffzuhalten haben würde. Auß waß ursachen aber in solche deputation so lange zeit
hero nicht gewilligt worden und wer sich deren am meisten widersetzt, laß ich an sein
orth gestelt sein. Daß aber kan Ewer Churfurstliche Durchlaucht ich gehorsamist ver-
sicheren , daß ich hiebey nichts anderst intendirt, alß desto ehender, und zwar ehe die
zeit der campagna herzu nahete, auß der sachen zu kommen und den friden vollig zu
schliessen. Sonst hatt ermelter Salvius auch wegen des armistitii anregung gethan, daß
sy derentwegen dem veldtmarschall Torstensohn umb sein guetachten zugeschrieben,
welcher ihnen hinwiderumb geantwortet, man solte sehen, daß man nur baldt zum
schluß gelangen möge, alßdan were eß billich, das man suspensionem armorum ein-
gienge .
Von der Pfaltzischen sach hat er nichts gemeldet, weilen die protestirende selbst denen
Pfaltzischen bedeuten lassen, daß sy durch amnistiam zu ihrem intent nicht gelangen
wurden und dahero sehen solten, wie sy durch andere guetliche weeg und particular-
handlung sich vergleichen können, daß ich also der hoffnung lebe, sy werden sich
ehister tagen auch anmelden und diese handlung selbst reassumiren.