Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
2. Nassau und Volmar an Trauttmansdorff Münster 1646 April 18

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Nassau und Volmar an Trauttmansdorff


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Johann Ludwig Reichsgf. von Nassau-Hadamar (1590–1653), 1643–1649 ksl. Ges. auf dem
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WFK in Münster, 1629 zum kath. Glauben konvertiert, 1636 RHR , 1638 ksl. Ges. beim
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vorgesehenen Kölner Kongreß, 1643 GR , 1650 Reichsf. ( ADB XIV, 258ff. ; Wolf ; Michel ;
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Schwarz , 312f.).

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Münster 1646 April 18

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Kopie: KHA A 4 nr. 1628/20 unfol. = Druckvorlage – Konzept: RK FrA Fasz. 92 VIII nr.
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1149b fol. 292–293.

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Keine Entscheidung der katholischen Reichsstände über Religionsgravamina; Bitte um französi-
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sche Vermittlung bei schwedischen Gesandten und protestantischen Reichsständen in Osna-
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brück .

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Heut nachmittag haben sich im nahmen der sambtlichen catholischen chur-
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fürstlichen räthen und pottschafften beede secundarii von Churmaintz

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Kurmainzischer Sekundarges. in Münster 1645–1648 war Dr. Nikolaus Georg von Raigers-
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perger (gest. 1652), seit 1646 auch Ges. für das Hst. Worms. Seit 1622 in kurmainzischen
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Diensten, 1643 Kanzler, um 1649/1650 seines Amtes enthoben ( APW III A 1.1, C-CI, 755
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Anm. 1; Mentz II, 267; Reinhard ; Jürgensmeier , 87 Z. 19, 96 Anm. 67).
und
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-bayern bey unß angemelt und vorgetragen, daß man nitt unterlassen hette,
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die in puncto gravaminum vorgestelte drey quaestiones in berahtschlagung
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zu nemmen

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Vgl. APW III A 4.1 nr. 40.
. 1. Alß nemblich, 1. ob auff die von den protestirenden inha-
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bende stiffter und geistliche gütter in perpetuum zu renunciren, 2. ob ihnen
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darauff sessio et votum zu öffentlichen reichsversamblungen zu verstatten, 3.
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ob solchen inhabern ebenmässig die gewohnliche investitura oder ahn deren
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statt Kayserliche indulta, doch praevio fidelitatis iuramento zu ertheilen.
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Nachdem aber dieße quaestiones von hoher importantz und die herrn abge-
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sandten mehrerntheils auff eine negativam oder wohl gar nitt instruirt, alß
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were vor ein notturfft erachtet worden, sich bey ihren allerseits gnädigsten
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herrn vorderist mehrern bescheidts zu erholen. Immittelst wolten sie unß er-
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sucht haben, weil man vernemme, daß der duca di Longavilla oder Servient
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nach Oßnabrugg zu verreißen willens, wir wolten per mediatores

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In Münster fungierten zwei Friedensvermittler: Fabio Chigi (1599–1667) für den Papst und
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Alvise Contarini (1597–1651) für die Republik Venedig. Chigi, ordentlicher Nuntius in Köln
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seit 1639, war 1644–1649 als ao. Nuntius in Münster, wurde 1651 Staatssekretär, 1652 Kar-
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dinal und 1655 Papst (Alexander VII.) (HC IV, 30; DBI II, 205–215; 3 LthK I, 370f.; seine
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Instruktion: Repgen , Chigi; Niederschriften und Korrespondenz 1644/45: Incisa I.1–2
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[mehr nicht erschienen]; sein Diarium 1639–1651: APW III C 1.1 [Text]; seine Gedichte:
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Bücker ). – Contarini, 1643–1649 in Münster, war seit 1624 ordentlicher und ao. Botschafter
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Venedigs in Den Haag, London, Paris, Rom und Konstantinopel gewesen ( DBI XXVIII,
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82–91; Zanon Dal Bo ; seine Schlußrelation vom 26. September 1650 über seine Vermitt-
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lungstätigkeit ist hrsg. von Papadopoli , Fiedler , Relationen, 293–366 und Firpo ,
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936–1036).
denselben

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zusprechen lassen, daß sie die Schweden

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Schwedens Ges. auf dem WFK 1643–1649 waren Gf. Johann Axelson Oxenstierna zu Söder-
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möre
(1612–1657), Sohn des Reichskanzlers Axel Oxenstierna ( SMK V, 685f.; Seth , 42; Mo-
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déer
, 336; Stammtafeln VIII T. 157a) und Dr. Johann Adler Salvius (1590–1652; SMK I,
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17f.; Lundgren ; Lorenz , Friedensvermittlung, 36). – Schwed. Res. in Münster 1643 Sep-
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tember
-1647 war Schering Rosenhane (1609–1663; APW III D 1, 346; SMK VI, 359f.;
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Lorenz , Friedensvermittlung, 35f.).
und protestirende von solcher an-
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massung abmahnen wolten.

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Wir haben geantwortet, unß were lieber gewesen, daß die herrn churfürstli-
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chen gesandten sich alsogleich einer gewissen meinung auff ein und andern
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puncten hetten vergleichen mögen, dan es scheine, daß periculum in mora
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sein wolle, indem die resolutiones von ihren gnädigsten herrn principaln sich
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noch wohl etlich wochen verweilen möchten. Immittelst wolle gleichwohl
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iederman den frieden befördert haben, und wer dießes guttachten allein even-
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tualiter und auff den eußeristen fahl, wan man sonst den frieden nitt erheben
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möcht, gesucht worden, dan ihre Kayserliche mayestät selbst der meinung
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nitt sein, daß in einem und andern daß geringste nachgegeben werden solle,
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waß der catholischen religion zu einigem nachtheil gereichen möcht. Soviel
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dan anlangte, daß man den duca di Longavilla oder den conte Servient per
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mediatores besprechen lassen solte, da wer unsers ermessens der sachen albe-
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reit von unß selbst proprio motu nachgesetzt worden, dan wir hetten eben
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dieß in puncto oblatae satisfactionis den Frantzösischen plenipotentiariis pro
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conditione gesetzt, und hette eben ich, Volmar, heut vormittag mitt dem duca
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di Longavilla selbst ad longum von dieser sachen geredt, ihne auch disponirt,
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daß er selbst nacher Oßnabruck reisen und neben anderm auch die sach faci-
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litiren helffen wolte.

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Hette auch verspührt, daß er solche reiß uber sich zu nemmen geneigt, wie-
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wohl er anfangs sich vermercken lassen, daß er den conte Servient dahin ab-
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ordnen wolte. Dieweil aber darahn gelegen, daß dießer nitt, sonder der duca
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selbst fortreißen thue, so werde sehr vorstendig sein, wan Dr. Krebs ihne
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noch diesen abendt mitt anlaaß dessen, waß er anietzt von unß vernommen,
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ansprechen thet, nitt zweifflendt, er werde sich soviel desto mehr darzu be-
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quemen , welches dan er, Dr. Krebs, also zu verrichten uber sich genommen
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und folgendts zurugg entbotten, daß gedachter duca di Longavilla noch-
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mahln sich erclehrt, sein aüßeristes bey der sachen zu thuen, hette aber dabey
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noch in dubio gelassen, welcher unter ihnen dreyen nach Oßnabrugg ver-
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reisen würde. Gleichwohl wer der Servient wegen eines starcken catarri
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etwas übel disponirt, daß er nitt wohl mitt dießer reiß wurde zu bemuhen
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sein.

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